ist die Möglichkeit, die besseren Elemente darunter, denen es mit dem Suchen nach Arbeit und Verdienst wirklich Ernst ist, von denjenigen verkommenen Personen, welche nicht arbeiten wollen, oder nicht mehr arbeiten können, trennen und unterscheiden zu können. Elfteren soll und muß das Recht der Freizügigkeit und die damit unerläßlich verbundene Freiheit des Wanderns unverkümmert bleiben, während die letzteren da­gegen von der Landstraße hinweg in ihre Heimath oder nöthigensalls in öffentliche Anstalten zu verweisen sind.

4) Um eine solche Unterscheidung zu ermöglichen, ist.die Einführung ob­ligatorischer Wanderbücher für alle außer ihrer Heimath Arbeit Suchenden unerläßlich. Einerseits ist, unter den erforderlichen Sicherheitsmaßregeln gegen den Mißbrauch dieser Arbeitsbücher von Seiten der Polizeibehörden und der Arbeitgeber, keine Beschränkung der berechtigten Freiheit der Arbeiter darin enthalten. Andererseits haben die weitaus zahlreicheren Klaffen der Bevölkerung, welche nach unserer Gesetzgebung jeden Obdachlosen unterstützen müssen, zum Mindesten ein gleich gutes Recht zu verlangen, daß sie, beziehungsweise die Organe, welche die Unterstützung austheilen, wissen,Wem" dieselbe zu Theil wird. Der Antrag im Reichstag auf Einführung solcher obligatorischen Wanderbücher ist daher mit Freuden zu begrüßen.

5) Als ein geeigneter Boden die Gegensätze der Anschauungen in unserem Heimath- und Armenwesen, welche namentlich zwischen Nord- und Süd­deutschland bestehen, auszugleichen, erscheint der in Berlin (Rathhaus Zimmer 'Nr. 48) seinen Sitz habende deutsche Verein für Armenpflege und Wohlthätigkeit. Der Beitritt zu dieseni Verein ist daher namentlich den süddeutschen Gemeinde- und Amtskörperschaften, sowie jedem Armen­freude, dringend zu empfehlen.

Tuttlingen, 12. März. Der Winter hat sich in unserer hoch gelegenen Gegend wieder in voller Strenge eingestellt. Heute früh hielt ein orkanartiger Schneesturm einige Stunden an und machte fast zur Un­möglichkeit, auch nur über die Straße zu kommen. Die seit dem 6. d. M. gefallene Schneemasse ist überall so groß, daß der Bahnschlitten in voller Thätigkeit ist und deßhalb überall Befürchtungen wach gerufen werden, es möchte ein etwa plötzlich eintretendes Thauwetter wieder Waffersnoth bringen. Daneben ergeht man sich in Hoffnungen, wie im Jahre 1865, wo dem schneereichen kalten März der Sommer in ein paar Tagen auf dem Fuße folgte. Die Donau ist überfroren.

Am Freitag Abend entlud sich in einem Steinbruch bei Ober­sontheim eine geladene Mine unversehens, so daß die ganze Ladung einem Arbeiter ins Gesicht traf. Blutüberströmt mußte er nach Hause ge­schafft werden. Die sofortige ärztliche Untersuchung ergab, daß das eine Auge vollständig verloren, das andere schwer beschädigt sei. Am Freitag morgen wurde der 65 Jahre alte Taglöhner Carl Vogelmann von Neu- fürstenhütte vor der Scheune des Gasthauses zur Krone in Berwinkel erfroren aufgefunden. Es wird vermuthet, derselbe habe eine Lagerstätte in der Scheune aufsuchen wollen und die Kräfte versagten ihm den Dienst vor dem Ziele seiner Wanderung.

Urach, 11. März. Diesen Morgen war unser Seminar in großer Gefahr. Gegen 4 Uhr brach aus bis jetzt nicht ermittelter Ursache in einem Arbeitszimmer der Zöglinge, das über der Wohnung des Speisemeisters und unter einem der Schlafsäle belegen ist, Feuer aus. Schon brannte das Zimmer lichterloh, als einer der Diener die Gefahr wahrnahm; wenige Mi­nuten später und schwerlich hätten die im festen Schlaf Bedrohten den Aus­gang durch Feuer und Rauch gefunden. So ist es, Dank der rastlosen Ar­beit und umsichtigen Leitung der Feuerwehr, gelungen, das Feuer aus seinen Herd zu beschränken. Alles in dem Arbeitszimmer befindliche, die Pulte mit ihrem Inhalt, Bücher u. s. w., ist verbrannt. Die Zöglinge, nieist mangel­haft gekleidet, flüchteten bei tiefem Schnee und starkem Schneefall mit Hinter­lassung ihrer Habe und weckten durch ihren Hilferuf die Stadtbewohner aus dem Schlaf.

