Aeo. 100.

58. Jahrgang.

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Calw.

Nachstehenden Erlaß der K. Centralstelle für die Landwirthschaft wird hiemit zur Kenntniß der Bezirksangehörigen gebracht.

Den 26. August 1883.

K. Oberamt.

_ Flaxland.

Die Central Stelle für die Landwirthschaft an sämmtliche

K. Oberämter.

Die großen Ueberschwemmungen, welche im vorigen Jakre in Deutsch­land eingetreten sind, haben aufs Neue Veranlassung zu Erwägungen und Rathschlägen darüber gegeben, welche Ursachen die Hochwassergefahr in einem Lande zu erhöhen , und welche Maßregeln diese Gefahr und die Bedrohung der Thalgründe durch die Schuttmaffen der anliegenden Steilhänge wenigstens einigermaßen zu vermindern geeignet sind. Auch im landwirthschaftl. Wochen­blatt ist dieser Gegenstand schon mehrfach u. A. in den Nummern 7, 16 und 17 des laufenden Jahrgangs behandelt worden und verweisen wir wegen des Näheren auf die betreffenden Aufsätze. '

Nach dem übereinstimmenden Urtheil der Sachverständigen wird die Hochwassergefahr und insbesondere'das rasche Eintreten von Ueber­schwemmungen wesentlich verstärkt durch das Vorhandensein Ausgedehnter kahler St eil hänge, wie sie in Württemberg, nanwntlich/an den Abhängen der Alb und im Gebiet der Muschelkalkformatisn?. theilweise-auch. im Gebiet des Keupers und im Schwarzwald Vorkommen.

Besonders-nachtheilig wirkt an solchen Steilhängen erfahrungsgemäß die unausgesetzte Ausübung der Weide, indem Schafe und Ziegen nicht nur das Aufkommen von Wald oder wenigstens von Buschholz verhindern, sondern auch die Grasnarben zerstören, welche durch den scharfen Tritt der Weide- thiere mehr und mehr gelockert und geschwächt wird, so daß bei starken Regengüssen der letzte Rest der Bodendecke abgewaschen wird und nur noch eine ertraglose Schutthalde übrig bleibt, deren Schuttmassen den anliegenden Thalgründen sehr verderblich werden können.

Wird dagegen an die mit schwacher Grasnarbe versehenen Hängen die Weide dauernd oder wenigstens eine Zeit lang eingestellt, so bestockt sich die Grasnarbe wieder, wie sich dies an dem im Besitze der Staatsforst­verwaltung befindlichen Hohenstaufen gezeigt hat, dessen Südhang nach

Sistirung der Weide jetzt wieder mit einer dichten Grasnarbe bedeckt ist, welche gemäht werden kann und jetzt durch den jährlichen Verkauf des Grases einen höheren Ertrag abwirft als ihn früher die Schafweide ergeben hat.

Mit Rücksicht auf die eben geschilderten Verhältnisse wird nun dem Oberamt empfohlen, bei geeigneten Veranlassungen auf Gemeinden und even­tuell Private in mehr belehrender Weise dahin einzuwirken, daß sie an kahlen, steilen Bergabhängen die Weide mit Schafen oder Ziegen wenigstens in so lange unterlassen, bis sich wieder eine bessere Grasnarbe gebildet hat. Eiue solche Maßregel, welche durch eine Einteilung der Weideflächen in Schläge eingeleitet werden könnte, hätte ja auch für die Besitzer den Vortheil, daß die betreffenden Flächen, statt früher oder später ertraglos zu werden, der Kultur erhalten blieben und nach einiger Zeit wieder eine Rente ge­währen würden.

Eine noch günstigere und nachhaltigere Einwirkung hinsichtlich der Ver­minderung der Hochwassergefahr wäre jedoch voraussichtlich von dem gänz­lichen Aufgeben der Weide an kahlen, steilen Abhängen und von der Aufforstung der betreffenden Flächen in Verbindung mit der An­lage der Horizontalgräben zu erwarten. (Vergl. den Aussatz überHorizontalgräben an Bergabhängen" von Baurath Rheinbard in Nr. 7 des landw. Wochenblatts von 1883). Jedenfalls dürste es angezeigt sein, Versuche mit solchen Kulturverbefferungen an geeigneten Orten vorzunehmen. Behufs Anregung und Unterstützung solcher Versuche hat das-'K. Ministerium des Innern die Centralstelle auf ihren Antrag ermächtigt, solchen Gemeinden, Amtskorporationen, Vereinen und.Privaten, welche Steilhänge in Verbindung mit Anlage von Horizontalgräben unter den von uns aufgestellten Beding­ungen anpflanzen, soweit die Mittel hiezu vorhanden sind, Beiträge von 30 bis 50 Prozent der Anlagekosten und bis zum Maximalbetrag von 600 -,/L für eine und dieselbe Gemeinde, Vereine oder Private zu gewähren.

