58. Jahrgang.

Nro. 29

Amts- unä Intekkigenzbkatt ^ür äen Kezir^.

Erscheint Dienstag, Donnerstag und Samstag.

Die Einrückungsgebühr beträgt 9 H für die vier- spaltige Zeile «der deren Raum.

Samstag, den 10. März L88S

Abonnementspreis halbjährlich 1 80 L, durch

die Post bezogen im Bezirk 2 30 L, sonst in ganz

Württemberg 2 70 L.

Amtkick»e Ke^aantmackinagen.

Calw.

Floßsperre.

Durch Verfügung der K. Ministerialabtheilung für den Straßen- und Wasserbau vom 5. d. M. ist behufs der Herstellung der durch Hochwasser in der Kleinen; und an den Flößereianstalten derselben angerichteten Beschädig­ungen die Flößerei für die Kleinen; bis ;um 1. April d. I. gesperrt worden. Den 8. Mär; 1883.

K. Oberamt.

F l a x l a n d.

Politische Nachrichten.

Frankreich.

Das Halb - Soublatt 1.^on röpudlicsin bringt unter seinen angeb­lichen Depeschen aus dem Ausland die Mittheilung aus Frankfurt, daß Deutschland von Land st reichern und Bettlern wimmle.In ein­zelnen Gegenden hat man die Truppen ;u ihrer Zerstreuung aufbieten müssen." 'Das Elend sei so groß, daß die Aufnahme ins Gefängniß von vielen dieser Unglücklichen als eine Wohlthat empfunden werde. In den einst so blühenden Ländern Baden und Württemberg nehmen die Land­streicherbanden eine so drohende Haltung an, daß die friedlichen Bürger zum Schutz ihrer Häuser Waffen führen müßten. Ohne Zweifel hat der stehend geordnete Artikel in der deutschen Presse über die Vagabundenfrage zu diesem von der französischen Phantasie bereitwillig ins Maßlose und Lächerliche ver­größerten Darstellung, die natürlich nicht in Frankfurt entstanden ist, An­laß gegeben.

England.

Der kurze Feldzug in Egypten kostete England 4,558,000 Pfd. Sterling. Das ist viel Geld, es verzinst sich aber gut.

Rußland.

Der Umstand, daß eine ausländische Gesellschaft (es ist die Rott- weil er Pulverfabrik) in der Nähe Schlüsselburgs 2000 Deßjatinen gepach­tet hat, um dort eine Pulverfabrik anzulegen, gibt der russischenMoskauer Zeitung" Anlaß, über die Mitwirkung von Ausländern bei der Vertheidigung Rußlands zu klagen.Auf der Schlüsselburger Filiale der Rottweiler Fa­

brik wird unter Leitung ausländischer Techniker und unter strengster Ge­heimhaltung ihrer Rezepte gearbeitet, während wir unsere Kenntnisse den Fremden werden mitthheilen muffen, die aus ihnen eben solchen Nutzen ziehen werden, wie einst Berdan, Krupp und Gatling, welche die Arbeiten russischer Artilleristen für ihre eigenen ausgaben." Die russ.Erfindungen" sind neu.

Tages - Neuigkeiten.

Vermöge Höchster Entschließung vom 20. Februar haben Seine Königliche Majestät die erledigte evangelische Pfarrei Gerlingen, Dekanats Leonberg, dem Pfarrer Mörike in Deckenpfronn, Dekanats Calw, gnädigst übertragen.

V. 6. Stuttgart, 8. März. Der Landtag ist auf Mittwoch den 28. d. Mts., also unmittelbar nach der Charwoche, einberusen.

Der erste Stuttgarter Pflanzen- und Samenmarkt in der Gewerbehalle wird am nächsten Montag und Dienstag den 12. und 13. März abgehalten.

Stuttgart, 7. März. Die elektrische Beleuchtug des Bahnhofs soll nunmehr beschlossen sein. Wie verlautet, kommen 1620 Bogenlichter zur Verwendung. Die hiesigen Fabrikanten und Vertreter elektrischer Be­leuchtungsapparate haben bereits ihre Offerte eingereicht.

Nachdem für , die bedürftigen Hagelbeschädigten des Jahres 1882 in den betreffenden Gemeinden und Bezirken selbst mit Einschluß des Geld­werths der ihnen zugewiesenen Naturalien 157,491 Mk. ersammelt worden, und bei der Casse der Centralleitung des Wohlthätigkeitsvereins durch die Landeshaus-Kollekte, durch Kirchenopfer Und Privatbeiträge mit Hinzurech, nung der Depositenzinse bis Ende Februar 301,534 Mk. baar eingegangen sind, wurde heute die Vertheilung dieser Summe auf Grund der spe­ziellen Unterstützungsgesuche und Nachweisungen vollzogen.

