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Calw.
Aufforderung an die Hundebesitzer zur Versteuerung ihrer Hunde auf das Etatsjahr 1. April 1883—31. März 1884.
Sämmtliche Hundebesitzer werden hiemit zur Versteuerung ihrer Hunde auf das Etatsjahr 1. April 1883—31. Mürz 1884 aufgefordert, indem zugleich Folgendes bemerkt wird:
1) Von allen im Lande befindlichen Hunden, welche über 3 Monate alt sind, ist eine Abgabe zu entrichten, welche einschließlich des Steuerzu- fchlags 8 Mark für jeden Hund, ohne Unterschied der Benützung desselben beträgt.
2) Steuerpflichtig ist der Inhaber des Hundes. Wer in dem Etatsjahr 1. April 1882—31. März 1883 einen Hund versteuert hat und denselben in der Zeit vom 1./15. April 1883 nicht abmeldet, hat die Steuer von demselben für das Etatsjahr 1. April 1883—31. März 1884 fortzuentrichten, wenn er gleich am 1. April 1883 keinen Hund mehr hat.
3) Auf den 1. April 1883 haben daher nur diejenigen Steuerpflichtigen Anzeige zu machen, welche am 1. April einen Hund von steuerpflichtigem Alter besitzen, ohne schon in dem Vorjahr einen Hund angezeigt und versteuert zu haben, sowie diejenigen, welche am 1. April mehr steuerpflichtige Hunde besitzen, als sie in dem Vorjahr angezeigt und versteuert haben. (Anmeldung.)
Wer am 1. April einen in dem Vorjahr mit der Steuer belegten Hund nicht mehr hat und auch keinen anderen Hund an Stelle desselben besitzt, hat hievon ebenfalls Anzeige zu machen, wenn er von der Steuer für das neue Etatsjahr befreit werden will. (Abmeldung.)
4) Wie die Anzeige der Hunde, so hat auch die Abmeldung derselben schriftlich oder mündlich bei dem Ortssteuerbeamten desjenigen Ortes zu geschehen, an welchem der Hundebesitzer am 1. April wohnt. Dabei werden die Hundebesitzer darauf aufmerksam gemacht, daß der Ortssteuerbeamte für jede Abmeldung eine Bescheinigung zu ertheilen hat.
5) Ein Hundebesitzer, welcher nach oben Ziff. 3 Abs. 1 anzeigepflichtig ist, diese Anzeige aber nicht spätestens bis 15. April macht, hat den 4fachen Betrag der Abgabe zu bezahlen.
Wer unrichtiger Weise einen Hund, welchen er am 1. April noch besaß, innerhalb der Aufnahmezeit abmeldet, macht sich einer Hinterziehung der Abgabe schuldig und hat daher gleichfalls den 4fachen Betrag derselben zu entrichten, wenn er nicht bis zum 15. April erneute Anzeige gemacht hat.
6) Diejenigen, welche nach dem 1. April im Lause der 3 Quartale April—Juni, Juli—September und Oktober—Dezember 1883 Besitzer steuerpflichtiger Hunde werden, sind, soferne letztere nicht an die Stelle bisher versteuerter Hunde treten, verpflichtet, hievon binnen 14 Tagen Anzeige zu machen und vom nächsten Quartal an, die Abgabe zu entrichten.
Wer diese Anzeige nicht rechtzeitig macht, hat den 4fachen Betrag der gesetzlichen Abgabe zu bezahlen.
Den 25. März 1883.
K. Oberamt Calw. K. Kameralämter Hirsau, Alteufteig, Reuthiu.
Die Ortsvorsteher und Ortssteuerbeamten werden angewiesen, die vorstehende Aufforderung an die Hundebesitzer ungesäumt auf ortsübliche Weise bekannt zu machen und dem Inhalt derselben entsprechend die Aufnahme der Hunde zu besorgen.
Den 25. März 1883.
K. Oberamt.
F l a x l a n d.
Tages - Neuigkeiten.
Stuttgart, 24. März. Die Luftfahrt des Herrn Vogel scheint nach dem bisherigen Billetv erkauf eine große Anziehungskraft auf das Publikum auszuüben. Während des Füllens des Ballons wird die hiesige Ulanenkapelle konzertiren. Zum Mitfahren hat sich bis jetzt noch Niemand gemeldet. Verschiedene Personen haben sich zwar zur Mitfahrt bereit erklärt,
gezeigt, verachte und den Vater anflehe, um seiner eigenen Ehre willen denselben von seinen weiteren Bewerbungen zurückzuhalten.
