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Kugel im Durchmesser der Mondscheibe löste sich vom nächtlichen Himmel langsam ab, übergoß die ganze Gegend wie bei einer bengalischen Beleuchtung, mit einem grünlich - gelben intensiven Licht, um nach etwa 5 Sekunden in Feuertropfen zu zerfließen, die einer Sternrakete ähnlich auf den magisch erleuchteten Wald herabzufallen schienen. Die Luft war dabei ganz ruhig, eine Detonation erfolgte nicht.
Gomaringen. 21. Aug. Schlag V 4 IO Uhr diesen Abend war ein Meteor in der Größe der Mondscheibe mit so intensivem bläulichweißem Lichte, mit östlichem Verlauf, sichtbar, daß dadurch der Mondschein verdunkelt wurde. In einem schweisartigen Verlauf löste sich die Lichtmaterie nach, kaum zwei Sekunden in 3 niedersallenden Kugeln auf mit einem leichten Geknatter, ähnlich dem entfernten Abschießen von Gewehren. (Dieselbe Beobachtung wurde auch in Stuttgart gemacht.)
Stuttgart, 23. Aug. In öffentlicher Gemeinderathssitzung wurde heute in Folge Ministerialerlasses über die von Direktor v. Keßler in Eßlingen nachgesuchte Konzession für die Errichtung einer Zahnradbahn von Stuttgart nach Degerloch über die alte Weinsteige verhandelt und da diese Bahn über der Stadt zugehöriges Straßenareal führen soll, die Bedingungen vorläufig berathen, die Seitens der Stadt daran geknüpft werden, alles jedoch vorbehältlich der noch zu erwartenden Konzessionirung durch die Königl. Staatsregieruug. Diese Bedingungen bezüglich der Rückficht auf den allgemeinen Verkehr in Breite, Anlage, Unterhaltung rc. der Bahn werden im ausführlichen Berichte über die heutige Sitzung folgen, werden übrigens nach Feststellung der etwaigen staatlichen Bedingungen noch des Weiteren erörtert und endgiltig festgestellt werden. Auch von einer eventuellen Verbindung mit der Pferdebahn war die Rede.
— Die Hauptergebnisse der Werths- und Gewichtsschätzungen bei der allgemeinen Viehzählung vom 10. Januar d. I. für Württemberg. Die mit der allgemeinen Viehzählung vom 10. Januar d. I. verbundenen Erhebungen über den durchschnittlichen Verkaufswerth und über das durchschnittliche Lebendgewicht eines Thiers mittlerer Qualität um die Zeit der Zählung haben für Württemberg folgende Werths und Gewichtsberechnungen ergeben: Pferde: 96,885 Stück — 39.650,913 Maulthiere und Maulesel: 15 Stück 3360 ^ Esel: 109 Stück 7040 Rindvieh incl. Kälber: 904,139 St. — 169,425,318 -4L Werth und 267,106,148 Lebendgewicht. Schafe: 550,104 Stück — 12,903,622 -4L Schweine: 292,206 Stück — 12,396,426 ^ Ziegen: 54,876 Stück --- 839,919 -4L
Gesummter Verkaufswerth obiger 1,898,334 St. Pferde, Maulthiere und Maulesel, Esel, Rindvieh, Schafe, Schweine und Ziegen 235,226,598 -4L; gesammtes Lebendgewicht obiger 954,851 Stck. Rindvieh und (1 Jahr alter und älterer) Schweine 273,075,023 ÜK.
Bezüglich der bei der Viehzählung vom 10. Januar d. I. weiter noch ermittelten Bienen st öcke, nämlich 80,098 Stück (worunter 25,529 St. mit beweglichen Waben), sowie des Geflügels, nämlich 181,947 Stück Gänse, 121,857 Stück Enten, 1,660,450 Stück Hühner (worunter 50,004 Stück fremder Racen) fand eine Schätzung des Verkaufswerths nicht statt.
Besigheim, 22. Aug. Gestern, Abends zwischen 5 und 6 Uhr, badete eine Anzahl kleiner Mädchen im Neckar bei Besigheim unterhalb des Mühlwehrs an einem als Badeplatz nicht benutzten Platze. Plötzlich sank die 10 Jahre alte Pauline Kachel von Bönnigheim unter. Die 12jährige Bertha Pauline Sieber, Töchterchen des Seifensieders Karl Sieber von Besigheim, welche schon gebadet hatte und angekleidet am Ufer siand, sprang sofort in den Kleidern in's Wasser, konnte aber die Kachel nicht retten und versank gleichfalls. Bis Hülfe da war, waren die beiden Mädchen ertrunken.
