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diste nkapellc. den 27. Oktober. Abends 7 Uhr.

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Diskonto 4°/,.

58. Jahrgang.

Nro. 127.

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Europäisches Hühnervolk.

Wer die Vorgänge der letzten Monate in der diplomatischen Welt unserer europäischen Kleinstaaten beobachtet, wer die gegenseitigen Besuche der Könige von Griechenland, Rumänien, Serbien, Spanien und Portugal, des Fürsten von Bulgarien und die Annäherung zwischen Belgien und Hol­land verfolgt hat, dem dürfte sicherlich der Eindruck nicht fehlen, daß der gegenwärtige Zustand Europas die kleinen Staaten mehr und mehr in dem Gedanken bestärkt, in wechselseitiger Anlehnung ein gewisses Gegen­gewicht wider die stets gewaltiger anschwellende Kraft der Großmächte zu suchen. Es ist dies ein so natürliches Bestreben, daß man es selbst in der Thierwelt beobachten kann. Die gefiederten Bewohner eines Hühnerhofes drängen sich zusammen, wenn sie Adler in der Luft schweben sehen. Die kleineren Staaten Europa's befinden sich heute fast in ähnlicher Lage. Ihre Existenz ist wohl durch das europäische Völkerrecht, durch feierliche Verträge geschützt, aber wer schützt das Recht und die Verträge? Beide hängen von dem Willen der Großmächte ab, sie gelten, so lange es diesen beliebt, und die Verträge haben in unserer Zeit mitunter eine erschrecklich kurze Lebens­dauer. Das treffendste Beispiel für ein solches Zusammendrängen und wechselseitiges Anlehnen liefert in der Neuzeit die kürzlich zu Stande ge­kommene Aussöhnung zwischen Holland und Belgien. Denn weder in Hol­land noch in Belgien kann man sich darüber täuschen, daß die zwei Staaten in demselben Augenblick von der Landkarte verschwinden würden, in dem sich Deutschland und Frankreich über eine solche Vereinfachung der politischen Geographie verständigten. Es ist nicht wahrscheinlich, daß dies geschieht, aber die Möglichkeit liegt in der Luft, ja vor fünf oder sechs Jahren hat die europäische Presse sich mit ihr beschäftigt und dem Fürsten Bismarck die Idee zugeschrieben, den Ausgleich zwischen Deutschland und Frankreich da­durch herbeizuführen, daß Amsterdam ein deutscher Hafen und Brüssel der Sitz eines französischen Präfecten würde. Nun ist es zwar von diesen weit­aussehenden Plänen still geworden und die Unabhängigkeit Belgiens und Hol­lands wird von keiner Seite bedroht; aber das unbehagliche Gefühl, so ge­waltige Nachbarn zu haben, läßt sich in den beiden Ländern nicht beseitigen, und ihm entspringt ohne Zweifel nicht zum geringsten Theile die Versöhnung der lange entzweiten, einander mit Eifersucht und Mißtrauen beobachtenden Völker. Aehnlich steht es auf der Balkanhalbinsel, wo man den lüsternen Blicken Rußlands auf die Dauer nicht traut und die Thatsache noch in

frischer Erinnerung ist, wie Rußland im jüngsten Türkenkriege einen fetten Bissen rumänischen Territoriums trotz des Wehegeschreies seines ohnmächtigen Verbündeten verschluckt und allem Völkerrechte zum Hohn einen europäischen. Kleinstaat vergewaltigt hat. Auch hier hat daher in der jüngsten Zeit ein innigerer Anschluß untereinander stattgefunden und es steht zu erwarten, daß Eifersucht und Zwietracht in den Donauländern in Zukunft einer voll­ständigen Aussöhnung Platz machen werden.

Politische Nachrichten.

Deutsches Reich.

Der Kaiser, welcher in dem festlich geschmückten Wernigerode am 25. Abends unter Glockengeläuts einzog, wurde von dem Grafen Stol- berg auf dem Schlosse in feierlichster und solennster Weise empfangen. Gestern Vormittag nach der Reveille durch die Jägerei im Schloßhofe brachte die Kapelle des Jlsenburger Hüttenwerkes um 8>/z Uhr dem Kaiser ein Ständchen. Um iU/? Uhr erfolgte im offenen Wagen der Aufbruch zur Jagd nach dem drei Viertelstunden entfernten Saupark am Hartenberg. Hier wurde der Kaiser von dem Oberförster Müller und der Jägerei empfangen, welche den Fürstengruß blies. Um 11 Uhr wurde die Jagd angeblasen. Das erste Treiben, in welchem der Kaiser 16 Sauen streckte, war um 1 Uhr beendet. Nach dem Frühstück im Jagdzelt am Klausberge, wo die Gräfin Stolberg an der Spitze der übrigen Damen den Kaiser empfing, erfolgte um 2 Uhr der Aufbruch zum zweiten Jagen am Hundsrücken. Um 7'/- Uhr fand im Schloß größere Tafel statt. F. Journ.

