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hiesigen Feuerwehr den Dank für ihre bisherigen Leistungen dargebracht hatte, Heilte noch der Feuerwehrkommandant Fabrikant Beck ü>as Geschichtliche der hiesigen Feuerwehr mit, worauf eine gelungene Uebung am Kaufmann Mhrer'schen und Zinngießer Schrade'schen Hause ausgeführt wurde. Nach­mittags 2 Uhr sammelte sich der Zug wieder auf dem Marktplatz und be­wegte sich auf den Festplatz im Egelsee, wo es bei der drückenden Hitze des 'Tages viel zu löschen gab. Abends war italienische Nacht im Schwanen- garten und Festball in der Post. Die Stadt prangt im schönsten Festgewand, Die Hauptstraßen gleichen Tannenalleen, die meisten Häuser sind bekränzt, mit Fahnen geschmückt und mit vielen Sinnsprüchen in Prosa und Poesie versehen, auf dem Thurm der Stadtkirche weht die blaurothe Stadtfahne und auf dem Schloßthurm eine solche in den Landesfarben. Die Zahl der gestern hier zusammengeströmten Fremden ist auf 8000 Personen anzuschlagen. Die Veranstaltung und die Ausführung des Festes war ausgezeichnet; auch nicht der geringste Unfall ist hiebei vorgekommen.

Ravensburg, 26. August. Am vorigen Mittwoch iwurde aus dem um 12>/2 Uhr Mittags hier ankommenden Zug ein für einen hiesigen Viehhändler bestimmter Farren ausgeladen und unvorsichtiger Weise mit einem nicht genügend starken Strick an die Rampe angebunden. Durch den Pfiff einer Lokomotive wurde das Vieh plötzlich scheu gemacht, es riß los und stürzte mit grimmiger Wucht auf die Lokomotive eines in der Abfahrt begriffenen Güterzugs los. Der Zug wurde angehalten, so oft aber die Fahrt fortgesetzt werden wollte, emeute das wüthende Thier den Angriff gegen die Lokomotive. Die verschiedenen Angriffe hatten zunächst nur den Erfolg, daß der Farren ein Horn einbüßte und sein Kopf allmählig von Blut überströmt war, während es dem Zug schließlich gelang, unbehindert weiter zu dampfen. Der Farren rannte nun auf der Bahnlinie weiter bis zum nächsten Straßen­übergang, wo ihm eine Frau mit einem Bündel Stroh begegnete. Die Warnungsrufe wurden von der Frau überhört, der Farren stürmte auf sie los und warf sie zu Boden. Gleichzeitig war ihm aber der Bündel Stroh Zwischen die Füße gerathen und er stürzte ebenfalls nieder. Diesem Zufall Hat die Frau wohl ihr Leben zu danken, denn es gelang ihr jetzt zu flüchten und gleichzeitig war auch der Besitzer des Farren mit einigen beherzten Männern eingetroffen, welchen es gelang, denselben zu fesseln.

Ueber den Unglücksfall in Köln wir dem F. Journ. unterm 27. August geschrieben: Die Beerdigung der auf so schreckliche Weise Hei einer Schwimmübung ums Leben gekommenen 5 Soldaten des 65. Re­giments erfolgte heute Vormittag 8 Uhr unter zahlreicher Betheiligung der militärischen Behörden und unter den üblichen militärischen Förmlichkeiten. Die frühe Morgenstunde hatte man wohl gewählt, um allzu großen Andrang Les Publikums zu vermeiden. Den Unglücksfall selbst anlangend, ist noch mstzutheilen, daß auf die Frage des Hauptmanns, wer über den Hafen schwimmen wolle, sich 15 Mann meldeten. Sieben derselben gewannen einen Vorsprung und aus deren Munde ertönten fast gleichzeitig die herzzerreißen­den Hilferufe, welche die nachfolgenden 8 Mann zur schleunigen Rückkehr ans Ufer veranlaßte. Die Verunglückten waren sämmtlich mit den Füßen in einem Schlinggewächs hängen geblieben und dadurch schwimmunfähig ge­worden. Durch ihre Bemühungen, sich loszuwinden, verwickelten sie sich stets tiefer und tiefer in das Gesträuch und den darunter befindlichen schlammigen Boden und nur allzuschnell waren die Unglücklichen unter der Wasserfläche Verschwunden. Ein mit Rsttungswerkzeugen ausgerüsteter Kahn war aller­dings zur Stelle, derselbe war aber von allzugroßen Dimensionen und schwer zu lenken. Auch waren die Rettungswerkzeuge nur für einen etwaigen Anglücksfall ausreichend und die Eventualität einer Katastrophe in s o großem Umfange hatte man nicht im Auge gehabt. So konnten nur Zwei Mann gerettet werden, während die fünf übrigen in den Wellen ihr Grab fanden.

sAus WienZ Die N. F. Pr. schreibt: Seitdem die elektrische Aus­stellung ihre Lichter angezündet, kann man des Abends, wenn man Wien von einem erhöhten Standpunkte überschaut, ein prachtvolles Schauspiel ge­nießen. Man erblickt die beleuchtete Rotunde, den Lichtreif um ihre Kuppel. Die Nacht verwischt den Zusammenhang der Dinge, die Formen der Gebäude verwinden im Dunkel und man sieht nur den Hellen Kranz sanft in der Ferne leuchten. Es ist, als ob von unsichtbarer Hand gehalten, ein Riesendiadem über der Stadt schwebte. Davor blitzen die beiden Ozean­lampen auf ihren hohen Masten wie zwei große Feueraugen. Am Sonn­tag Abend hat der Kaiser die elektr. Ausstellung besucht.