Wortlos und unbeweglich blickte der Vater auf sein Kind nieder, was er in seinem unbeugsamen Willen beschlossen, wer mochte es errathen?
Selbst der vorsichtigste und zurückhaltendste Mensch ist nicht sicher, daß er sich einmal in einem anderen täusche und ihm ein größeres Entgegenkommen beweise, als er sonst zu thun pflegt.
Fräulein Ilona hatte als die Pflegerin der verstorbenen Gräfin Po- kolkö, welche in der Liebe und Achtung ihres Gatten sehr hoch gestanden hatte, die schwer erringbare Gunst ihres Gebieters trotz dessen sonstigem Stolze doch soweit erworben, daß er in einzelnen Angelegenheiten ihren Nath gehört und auch jetzt glaubte, ihr die strenge Behütung seiner Tochter anvertrauen zu dürfen. Die Dame war ihm eben bei seinem Eintritt in das Empfangszimmer begegnet und er hatte sie mit seinen Wünschen bekannt gemacht.
„Ich mache Sie verantwortlich, Fräulein Ilona, für jede Handlung, welche die Gräfin gegen nieinen Witten unternimmt. Sie gehen ihr nicht mehr von der Seite und am allerwenigsten gestatten Sie, daß der Verwalter sie zu Gesicht bekomme. Haben Sie mich verstanden?"
„Sehr wohl, Herr Graf," versetzte die Dame und verbeugte sich, um zu gehen, als sie bereits den Thürgriff in der Hand hatte, rief sie der Graf noch einmal zurück.
„Sie waren ja so klug, Fräulein Ilona," sagte er mit einen, unverkennbaren Anflug von Spott, „als es galt, meine Tochter zu trennen i wissen Sie mir nun nicht auch einen Rath zu geben?"
doch scheint bis jetzt allen die geforderte Summe von 100 ^5. zu hoch^ Auch der bekannte Zettelträger Bauder (Pappjean) möchte die Fahrt mitmachen, vielleicht zahlt Jemand für ihn die 100 -M Fahrgeld. Heute wird der Ballon mit Gondel, Anker, Netz und dem nöthigen Ballast auf den Füllungsplatz gebracht. Mit der Füllung wird Montag früh begonnen werden. Die Auffahrt erfolgt punkt vier Uhr und wird Herr Vogel vor der Auffahrt bekannt machen, in welcher größeren Restauration er Abends noch über die Landung und Fahrt Bericht erstatten wird.
Friedrichshafen, 23. März. Wieder ist der Winter mit Strenge bei uns eingekehrt. Seit drei Tagen haben wir heftigen Ostwind und eine Kälte bis 7. — Gestern trafen 10 große Fässer junge Fische hier ein, um nach Weisung des Dir. v. Rueff in den See eingesetzt zu werden. Es ist dies eine bei uns bis jetzt nicht bekannte Art, genannt Zander, welche aus Galizien stammt. Die ausnahmsweise kalte Witterung war dem Transporte sehr schädlich, während der langen Fahrt gieng von der jungen Brut viel zu Grunde. — Auch an den Fischzuchtverein Crailsheim wurden Zandersetzlinge abgegeben. Dis Fische sind oberhalb der Brücke in die Jagst eingesetzt worden.
Paris, 22. März. Man meldet dem Marineminister, daß bei Dünkirchen viele Gegenstände ans Land gespült werden, darunter auch eine Brieftasche, aus welcher hervorgehen soll, daß das gestrandete Schiff „Veritas" heiße, von Hamburg oder Altona komme und Sieveking und Cie. gehört habe.
— In Cettinje schlug ein Blitz in das dortige, 400 Schritte von dem Stadtzentrum entfernten Arsenal, wo beträchtliches Material an Pulver, Dynamit und Patronen angesammelt ist, ein. Die mittlere Abtheilung des Lokals ging in die Luft. Sofort stürzten viele Leute in den dampfenden Schutthaufen und warfen mit bloßen Händen die bereits glimmenden Munitionskasten und die massenhaft verstreute Munition in den Schnee hinaus. So blieb der montegrinischen Hauptstadt die Vernichtung erspart. _
Vermischtes.
