Lebensjahre ihre Erziehung genoß und daselbst den Namen Prinzeß Char« lotte Mathilde führte. Ein Maler, der das Conterfei der schönen Gräfin nehmen sollte, verleitete sie zur Flucht. Allein sie wurde verfolgt und nach« dem sie zwei bis zu ihrem Tode sichtbare Säbelhiebe über den Kopf er­halten, in das Kloster zurückgebracht. Später gab man ihr die Freiheit zurück. Sie kam nach Deutschland und wohnte in Köln. Die große Mild- thätigkeit der Gräfin trug Schuld, daß die von ihrem kaiserlichen Vater übergebene Summe bald aufgieng, und nun traten Noth und Sorgen an sie heran. Von Köln mußte sie nach Lindenthal übersiedeln, wo sie für eine dortige Fabrik Näharbeiten besorgte. Eine Schwester der Gräfin galt als die Tochter Jeromes,Königs von Westfalen". Immer-lustig gab seiner Tochter eine hohe Summe als Legat und eine geringe Summe für ihre Halbschwester v. Falkenberg, welcher bis zu ihrem Lebensende jeden Monnt 30 cM ausgezahlt wurden. Vor ihrem Tode ließ sie durch ihre Hauswirthin einen Rest Papiere: Briefe ihres kaiserlichen Vaters und sonstiger berühmter Personen, vor ihren Augen verbrennen, damit über ihre Herkunft nichts in die Oeffentlichkeit gelange .... Die schönen Mysterien sind aus einer groben Mystifikation hervorgegangen. Der Bürgermeister von Lindenthal hat die Tochter des großen Corsen immer für eine Erzschwindlerin gehalten, und es wird dem Biographen derselben jedenfalls interessant sein, zu er­fahren, daß das italienische Kloster, in welchem dieselbe erzogen wurde, höchst wahrscheinlich das Weiberarresthaus in der Schildergasse zu Köln ist oder das Arresthaus in Düsseldorf, denn die in Lindenthal verstorbene Charlotte Falkenberg wurde durch Urtheil des Landgerichts zu Köln vom 22. Juni 1853 wegen Diebstahls, Unterschlagung und Landstreicherei zu 6 Monaten Gefängniß und zur Ueberweisung an die Landespolizei verwiesen. Durch Urtheil des Schwurgerichts zu Düsseldorf vom 19. März 1867 erhielt sie wegen schweren Diebstahls fünf Jahre Zuchthaus.

Vermischtes.

Der Maler Leibl verlangt für sein renommirtes BildKirchliche Andacht" es stellt drei Bäuerinnen verschiedenen Alters aus dem ober­bayerischen Gebirge dar, welche in der Dorfkirche in andächtiges Gebet ver­sunken sind 100,000 Eine Münchener Kunsthandlung bot 30,000 Schön in Worms 60,000 Goupil, der aus Paris nach München eilte, verflieg sich auf 80,000 Frcs. Leibl bestand auf der einmal geforderten Summe von 100,000 ^ Das mar den Liebhabern zu bunt und so steht das Bild noch heute in dem Atelier Leibls zu München und keine Macht der Erde könnte den Künstler bewegen, die Caprice aufzugeben und das Bild unter dem enormen Preise loszuschlagen.

Der neue DampferFukäa", der dritte Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyd

in Bremen.

Der neue DampferFulda", der dritte Schnelldampfer des Norddeut­schen Lloyd, ist gestern unter Führung von Kapitän Chr. Leist, der auch den Bau desselben auf der Werft von John Elder und Co. in Govan bei Glas­gow leitete, von der Clyde auf der Weser eingetroffen. DieFulda" ist ein Schwesterschiff der seit Oktober v. I. in der Newyorker Fahrt beschäftig­tenWerra" und hat wie diese eine Länge von 430,6 Fuß, eine größte Breite von 46 Fuß und eine Tiefe von 36,5 Fuß englisch; die Größe des Schiffes beträgt 5150 Ions builäers measurement. Der Maschinenraum ist einschließlich der festen Kohlenbehälter, die durch einen geräumigen Tunnel auch mit dem vorderen Laderaum in Verbindung stehen. 55 m lang und nimmt mit Kesselraum und Kohlenbehältern die ganze Breite des Schiffes ein. Die Maschine ist nach dem Dreicilindersystem construirt, der Hochdruck- cilinder hat einen Durchmesser von 62 Zoll, die beiden Niederdruckcilinder von je 86 Zoll mit einem Hub von 5 Fuß. Vier Doppelkessel von je 15 Fuß Durchmesser und 17,7 Fuß Länge, mit einer Gesammtheizsiäche von 17,600 Quadratfuß, erzeugen den zur Bewegung des Schiffes nöthigen Dampf. Die Kessel sind für einen Arbeitsdruck von 90 Pfund auf den Quadratzoll gebaut, auf einen Versuchsmaximaldruck von 180 Pfund auf

erschaut. Hätte Irma sich nicht durch ihren Schreck verrathen, er würde sie in ihrer Verkleidung wahrscheinlich gar nicht erkannt haben. Jetzt stand er vor ihr, das gierige, brennende Auge voller Verlangen auf die blühende Gestalt des jungen Mädchens gerichtet.

