58. Jahrgang.
Nro. 21.
Amts- unll Intekkigenzbkatt für äen Aezirh.
Erscheint Dienstag, Donnerstag und Samstag.
Die Einrückungsgebühr beträgt 9 L für die vier- spaltige Zeile oder deren Raum.
Dienstag, den 20. Februar L88L
Abonnemcntsprcis halbjährlich 1 80 L, durch
die Post bezogen im Bezirk 2 30 L, sonst in ganz
Württemberg 2 -iL 70 L.
Kmtkicke Kekanntmntklungen.
Calw.
Mar^tverbot.
Nach einer Mitteilung des Großh. bad. Bezirksamts Pforzheim ist die Abhaltung der jeweils auf Mittwoch und Samstag fallenden Schweinemärkte auf Grund des K 28 des Neichsviehseuchengesetzes bis auf Weiteres verboten worden.
Den 16. Februar 1883. K. Oberamt.
Flaxlan d.
Calw.
An die Ortsvorsteher.
Der bestehenden Vorschrift geinäß werden die Ortsvorsteher veranlaßt,
bis 3. März d. I.
hierher zu berichten, wie viele Veränderungen in der Bodeneintheilung und Bodenkultur seit dem 1. April v. I. angefallen über wie viele derselben die vorgeschriebenen Meßurkunden und Handrisse beigebracht sind, und bei wie vielen der hienach noch nicht vermessenen Aenderungen der nach Punkt 4 der Ministerialverfügung vom 22. April 1865 zur Beibringung der Meß- urkunden ertheilte Termiw bereits abgelaufen ist.
Die Berichte sind als portopflichtige Dienstsache (un- frankirt) zu verschicken.
Den 19. Februar 1883. K. Oberamt.
F l a x l a n d.
Politische Nachrichten.
Deutsches Reich.
Reichstag. Sitzung Donnerstag, 15. Februar. Präsident v. Le- vetzow eröffnet die Sitzung um 11 >/» Uhr. Am Tische des Bundesraths: v. Kamecke, Scholz, l)r. Stephan. Das Haus setzt die dritte Berathung des Etats fort. Die Berathung beginnt bei den einmaligen Ausgaben des Etats der Post- und Telegraphenverwaltung. Titel 1 bis 29 werden debattelos genehmigt. Titel 20 „Zur Herstellung eines Postdienstgebäudes in Hamburg (erste Rate) 464,000 Mark" , ist in der 2ten Lesung gestrichen. Die Abgeordneten v. Minnigerode und v. Kardorff beantragen die Wiederherstellung der Position. Abg. Hermes (Parchim) erklärt, daß auch die Fortschrittspartei mit Rücksicht auf die vorhandenen Uebelstände ihren früheren Widerspruch zurück ziehe. Nachdem noch Staatssekretär vr. Stephan unter Darlegung der Hamburger postalischen Ver
hältnisse die Annahme empfohlen, beschließt das Haus fast einstimmig die Wiederherstellung der Position mit der einschränkenden Bestimmung, daß die Gesammtbausumme von 2,500,000 auf 2,083,000 Mark herabgesetzt wird. Beim Etat der Militärverwaltung wird auf den Antrag Hermes bei nochmaliger Abstimmung über Titel 9 „Zum Bau und Ausstattung einer evangelischen Garnisonkirche in Spandau, erste Rate (Projektbearbeitung) zehntausend >M die Position mit 134 gegen 129 Stimmen abgelehnt; dagegen wird die Position „Zum Bau einer evangelischen Garnisonkirche in Neisse" (Projektbearbeitung) 10,000 ^ mit 155 gegen 141 Stimmen genehmigt.
— Eine längere Diskussion erhebt sich bei Titel 5 des Extraordinariums „Zur Errichtung einer Unteroffizier-Vorschule in Neubreisach (erste Rate) 286,000 Mark" — dessen Streichung in zweiter Lesung beschlossen wurde. Abg. v. Bendo beantragt die Wiederherstellung der Position namentlich aus politischen Gründen. — Abg. Hermes (Parchim) tritt für Aufrechterhaltung des Beschlusses der zweiten Lesung ein. Er hält solche Vorschulen schon um deswillen für zwecklos, weil das Reich auch ohne dieselben sich in der Lage befinde, ein tüchtiges Unteroffizierkorps heranzubilden. Abg. vr. Timonis (Elsässer) erklärt sich ebenfalls gegen die Position. Redner erkennt an, daß Neubreisach unter den veränderten Verhältnissen schwer gelitten habe; aber das könne man auch von anderen elsässischen Städten sagen. Niemand falle es ein, Straßburg, das durch die Schließung des Knabenseminars ebenfalls geschädigt worden sei, Schadenersatz zu gewähren. Neubreisach sei dadurch zurückgekommen, daß es die Garnison verloren und weil die zahlreichen Militärpensionären, die dort früher Aufenthalt nahmen, ausgewandert sind. Die Errichtung einer Unteroffiziervorschule werde die Verhältnisse nicht bessern. Abg. Frhr. v. Minnigerode tritt für die Forderung der Regierung ein und wendet sich namentlich gegen die Ausführungen des Vorredners, um darzulegen, daß die gegenwärtigen Verhältnisse des Elsasses besser als früher seien. Er spricht seine Verwunderung darüber aus, daß ein Geistlicher angesichts der Kankanpolitik auf dem Gebiete der Kirchengesetzgebung noch Sympathien für Frankreich äußern könne. — Major Haberling plaidirt für Bewilligung der Position, indem er die Noth- wendigkeit für die Errichtung einer solchen Anstalt in den Reichslanden betont.