Die Bedingungen sind folgende:

1) Die betreffenden Flächen müssen vor der Anlage durch von der Cen­tralstelle zu beauftragende Sachverständige besichtigt werden.

2) Die Ausführung der Anlage hat ebenfalls unter Leitung der durch die Centralstelle bezw.- die K. Forstdirektion, Abth. für die Körper­schaftswaldungen, bezeichnten Sachverständigen zu geschehen, deren Aufsicht dieselbe auch hinsichtlich.der Unterhaltung unterstellt bleiben muß, bis die Aufforstung vollendet ist.

Die Kosten der ersten Besichtigung, der Leitung und Beaufsichtigung der Anlage trägt die Ccntralstelle.

3) Die Anpflanzung der Steilhänge hat in Verbindung mit der Anlage von Horizontalgräben oder ähnlichen Vorrichtungen zum Zurückhalten des Wassers zu ersolgen. Die Waldpflanzen sollen dabei in emer solchen Ent­fernung gesetzt werden, wie dies die vollständige Aufforstungder betreffenden Fläche nothwendig macht.

4) Die angepflanzten Versuchsflächen müssen der Schafweide unbe­dingt verschlossen bleiben.

Feuikketon.

(Nachdruck verboten.)

Der Sohn des tzverwirths.

Kriminal-Novelle von Karl Zastrow.

(Fortsetzung.)

Viel näher lag der Gedanke, der Mörder halte sich in irgend einem kleinen, obskuren, von jeder größeren Verkehrsader entfernten Orte auf und werde erst, wenn die unheimliche Geschichte vollständig in Vergessenheit ge­kommen sei, seine Uebersiedlung nach einem fernen Welttheil bewirken. Jeden­falls mußte ich mich auf irgend eine Entstellung oder Veränderung seines äußeren Menschen gefaßt machen. Alles was ich ersann und vermuthete, ueferte mir nur immer und immer wieder den Beweis, daß die Schwierig­keiten, welche sich meinem Vorhaben entgegenstellten, schier unüberwindlich waren.

Ich hatte mir mein kleines Erbtheil auszahlen lassen. Ich beschloß, es rm Interesse des Zweckes, den ich erstrebte, zu opfern. So durchreiste W ganz Pommern, ließ auch das kleinste Städchen nicht unberücksichtigt, forschte bei allen Polizeibehörden, in allen Gasthäusern nach. Ich examinirte die Handwerksburschen und Postillone, welche mir auf den einsamen Land­straßen begegneten, aber je eifriger ich suchte, desto mehr schien ich von der Spur des Verbrechers abzukommen.

Man pflegt zu sagen, der Zufall sei der beste Kriminalpolizist. Ich

habe selbst die Beobachtung gemacht, daß etwas Wahres in der Behauptung liegt. Nur kann ich nicht umhin, derselben eine großartige und edlere Be­deutung zu geben. Ich halte dafür, daß der Zufall ein geheimnißvoller Bote jener göttlichen Macht, der Vorsehung ist, die ununterbrochen die feinen Fäden spinnt, um alles Böse dem Guten nutzbar zu machen . . .

Es war ein milder Herbstabend voll köstlicher Frische und Ruhe, als ich zu dem Thore eines jener kleinen Städtchen einpassirte, wie sie längs der pommerischen Ostseeküste verstreut sind. Zur linken Hand gewahrte ich einen glänzend illuminirten Garten, aus dem mir heitere Musik Mgegen- schallte. Ueber dem Eingangsportal prangte in großen lateinischen Buch­staben die Bezeichnung:Concertgarten, Sommertheater und Restaurant." Ich trat ein und nahm an einem einsamen Tische unter einem schattigen Kastanienbaum Platz. Nach einiger Zeit verstummte die Musik und die Stimme der agirenden Mimen schlugen an mein Ohr. Ich machte die Be­merkung, daß ich mich in der Nähe der Bühne befand.

Was für ein Stück wird gegeben?" fragte ich den Kellner, der in­einiger Entfernung meines Auftrags harrte. -

Die Räuber, mein Herr."

Die Räuber?" lächelte ich.Sind's tüchtige Kräfte?"

Ganz vorzüglicher Kräfte, mein Herr . . . das will ich meinen, und es soll auch ein sehr hübsches Stück sein, die Räuber von Charlotte Birch- Pfeiffern. Befehlen der Herr ein Hammel-Cotelette?"

Bringen Sie, was Sie am schnellsten liefern können." Der Kell­ner segelte davon, und kehrte nach wenigen Minuten mit einem dampfenden Gericht zurück.

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