Ei, ei, gnädige Gräfin, sehen wir uns hier wieder und in solchem Aufputz? Was soll das bedeuten, wenn ich fragen darf? Und wo ist der Herr Papa?"

Er war einen Schritt auf Irma zugetreten, die ebenso vor seiner An­näherung zurückwich. Bei der letzten Frage blickte sie seltsam auf. Sie hatte geglaubt, den Vater unmittelbar hinter dem jungen Grafen eintreten zu sehen; allein nach seiner Frage zu schließen, wußte er nichts von ihrer Flucht und kannte den Aufenthalt ihres Vaters nicht. Gleichwohl war ihre Lage eine so verzweifelte und der Schreck hatte sie so betäubt, daß sie nicht im Stande war, eine Antwort zu geben.

Graf Jrtvany war klug genug, um nach der Erzählung des Fräulein Ilona, nach dem Schrecken der jungen Dame und ihrer ausfallenden Ver­kleidung , sowie aus der sicherlich nicht freiwilligen Abwesenheit ihres Vaters, den wahren Zusammenhang zu errathen und näherte sich seiner Cousine plötzlich mit einer halb vertraulichen, halb theilnehmenden Geberde.

Du bist entflohen, Irma," sagte er leiser, doch mit eindringlicher Betonung," und ich kenne den Grund warum. Nicht wahr, Schätzchen," fuhr er fort und suchte ihr die von neuem erröthende Wange zu streicheln, ich habe es errathen? Sehr schmeichelhaft für mich," fügte er bitter hinzu.Zwanzig andere Damen des reichsten Adels würden ohne Bedenken meine Hand annehmen, wenn ich mich herbei ließe, sie nach ihnen auszu­strecken und Irma, die Tochter des stolzen Grafen Pokolkö verschmäht mich

den Quadratzoll geprüft und werden durch 24 Feuer mit zwei Schornsteine» geheut. Mit der Gesammtkraft dieser 4 Kessel kann bei günstiger Gelegen­heit die Kraftentwickelung des großen Krahnkessels, welcher sich unten im Kesselraum befindet, mit 800 Quadratfuß Heizfläche, sowie auch die des klei­neren Krahnkessels, welcher oberhalb des Hauptdecks angebracht ist, mit 300 Quadratfuß Heizfläche combinirt und so eine Gesammtheizfläche von 18,700 Quadratfuß erreicht werden. Die Kurbelwelle aus Krupp'schem Stahl, nach einem neuen System aus fünfzehn einzelnen Stücken construirt, und ein Stahlschraubenschaft, nach Whitworth's hydraulischem Druckprozesse hergestellt, ergeben bei einer um 60 Prozent erhöhten Widerstandsfähigkeit kaum die Hälfte des Gewichts als eiserne von gleichen Dimensionen. Die Schraube ist aus Manganbronze, hat einen Durchmesser von 21 Fuß und 30 Fuß Steigerung; die 4 Schraubenflügel sind jeder mit 10 Schraubbolzen an der Nabe befestigt und können einzelnen abgeschroben und, wenn schadhaft» durch neue ersetzt werden, die stets in Reserve vorhanden sind. Die Ma­schinen indiciren 6000 Pferdekräfte, 600 mehr als contractlich stipulirt sind; die Maximalgeschwindigkeit des Schiffes beträgt bei zulässiger Entwickelung der Gesammtkraft 17 Knoten. Noch sei erwähnt, daß sämmtliche Kessel von Stahl, die Feuerbüchsen von in Stücke geschmiedeten gewellten Stahlblechen von Fox aus Leeds angefertigt worden sind.

