Schutzmannschaft eben in Civil gekleidet; da nun keine Zeit zu verlieren war, eilten sie so dem Hotelgarten zu und durchsuchten denselben. Als sie in der Mitte desselben ankamen, trat urplötzlich ein Trupp bewaffneter Männer, die sich hinter Tischen und Stühlen versteckt hatten, auf sie (die Schutzmänner) zu und hieben auf diese ein, so daß sie, der eine mehr, der andere weniger, Schläge über Kopf und Rücken erhielten. Und wer waren die Angreifer? Der Pächter selbst mit seinem männlichen Wirthschaftspersonal, die in den Schutzleuten gefährliche Eindringlinge vermutheten und so schnell zum Kampfe schritten, daß beiderseits kräftige Hiebe geführt waren, ehe man sich über Ziel und Zweck der Sache verständigt hatte. Nachdem beide Parteien sich gebläut hatten, fand die Vorstellung gegenseitig statt und man gieng friedlich auseinander.

Bonden Fildern, 6. Aug. Gestern Nacht zwischen 11 und 12 Uhr kam in Plieningen ein Akt gräßlicher Rohheit vor. Der dor­tige Polizeidiener gab einem auswärtigen Dienstknecht die Weisung, in Ruhe nach Hause zu gehen, worauf dieser ohne alle weitere Veranlassung mit ge­zücktem Messer sich auf den Polizeidiener stürzte und demselben nicht blos an der Stirne unmittelbar über den Augen eine tiefe Verletzung beibrachte, sondern ihm das Messer auch noch mit solcher Macht in die Seite stieß, daß die Lunge durchbohrt worden ist. Der dortige Landjäger fahndete so­fort nach dem muthmaßlichen Thäter und hat denselben heute in Oberensingen verhaftet und hieher eingeliefert. Die gerichtliche Untersuchung ist eingeleitet. Es ist sehr zweifelhaft, ob nicht der Polizeidiener seinen schweren Verwun­dungen unterliegt; es wäre dies um so mehr zu beklagen, als derselbe, der den deutsch-französischen Krieg mitgemacht und damals von einer schweren Verwundung wieder genesen ist, erst im vorigen Jahr sich verheirathet hat und die Pflichten seines schweren Berufes mit Gewissenhaftigkeit zu erfüllen be­müht war.

Niederstetten, 5. August. Seit einigen Tagen sind an verschie­denen hiesigen Hausstöcken fertige Trauben zu sehen; auch in den Weinber­gen entwickeln sich dieselben sehr vortheilhaft. Die feuchte Witterung der jüngsten Wochen hat das Wachsen der Trauben wesentlich gefördert. Im Oberamt Gerabronn stehen die Feldfrüchte vorzüglich, nur wünscht man schönes Wetter zum Einbringen der Ernte herbei. Roggen und theilweise auch Weizen sind zum Theil überreif und bedürfen schleuniger Einheimsung, auch die Gerste ist für die Sichel reif, dagegen ist der Dinkel noch ziemlich grün. Im übrigen ist allgemein sichtbar, daß das bisherige Regenwetter sämmtlichen Fruchtgattungen von nicht geringem Nutzen gewesen ist, nament­lich haben sich die Haberäcker sehr gebessert. Geht inan gegenwärtig durch die verschiedenen Markungen, so gefällt insbesondere auch das gesunde, frische Grün der Kartoffelfelder. Die Kartoffeln haben seit langer Zeit nicht mehr so regelmäßig geblüht, wie in diesem Jahr. Was das Obst betrifft, so bieten nahe bei einander stehende Obstpflanzungen ein sehr verschiedenes Bild. In dem einen Garten bedürfen die schwer beladenen Bäume reichlich Stützen, während in einein andern die Bäume leer stehen.

Leutkirch, 6. Aug. Als Unicum dürfte wohl das Ergebniß der Bienenzucht des Herrn Fruchthändler I. Gut hier dastehen; derselbe hat von zwei dieses Frühjahr aus Krain bezogenen Originalstöcken nicht weniger als 9, sage neun Schwärme erhalten und zwar lauter Schwärme, wie man sie nur gewöhnt ist von Stöcken, die nur einmal schwärmen. Jeder der Originalstöcke stieß 3 Schwärme, ein Schwarm 2 sog. Jungfern­schwärme und 1 Schwarm einen Jungen ab. Wäre der erste Schwarm, der in der ersten Woche des Mai kam, nicht per, so wäre Herr Gut ohne Zwei­fel rnit noch einigen Jungfern beglückt worden. Redendem erntete Herr Gut 30 Pfund Honig. Gewiß ein mehr als schöner Ertrag.

