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der Versicherungspflicht befreit werden muffen. Zu 4 wurde ein Zusatz angenommen, daß demjenigen keine Unterstützung gewährt wird, der erst nach eingetretener Krankheit in eine Gemeinde-Versicherung eintritt. 8 5 wird unverändert angenommen. Nächste Sitzung Montag 1 Uhr. Fortsetzung der heutigen Debatte. Schluß 6 Uhr.

R « tz l a u d.

Das Gefolge des Prinzen Albrecht auf dessen Reise nach Moskau und Petersburg zu den Krönungs-Feierlichkeiten ist noch nicht bestimmt. Nach Russischerseits in Berlin gemachten Andeutungen hegt man am Russi­schen Hofe den Wunsch, daß die Suiten der Vertreter Europäischer Höfe nicht zu zahlreich ausfallen möchten. Bis jetzt ist nur so viel als feststehend anzunehmen, daß sich im Gefolge des Prinzen Albrecht der General - Quar­tiermeister, General-Lieutenant Graf Waldersee und Offiziere derjenigen Preußischen Regimenter befinden werden, zu denen der Kaiser von Rußland im Verhältnisse, eine Chefs steht. An der Spitze der Truppen, die aus^ Anlaß der Krönung in Moskau zusammengezogen werden, stehen 121 Ge­nerale und 2417 höhere und Generalstabs - Offiziere. Ihr Anfenthalt in Moskau dürfte 30 bis 40 Tage dauern. Für die Soldaten, welche an der. militärischen Festlichkeit in Sakolnik theilnehmen werden, läßt die Regierung 55.000 Silber-Rubel prägen, welche das Brustbild des Kaisers zeigen. Die Offiziere werden mit Beförderungen belohnt werden. Unter dem Volke wer­den 30,000 Krönungmünzen vertheilt werden. Man wird jedoch, um jede Unordnung zu vermeiden, von dem bisher geübten Modus des Ausstreuens, der Stücke Abstand nehmen, und Hofleute .werden beauftragt werden, die Krönungsmünzen bei den Ausgängen von den zwanzig bedeutendsten Kirchen Moskaus niederlegen zu lassen. Von dem gleichen Motive hat sich die Krönungs-Kommission leiten lassen, indem sie beschloß, daß das Backwerk, welches bei dem großen Volksfeste auf dem Khodyne - Felde vertheilt werden soll, in kleinen, mit den Namenschiffren des Kaiferpaares und der Krone des heiligen Wladimir verzierten Säcken verabreicht werde. Fünfzehn Mit­glieder des Kaiserlichen Ballets werden sich demnächst nach Moskau begeben, wo während der Krönungsfeierlichkeiten eine Serie von Galavorstellungen stattfinden wird. Unter Anderem wurden für die Jnscenirung eines neuen Ballets, betiteltTag und Nacht", 45,000 Rubel bestimmt. Auch die Ge­sangcapelle des Hofes, die aus 120 Personen besteht, wird sich nach den Griechischen Ostern nach Moskau begeben.

Türkei.

Das Gerücht von dem Ausbruch der Pest in Dschoanera, an der türkisch-persischen Grenze bestätigt sich. Die erforderlichen Vorsichtsmaßregeln sind ergriffen worden.

Stuttgart, 20. April.

25. Sitzung der Kammer der Abgeordneten. Einge­laufen: eine Interpellation, die Unterzeichneten erlauben sich an die Königk. Staatsregierung die ergebenste Anfrage zu richten, ob sich nicht Einleitung dahin treffen ließe, daß bei Beschaffung von Civil- und Militärbehörden ent­stehenden Bedürfnissen an Leinwand und anderen Waaren, welche im Inland erzeugt werden können, eine Vermittlung der K. Centralstelle für Gewerbe und Handel im Sinne möglichster Berücksichtigung der einheimischen Gewerbe­treibenden und Fabriken eintreten. würde. Unterz. Dr. Lenz, Rath, Beutter und 61 weitere Genoffen. Ferner: eine Petiton einer Anzahl Branntweinbrenner und Liqueurfabrikanten dahin gehend, der von anderer Seite eingekommenen Petition keine Folge zu geben. Hierauf wird in der Berathung des Hauptfinanzetats 1883/85 fortgefahren und zwar bei Kap. 112, Ertrag bei den Forstverwaltungen, Berichterstatter Beutler, davon wurden noch gestern erledigt Tit. 1, aus forstl. Rechten, Strafen je 8150 Tit. 2 Holzertrag, je 8,200,000 ^., Tit. 3 f. Holzsamen und Pflanzen je 23,500 Tit. 4 Zinsen aus verliehenem Waldboden, Konzessionsgelder für Gras, Laub u. s. w. je 163,000 -M) Heute wurde damit fortgefahren. Tit. 5, Gegenleistungen von Berechtigungen je 1000 -M, Tit 6, Ersatz f. d. Kosten der Bewirthschaftung von Körperschaftswaldungen d. h. d. Staatsforst­verwaltung je 117,967 Hier bittet Stockmayer, in Stroh-armen Jahren den um Waldstreu bittenden Gemeinden rascher zu Hilfe zu kommen, v. Hölder und v. Nenner geben eine entgegenkommende Erklärung ab, soweit das Forstpolizeigesetz es zuläßt, Tit. 7, außerordentliche Einnahmen je

