gegen Wilson, Thomas Gallagher, Whitehead und Curtin das Schuldverdikat abgegeben, Ausburgh und Bernard Gallagher wurden freigesprochen. Vom Richter wurde gegen die 4 schuldig gesprochenen Angeklagten auf lebenslängliche Zwangsarbeit erkannt.
Tages - Neuigkeiten.
>v. 6 . Stuttgart. 15. Juni. Für die heute Vormittag stattgefundene Bürger-Ausschuß-Nachwahl sind nur noch 267 Stimmen abgegeben worden, im Ganzen also kaum noch der 7te Theil aller Wahlberechtigten. Die Abzahlung der Stimmen findet im Lauf des heutigen Nachmittags statt und wird gegen Abend bekannt werden. Wer nun auch den Sieg davon getragen haben mag. Eine Minoritätswahl ist es jedenfalls und es darf keine Partei darauf stolz sein. Die Juden haben bis auf den letzten Mann ihre Stimmen abgegeben.
— Auf hiesigem Rathhaus wurde gestern der Vortrag über die Herstellung der elektrischen Normal-Uhr für die beschlossene Wettersäule an der Planie vergeben und zwar zu dem Preise von 2160 -,/L Hievon kommen 1200 Mk. auf das Uhrwerk selbst, das mit Sekundenpendel versehen wird, jedoch vorerst in dem Geschäftslokal des Hofuhrmachers Kutter an der Ecke der Königsstraße und der Planie verbleibt; 900 Mk. kommen auf die an der Wettersäule selbst anzubringenden Zeiger, welche mit dem Werk durch eine elektrische Drahtleitung, Preis 60 Mk., in Verbindung gesetzt werden. Der Uhrmacher hat eine 3jährige Garantie für die Güte und Dauerhaftigkeit übernommen. Man darf also wohl auf etwas Gediegenes gefaßt sein.
Gmünd, 15. Juni. Heute früh starb an den Folgen einer Gesichtsrose der Landtagsabgeordnete des Bezirks Gmünd, Oberamtspfleger Miller. Noch vor wenigen Tagen war er gesund und wohl, eine Erkältung zog ihm die tödtliche Krankheit zu. Allgemein und tief wird sein Hingang in Gmünd bedauert, ein edler Charakter, Gediegenheit und Bescheidenheit zeichneten den Verstorbenen aus, und machten ihn populär im schönsten Sinne des Wortes.
Von der Alb, 14. Juni. Der in den letzten Tagen gefallene andauernde Regen ist für uns Albbewohner eine große Wohlthat geworden. Das Hauptquantum würde ohne diesen ein geringes gewesen sein; hauptsächlich aber waren es unsere Kleefelder, welche nach dem Regen lechzten. Unsere Saatfelder, besonders die Frühlingssaat, stehen durchweg gut, doch war auch hier der Regen nöthig, da die Zeit nahe ist, in welcher die Aehren ausgehen. Die Kartoffeln konnten schon gehackt werden und stehen sehr schön Ganz besonders sehnten sich die vielen Tausend von Kraut- und Kohlrabensetzlingen nach dem erfrischenden Regen.
Ulm, 15. Juni. Zu der vom 1. bis 3. Juli dahier stattfindenden Ausstellung der Bäckerei, Konditorei und Lebküchnerei sind zahlreiche Anmeldungen auch für Maschinen gemacht worden, so daß die Ausstellung recht reichhaltig werden dürfte. Am Sonntag 1. Juli wird die Ausstellung in der Tuchhalle eröffnet. Am 2. Juli findet im Hirschsaal der Verbandstag gewerbetreibender Bäcker Württembergs statt, bei dem über verschiedene Fragen referirt und berathen wird. Hernach Mittagessen. Abends gesellige Unterhaltung mit Musik auf der Wilhelmshöhe. Am 3. Tage werden die Sehenswürdigkeiten von hier in Augenschein genommen, Mittags zu Wasser in die Friedrichsau gefahren und daselbst in einem Garten bei musikalischer Unterhaltung Schluß gemacht.
Vermischtes.
— sLandesausstellung in Zürichs Im reichen Pavillion über das Hotelwesen theilen die ausstellenden Herren Gastwirthe uns Reise- und Hotelscenen aus früheren Jahrhunderten mit, die mit Bildern illu- strirt sind: so z. B. von einer Gotthardreise im Jahr 1504: „Der Kardinal Raimund von Gurk, ein mehr als 60jähriger Mann, von schwächlicher Konstitution, läßt sich in einer Sänfte von je 8 Mann tragen, acht andere Männer, stämmige Urner, sind zu der Ablösung bereit. Auf Pferden, Mauleseln reiten die Begleiter des Kardinals, meist Geistliche, darunter der Francis- kaner Konrad Pellikan. Letzter zu Fuß." Sodann führen sie in einem andern Bild den unbändigen Goldschmid Benvenuto Cellini vor, der sich vor
müthig, „wenn man, wie der muthmaßliche Attentäter, von nicht zu hoher Figur ist, ein glattes, ein wenig weich geschnittenes Gesicht hat und über nicht zu große Hände und Füße verfügt, so ist bei einiger Entstellung des Organs und einiger affektirter Zurückhaltung im Benehmen die Durchführung einer Frauenrolle auf einige Zeit durchaus nicht so schwierig, als es den Anschein hat."