Dampfer „Labrador" der Compagnie Generale Transatlantique, welcher am 10. Mürz in Havre abfuhr, kam nach lOtägiger Fahrt am 20. März wohlbehalten in N e w - Por k an.
Die schnellste Reise, welche bis heute von Calw nach New-Jork, unter Benützung des gewöhnlichen Zugs bis Havre gemacht worden ist, dürfte die mit oben erwähntem Dampfschiff „Labrador" der Compagnie Generale Transatlantique sein. Die Paffagiere von Neuweiler, Martinsmoos und Calw, fuhren Donnerstag, den 8. März mit dem ersten Zug via Straßburg, Paris nach Havre, kamen dorten Samstag früh 6 Uhr an, bestiegen direkt vom Eisenbahnwagen das Dampfschiff, welches im Laufe des Vormittags abfuhr und nach nur lOtägiger Fahrt am 20. März "Nachmittags 4 Uhr in New-Dork ankam. Die ganze Reisedauer betrug daher von Calw bis New ork nur 12 Tage. _
Handel und Verkehr.
Stuttgart, 24. März. Der heutige Wochenmarkt, als letzter vor dem Osterfeste, wies einen sehr lebhaften Verkehr auf. Wir notiren folgende Durchschnittspreise: Spargeln 60 L, Blumenkohl 30—50 L, Blaukraut 15—20 Kohl 10—15 L, Winterkohl 5 H, Kopfsalat 20 H, Schwarzwurzeln 30 4). Monatrettige 7—10 ^ pro Büschel, Karotten 3—4 L, Rosenkohl 8 H, Schnittlauch 2—3 H, rothe Rüben 1—2 H, weiße Rüben 3 L, Sellerie 3—5 L, Endivien 6 L, Zwiebel das Pfund 8 H, Acker-, Lattichsalat und Kresse von 10 H an. Froschschenkel der Ring 50—60 L Butter 1—1,20 -M, ein Ei 6 ^Z, ein Gänseei 18—20 L. Die Nachfrage nach Eiern war eine starke und haben die Eierhändler ein sehr gutes Geschäft gemacht. Auf dem Obstmarkte sind noch immer schöne Aepfel zu 20—30 H, auch Birnen noch zu etwas höherem Preise zu haben. In der Markthalle kostete das Pfund Rindfleisch 56 ,4), Schweinefleisch 64 H, Kalbfleisch 58 H, Hammelfleisch 66 L, Osterkitzchen das Stück 2-2,40-^. eine Ente 1,80^; ein Huhn 1,30 , eine Taube 50 L, Nheinsalm 2,80 ^., Karpfe 1
Hecht 90 L, Kabeljau und Schellfisch 50 H das Pfund. Der Blumenmarkt war wegen der anhaltenden rauhen Witterung weniger stark bestellt, zumal die Gärtner ihre Pflanzen nicht auspacken konnten.
Fräulein Ilona blickte an dem großen Mann empor. Ihr Gesicht zeigte ein Gemisch von Unwillen und keckem Selbstgefühl.
„Worin befehlen der Herr Graf meinen Rath?" betonte sie scharf.
*„Sie müssen sich besser auf eine Frauennatur verstehen, als ich; die Gräfin bleibt trotz ihrer Reue über ihre That und trotz meinem Willen bei ihrem hartnäckigen Widerstand gegen eine Verlobung mit dem Grafen Jrtvany."
Die Dame streckte sich empor. „Und der Herr Graf wünschen ihren Willen zu beugen?"
„So ist es, das wissen Sie ja."
„So müßte zunächst die gnädige Gräfin aufhören, an den Verwalter zu denken."
„Aber Sie riethen nur ja, ihn nicht fortzujagen, wie ich wollte. Vielleicht —"
„Das soll auch nicht geschehen; der Mann würde plaudern, sicherlich."
„Ja. aber —"
„Herr Graf!" Die Dame hatte das Haupt wie bescheiden ein wenig gesenkt und blickte sinnend zu Boden, während sie mit leiser Stimme fortfuhr : „Wenn Sie mir ihren Schutz angedeihen lassen, daß die gnädige Gräfin mich nicht von sich schicken kann, so "
„Das ist ja mein Wille und dabei bleibt es!" unterbrach sie der Graf ungeduldig.
so wollte ich mir getrauen, es dahin zu bringen, daß die gnädige Gräfin den Verwalter nicht nur zu vergessen, sondern zu hassen sucht."
(Fortsetzung folgt.)