— Abg. Richter (Hagen) erklärt sich gegen die Bewilligung. Man dürfe die Bewilligungen für militärische Zwecke nicht in's Unendliche ausdehnen. Der Militäretat sei bereits in 10 Jahren von 250 auf 343 Millionen gestiegen und ebenso seien die Ausgaben für die Marine erheblich gewachsen. Hier gelte es einmal eine Probe abzulegen und der Regierung zu zeigen, wie weit der Reichstag mit feinen Sparsamkeitsgrundsätzen gehen wolle. — Nachdem auch die Abgeordneten Rieckert und v. B e n ni g s en für Bewilligung gesprochen, wird die Position mit 169 gegen 141 Stimmen abgelehnt. Im weiteren Verlaufe der Debatte wurde von dem Abgeordneten v.
«S eu r » t» V ». (Nachdruck verboten.)
Irma.
Erzählung aus Ungarn
von Wilhelm Braunau.
(Fortsetzung.)
Graf Pokolkö hatte das Zimmer so plötzlich und so schnell verlassen, daß er mit der geöffneten Thür beinahe an den schnell zurückfahrenden Kopf einer blonden jungen Dame geschlagen hätte, welche dicht an der Thür gestanden und sich jetzt erschreckt in den dunkelsten Theil des Korridors flüchtete Der nur mit seinen Gedanken beschäftigte Mann hatte aber von der Lauscherin nichts bemerkt und eilte mit heftigen, dröhnenden Schritten in der entgegengesetzten Richtung dem Flügel des Hauses zu, wo sich sein Arbeitszimmer befand. Kaum war er aber den Blicken der Dame entschwunden, als diese auch schon wieder leicht gefaßt zurückeilte und das Ohr an das Schlüsselloch hielt, um etwas von dem zu vernehmen, was drinnen im Zimmer vorgehet. Allein ihre Wißbegierde schien keine Befriedigung zu finden, denn ärgerlich richtete sie sich auf, um den Korridor zu verlassen. Die blauen Augen, die noch vor einer Stunde dem Grafen Jrtvany so freundlich zugewinkt, blitzten in Hellem Feuer auf, während ein Zug bitterer Enttäuschung über ihr nicht gerade häßliches Gesicht sich legte.
„Also darum thut er so gleichgültig gegen mich!" murmelte sie vor sich hin, während sie eine, dem Empfangszimmer gegenüber gelegene Kammer öffnete, um hinter der dicht angezogenen Thür von neuem zu lauschen, ob sich drüben nichts rege. „Drum hat er alle meine entgegenkommenden Aufmerksamkeiten nicht gesehen, weil die Schönheit der Gräfin Irma seine
Augen geblendet hat. Nun, ich kann es ihm ja wicht übel nehmen, denn hübsch ist ja die Gräfin auch und jung dazu, aber — heirathen kann er sie doch nicht und vielleicht wird er nun aus die Aufmunterung, die ich ihm gebe, aufmerksamer, denn —" fuhr sie die Achsel leicht emporziehend fort, „mit dem Jrtvany dauert es doch nicht ewig und da ist es gut, wenn ich mich vorher gesichert habe. — Ah, sieh da," bekann sie nach kurzer Pause von neuem, „meine Gnädige hat keinen schlechten Geschmack, daß sie sich den schönsten Mann auf zehn Meilen in die Runde zum Liebhaber ausgesucht hat; freilich, im Grund genommen kann ich sie darum nicht verdenken, wenn sie sich die Langeweile hier mit chm zu vertreiben sucht. Ich wäre ja längst gegangen, wenn er eben nicht da wäre und ich nicht die Gewißheit Hütte, daß ich ihn doch zuletzt noch erringe. — Aber weit ist es zwischen den beiden gekommen und es wird wahrhaftig Zeit, daß dem Ding ein Ende gemacht wird. — Ja, den schönsten Mann!" wiederholte sie mit leuchtenden Augen, während sie mit der geballten Rechten auf die flache Linke schlug, „weit — weit schöner als —" sie hielt inne, während sie mit einem Gemisch von Hohn und Ueberdruß die Unterlippe verschob und eine geringschätzige Bewegung mit den Achseln machte. „Ja er kommt mir auch vor, als ob er mir nicht mehr so treu wäre; darum frisch ans Werk! Wenn ich ihn erst habe, niag jener zum Teufel gehen."
Die entschlossene Dame hob zuversichtlich das Haupt und war eben im Begriff, die Kammer zu verlassen, als sie die Thür des Empfangszimmers sich schließen hörte. Sie kannte zu wohl den sich entfernenden Schritt des Verwalters und als sie sicher war, nicht mehr gesehen zu werden, schlüpfte sie aus der Thür, um nach einigen Minuten erneuten Lauschens wie zufällig in das Empfangszimmer zu treten, aus welchem sie nach kurzer Zeit die junge Gräfin auf deren eigenes Zimmer geleitete.
Graf Pokolkö schritt in seinem Zimmer auf und nieder, die Hände