83,700 ^ Summe der Einnahmen je 8,397,317 Bei Tit. 8 be­

ginnen die Ausgaben: Gehalte des Forstpersonnals je 613,159 ^.. Haug bringt hier eine weitere Verminderung in Anregung, da in den Revierämtern doch der Schwerpunkt liege, v. Renner erklärt sich entschieden dagegen, da man bereits an der Grenze des Möglichen in dieser Hinsicht angelangt sei. Tit. 9 bis 20 ohne Debatte angenommen. Bei Kap. 113, Ertrag aus Jagden, spricht v. Weber von dem großen Wildstand in den Be« Bezirken von Tübingen, Böblingen und Herrenberg, so daß selbst Nachtheile daraus entstehen. Bantleon will von Schaden durch Hochwild wissen. Hartmann wünscht die Jagd nicht in Regie, sondern durch die Revier­förster auszuüben. v. Renner legt auf die Jagd keinen Werth sondern nur auf die Forstverwaltung. Auch Schürer klagt über großen Wildstand, v. Sch ad hält nichts auf das Jägdeln, außer bei Jägern von Beruf. Der Ertrag der Jagden ist jährl. 14,213

Minister v. Hölder theilt mit, daß heute S. M. der König die neue Floßordnung für die Enz und Nagold genehmigt habe.

TageS Neuigkeiten.

>v. 6 . Stuttgart, 21. April. Das Jubiläum des Ulanenregi- s ments König Karl Nr. 19 zur Feier 200jährigen Bestehens ging diesen Abend im K. Reithause unter ungeheurem Menschenandrang vor sich. I. M. die Königin, (S. M. der König fühlte sich noch nicht zum Verlassen der Gemächer veranlaßt), S. K. H. der Prinz Wilhelm, die Königl. Prinzessi­nen Katharine und Auguste, Herzogin Vera und die Herzogin von Urach u. s. w. Der ganze Hof, die Herren Minister, höchsten Staatsbeamten, sowie das ganze Offizierkorps aller Waffengattungen von hier, Ludwigsburg und an­dern Garnisonen mit einer großen Anzahl von Damen in den reichsten Toileten waren erschienen. Die Ausführung der einzelnen Reiterspiele und Hebungen war wahrhaft großartig und zeugte davon, daß nicht nur Alles gründlich einstu- . dirt und eingeübt worden, sondern vielmehr auch der wahre Reiter-! geist bei dem Ganzen gewaltet hat. Es waren mitunter Leistungen, die jedem Circus Ehre gemacht , hätte. Zuerst kam eine Bauernhochzeit aus dem 17. Jahrhundert 1683, bei welcher 1 Herold und 2 Trompeter erschienen und elfterer ein Herzogliches Manifest verlas, das die Errichtung eines Reiterregiments befahl zum Schutz und Schirm gegen die in Deutschland eingefallenen Türken. Nachher erschien eine Anzahl Reiter im Costüm von 1663, die ihre Reitkünste zeigten und nachdem eine Abtheilung Türken ihre Ringelspiel zu Pferd vorführten, diese wieder verjagten. Dann kamen Rei- ter von 1752 bis 1769 in verschiedenen Quadrillen und Evolutionen, das Schleifenspiel im Costüm von 1775 mit bewunderungswürdiger Gewandtheit ausgeführt, eine Parforcejagd mit Setzen und Neberwinden von Hindernissen mit Fanfaren und Hallali; ein Reitergefecht in der Uniform unter König Wilhelm von 1844, das in gediegener Weise den Kampf des Lanciers.und ^ Dragoners, Lanze und Säbel veranschaulichte, ein Bivouak in Frankreich Ivlst > in der ersten Uniform unter König Karl mit Vedetten, Spielen des Lager- lebens, Reiterliedern und ferner eine Quadrille von 16 Offizieren, der Oberst an der Spitze, schließlich Vorführung des ganzen Regiments in Gala mit den Standarten, ihren neuen Säcularbändern rc., Ansprache an I. M. die Königin und den Prinzen Wilhelm durch den Regimentscommandeur. Alles war brillant bis auf die elektrische Beleuchtung, die mehrmals zu erlöschen drohte.