DieFulda" führt 4 eiserne Pfahlmasten; die gleichzeitig als Ventila­toren dienen, und von denen der Fockmast und Großmast Patentmars- und Bramrahen tragen, mährend an den beiden Hinteren Masten nur Gaffelsegel geführt werden. Die vorderen Laderäume haben einen Rauminhalt von 900 Tons, die Hinteren von 700 Tons; zu beiden führen 4 Lucken, von denen die größte 12 Fuß ins Geviert hält. In der Nähe der Lucken auf dem Oberdeck sind fünf Dampfwinden, jede von 25 Pferdekräften, aufgestellt, mit­telst derer die Ladung eingenommen und gelöscht wird. Drei von diesen Winden sind zugleich mit sechszölligen Druckpumpen versehen, mit welchen sowohl aus dem Schiffsräume, als auch aus See gepumpt werden kann. Außerdem find zwei siebenzöllige Downston-Druckpumpen, je eine auf dem Vorder- und eine auf dem Hinterdeck in der Nähe der Dampfwinden aufge­stellt und sowohl für Handbetrieb wie auch vermittest einer Kette ohne Ende durch die Dampswinden zu treiben eingerichtet; 1500 Fuß theils Leder-, theils Hanfschlauch in steter Bereitschaft, um an die verschiedenen Pumpen angeschroben zu werden, find mehr als hinreichend, eine drohende Feuersge­fahr oder auch ein an Bord ausgebrochenes Feuer mit Uebermacht zu er­sticken. Das Schiff ist mit sieben wasserdichten Schossen versehen, von denen die sechs vorderen bis zum Oberdeck, das Hintere bis zum Hauptdeck geführt sind. Die in den unteren Räumen befindlichen Thüren sind vom Hauptdeck aus zu öffnen und zu schließen.

DieFulda" hat eine Einrichtung für 1100 Zwischendeckspassagiere, 90 Passagiere der zweiten und 170 Passagiere der ersten Kajüte, und ent­sprechen alle Accomodationen den höchsten zu stellenden Ansprüchen sflr Ge­sundheit, Wohlergehen und Bequemlichkeit auf einer ohnehin nicht immer angenehmen Seereise. Die Zwischendecksräume sind luftig, geräumig und hell; es ist bei der Einrichtung derselben darauf Bedacht genommen, die Ge­schlechter zu trennen, wie das Gesetz es erfordert. Jedes Compartement ist mit zwei Ventilatoren versehen, die Downdraught und die Updraught, Sharps Patent, um eine gute Lustcirculation herzustellen; außerdem dient eine Patentventilationsmaschine zum Aufsaugen der schlechten Luft. Die zweite Kajüte bietet einen Comfort, wie man ihn an Bord von Passagier­schiffen sehr selten findet. Dieselbe liegt im Hintertheile des Schiffes und ist durch zwei Oberlichter von 16 Fuß Länge und 6 Fuß Breite mit ge­schmackvoll decorirten Fensterscheiben erhell t und ventilirt. (Forts, folgt.)

Kgl. Standesamt Calw.

Vom 9. bis 15. März 188Ä

Getraute.

15. Mäez. Konrad Peter Müller, Bierdraucreibcsitzer, mit Christiane Ernstine Keller» in Ealw.

Gestorbene.

10. März. Gottlieb Friedrich Lcvnhardt, Rothgerbers und Gem.-RathS Ehefrau, Ague« Katharine geb. Göppinqer, 57 Jahre alt.

14. , Earl August Mayer ledig, Conditor, 31 Jahre alt.

und flieht auf eine schimpfliche Weise, weil sie nun, soll ich Dir den Grund sagen, Irma?"

Aus den Augen des Mannes schoß ein Blick voll höhnische» Triumphes in das erblassende Angesicht des jungen Mädchens, das sich nicht denken konnte, woher dieser solches wissen möge. Doch auch jetzt vermochten ihre zitternden Lippen keinen Laut hervor zu bringen, nur sprach neben der Angst und Furcht die tiefste Verachtung gegen diesen Mann aus ihren Augen.

Du bist in meiner Gewalt, Cousinchen," fuhr dieser unerschütterlich fort und die Freude über das Bewußtsein davon klang hell und frohlockend aus seiner Stimme,und ich könnte Dich ohne Weiteres hier aufheben und nach Hause zurückbringen lassen es dürfte einen hübschen Skandal geben und Dein Vater-würde sich ganz außerordentlich darüber freuen. Meinst Du nicht?"

Die Unglückliche war zurückgetaumelt und auf einen Stuhl gesunken, die Hände vor das Antlitz geschlagen. Ihre Brust hob und senkte sich mächtig ihr krampfhaftes Schluchzen erschütterte ihren Körper.

Graf Jrtvany trat wieder einen Schritt näher und das verlangende Auge unverwandt auf die Gestalt des Mädchens gerichtet fuhr er mit leiser Stimme fort: ^ .

Ja. ich könnte Dich, die entlaufene Tochter. Demem Vater zuruck- bringen, der wohl ein sehr schnelles Gericht über Dich halten dürfte; aber Irma, ich will es nicht thun unter einer Bedingung." Er war dicht an das Mädchen herangetreten, seine Blicke verzehrten fast die üppige Ge­stalt. seine Hand hob sich um sie auf die runde Schulter zu legen.

(Fortsetzung folgt.)