„Wir können Ihnen nochmals die bestimmte Versicherung geben, daß unter den heute eingetroffenen Damen sich keine Persönlichkeit befunden hat, die uns im Geringsten verdächtig erschienen wäre."
„Das spricht für die Schlauheit des Gauners, keineswegs aber für die Eure!" murmelte der junge Kriminalbeamte, der sich mit jedem Augenblicke mehr auf der Höhe der Situation sah.
„Was wollen Sie nun beginnen?" fragte der Polizeirath, indem er den übrigen seitwärts stehenden Polizisten mit den Augen zublinzelte, als wollte er sagen: „Gebt Acht, wie ich den hineinfallen lasten werde!"
„Was würden Sie thun an meiner Stelle?" gegenfragte aber Sternberg lächelnd.
„Was überhaupt noch gethan werden könnte, wenn ich die Ueberzeu- gung hätte, daß der Mörder nicht inzwischen bereits ergriffen wäre. Ich würde mich also unverzüglich nach Lübeck oder Hamburg begeben und dort Nachforschungen anstellen. Das wäre aber auch Alles. Denn mir erscheint es natürlicher, daß der Flüchtling nicht die Hauptlinie benutzt, sondern auf Seitenpfaden die nicht weit entfernte mecklenburgische Bahn zu erreichen gesucht hat und nun im Begriff steht, nach Amerika zu entwischen."
„Da glaube ich einen kürzeren Weg zu kennen," gab Sternberg zurück.
einem Sturm auf dem Wallensee schleunig ans Ufer zurückzieht: „Benvenuto und seine Begleiter, in reicher venetianischer Tracht, sehen mit Bedenken dem nahenden Sturme entgegen und weigern sich, das kleine mit Pferden beladene Schiff zu besteigen; nachdem aber ein anderes mit Kaufmannswaaren beladenes Schiff, gleich belastet, die Fahrt angetreten, wagen sie, auf Zureden des Wirthes, die Wasserfahrt. Aber vom Sturme gepeitscht, landen beide Schiffe wieder." Sodann theilen die Herren Gastwirthe noch einige Raths- beschlüsse mit, die zeigen, daß in früherer Zeit das Auge des Gesetzes über ihre Kollegen schärfer gewacht hat, als heute über ihnen: „Rathschluß in Zürich anno 1314: Jeglicher Wirth, wenn der Gast in sein ° Haus kumt, soll in heißen sein Messer von ihm legen, thut ers nit, so soll er ihm weder zu essen noch zu trinken geben. Versäumts der Wirth, der git von jeglichem Gast 10 H, es sei denn, daß der Rath ihm das Messer erlaube." Rathschluß in Zürich anno 1402. „Erkenntnuß, daß alle Wihrt keinem Gast nicht nachgan sollet noch laufen, noch keinen Botten nachsenden soll, daß er die Gäste zu ihm zuhe. Wohl mag er unter syner Thür stehen, und da ein Gast in syn Huß fordern mit Bescheidenheit von 1 Pfund Pfennig Buß." Rathschluß in Zürich »nno 1688: „Es ist einem Bürger wohl erlaubt, etwan bey Zufälligkeit einen frömden guten Freund in seynem Haus ohne unterlaufende Gefahr, mit Bescheidenheit, aber nicht oftmals, frey zu halten." Rathschluß in Zürich anno 1650: „Des Schenkwirths Peter Ott, Conto für Gastfreihaltung des Churfürsten von Sachsen von 1140 Gulden ist in Eint oder Anderem ziemlich unverschämt befunden; dennoch ohne Abbruch aus dem Seckelamt bezalt worden. Oberkeitliches Mißfallen auch wegen schlechtem Traktament." Wirths- Hausordnung in Bern: „Uf 12 Tag December 1521 angesehen, wohl und jährlich nothdürftig ingesehen, dass die Wirth füllen ein Mahl geben mit Fleisch und Fisch umb 2 Groschen und 1 Nachtfutter umb 1 Groschen." — Am Sonntag, -10. Juni, war die Industrieausstellung von 14,700, die Kunsthalle von 2410 Personen besucht: Total 17,130. Die Hundeausstellung von 1120. Am 11. besichtigte der österreichische Handelsminister v. Falkenhayn in Begleitung des Präsidenten des Zentralkomites die Ausstellung und zeigte besonderes Interesse für die Gruppe 20 (Jngenieur- wesen) und für die Land- und Forstwirthschaft. Er war begleitet von dem geborenen Schweizer, Baron v. Seckendorf, Chef der Wiener forstwirtschaftlichen Versuchsstation. — Die weltbekannte Firma Bally in Schönenwerth, , Kanton Argau, das größte Schuhwaarengeschäft in der Schweiz, hat seine sämmtlichen Arbeiter und Arbeiterinnen, 2000 an der Zahl, in die Ausstel- i lung geführt und jedem'derselben einige Franken Taschengeld extra verabreicht, f — Ein wahres Juwel der Industrieausstellung ist der unter Platanen gelegene Pavillon Springli von Zürich, Kaffee und Konditorei; die Einrichtung soll 50,000 Fr. gekostet haben. Der Pavillon erfreut sich zahlreicher Gäste. In der Veranda desselben zieht eine aus Tragant ausgeführte z Ansicht Zürichs aus der Vogelperspektive Aller Aufmerksamkeit auf sich. Sie - ist das Werk des Hrn. Robert Sprüngli, Sohn, der während eines halben s Jahres daran gearbeitet hat. Schw. Merk.