Blaubeuren, 12. März. Den ersten rauhen, bis zu 10« kalten Märztagen ist reichlicher Schneefall gefolgt. Besonders heute Nacht und diesen Morgen war der Schneesturm so heftig, daß Niemand, der nicht dazu gezwungen war, seine Behausung verließ und überall der Bahnschlitten die

Straßen wieder passirbar machen mußte. Der heutige Markt steht deßhalb» nur im Kalender, zu sehen war nur eine Verkaufsbude; und doch wäre allen Geschäftsleuten ein guter Markttag sehr zu gönnen gewesen. Die Post gieng und kam heute mit bedeutender Verspätung.

Ulm, 10. März. Von der Strafkammer wurden vorgestern 47 junge Männer, welche, um der Militärpflicht zu entgehen, sich ohne Erlaub- niß außerhalb des Deutschen Reichs aufhalten, wegen Verletzung der Wehr­pflicht je zu 500 Geldbuße verurtheilt.

Ulm, 12. MäH- Se. Maj. der König hat das Bittgesuch des invalidirten Lokomotivführers Haller von hier, Pathenstelle bei dessen neuge­borenem achten Knaben zu übernehmen, huldvollst gewährt und dem Pathen- kind ein Gnadengeschenk verabreichen lassen.

Mainz, 10. März. Zwischen Gonsenheim und Kleinwinternheim blieb heute Vormittag der von Alzey kommende Personenzug im Schnee stecken. Durch telegraphische Mittheilung wurde eine Hilfsmaschine und eine Anzahl Arbeiter requirirt, worauf der Zug flott geinacht wurde und gegen 9 Uhr hier eintraf.

Berlin, 13. März. Ein seit gestern vermißter Geldbrief- träger Cossaeth wurde in einem Hause der Avalbertstraße ermor­det und des Inhalts seiner etwa über 1000 Mark betragenden Geld­tasche beraubt aufgefunden. Cossaeth hatte an eine dort Obambre gsrni wohnende, sich Sander nennende Persönlichkeit eine Postanweisung über 30 Mark auszuzahlen. Sander ist verschwunden und scheint die Postanweisung an seine Adresse in Potsdam selbst ausgegeben zu haben.

Vermischtes.

Das Calwer Missionsblatt berichtet über die Mission bei den Feuerländern in der Nummer vom 3. März. Darin wird auch über das Schicksal der überlebenden Feuerländergesellschaft, welche in europäischen Städten zu sehen war, Folgendes mitgetheilt:Ein Dampfer brachte die vier überlebenden bis Punta Arenas, am Eingang in die Magel- lan-Straße. Das Missionsschiff kam zur rechten Zeit dort an und nahm die­selben weiter mit: die Wittwe mit 2 Waisenmädchen und 1 Jüngling. Der Kapitän fand aus, daß sie alle zum Stamm der Alkuluf gehörten, deren Sprache auf der Missionsstation nicht verstanden wird. Am 23. Juli (im dortigen Winter) landete man in Uschuwaia. Und da gab es Freudethränen, als endlich die Wittwe wieder verständliche Worte hörte und freundliche Auf­nahme fand. Die 4 Ankömmlinge wurden bei einem der neuen Christen, Lori, untergebracht und freuen sich, Alles was sie von Geschenken aus Deutsch­land mitgeführt hatten, nun in sicherem Verwahr zu haben. Sie besitzen jetzt ein nettes Boot, in welchem sie fischen gehen, und helfen schon bei der neuen Aufgabe, welche sich die Missionare gesetzt haben, Alle die unbewohn­ten Eilande mit Kaninchen zu bevölkern, um Speise zu schaffen für die, welche in Nothzeiten dort anlegen, oder für etwaige Schiffbrüchige. Die Zu­rückgekehrten haben bis jetzt noch nichts von den Eindrücken verlauten lassen, welche ihr europäischer Aufenthalt bei ihnen hinterlassen hat, aber sie werfen sich mit Eifer in die ihnen angewiesenen Aufgaben."