Wien, 27. Aug. Die Exzesse in Ungarn sind noch nicht zu Ende. Am Samstag und Sonntag wurde, wie bereits telegraphisch gemeldet, von dem fanatisirten Volke in Zala-Egerzeg und Csurgo geraubt und zerstört wobei es zu blutigen Ausschreitungen und zu heftigen Zusammenstöße mit dem Militär kam. Am schlimmsten ging es im erstgenannten Orte her. Dort hatte am 23. d. M. ein Jude einem Christen mit einem Messer oder mit einem zugespitzten Holze einen Stich versetzt. In Folge dessen fanden Zusammenrottungen statt, wobei mehrere Christen verhaftet wurden. Die Excedenten hatten es nun auf die Befreiung der Verhafteten abgesehen «nd am nächsten Abende rotteten sich Bürger, Handwerksgehilfen und Land­leute aus den benachbarten Dörfern mit Aexten und Heugabeln bewaffnet zusammen. Der aus 800 bis 1000 Mann bestehende Haufen stürmte die Läden der Israeliten, es wurden die Fenster eingeschlagen, die Jalousien und Läden zertrümmert und die Zimmer jämmerlich verwüstet. Neunzig Mann Infanterie, die aus Kanizsa kamen, zeigten sich den Tumultuanten uicht gewachsen. Es wurde überall geraubt und geplündert und was nicht geplündert werden konnte, verwüstet. Mehrere Personen wurden verwundet, «ne ist Nachts gestorben. Dem Dr. Adolf Graner wurde der Unter­kiefer zerschmettert. Viele Familien flüchteten. Nach Mitter­nacht gingen von Kanizsa weitere neunzig Mann ab. Aus Oedenburg trafen um folgenden Tag 200 Mann ein und Mittags meldete ein Telegramm des Ministers Tisza, daß aus Pest ein Separatzug mit 200 Mann Cavallerie nnd Infanterie abgehe. Einige Excedenten wurden aber trotz der Anwesenheit

des Militärs und dem Pöbel zu einem blutigen Zusammenstöße; das Mil!-- tär machte von der Schießwaffe Gebrauch, zwei Personen blieben todt, neun wurden schwer verwundet. Der Vicegespan hat einen Aufruf erlaffen, in dem er Jedermann an dis schweren Strafen er­innert, welche das Gesetz über die Theilnehmer solcher Exceffe verhängt und es für seine Pflicht erklärt, die Ordnung und Ruhe mit Anwendung der äußersten Mittel herzustellen und zu erhalten. Zahlreiches Militär, nament­lich Cavallerie, ist eingerückt.

Vermischtes.

In dem großen Briefmarken-Fälschungsproceß in Elberfeld, wobei es sich um 120,000 falsche Briefmarken ä 50 Pfg. handelte, sind Kaufmann Riechers aus Barmen und Fr. Wilhelm Bankemann aus Langerfeld bei Barmen zu je 5 Jahren, Fritz Blankemann, Bruder des Vorigen und ebenda wohnhaft, zu 2 Jahren Gefängniß verurtheilt worden.

Wer zuletzt lacht.Guten Tag, lieber Kollege, auf ein Wort bitte!" so sprach vor einiger Zeit ein vielbeschäftigter Arzt, der Sani­tätsrath D, den jungen, kaum der Eierschale des Staatsexamens entkrochene» Doktor P. auf der Straße an.Ganz zu ihren Diensten, verehrter Herr College," erwiderte eifrigst der Angeredete.Sie könnten mir wirklich eine» großen Gefallen thun," fetzte der alte Medicus nun die Unterhandlung fort. Sehen Sie, da habe ich ein hysterisches altes Fräulein Z. zur Patientin, ein gräßliches Frauenzimmer, die mich Tag für Tag zwei Stunden ennuyirt» mir von ihren tausenderlei Leiden vorfaselt und jeden Tag eine neue Krank­heit bei sich entdeckt. Dabei ist sie frisch und gesund; ihr fehlt weiter nichts als Arbeit. Und da dachte ich, daß Sie vielleicht kurz, daß ich sie - - Ihnen, der Sie doch gewiß noch nicht allzu beschäftigt sind, abtreten könnte."

