Nro. 4.
58. Jahrgang.
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Amtlieke Kekaantmackungen.
Calw.
Bekanntmachung, betr. den Ausbruch von Maul- und
Klauenseuche.
Unter dem Rindvieh des Johannes Rentschler in Sommenhardt und des Johannes Kusterer in Unterhaugstett ist die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen, was hiemit zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird.
Den 10. Januar 1883.
K. Oberamt.
F l a x l a n d.
Calw.
An die Ortsvorsteher.
Gemäß H 14 der Verfügung des K. Justizministeriums vom 24. Dez. 1880, haben dis- Vorstände der Gemeindegerichte bis zum 15. Januar jeden Jahres dem Amtsgerichte auf Grund der in einzelnen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten verfaßten Protokolle und der Schuldklagprotokolle (Ausführungs- Gesetz zur Reichscivilprozeßordnung Art. 6, Abs. 0 und Art. 13, Abs. 3, Neg.-Bl. vom I. 1879, S. 175 und 179) anzuzeigen:
1) in wie vielen Fällen wegen als unbestritten eingeklagter Geldforderungcn das Schuldklagverfahren vor dem Vorstand des, Gemeindegerichts in dem abgelaufenen Jahr stattgefunden hat,
2) wie viele bürgerliche Rechtsstreitigleiten in dem abgelaufenen Jahre bei dem Gemeindegericht angefallen sind und wie viele derselben durch Entscheidung Art. 6 und 14 des angeführten Ausführungs-Gesetzes, wie viele in anderer Weise erledigt worden sind.
Diese beiden Anzeigen sind je abgesondert und in thun- lichsterBälde zu erstatten, da solches bis jetzt nur theilweise zu Ziff. 2 von einzelnen Ortsvorstehern geschehen ist.
Den 9. Januar 1883.
K. Amtsgericht. Oberamtsrichter Perrenon.
Politische Nachrichten.
Deutsches Reich.
Berlin, 9. Jan. (Privatdepesche d. F. I.) Fürst Bismarck erschien heute im Reichstage; er trägt einen weißen Vollbart und sieht dadurch etwas fremd aus. Gleich nach feinem Eintritt begrüßte der Kanzler den Abgeordneten Graf Moltke und machte die Mittheilung, daß der Kaiser ihm für die U e b e r f ch w e m mt e n zur Linderung der augenblicklichen Roth aus dem Dispositionsfonds bei der Reichshauptkaffe 600,000 überwiesen habe, und forderte die betreffenden Abgeordneten auf, heute Abend 9 Uhr in seinem Hause über die Verwendung zu berathen.
Berlin, 9. Jan. Der mit Serbien vereinbarte Handelsvertrag lehnt sich ziemlich genau an die Bestimmungen des österreich.- serbischen Handelsvertrags an. Die Zölle richten sich theils nach dem Gewicht, theils nach dem Werth der Waare. Der Werthzoll für Strumpf-, Band-, Wollen- und Baumwollen-Waaren ist auf einen siebenprocentigen ermäßigt, desgleichen derjenige für Anilinfarben und Bleistifte. Der Zoll für Kinderspielwaaren wurde von 8 auf 6 pCt. herabgesetzt, derjenige für Halbseidenzeug, Seide und Floretseide rc. auf 7 pCt.
Frankreich.
— Frankreich hat innerhalb 5 Tagen diejenigen 2 Männer verloren, welche in dem furchtbaren Krieg von 1870 weitaus am meisten dazu beigetragen haben, die Ehre Frankreichs zu ' retten, Gambetta und Chanzy. Es ist eine eigenthümliche Schickung, daß gerade diese beiden, in der Vergangenheit durch die gemeinsame Aktion in dem Verzweiflungskampf der Nationalvertheidigung, und für die Zukunft durch die von ganz Frankreich aut.MMen. Hoffnungen verschwiftertcn Männer, die wir die Lioskuren der Rev. nche nepnen möchten, innerhalb einer so kurzen Spanne Zeit von der politischen Bühne verschwinden mußten. Mit großer Offenheit ruft deß- halb die „France" aus: „Was kann nur Frankreich dem Tode gethan haben? Hat Herr v. Bismarck einen Pakt mit ihm abgeschloffen? Chanzy, unser erster General, ist wenige Tage nach dem Manne gestorben, der ihm den Oberbefehl der größten republikanischen Armee anvertraut hatte. Chanzy war, so glaubten die Deutschen, der zukünftige Befehlshaber der großen Armee, der Armee der Rache. Man fürchtete ihn in Berlin, wie man Skobelew fürchtete. Beide hat der 80jährige Moltke überlebt."