Nach dem letzten Beschluß des Comites für das Diakonissen­haus in Hall wird nunmehr der Bau, sobald die Baucommission ertheilt sein wird, begonnen werden. Man will den ganzen Rohbau sofort Herstellen, da ein nur allmähliches Vorgehen manche sachliche Bedenken hätte und finan­ziell nicht einmal günstiger sich ansehen ließe, so reiflich man das auch er­wogen hat. Nach Maßgabe der vorhandenen Mittel ist es jetzt auch mög­lich, mit dem Bau selbst vorzugehen. Im letzten Jahr ist denn doch in aller Stille gar manches geschehen, die Diakonissensache zu fördern. Mit dem größten Danke ist es zu erkennen, daß eine Stiftung, welche seinerzeit von Hrn. Dr. Dürr und dem verstorbenen Hrn. Fabrikant Chur in Hall für gemeinnützige Zwecke" gemacht worden war, ohne daß damals nähere Be­stimmung getroffen worden wäre, nunmehr um die Mitte des letzten Jahres von dem betr. Stifter, bezw. den Erben des Mitstifters, dein Comite des Diaconissenhauses zur Verwendung für die Gründung desselben übergeben worden ist, und zwar zusaminen mit den Zinsen in der Summe von 3555 Mark. Seitdem ist noch gar manche große und kleine Summe diesem selben Zwecke zugewendet worden, so besonders in der Stadt Hall selbst das reiche

Wie, gnädiger Herr, Sie wollten ?"

Jawohl, ich will!" nickte der Graf heftig,was ich gesagt, leiste ich; nun aber führt mich augenblicklich."

Aber, gnädigster Herr meine Frau ich will

Eure Frau brauche ich nicht! Ihr sollt mich führen."

Aber, mein Gott, wenn ich kann doch nicht es wäre "

Der Graf blickte ihn finster an.Besinnt Euch noch einen Augenblick, Mann und ich lasse den Fönöke holen und Euch, statt daß Ihr Geld und Pferd bekommt, ein Jahr lang einsperren.Gehts nun?" fügte er hinzu als der Wirth sich furchtsam zusammenkrümmte und den Grafen mit einem scheuen Blick einlud, ihm nach der Thür zu folgen.

Graf Pokolkö verstand den Wink und trat mit dem Wirthe hinaus. Dieser deutete mit dem Finger auf die gegenüber liegende Thür und nickte, ohne ein Wort zu sprechen, mit dem Kopfe.

Folget mir!" sprach der Graf und schritt, den Mann am Arme fassend auf die Thür zu. Dieselbe war verschlossen.Oeffnet!" befahl der Graf.

Drinnen erfolgte keine Antwort. Ein einziger, mächtiger Druck von der eisernen Faust des Grafen und die Thür brach splitternd auf. Graf Pokolkö trat in das Zimmer, während Gyurka sich wie voll Reue über seine That an die Wand drückte der Graf sah sich um seine Tochter war nicht da, war im ganzen Hause nicht zu finden.

Irma hatte trotz der vorübergehenden Sicherheit, welche ihre Verklei­dung ihr gewährte, dennoch bald neue Angst gefühlt. Ihr Vater war zu klug und ihre Spur zu leicht zu finden, als daß sie sich in Sorglosigkeit

wegen ihrer Lage hätte einwiegen können. Die treue Adviga, welche selbst ihrem Manne nicht recht trauen mochte, war auf der Herrin Vorschlag ein­gegangen und hatte dieselbe, kaum eine Stunde nach ihrer Ankunft ohne Wissen des Mannes üher den buschigen Hügel in das Dorf geführt, um sie hier solange bei einer bekannten Familie unterzubringen, bis die Nachfor­schungen nach ihr, welche bald genug in der Straßenschenke würden ange­stellt werden, als erfolglos vorüber wären. Die Wittwe, welcher Adviga ihren Schützling als eine entfernte Verwandte vorstellte und der sie einige heimliche Worte zuflüsterte, nahm das Bauernmädchen mit dein feinen, klugen Gesicht und den kleinen, weißen Händen freundlich aus und hieß sie in ihrem Stübchen willkommen. Hier war Irma sicherer, als in der Schenke, da Niemand sie hier vermuthen konnte und sie auch durch die ziemlich hohe Lage der Fenster gegen den neugierigen Blick eines außen vorübergehenden geschützt war. Wie richtig ihre Berechnung gewesen war, das zeigte der Erfolg. Graf Pokolkö der es für das beste hielt, kein Aufsehen weiter zu erregen, kehrte grollend in sein Quartier zurück, vor der Hand willens, keine weiteren Nachforschungen nach seiner Tochter anzustellen, damit nicht durch das dabei erregte Aufsehen sein Name kompromitirt werden möchte. Hatte seine Tochter wirklich alle kindlichen Pflichten vergessen und durch irgend eine That seinen Namen beschmutzt, so war es ja immer noch Zeit, den letzten Schutz dagegen zu ergreifen sein ungerathenes Kind zu verstoßen. Er traf die Anstalten zur Mckkehr, grollend mit sich selbst, daß er durch eine Lüge die erste seines Lebens den Grafen Jrtvany werde täuschen muffen, wenn dieser nach seiner Braut fragte.

(Fortsetzung folgt.)