Von Herzen gern," antwortete der Jünger Aeskulaps,nur", setzte er verlegen hinzu,morgen muß ich nach M. zu meinem Onkel reisen; er hat mir, als ich studirte, manchen Extragroschen zugewendet nun ist der alte Herr etwas leidend und will mich auf einige Wochen bei sich haben. Wen» ich aber im Sommer wiederkomme, will ich mir die alte Mamsell gern auf- halsen." Für den Augenblick war die Sache erledigt. Der pflichteifrige Neffe reiste ab, aus den Wochen wurden Monate, und erst vor Kurzem kehrte der junge Arzt zurück. Einer seiner ersten Besuchs galt dem Sanitätsrath. Sie kommen zu spät, lieber Kollege," rief dieser gleich dem Eintretenden entgegen und lachte aus vollem Halse.Denken Sie, heute vor acht Tage» läßt sich ein Kanzleisekretär so und so bei mir anmelden, er möchte mich pri­vatim sprechen. Ein langer Mensch tritt ein und fragt schüchtern, ob ich Fräulein Rosaura Z. wolle erster oder zweiter Claffe begraben lassen. Was geht mich denn das an? sage ich, die hat mich im Leben schon genug geärgert, nun, da sie todt ist, will ich nichts mehr mit ihr zu thun haben. Der Man» läßt sich aber gar nicht beirren. Sie sind doch der Nächste dazu, sagte er; mir, einem weitläufigen Vetter von ihr, hat sie nur einen kleinen Theil ihres Geldes vermacht. Sie aber, Herr Sanitätsrath Sie sind mit 30,000 ihr Haupterbe. Ich wollte es erst nicht glauben, aber es stimmte, die ver­rückte Person Gott habe sie selig hat mir aus Dankbarkeit für den Aerger, den ich seit Jahren bei ihr ausgestanden habe, ihr Vermögen ver­macht. Wären Sie damals nicht abgereist, lieber College, da wären Sie jetzt lachender Erbe." Der hoffnungsvolle Jünger soll bei dieser Unterhaltung nicht gerade sein schlauestes Gesicht gemacht haben.

Literarisches.

Wenn ein Journal den z w e i u n d d r ei ß ig st en Jahrgang antritt, wie dieUlnstrirtv ^Stuttgart, Deutsche Verlagsanstalt, vorm.

Eduard Hallbergerh jetzt mit den eben ausgegebsnen ersten zwei Heften, fo legt dies ein glänzendes Zeugniß ab von dem Werths dieser Zeitschrift, die nun ein biblisches Menschenalter blüht und als stets willkommener Familien­freund vom deutschen Volke freudig begrüßt wird. Ihre wirklich großartige Verbreitung verdankt dieJllustrirte Welt" ihrer Reichhaltigkeit und Gedie­genheit, und wir finden beim Beginn des neuen Jahrgangs gleich wieder so viel Interessantes und Schönes in den ersten Heften, daß wir sicher sind, diese Zeitschrift wird sich die Gunst und Anerkennung des Publikums treulich bewahren. Der neue Jahrgang beginnt mit zwei außerordentlich spannenden, farbenreichen Romanen, einem kulturgeschichtlichen:Der Bolksführer" von F. sLifKora, und einem aus dem Jnvustrielsben:Glückauf" von L.

Neben diesen bereitet dem Leser große Ueberraschung eine Novelle:Der Diebstahl" von Bernhard Staoenow; Vacano hat eine reizende kleine Skizze gespendet; K Ruß eine überaus interessante Schilderung von Land und Leuten des Spceewalves. Dann firdet der wißbegierige Leser einen Artikel über das Leben der Sonne. Ferner kleinere sehr interessante Skizzen, wie; Eine feuerspeiende Pflanze Ueber die Kraft der neuen Sprengmittel Be­handlung der Fingernägel dann Notizen und Rezepte für Hauswirthschrft, Küche, Keller, Garten, Lrndwirthschaft und Gewerbe für Schule und Haus für die Jugend ein ganz neues Kciegsspiel und sehr hübsche Nathsel Damespielaufgaben, Rösselsprung und Schachpartieen medicinischr und andere Korrespondenz. Der Bildecschmuck scheint in diesem Jahrgang beson­ders brillant zu werden. Aus der reichen Fülle möchten wir nur auf die herrlichen Illustrationen:Zeitvertreib"Der Tauspathe"Aus dem Spceewalde"Zur Feier der Befreiuung Wiens"Aus der Schweizer­ischen Landes-Ausstellung"Nllpferde" Hinweisen. M.t dieser Auszählung haben wir bei Weitem nicht den Inhalt dieser beiden Hefte erschöpft, man kann aber hieraus entnehmen, welch' eine Fülle von interessantem Lesestoff aus allen Gebieten dies Journal für den fabelhaft billigen Preis von nur 30 Pfennig pro Heft bietet. Wir können daher aus voller Ueberzeugunr diesen neuen Jahrgang allen unfern Lesern als eine vortrefflich: Unterhal­tungslektüre warm empfehlen.

Zu beziehen durch E. Georgii's Buchhandlung in Calw.