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bevor. Bei der städtischen Schuldeputation in Berlin sind allein schon 21 eingegangen. Der Geburtstag des Reformators bewegt die ganze evange­lische Welt. Selbst aus Rußland sind in Berlin Massenbestellungen auf die Biographie Luther's eingangen, welche man daselbst an Schulkinder und Consirmanden am 10. November vertheilen will.

Nach den vorläufig getroffenen Bestimmungen ist die Enthüllung des 9tationaldenkmals auf dem Niederwald auf den 27. September d. I. festgesetzt. Zu dieser Feierlichkeit sollen an sämmtliche Deutsche Fürsten Einladungen ergehen; ebenso sollen die auf den Reliefs abgebildeten Männer, soweit sie noch am Leben sind, zu dieser Feierlichkeit eingeladen werden. Die Theilnahme des Kaisers an der Enthüllungs-Feier ist bereits beschlossene Sache.

Die Stichwahl im 1. Hamburger Wahlkreise ist auf den 29. d. M. anberaumt.

Frankreich.

Louise Michel ist zu sechsjähriger Einschließung und zehnjäh­riger Polizeiaufsicht verurtheilt, Ponzet zu achtjähriger Einschließung und zehnjähriger Polizeiaufsicht. Drei Angeklagte haben geringere Strafen er­halten, die übrigen Angeklagten wurden freigesprochen.

China.

Aus New - York wird gemeldet, daß China fortfährt, in den Vereinigten Staaten große Ankäufe von Kriegsmaterial, namentlich Gewehren und Patronen zu machen. Die Verschiffung geschieht zumeist indirekt nach Südamerikanischen und Ostindischen Häfen, von wo dann die Weiterver­schiffung erfolgt. Zwei New-Yorker Firmen haben große Lieferungen von Vorderladern, nach dem Enfiel- und Springfield-System, ausgeführt, 8000 Gewehre und 2000 Kisten Patronen gingen in der vorigen Woche direkt nach Shangai ab. Die Rheder beobachten die größte Geheimhaltung. Ka­nonenkäufe sind bisher, so viel man weiß, nicht gemacht.

Tages - Neuigkeiten.

Nagold, 20. Juni. Gestern Vormittag nach 8 Uhr passirte Herr Staatsminister des Innern v. Hölderin Begleitung des Oberbau­raths Leibbrand von Stuttgart und Straßenbau-Inspektors Stuppel von Calw, sowie des Herrn Baron A. von Gültlingen auf seiner Schwarz­waldtour die hiesige Stadt, um sich zur Besichtigung der neuerbauten Thal­straße in das obere Nagoldthal zu begeben. Vom schönsten Wetter begün­stigt, trafen die Herren um 10 Uhr in Altensteig Stadt ein, woselbst sich die Spitzen der städtischen und geistlichen Behörden, sowie Deputationen des Gewerbevereins, der Feuerwehr und des Kriegervereins zum Empfange des Herrn Ministers versammelt hatten. Nach eingenommenein Frühstück im festlich bekränzten Gasthofe zun: Waldhorn besichtigte Se. Excellenz unter Führung des Stadtschultheißen Walther verschiedene gewerbliche Etablissements, u. a. auch die große Gerbereianlage des Rothgerbers Lorenz Luz, wobei der Herr Minister großes Interesse für die Gerberei- und Holzindustrie von Altensteig bezeugte. Um 12 Uhr setzte der Herr Minister, sichtlich erfreut über den ihm gewordenen Empfang, die Reise durch das obere Nagoldthal auf der neuerbauten Thalstraße nach Hochdorf und Besenfeld fort.

>V. 0. Stuttgart, 23. Juni. Die Rückkunft I. Kais. H. der Frau Herzogin Wera aus Rußland erfolgte in der Nacht vom Samstag auf den Sonntag.

Einer der Strolche, welche dieser Tage in das Robert'sche Kleider­geschäft einen nächtlichen Einbruch versucht haben, aber durch die Revolver­schüsse eines erwachten Angestellten des Geschäfts verscheucht worden sind, scheint nun der Polizei und den Gerichten in die Hände gefallen zu sein, nachdem er durch einen der Schüsse verwundet worden. Derselbe hat ange- gegeben, daß er auf der Eßlinger Staige von einem Unbekannten überfallen und in der Hüfte durch einen Revolverschuß verwundet worden sei. Da seine Angaben sehr zweifelhafter Natur waren und die Verwundung in der Nacht des Einbruchs erfolgt ist, so lenkte sich der Verdacht auf ihn.