Im Ganzen wurde nach Verhältniß der Zahl und des Verlustes der ärmeren Hagelbeschädigten mit Rücksicht auf die sonstigen Hilfsmittel und die allgemeine Lage der betreffenden Gemeinden zugewiesen den Bezirken Aalen 1,982 Mk., Balincen 10,157 Mk., Brackenheim 6,212 Mk., Cann­statt 17,352 Mk., Eßlingen 39,962 Mk., Freudenstadt 800 Mk., Gaildorf 9,140 Mk., Gerabronn 5,937 Mk., Gmünd 4,267 Mk., Göppingen 3,002 Mk., Hall 1,863 Mk., Heilbronn 12,046 Mk., Künzelsau 3,770 Mk., Laupheim 12,125 Mk., Leutkirch 1,992 Mk., Marbach 8,927 Mk., Mergentheim 800 Mk., Münsingen 2,628 Mk., Neckarsulm 13,765 Mk., Neresheim 4,956 Mk.,

(Nachdruck verboten.)

Irma.

Erzählung aus Ungarn

von Wilhelm Braunau.

(Fortsetzung.)

Adviga, Du hier?" rief sie und faßte den Arm der noch jungen Trau; während sie, um sich zu vergewissern, daß sie recht gesehen, derselben voll in das Gesicht blickte,bist Du die dieses Hauses?"

Jgen, das bin ich," versetzte die Angeredete, erstaunt über die ver­traulichen Worte der vornehmen Dame und sah nun auch ihrerseits in deren schöne, von der Aufregung gerötheten Züge.boIstoK Isten, Gräfin Irma ist es möglich, daß sie unter unser schlechtes Dach kommen und so allein und mit solchem Fuhrwerk? Mein Gott, was ist vorgefallen, Sie sehen ja ganz erregt aus. Sind Sie krank, gnädige Gräfin? Kommen sie herein in die Stube» Sie sollen sogleich einen warmen Kaffee haben und dann will ich meinem Mann rufen, daß er"

Laß das, Adviga," versetzte die junge Gräfin mit abwehrender Ge­berde ,in die Stube will ich eintreten und genießen will ich auch etwas, aber ich will nicht erkannt sein und wünsche nicht, daß man erfährt, daß ich hier sei. Das Uebrige will ich Dir drin erklären," fuhr sie leise fort, während sie die erstaunt sie Anblickende vertraulich am Arm nahm und mit in die Stube zog, welche leer war.

Kommen Sie, gnädige Gräfin. Sie sind die Nacht gefahren und in solchem Fuhrwerk! Mein Gott, was ist vorgefallen?" schwatzte die ehemalige Dienerin der jungen Dame, während sie derselben den kostbaren Mantel von den Schultern nahm und sie einlud, in einem Sessel Platz zu nehmen. Ach. wie wird sich mein Mann freuen wenn er Sie sieht; ich habe ihm so oft von. meiner gütigen Herrin erzählt. Wie geht es denn dein gnädigen

Herrn Grafen, Ihrem Vater?" Irma zuckte bei Nennung dieses Namens unwillkürlich zusammen.

Ich danke Dir, Adviga, mein Vater ist gesund, aber ich habe eine Bitte sage, sind wir hier allein? Kann uns Niemand hören?"

Niemand, gnädige Gräfin," versetzte die Wirthin, das Haupt schüt­telnd und voller Erstaunen, wie eine Dame, welcher alles stets zu Gebote gestanden, an eine arme Frau eine Bitte zu richten haben könne;ich"

So höre mich an, Adviga; ich habe nicht viel Zeit zu verlieren. Ich wollte Dich fragen, ob ich mich einige Zeit bei Dir verbergen könnte, bis" sie stockte.

Verbergen? Gnädige Gräfin, aber üristen! vor wem sollten Sie sich zu verbergen haben?" rief die erstaunte Frau.

Du sollst alles wissen, Adviga; mein Vater will mich an einen Mann verheirathen, den ich verabscheue, hörst Du? Es ist ein gemeiner, niedrig denkender Mensch und den, den ich liebe, soll ich nie wieder sehen, will mein Vater und da bin ich von daheim weggereist und will sehen, ob sich mein Vater nicht erweichen läßt, wenn er sieht, daß es mir mit meiner Liebe und mit dem Verschmähen des mir aufgedrungenen Freiers ernst ist. Mein Vater wird mich suchen und vielleicht auch hierher kommen. Hast Du noch soviel Liebe für Deine Irma im Herzen, um ihr zu helfen ?"

Das stolze, blühende Mädchen hatte die Hände der armen Frau gefaßt und sah ihr mit bittenden Augen in das treue offene Gesicht. Die Frau blickte erst voll ungläubiger Ueberraschung darein, als aber die ehemalige Herrin sich an ihre Liebe wendete, da ging ein weicher Zug über ihr Antlitz uud mit herzlicher Innigkeit rief sie:

O, gnädigste Gräfin, Sie waren stets so gut gegen mich; ich thue gern alles für Sie; es wird ja nichts böses sein, denke ich. Nur erlauben Sie, daß ich meinen Mann"

Die junge Dame fiel ihr in das Wort.Nicht so, Adviga, Dein Mann braucht es nicht zu wiffen, daß ich hier bin; Du wirst mich allein verbergen müssen. Willst Du nicht?" fügte sie erschrocken hinzu, als sie sah, daß jene das Haupt senkte und dasselbe leise schüttelte. (Forts, folgt.)