— Ueber eine raffinirte Fälschung und »Unterschlagung eines 18jährigen Kaufmannslehrlings, welche durch den schlau angelegten s Plan erst 9 Tage nach Verübung der That entdeckt wurde, während welcher s Zeit der Thüter ein bedeutenden Vorsprung erlangt hat, wird aus Berlin Folgendes berichtet: Die Papierfabrik von H. u. M. hatte von einem ihrer Kunden eine Forderung im Betrage von 1255 Mk. 25 Pfg. zu erhalten, welche Summe der Kunde bat, bei ihm in Empfang nehmen zu lassen. Die Firma H. u. Dt. schickte denn auch am 5. d. M. ihren Lehrling P. mit einer Quittung zur Erhebung des Geldes zu dem Kunden; der Lehrling brachte aber die Quittung mit dem Bemerken zurück, daß er kein Geld empfangen ^ habe. Die Firma, welcher an der gedachten Summe wenig gelegen war, ließ die Quittung liegen. Der Lehrling arbeitete noch den Tag über im Bureau, blieb jedoch am folgenden Tag aus dem Geschäft fort, mit der Entschuldigung, daß seine in Breslau wohnende Mutter erkrankt und er zu derselben gereist sei. Am 14. d. M. schickte die Firma H. u. M. mit der Quittung zu dem Kunden, um die 1255 Mk. 25 Pfg. einzuziehen, und nun . erst stellte es sich heraus, daß der Lehrling am 5. d. M. bereits das Geld erhoben und eine gefälschte Quittung ausgehändigt hatte. Dadurch, daß er , die Originalquittung seinen Chefs wieder zurückgab, trat der Betrug nicht
„Lasten sie noch einmal unter ihren Beamten nachforschen, ob Niemand eine ? allein reisende Dame wahrgenommen! lasten Sie ferner sämmtliche Hotels und Gasthöfe revidiren und sämmtliche Schiffe mit verdoppelter Mannschaft l besetzen, die zur Abfahrt bereit liegen!"
Der alte Polizeibeamte war augenscheinlich verstimmt. „Sie werden es nicht übel nehmen, junger Mann," meinte er, „allein Ihre sämmtlichen Maßnahmen erscheinen mir mit dem herkömmlichen Verfahren und allen polizeilichen Bestimmungen nicht übereinzustimmen."
„Er machte eine kurze Pause, sah den ruhig lächelnden Kommissars ^ von unten herauf an und fuhr fort: „Sie sind wohl noch nicht lange m ! Amte?"
„Darum handelt es sich hier nicht, Herr Polizeirath — ob ich kürzere oder längere Zeit im Amte bin, thut nichts zur Sache. Die Maßnahmen welche ich treffe, habe ich zu verantworten und ich betrachte die strikte Ausführung derselben als meine Pflicht!"
Der Polizeirath nahm schweigend eine Prise aus seiner silbernen Dose und blickte nachdenklich vor sich nieder. „Wollen Sie es glauben," fing er endlich wieder an, „wenn ich Ihnen sage, daß ich einen mit so wenig Besonnenheit und so viel zwecklosem Ungestüm vorgehenden jungen Beamten noch nie in meinem Leben kennen gelernt habe? Es will das viel sagen, denn ich bin nahe an 20 Jahre Kriminalpolizist!" Er sah bei den letzten Worten auf und nickte Sternberg bedeutungsvoll zu.
(Fortsetzung folgt.)