Luftschiffer Vogel hat auf Morgen Abend die Freunde der Luft­schifffahrt zu Gründung einer Aeronautischen Gesellschaft in

das Cafe neuk zu einer Besprechung berufen und soll durch den neuen Ve­rein den Mitgliedern die Gelegenheit verschafft werden, von Zeit zu Zeit an Luftschifffahrten Theil zu nehmen.

Von hier aus ist für die vom 1. bis 3. Juli in Ulm stattfindende Versammlung des süddeutschen Verbands der Bäcker, Conditoren und Kochkünstler eine starke Betheiligung in Aussicht; namentlich soll die damit verbundene Ausstellung von Produkten dieser Branche stark beschickt werden. Für nächstes Jahr ist eine internationale Ausstellung der Bäcker, Conditoren und Kochkünstler in Berlin in Aussicht genommen.

vv. 6. Stuttgart, 24. Juni. Das Bankett, welches die Volks - Partei gestern Nacht als eine Demonstration für Ludwig Pfau im Schützenhofe veranstaltet hat, verlief wie vorauszusehen, ganz nach den Ab­sichten der Partei, da es nicht nur aus allen Theilen des Landes beschickt, sondern auch von sonstigen Gesinnungsgenossen briefliche und telegraphische Kundgebungen in Menge erhielt. Als Hauptredner sind wie uns mitge- theilt wird (Berichterstatter waren nur so weit sie zur Partei gehören zugelaffen, wie auch die Polizei ausgeschloffen war) die Herren Mayer, Payer und der Gefeierte als Märtyrer der Justiz behandelte Pfau selbfi.

Vom Schüssen» rsprung. (Pfahlbauten.) Die von Ober­förster Frank in Schuffenried in der Pfahlbaustation Olzreuthe veranstaltete Ausgrabungen, über die im Staats-Anzeiger vom 14. November v. I. kurzer Bericht erstattet ist, sind neuestens zum Abschluß gebracht worden, nachdem die ganze 770 qm große Kulturstätte vollständig durchsucht ist. Das Ge- sammt-Ergebniß ist nunmehr folgendes:

Die Thonwaaren sind nur in Bruchstücken vorhanden, gehörten Häfen, Krügen und Schüsseln an. und stimmen durchweg, namentlich auch bezüglich ihren, Ornamentirung karrirt-schraffirte Bandornamentik mit denen aus der Pfahlbaustation Schuffenried überein. Sie sind relativ selten; von sog. Netzsenkern nur Ein Exemplar; neu: Hälfte einer ovalen in der Mitte durchbohrten Thonkugel Zettelhalter? Die Menge der ausge­grabenen Feuersteine ist eine erstaunlich große; zus. 784 Stück und zwar 178 Artefacte und 606 Splitter. Erstere sind: 47 Pfeilspitzen, 57 Schaber, 37 Messer, 16 Sägen, 1 Bohrer, und 20 Stück, deren Zweck nicht unmittelbar ersichtlich ist. Unter den Feuersteinartefacten befinden -sich mehrere von besonderer Größe und vorzüglicher Schönheit. Unter den Stein-Artefacten stehen oben an: 3 Beilchen und 1 Meißel aus durchschei­nendem, fettig schimmerndem, dunkelgrünem Nephrit. 9 weitere, fertige, feingeschliffene und polirte Steinbeile bestehen im Wesentlichen aus Serpentin, Hornblende- und Thonglimmerschiefer; 2 halbfertige aus Plagioklas-Augit- und Plagioklas-Uralitschiefer. Die sogen. Kornquetscher Quarzit

Schlag- und Reibsteine, sowie Reib platten Mahlsteine

sind gleichfalls ziemlich zahlreich vorhanden. 36 Horn- und Kno­chen-Artefacte bestehen aus angearbeiteten Stangen vom Edelhirsch, Bodenbearbeitungswerkzeuge von Hirschhorn, Hirschhornhammerfragement, Hirschhornhefte, Nadeln, Pfriemen und Meißel aus Hirschhorn und Knochen. Die früher schon erwähnteHaarnadel" besteht aus Rindshorn nicht Steinbockhorn. Sonst sind außer vielen Knochen, Zähnen und Gebissen hauptsächlich von Edelhirsch, Reh, Schwein und Rind zu nennen: 2 Berg- krystalle, 3 St. dichte Rotheisensteine und Birkenrinde.

