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Nro. 126.

58. Jahrgang.

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Haushaltungsschulen.

In erfreulicher Weise macht sich überall das Bestreben geltend, Fach­wissen und rationellen Betrieb in jedem Erwerbszweige zu verbreiten und so die gewonnenen Erfahrungen der Allgemeinheit im weitesten Umkreise zu­gänglich zu machen. Die Landwirthschaft fand in zahlreichen Ackerbauschulen endlich jene Unterstützung, die diesem Hauptzweige der Urproduktion mit Recht gebührt. Bisher wurde jedoch bei dein ganzen landwirthschaftlichen Unterricht immer nur Rücksicht auf den künftigen Besitzer, auf den Herrn oder Beamten genommen. Keine Bauernwirthfchaft kann jedoch der Bäue­rin entbehren, soll dieselbe vollen Ertrag liefern. Der Frau wurde beinahe nirgends gedacht, und doch ergänzt ihre Thätigkeit zum großen Theile die Arbeit des Landwirths, und mit Recht schätzt man aller Orten eine tüchtige Hauswirthin als nachahmungswerthes Beispiel. Die Frau hat zumeist die Obsorge über die Molkerei-Produktion und die Kleinviehzucht, ihr obliegt das Kochen und die Führung des inneren Haushalts; sie sorgt für Wäsche und Kleidung, sie müht sich im Hausgarten rc., und ihr fällt der größte Theil der Erziehung und Pflege der Kinder anheim, die schönste aber auch schwerste Aufgabe. ^

Für alle Zweige des Wissens, der Gewerbe rc. haben wir Schulen, wo soll aber das Mädchen lernen, ihren so vielseitigen Pflichten als Frau, als Vorsteherin der Wirtschaft, des Haushalts zu genügen? Das Vorbild im Elternhause ist nicht immer völlig entsprechend und oft durchaus nicht den gesteigerten Anforderungen der Jetztzeit genügend. Wo bietet sich Ge­legenheit, verbesserten Molkereibetrieb, rationellere Haltung des Kleinviehes, bessere und doch sparsamere Bereitung der Speisen oder Pflege des Ge­müsegartens zu erlernen? Und doch könnten gerade auf diesem Wege in unseren Kleingrundbesitzerkreisen Millionen gewonnen werden, die derzeit aus Unkenntniß und Mangel an Gelegenheit der Erlernung alljährlich ver­loren gehen müssen. In sehr vielen Fällen hält allein die Tüchtigkeit der Hausfrau die Wirtschaft zusammen. Die kleinen, klug gewonnenen, oft pfennigweisen Ersparnisse helfen mit, dem Manne das Ringen um die Exi­stenz zu erleichtern, und viel umworben ist die Tochter einer solchen Mutter, denn jeder schätzt mit richtigem Blicke die Früchte dieses trefflichen Vorbildes.

Es fehlen uns Schulen, wo die Mädchen dies lernen können. Würt­temberg, in so mancher Beziehung ein Vorbild für Landwirthe, suchte zuerst durch Errichtung sogenannter Haushaltungsschulen diesem dringen­den Bedürfnisse abzuhelfen, und so entstanden die Anstalten zu Stubersheim

und Erbach, deren Einrichtungen als mustergiltig bezeichnet werden können. Demnächst wurden im rührigen Sachsen ähnliche Institutionen ins Leben gerufen. Jedenfalls muß der auf diesen Schulen betriebene methodische und längere Zeit hindurch fortgesetzte Unterricht in den oben erwähnten Erforder­nissen bessere Erfolge aufweisen, als die hier und dort stattfindenden, zwar recht erfreulichen aber keineswegs ausreichenden, wenige Tage umfassenden Curse über Obstbau und Molkereiwesen.

Eine größere Vermehrung beziehentlich Ausbreitung solcher Haushal­tungsschulen erscheint uns als ein dringendes Bedürfniß, um erfolgreich den Landwirthschaftsbetrieb im Vaterlande zu haben. Durch die Frauen ist es am leichtesten Fortschritt im Landwirthschaftsbetriebe zu erzielen, nur muß denselben eben Gelegenheit geboten werden, Besseres zu lernen, als in der väterlichen Wirtschaft geübt wird. Das gelegte Samenkorn wird sich weiter verbreiten, die künftige Generation wird an dem Vorbilde der Mütter lernen und somit beitragen, daß geregelte Ordnung und zielbewußtes Streben in den Kleingrundbesitzerkreis gelangt.

Politische Nachrichten.

D e u t s ch e s R e i ch.