Kissingen, 21. Aug. Professor Schelling wurde am 18. d. M. von dem Fürsten Bismarck zum Zweck der Vollendung des Niederwalddenkmals empfangen, da an letzterem Alles vollendet ist bis auf die Figur des Fürsten, welche nun von dem Künstler in der kürzesten Zeit hergestellt werden muß. Man vermuthet, daß Fürst Bismarck, der bereits 20
Höchstens wäre der Bart, welchen der Gefangene trug, im Stande gewesen, mich einen Augenblick zu täuschen. „Herr Doktor," rief ich, „man hat einen großen Fehler gemacht, als man Sie verhaftete. Sie haben einen Doppelgänger Herr Doktor!"
„Das ist nicht blos möglich, sondern sogar wahrscheinlich," gab er ruhig zurück.
„Besinnen Sie sich, ob Sie ihr Alibi beweisen können."
„Man glaubt ja meinen Worten nicht, man will mich verurtheilen..."
„Es war das Alles, was ich mit dem Angeklagten sprechen konnte. Im nächsten Augenblick trat der Inspektor ein und raunte mir zu, daß er beim besten Willen eine Fortsetzung der Unterredung nicht gestatten könne. Sein Amt, das Glück seiner Familie stände auf dem Spiele. So verabschiedete ich mich denn von dem Gefangenen mit dem Wunsche, daß feine Unschuld bald an den Tag kommen möge.
„Ich begann meine Operationen in aller Stille," fuhr Sternberg fort. „Nicht eher wollte ich mit meinen Erklärungen an die Oeffentlichkeit treten, als bis die volle Gewißheit in meinen Händen lag. So hatte ich es mir heimlich gelobt. Ich verhehlte mir keineswegs die Schwierigkeiten. Sie waren außerordentlich im Vergleich zu den Situationen, in welchem ich mich befand, als ich noch unter dem Schutze meiner Amtsbefugnisse agiren konnte Ich war allein, vollständig auf mich selbst angewiesen. Scheiterte ich zum zweiten Male, war es mit einer glücklichen Zukunft für immer vorbei. Aber ich verzagte nicht. Ich fühlte eine Begeisterung, einen Muth, der mich zu riesenhaften Anstrengungen spornte.
„Ich begann damit, Erkundigungen nach jener Wittwe Elsbert einzuziehen, in deren Gesellschaft meinem Vermuthen nach der Gauner eine Strecke weit gereist sein mußte. Ich hatte das Glück, die Dame im besten Wohlsein und vollständig von ihrer Melancholie geheilt, in dem Seebade Häringsdorf anzutreffen. Sie gab mir bereitwilligst die gewünschte Auskunft.
Bäder genommen hat, in der nächsten Woche schon dahier seine Kur beende» wird.
Münsingen, 17. Aug. Zu dem heute stattgesundenen Remonte- ankauf waren ziemlich viele Pferde, worunter sehr schöne Thiere erschienen. Gekauft wurden, wie gewöhnlich die meisten vom Gestüte Marbach, nemlich 8 Stück zum Durchschnittspreis von 821 -4L, ein weiteres Pferd von Bremelau zu 700 -/-L Für einen sehr schönen Schimmel von Zainingen bot die Commission nur 500 -4L Dem Besitzer wurde sofort von Händlern mehr geboten, und schließlich ging das Pferd unter Darangabe von einem ältern in die Hände eines Bauern über. Mittags wurden noch mehr Pferde zu weit befferen Preisen als die Kommission bot, verkauft.
Luzern. Am 20. ds. gelang es in Luzern der Polizei, eine Diebsbande auf frischer That zu ertappen und aufzuheben, welcher verschiedene, im Komplott begangene Einbrüche zugeschrieben werden. Die Gesellschaft (5 oder 6 Mann) besteht aus deutschen Handwerksburschen, „Stromern", welche mit Vorliebe den Vierwaldstädtersee fechtend und stehlend umschwärmen.
Newy ork, 22. Aug. Ein furchtbarer Orkan richtete im Südosten von Minnesota große Verheerungen an. 40 Menschen sind todt, 50 verwundet. — Ein Drittheil der Stadt Rochester wurde zerstört. Man fürchtet, daß auch in der Umgegend Rochesters eine große Verwüstung stattgefunden habe und glaubt, die Zahl der Tobten werde sich auf mehrere Hundert Herausstellen. Der Orkan riß einen Eisenbahnzug fort, wobei es 25 Todte und 35 Verwundete gab.
Vermischtes.