Paris, 7. Jan. Paul Döroulöde weigerte sich, dem Direktor der Lanterne, E. Mayer, den er am Sarge Gambetta's öffentlich schmähte, die verlangte Genugthuung mit den Waffen zu geben. Als Antwort auf die Mittheilung, welche seine Zeugen ihm davon machten, richtete Mayer folgenden Brief an dieselben: Liebe Freunde! Am 30. August nahm Herr Döroulöde unter dem Vorwand des Patriotismus eine Bierkneipe der Rue Saint - Marc im Sturme ein. Die Lanterne konnte diesen Sieg.. dicht als die Revanche auffassen; am 5. September griff Herr Döroulöde mich im Odvon unter Umständen an, welche mir eine Erwiderung nicht gestatteten.
Feuilleton.
(Nachdruck verboten).
Der Forstmeister von Hohenerbfeld.
Criminal-Novelle von Wilhelm Braunau.
(Fortsetzung.)
„Darf ich wohl fragen, was Sie suchen?" versetzte der Kriminalrath, der den Ernst der Lage wohl einsehend, von dem beinahe vergnügten Ton der eben gesprochenen Worte zu einem fast feierlichen, ernsten übergieng.
Der Baron war um die Antwort verlegen und wollte den Schrank wieder schließen, während er das Gewehr, es war dasselbe, welches den zweifachen Drall führte, in eine Ecke lehnte.
Der Untersuchungsrichter kam ihm, nun seinerseits zur Ironie übergehend zu Hülfe und sprach langsam und mit Nachdruck:
„Sie wollten dieses Gewehr verschwinden lassen, weil es dasjenige ist, welches Sie statt der Prachtstinte an dem Tage, da der Forstmeister siel, getragen haben."
Der Richter war dicht an den Baron herangetreten und blickte den großen Mann von unten herauf mit seinen großen Augen durchbohrend an.
Der Baron hatte sich ein wenig gefaßt.
„Was soll das heißen, Herr Kriminalrath?" fragte er, während aus seinen Augen ein heftiger Unmuth sprühte.
Der kleine Mann hielt furchtlos den drohenden Blick des Barons aus. Er mochte wohl in manchen ähnlichen, vielleicht noch gefährlicheren Lagen
sich befunden haben, welche seine Pflicht ihm bereitet hatte. Das durfte ihn nicht erschüttern. Seine Stimme klang darum völlig klar und leidenschaftslos.
„Ich habe dieses Gewehr heute Morgeu, als Sie Ihren Morgenritt machten, bereits in Händen gehabt und durch zwei Sachverständige prüfen lassen und wir haben sämmtlich die merkwürdige Uebereinstimmung seines zweifachen Dralls mit den Erhöhungen auf der Kugel bemerkt, welche in des Forstmeisters Brust gefunden worden ist. Auch hat bei dieser Untersuchung Ihr Jägerbursche zu Protokoll erklärt, daß Sie an jenem Tage dieses Gewehr geführt haben. Der Büchslauf sei abgeschossen gewesen, er habe denselben gereinigt. Sie hätten wohl mehr in Ihrem Interesse gehandelt, wenn Sie das Gewehr eher verschwinden ließen."
Herr von Jlmenstein starrte den Sprechenden mit weit offenen Augen und Munde an, vermochte jedoch kein Wort der Erwiderung hervorzubringen; erst, als der kleine Mann seine dürre Hand nach dem Gewehr ausstreckte bekam er wieder Leben. Er faßte mit mächtigem Griffe die Waffe und hielt dieselbe so fest, als könne er die eisernen Läufe in seiner Faust zusammenpressen. Sein Körper streckte sich lang empor, sein Auge schleuderte wüthende Blicke auf den kleinen Mann hernieder, und während er das Gewehr langsam gegen die Brust des Gegners richtete, rief er deniselben mit Donnerstimme zu:
„Herr, ich verbitte mir solche Beleidigungen, mein Blut ist heiß, ich könnte mich leicht vergessen; ein Lauf dieses Gewehres ist jetzt geladen."
Der Richter stand starr und unbeweglich vor der drohenden Mündung es galt, durch geistige Überlegenheit den Gereizten zu bändigen, ein einziges unbesonnenes Wort, und die Waffe tödtete einen zweiten Menschen. Fest
!