Der Kaiser ist im besten Wohlsein von den Jagden in Wer­nigerode wieder nach Berlin zurückgekehrt. Prinz Heinrich von Preußen ist an Bord derOlga" glücklich in Trinidad eingetroffen. Ueber Kopenhagen hat eine Meldung in der deutschen Presse Aufnahme gefunden, welche mit großer Vorsicht aufzunehmen sein dürfte. Es. handelt sich hierbei um die angeblich geplante Ernennung eines dereinsti-gen Nachfolgers des Fürsten Bismarck in Person des deutschen Bot­schafters in Rom, v. Keudell. Ob Fürst Bismarck die Frage seiner Nachfolgerschaft bereits in Erwägung gezogen hat oder nicht, wollen wir hier nicht erörtern, doch darf das deutsche Volk unbedingt darauf vertrauen, daß der Mann, dem es die Wiedergeburt des deutschen Reiches verdankt, auch für die Erhaltung seiner Schöpfung durch einen würdigen Nach­folger Sorge tragen wird. Das Zusammentagen des Reichs­tages mit dem preußischen Landtage dürfte sich auch diesmal nicht vermeiden lassen, da der Letztere am 20. Nov. d. I. einberufen wird und die Eröffnung des Reichstages bereits am 15. Januar nächsten Jahres erfolgen soll. Wie verlautet, stünde die frühere Eröffnung der Reichstags­session mit dem Wunsche des Kaisers in Verbindung, am 18. Januar dem Jahrestage der Proklamirung des deutschen Kaiserreiches, die Grundstein­legung für das definitive Reichstagsgebäude vor versammeltem Reichstage stattfinden zu lassen.

Oesterreich.

Die Erklärungen, welche der Minister Kalnoky in den De­legationen betreffs der auswärtigen polit. Lage abgegeben hat, lassen deutlich ersehen, daß in der s. Z. in Salzburg zwischen dem Fürsten Bismarck und Kalnokr, stattgefundenen Conferenz, das deutsch-österreichische Bündniß noch eine größere Festigkeit als bisher erfahren hat, und daß,

(Nachdruck verboten.)

Jemlketon.

Durch Liebe erlöst.

Original-Novelle von Karl Zastrow«

(Fortsetzung.)

Ein glühendes Roth war in die Wangen der Jungfrau geschossen, und rasch beugte sie sich auf ihre Arbeit nieder, um ihre Aufregung zu verbergen. Es liegt ja nichts daran, Mutter!" erwiederte sie.Ich möchte diesen Bösewicht nicht und wenn er mir das Gold tonnenweise zur Verfügung stellte. Noch heute Abend will ich den Vater bitten, daß er diesem Menschen unser Haus verbietet. Alle Welt zeigt mit den Fingern auf ihn, und ich mag nicht durch ihn in Verruf kommen."

Die Mutter nickte.Es wird so am Besten sein", sagte sie,aus dem Heirathsprojekt wird.nichts, das muß ein Blinder sehen. Aber ver­bieten braucht's ihm der Vater nicht. Der bleibt von selbst fort."

Ottilie arbeitete fleißig an ihrer Stickerei. Ihr Auge flammte, wie im heißen Zorne, als sie sagte:Es hätte gar nicht dahin zu kommen brauchen, Mutter! ich war von Anfang an dagegen, aber der Vater wollte es! Pfui über die Idee, so einen schlechten Menschen aufzunehmen!"

Die Mutter sah sie prüfend an und schüttelte dann mit einem An­

flug von Traurigkeit das Haupt.Du bist sehr aufgeregt, Kind!" sagte sie langsam.Sollte vielleicht schon der Fall eingetreten sein, den ich Dir längst prophezeit habe? Sollte Dir der fremde Mann schon mehr sein, als Du Dir zu gestehen wagst?"

Ich. bitte Dich, Mutter, schweige von solchem Unsinn!" brauste die Tochter auf.Ich diesen Hallunken lieben? Hahaha! die bloße Idee ließe mich schaudern, wenn mir das Lachen nicht näher wäre. Nein, Mutter! er ist mir vollkommen gleichgiltig, so gleichgiltig, wie mein Schatten!" Sie stieß ein krampfhaftes, trockenes Lachen aus.

Wenn er Dir gleichgiltig wäre, würdest Du auch die Sache mit größerer Ruhe behandeln. Deine Aufregung ist zu wenig natürlich. So spricht man nur, wenn das Herz bereits verwundet ist und der Kopf sich weigert es einzugestehen."

Nun ja, ich will es zugeben, daß es nicht Gleichgiltigkeit allein ist. Ich hasse ihn auch, hasse ihn wie die Sünde!" rief sie im schneidenden Tone, wobei sie voll Heftigkeit mit ihren klemen Füßen den Erboden stampfte, und kurz und gut, er soll, er darf nicht wiederkommen, Mutter! unter kernen Umständen! und wenn er mich mehr wie sein eigenes Ich liebte, ich will ihn nicht! und wenn ich ihn als mein Leben liebte, dann erst recht nicht! ich wiederhole es Dir hiermit, Mutter, ich mag keinen Mann, den ich lieben müßte!"

Eilige Schritte hallten durch den Garten, das Gespräch unterbrechend.

Auf dem schmalen Gange wurde die Gestalt des Rentiers sichtbar-, der