— Stiefel und Schuhe aus mit den Haaren gegerbtem Kalbleder hergestellt, sind gerade keine Neuheit mehr, aber daß diese Art Fußbekleidung immer mehr Nachfrage finden wird, dafür sprechen die Vorzüge derselben deutlich; z. B. zeichnen sich dergleichen Stiefel den bisher gebräuchlichen, mit Wollstoff oder Pelz gefütterten gegenüber, durch die Elastizität der noch im Leder sitzenden Kälberhaare aus, dieselben können deßhalb nicht drücken und eben deßhalb sind sie nicht nur warm, sondern gewähren auch hinsichtlich der Hautausdünstung alle zum Wohlbefinden des Menschen erforderlichen Garantien. Von ärztlichen Autoritäten wird diese Fußbekleidung namentlich Gicht- und Rheumatismus-Leidenden empfohlen, überhaupt auch allen denen, die zuweilen mit Zahn-, Augen-, Ohren- und Kopfschmerzen behaftet sind. d. Schuhm. Ztg.
— (Aus der Reichshauptstadt.) Einige aus der Gesellschaft der Singhalesen, welche sich und ihre Thierkarawane im Zoologischen Garten produziren, stellten sich am 20. in Gesellschaft eines Dolmetschers auf dem Bureau der Nat.Ztg. vor. Das gen. Bl. schreibt darüber: Zwei Herren und eine Dame waren es, die uns ihre Aufwartung machten, ein nicht nur interessanter, sondern wirklich angenehmer und im Vergleich mit den fr. Zt. hier weilenden Feuerländern höchst manierlicher Besuch. Von nicht eben großer, aber durchaus ebenmäßiger Gestalt, tiefbrauner Farbe, mit dunklen, großen Augen und prächtigen, blendend weißen Zähnen, so präsentiren sich die Fremdlinge als Angehörige einer fast 7800 engl. Meilen von uns entfernt wohnenden Spezies des Menschengeschlechts. Wie wir hören, stammen sie aus den Gouvernements Colombo und Kandy an der Westküste Ceylons. Sind die Garderobenstücke, wenigstens jene, in denen sich unsere Besucher präsentirten, auch ganz hübsch — sie bestehen theils aus glattem, theils aus gestreiftem rothem und blauem Seidenstoff — so können sie doch nicht eben durch Reichhaltigkeit imponiren. Die Qualität soll wahrscheinlich für die Quantität entschädigen. Die Beine stecken in kurzen Beinkleidern, um die Hüfte ist ein Tuch geschlungen und den Kopf bedeckt ein Turban; der übrige Körper ist — sagen wir barfuß. Doch halt, die Dame hatte noch eine weiße Jacke an, auf die sie sehr stolz zu sein schien, und die vorn mit einer versilberten Nadel befestigt hatte. Nachdem wir noch erfahren hatten, daß die Stephanien, -welche sich in der Karawane befinden, höchst sitt-
Jch konnte nicht mehr zweifeln. Meine Beobachtungen waren richtig gewesen. Der Hut mit den Grasbüscheln und Aehren, das feine, von eigenthümlicher Energie zeugende Gesicht, der auffallende zierliche Körperbau, dann das zerknitterte Seidenkleid — es stimmte Alles bis in die kleinsten Details. Der Mensch, welcher an jenem Abend in der Eberschenke eingekehrt und in Frauenkleidern aus derselben entwichen war und der Matrose Jemm mußten unter allen Umständen eine und dieselbe Person gewesen sein. Aber nun kam der schwierigste Theil meiner Aufgabe. Wo sollte ich den rafsinirten Verbrecher wiederfinden? Wo hatte ich zu suchen, um irgend einen Anhalt zu ermitteln und seine Verhaftung in die Wege leiten zu können? — Ich dachte nach. Der Verbrecher war bei Lebbin an's Land gesetzt worden. Es mußte ihm in seiner Eigenschaft als Seemann ein leichtes sein, im Hafen von Swinemünde ein Schiff zu gewinnen, mit dem er die Ueberfahrt nach der neuen Welt machen konnte. Vielleicht schwamm er schon auf dem Oceau und ich hatte das Nachsehen. Bei weiterer Ueberlegung glaubte ich indessen von dieser wenig tröstlichen Annahme Abstand nehmen zu können. Hatte der Steuermann des Adviser nicht ausdrücklich erklärt, der Fremde habe keineswegs den Eindruck eines richtigen Seemanns gemacht? Als Passagier auf einem Auswanderungsschiffe war er aber jedenfalls der Entdeckung aus- gesetzt. Selbst wenn er im Besitze von Legitimationspapieren war und wenn er seine Kunst im Punkte der Verkleidung im ausgedehntesten Maße übte, konnte seine Persönlichkeit über kurz oder lang auffallen. Berklitz's Photographie war nach allen Richtungen hin verbreitet. Jedenfalls war der Verbrecher zu schlau, um sich auf dem engen Raum eines Schiffes unter Menschen zu bewegen, die ihn täglich und stündlich beobachten konnten und ihm einen peinlichen Zwang auferlegten.
(Fortsetzung folgt.)