Heilbronn, 21. Juni. Die Prozeßsache Piau - Wieland hat noch ein Nachspiel gehabt. Im Beobachter sprachen 84 hiesige Bürger, auf eine Einwohnerzahl von über 25,000 Seelen, Hrn, Pfauim Namen der freisinnigen Bürger" ihre Theilnahme-aus und versicherten ihn, daß die ihm diktirte Freiheitsstrafe deinRechtsgefühl des Volkes" widerspreche. Die Adresse hatte ursprünglich erheblich schärfer ausfallsn sollen; weislich hat man ihr, um nicht auchFreiheitsstrafen" zu erhalten, einen sehr zahmen Wortlaut gegeben. Worüber man hier erstaunt ist, das ist die Erkenntniß, wie klein an Zahl diefreisinnige Bürgerschaft" nach dem Herzen des Hrn'. Pfau hier ist. Auf 60 Wähler hat einer unterschrieben; von 18 Gemeinde- räthen nur 4, von allen Bürgerausschußmitgliedern gar nur eines! Die ge­wichtigsten Namen, auf welche die Volkspartei sonst zählte, sucht inan erfreu­licher Weise unter dem Aktenstück vergeblich, das von den schweren, Herrn Prof. Wieland durch Pfau zugefügten Beleidigungen nichts zu wissen oder dieselben gar zu billigen scheint.

Der Wirth war in dem verhängnißvollen Zimmer zurückgeblieben. Er stand am Fenster und sah stieren Blickes in den Hof hinunter, jede Beweg­ung des Polizeibeamten mit aufmerksamem Auge bewachend. Der Ober­kellner und ein paar neugierige Mägde waren in die Hofthüre getreten. Nach ihnen wandte Sternberg sich jetzt mit den Worten:

Sucht einmal im Hofe nach, es scheint mir, als müsse die Frau Posträthin noch einige Toilettengegenstände zurückgelassen haben."

'Nach diesen Worten schwang er sich mit einem gewandten Satze über den Zaun und stand nun in einem kleinen viereckigen Hof , der zur Rechten von einer Art Schuppen eingefaßt war und ein ziemlich verödetes Aus­sehen hatte.

An den Fenstern, welche in diesen Hof gingen, zeigte sich Niemand. Sie waren mit wenigen Ausnahmen verschlossen und mit Gardinen verhangen. Der junge Mann blieb einen Augenblick stehen, mit verhaltenem Athem lau­schend; aber weder aus dem Innern des Hauses, noch aus den halbver­fallenen Stallgebäuden auf der andern Seite drang der leiseste Laut.

Indessen schien es, als walte doch über seinen ernsten Mühewaltungen ein glücklicher Stern; denn als er nun jeden Winkel des Hofes seiner Ge­wohnheit gemäß abzusuchen begann, entdeckte er die Krücke eines Sonnen­schirms, welche aus der am äußersten Ende des Hofes befindlichen Schlamm­grube hervorsah.

Schlau und doch immer nicht schlau genug!" meinte er lächelnd, warum solche Spuren hinterlasien, wenn es so ernst mit der Flucht ist? . . . Aber wer kann wissen, ob das nicht so eine Finte ist, abgesehen auf

die Ueberleitung zu einer falschen Spur? Diesem Mann ist Alles zuzu­trauen!"

Er zog an dein Griff und hielt den aus schwarzem Horn gedrechselten Stiel in der Hand. Derselbe war in der Mitte durchgebrochen. Nach eini­gem Suchen fand er die obere Hälfte des Schirmes in dem schmalen Raum, welcher sich zwischen dem Schweinekoben und der Mauer befand. Das feine glänzende Seidengewebe lag hum Theil unter Scherben und Steinen ver­graben und es kostete dem eifrigen Forscher einige Mühe es an's TagesW zu fördern und beide Bruchstücke in einen transportablen Zustand zu ver­setzen.

Er trat durch die Hofthüre in den Hausflur. Auch hier herrschte die äußerste Stille und Verödung. Zolldicker Staub bedeckte das Granitpflaster und die Stufen, sowie das Geländer der Treppe. Er klopfte an die Thüre linker Hand. EinHerein," das wie das Gemecker einer Ziege klang, ant­wortete ihm. Gleich darauf öffnet sich die Thüre. Der junge Mann stand in einem mit Tauen, Segelwerk, Ginflaschen, Cigarrenkisten und anderen Vorräthen gefüllten Ladenraum und ein kleines dürres Männchen mit kahlem Kopfe und grauem Bart hüpfte ihm entgegen.

Womit kann ich dienen?" klang es in heiserem Fisteltone?Ich suche einen jungen, bartlosen Mann, der allem Vermuthen 'nach wie ein Schiffer gekleidet ist und den Weg vom Nachbarhof aus durch dieses Haus genommen hat. Haben Sie ihn gesehen?"

(Fortsetzung folgt.)