(Nachdruck verboten.)

Der Sohn des tzberwirths.

Kriminal-Novelle von Karl Zastrow.

(Fortsetzung.)

Er stand auf und zog die Klingel.Sagen Sie dem Herrn Cordelitz, ich ließe ihn ersuchen, mir einen Augenblick die Ehre seines Besuches zu Theil werden zu lassen!" befahl er dem eingetretenen Gerichtsdiener.

Cordelitz trat nach wenigen Minuten ein. Er richtete seine Brillen­gläser mit einem scharf beobachtenden Ausdruck auf das unbewegliche Gesicht des Staatsanwalts. Als sie dann die Pultfläche streiften, von welcher jenes inhaltschwere Aktenheft sich abhob, das ihm so viel Gelegenheit zur Thätigkeit gegeben hatte, glitt ein Zug von Sorge über sein Antlitz.

Was halten Sie von diesem Brief, Herr Untersuchungsrichter?" fragte Bernicki, indem er das Schreiben dem Andern darbot.

Cordelitz las es aufmerksam durch. Als er zu Ende war, schüttelte er den Kopf.Ich habe nur Eine Ansicht von der Sache, Herr Staatsan­walt. Der vor Kurzem entlassene Kriminal-Adjunkt Sternberg intriguirt gegen uns!"

Bernicki's Gesicht blieb ruhig. Die Mittheilung schien nicht den gering­sten Eindruck auf ihn zu machen.

Sie glauben, daß Sternberg der Verfasser dieses Schriftstückes sei?" warf er hin.

Wenn nicht der Verfasser, doch jedenfalls der Urheber. Sternberg ist durch und durch grillenhaft, eigensinnig, rechthaberisch und dabei unge­wandt. Er hofft auf den sogenannten Doppelgänger diese ksts morxsna der Kriminalgeschichte."

Ich danke Ihnen, Herr Richter!" Cordelitz verbeugte sich und that, als wollte er gehen. An der Thür wandte er sich jedoch noch einmal um und fragte:Eh' ich's vergesse, Herr Staatsanwalt, soll ich vielleicht bezüglich des Anonymus noch genauere Erhebungen anstellen?"

Von der Steinlach, 1. August. Es ist ein eigenthümlicher In­dustriezweig, auf den sich in den letzten Tagen die liebe Jugend geworfen hat: das Schneckensuchen. Ganze Wagenladungen » 50 bis 70,000 Häus­chen tragender Schnecken gehen ins Oberland, theilweise um nach Wien, Pest und die untere Donau verführt zu werden. Für das Hundert werden von ! Händlern 10 H bezahlt.

Nürnberg, 3. Aug. Bei dem Interesse, welches allgemein der > elektrischen Beleuchtung zugewendet wird, sind wohl die Erfahr- ! ungen von Interesse, welche man dahier mit der elektrischen Beleuchtung, , die nun 1 Jahr hier auf einem öff. Platze und den umliegenden Straßen eingeführt ist, gemacht hat. Es sind hiedurch 35 Gaslaternen, welche im Jahr einen Aufwand von 2051 -//L verursachen, in Unthätigkeit gesetzt wor­den. Die hiefür verwendeten 3 Lampen mit elektrischer Beleuchtung er­forderten für Beleuchtung und Löhne einen Aufwand von 2219 -^L, ohne daß hiebei die von der Stadt zur Verfügung gestellte 4pferdige Wasserkraft in Ansatz gebracht ist. Es ist übrigens beabsichtigt, die elektrische Straßen­beleuchtung noch weiter dahier auszudehnen.

Man hofft in Rudolstadt, bezüglich der scheußlichen Bochumer Lust, morde Klarheit zu erhalten, denn beim dortigen Landgerichte sind augenbU. lich wichtige Voruntersuchungen im Gange, die Licht in diese Angelegenheit zu bringen scheinen. Man glaubt Anhaltspunkte dafür gefunden zu haben, daß ein wegen eines gemeinen, bei Katharinau begangenen Verbrechens dort inhaftirtes Subjekt in irgend welchem Zusammenhänge mit den Bochumer Lustmorden steht. Der Mensch hat sich nämlich genau zur Zeit jener scheuß­lichen Verbrechen, welche noch nicht aufgeklärt sind, bei Bochum aufgehalten.