ja gewesen, was ihm immer als etwas, er konnte sich selbst nicht ordentlich Rechenschaft geben, unbequemes an dem untergeordneten Manne aufgefallen war, daß derselbe mit solcher sicheren Eleganz, mit so ruhiger, vollkommen abgerundeter Manier wie der feinste Edelmann sich bewegte, das war es, daß das Antlitz dieses Mannes ihm immer so wohlbekannt vorgekommen war und er sich doch nie hatte besinnen können, wo er dasselbe schon einmal sollte gesehen haben, es mar das Antlitz seines todten Freundes Jrtvany Zug für Zug, von der feinen, stolzen Stirn bis zu dem dichten prachtvollen Bart und jetzt lagerte auf demselben der gleiche, schmerzvolle Zug, wie ihn des Grafen Gesicht die letzten Jahre getragen hatte. Es war seine Gestalt, es war sein Anstand, es war das Ebenbild desselben, wie es ähnlicher nicht gedacht werden konnte. Fast konnte er nicht mehr zweifeln, und doch es war das Alles so schnell, so überraschend gekommen; drüben in den Zimmern wartete man sicher mit unruhiger Spannung auf seine Rückkehr, er wußte nicht, was er sagen, was er beginnen sollte. Da trat Torzsika vor und riß ihn aus seiner Rathlosigkeit.

Herr!" sprach siefeierlich,Ihr seid überzeugt; ich sehe es an Euren Mienen; werdet ihr Euch noch besinnen, diesen Mann"

Der Graf unterbrach sie.Mein Gott!" stammelte er erschüttert und bl'Zte wieder auf den schönen jungen Mann, der nicht wissend, was diese Scene bedeuten sollte, das dunkle Auge fragend bald auf seinen Herrn bald auf die Alte richtete.Ich weiß nicht. Aber die Gräfin wird sie ?"

So lassen sie das Mutterherz reden, Herr Graf!" versetzte die Alte rasch.Lassen Sie die Gräfin rufen. Was Cie ihr zu sagen haben, wer-

Sie selbst wissen. Indessen gestatten Sie, daß ich mit dem jungen Herrn in dieses Nebengemach trete, bis bis Sie ihn rufen lassen."

Mit diesen Worten hatte sie den Verwalter bereits an der Hand er­faßt und zog auf ein zustimmendes Zeichen des Grafen den in willenloser Verwunderung folgenden in das Nebenkabinet, dessen Thür sie anlehnte. In der Minute darauf trat die Gräfin Jrtvany in das Zimmer, mit fragendem Blick über die unerwartete Unterbrechung in das Gesicht des Hausherrn sehend. Die Dame trug wie stets seit dem Tode ihres Gatten ein schwarzes Kleid und dies ließ das Weiße ihres Haars noch mehr hervortreten und sie noch älter erscheinen. Der Graf bat sie mit einer höflichen Handbewegung nach dem nächsten Lehnstuhl Platz zu nehmen und sich ihr gegenüber nieder­lassend, begann er , ohne daß or vermochte, das sonst so feste Auge zu der Dame aufzuschlagen, mit etwas unsicherer Stimme:

Gnädige Frau Gräfin, entschuldigen Sie, wenn ich eine trübe Er­innerung in Ihnen wecke. Die Umstände nöthigen mich dazu, ich muß mich kurz fassen: Vor fünfundzwanzig Jahren zerstörte eine Feuersbrunst Ihr Schloß. Ihr Sohn wurde von der Wärterin noch gerettet."

Die Dame war bei diesen Worten mit schmerzlicher Bewegung zu­sammen gefahren. Die Erinnerung an das ferne Erergniß mochte ihr sehr wehe thun; ihre Augen schienen zu fragen: Warum gerade heute die alten Wunden aufreißen?

Der Graf hatte es bemerkt und bog sich noch tiefer. Seine Stimme war leiser geworden, als er wiederholend fortfuhr:

Ihr Sohn wurde gerettet. Es war ein schöner Knabe. Bemerkten Sie nicht an demselben nach dem Brande eine Veränderung?" (Forts, fgt.)

Vermischtes.

Ueber die Kosten des elektrischen Lichtes geht dem Chemnitzer Tagblatt" von Hrn. Prof. Dr Rühlmann daselbst nach­stehende Notiz zu: Gegenüber den Behauptungen einiger Gastechniker, daß das elektrische Licht im Vergleich mit Gaslicht viel zu theuer sei, ist es ge­wiß von einigem Interesse, die Erfahrungsresultate einer größeren sächsischen Spinnerei kennen zu lernen, welche seit Oktober v. I. mit einer elektrischen Beleuchtungseinrichtung arbeitet. Seit dem Beginn des Betriebes ist auch nicht eine einzige Störung irgend welcher Art vorgekommen und Fabrikinhaber und Arbeiter sind gleich entzückt von dem herrlichen Lichte. In jenem Etablissement sind 16 Bogenlampen (System Krizik-Piette) allabend-

Calw