Der Bundesrath hat in seiner letzten Plenarsitzung dem Anträge der Regierungen von Preußen und Hamburg entsprechend, die Verlänge­rung des kleinen Belagerungszustandes bis zum Ablauf des Sozialistengesetzes 30. September 1884 genehmigt. Rings im Reiche macht sich in Handels- und Gewerbekreisen eine lebhafte Bewegung bemerkbar gegen die Gründung des deutschen Offizier-Consum- Vereins. Von den verschiedensten Seiten werden lebhafte Bedenken gegen dieses Unternehmen laut. Zu verschiedener Opposition der Handels- und Gewerbekreise haben die Handelskammern von Hanover und Bamberg die Initiative ergriffen. Wenn man in den Fachkreisen der deutschen Marine ihrem gegenwärtigen Chef, dem General v. Caprivi, anfänglich mit einer gewissen Geringschätzung und nur mühsam erhaltenen Mißstimmung entgegen­getreten ist, so hat sich dies in der letzten Zeit gar wesentlich geändert. Herr v. Caprivi hat es sehr bald verstanden durch die von ihm beobachtete Methode, sich mit allen Einzelheiten seines complicirten Ressorts, mit Schiffen und Werften, mit Torpedos und Seeminen bekannt zu machen, die Zunei­gung der ihm unterstellten Offiziere und Beamten zu erwerben. Während die Marine bisher nur einen Kopf hatte, der die ganze schöpferische Gedanken­arbeit für sich vollzog, ist der neue Chef ersichtlich bemüht, die Gedanke» und Reformvorschläge, welche bisher verborgen geblieben sind, hervorzulocken, zu prüfen und auszuführen. Indem so die geistigen Kräfte mehr als bisher

(Nachdruck verboten.)

Durch Liebe erlöst.

Original-Novelle von Karl Zastrow.

(Fortsetzung.)

Dein ungeachtet hatte inan auf diese Weise einige beachtenswerthe Neuigkeiten aus der nächsten Kreisstadt erfahren. Dorthin waren nämlich die beiden Einbrecher zu ihrem Verhör transportirt morden, und es verlautete, daß sie bereits ein offenes Geständniß insoweit abgelegt hätten, als sie selbst bei der That betheiligt waren. Hinsichtlich des Dritten, welcher entkommen war, konnten die Gerichtspersonen nicht das Geringste ermitteln. Beide Ver­brecher sagten einstimnig aus, daß sie von einem Dritten, welcher das Wächter­amt bei jener nächtlichen Scene übernommen haben sollte, durchaus keine Kenntniß hätten; daß, wenn wirklich noch eine dritte Person zugegen gewesen wäre, dies ohne ihr Vorwissen geschehen sei, und daß sie sich jedenfalls sehr bedacht haben würden, den Fensterladen zu der Parterrewohnung des einsamen Hauses aufzubrechen, wenn sie eine Ahnung davon gehabt, daß ihre Nacht­arbeit von einem Zeuge« beobachtet würde.

Der Doktor Berner hatte noch etwas mehr erfahren. Er war mit einigen Assessoren vom Kreisgericht befreundet, und diese hatten ihm mitge- theilt, daß man Steinfels noch einmal vorgeladen habe, um seine Ansicht

über jenen geheimnißvollen Beobachter zu hören. Der Sonderling sei aber nicht erschienen, habe vielmehr ziemlich grob geantwortet, man möge ihn nun endlich mit dergleichen Scheerereien verschonen. Was er wisse, habe er ge­sagt und mehr könne er nicht sagen, und wenn die Herren mehr wissen wollten, so möchten sie ihre Nasen gefälligst da hinein stecken, wo es mehr zu riechen gäbe, als bei ihm. Darauf hätte man den alten bewährten Kreisrichter Halberfeld beordert, sich in die Behausung des Herrn Steinfels zu begeben und eine Unterredung mit dem so schwer zugänglichen Mann'anzustreben. Halberfeld sei auch, Dank seiner diplomatischen Schlauheit, bis in den Haus­flur gelangt und habe die Unterredung mit der Frage eingeleitet, ob Herr Steinfels nicht irgend einen Feind habe, der ein Interesse daran haben könne ihm, Herrn Steinfeltz, zu schaden.Alle Menschen sind meine Feinde", habe der grobe, massive Mann, der noch dazu in Schlafrock und Pantoffeln ihm, dem Herrn Kreisrichter, entgegen getreten sei, mit donnernder Stimme ge­antwortet,vor Mem diejenigen, die mich in meiner Ruhe stören, und da­zu gehören Sie auch, und nun haben Sie die Güte, meine Einsamkeit nicht länger durch ihre Gegenwart zu trüben. Wo der Zimmermann das Loch gelassen hat, wissen Sie ja wohl!"

Darauf hin hätte der alte Kreisrichter es für das beste gehalten, sich still und ohne ein Wort weiter zu verlieren, zu drücken, und hätte seinen Vorgesetzten und College« den Rath ertheilt, die Untersuchungsverhandlungen ohne Zuziehung des wiederspenstigen Zeugen nunmehr zum Austrag zu bringen.

Diese kleinen Thatsachen waren zur Kenntniß der Einwohner gelangt