Frankfurt a. M. Vier Velocipedisten fuhren am Sonn­tag Nachmittag mit ihren Vehikeln vergnügt zum Wettrennen nach Homburg. Unweit Bommersheim kam der Sportgeist über sie und sie fingen ein Pri­vatwettrennen an, das für sie unglücklich ausfiel. Sie stürzten plötzlich einer über den andern und als man den Schaden besah, war derselbe an Menschen, Kleidung und Bicycles ein derartiger, daß die übereifrigen Sports­men die Fahrt nach Homburg aufgeben und wehmüthig zu Fuß den Rück­weg antreten mußten.

Bad Gastein, 5. Aug. In der vergangenen Nacht gegen 2 Uhr zeigte sich hier eine 10 Sekunden andauernde Lichterscheinung, durch welche der ganze Ort tageshell erleuchtet wurde. Der Gamskahrkogel war wie bei Tage sichtbar.

Preß bürg, 3. Aug. In Folge des Urtheils im Tisza - Esz - larer Prozesse machte sich eine Aufregung in der Bevölkerung bemerkbar. Um 8>/z Uhr Abends ertönte Lärm und Geschrei auf der Pro­menade. Um 9 Uhr Abends fand eine Ansammlung großer Menschenmaffen auf dem Komitatshausplatze, in welchen die Judengasse mündet, statt. Fünf > Kanonenschüsse allarmirten die Garnison. Von allen Seiten rückte Militär > heran, das die Straßen absperrte, um weitere Ansammlungen zu verhindern, j Der Pöbel ging in die Vorstadt Blumenthal und zertrümmerte in der KM- gasse, sowie auch in der Schöndorferstraße viele Fenster. Die gesammte Garnison war ausgerückt. Verhaftungen wurden vorgenommen. Die Ruhe war um 12 Uhr wieder hergestellt. Mehrere Komp. Militär halten viele Straßen und Plätze besetzt.

Der Prozeß wird übrigens noch mehrere Nachspiele haben. Schon hat das Szabolczer Komitat eine Verleumdungsklage gegen den Ver- theidiger Heumann erhoben, und sehr wahrscheinlich ist es ferner, daß die ungarische Regierung wider den Untersuchungsrichter Barry, der alle zur Durchführung der Anklage geeigneten Umstände hervorgesucht, die entlasten­den dagegen zurückgedrängt und sich außerdem dem Verdachte derZeugen­

dem! ich erachte das Material für komplet der Brief ändert nichts in der Sachlage." >

Der Untersuchungsrichter hatte sich kaum entfernt, als Bernicki von Neuem den Gerichtsboten herbeirief und ihm befahl, den Gefangenen vor­führen zu lassen.

Es dauerte eine geraume Zeit, bis Doktor Berklitz eintrat. In seiner Haltung lag noch immer Ruhe und Sicherheit. Der Staatsanwalt schritt, die Hände auf dem Rücken gekreuzt, im Zimmer auf und ab. Dann trat er vor dem Angeklagten hin und betrachtete ihn mit wohlwollendem, aber ernstem Blick.

Herr Doktor," begann er in freundlichem mildem Tone,es gereicht mir zur besonderen Freude, Ihnen mittheilen zu können, daß in der Unter­suchungssache gegen Sie ein erheblicher Umschwung zu Ihren Gunsten ein­getreten ist. Es wird unserer Polizei hoffentlich gelingen, die-

Dame zu ermitteln"

Ein leises Aufzucken im Gesicht des Doktors entging dem jungen Be­amten nicht. Doch nahm dasselbe seinen vorigen Zug sofort wieder an, als er erwiderte:

Ich verstehe nicht, was sie sagen, mein Herr, ich weiß von keiner Dame."

Ich begreife Ihre Absicht vollkommen, Herr Doktor, sie ist eines Ehrenmannes würdig. Ich bin indessen der Ansicht, daß sich Mittel und Wege entdecken lassen werden, um zugleich Ihr Gefühl und den Ruf der jungen Dame zu schonen."

Der Gefangene schwieg. Bernicki war offenbar mit seiner Diplomatie zu Ende. Er sah den Doktor in Erwartung einer Antwort fragend an.

Fahren Sie fort, mein Herr! ermahnte aber dieser mit unerschütter­licher Ruhe.

Ja, ich möchte doch zunächst von Ihnen eine bestimmte Erklärung haben, wer jene Dame aus hochachtbarem angesehenem Hause ist, mit der Sie in jenem Hause zusammengetroffen sind?"

Sie irren mein Herr, ich bin mit keiner Dame zusammengetroffen.

Der Staatsanwalt studirte mit äußerster Schärfe die Gesichtszüge des , vor ihm Stehenden. Es wollte ihm scheinen, als gäbe sich eine leichte Un-