57. Jahrgang.

Nro. 1Z7.

und Intekkigenzökatt ^ür äen ^ezirlr.

Erscheint Dienstag, Donnerstag und Samstag.

Die Einrückungsgebühr beträgt 9 L für die vier- spaltige Zeile oder deren Raum.

Dienstag, den 21. November 1882

Abonnemcntspreis halbjährlich 1 80 L, durch

die Post bezogen im Bezirk 2 30 L, sonst in ganz

Württemberg 2 70 L.

Mmtkicke Oekanntmackmngen.

Calw.

An die geistlichen und weltlichen Ortsbehörden.

Bekanntmachung, betr. die Veranstaltung einer Hauskvllelte für die bedürftigen Hagelbeschädigten.

Unter Hinweis auf den Erlaß des K. Ministeriums des Innern vom 7. d. M., (Min.-Amtsblatt Nr. 25) ergeht hiemit die Aufforderung, die nach dieser Verfügung von Haus zu Haus zu veranstaltenden Sammlungen sowohl an Geld als an Früchten noch im Laufe des Dtonats November in den Gemeinden vorzunehmen, welche nicht selbst vom Hagelschlag betroffen worden sind, oder in welchen eine solche Kollekte von Haus zu Haus nicht bereits stattgefunden hat.

Im Uebrigen wird auf den gedachten Ministerial-Erlaß Bezug genom­men und einem Vollzugsbericht bis Ende dieses Monats entgegengesehen.

Den 19. November 1882.

K. gem. Oberamt.

__ Flaxla n d. Braun, A.-V. ^

Calw.

An die Ortsvorsteher.

Die Ortsvorsteher werden auf den Erlaß des K. Ministeriums des Innern, betreffend die Uebersichten über die Fabriken, welche jugendliche Arbeiter be­schäftigen, vom 4. November 1882 Nr. 9117 (M.--A.-Bl. Nr. 24, S. 398) zur Nachachtung hingewiesen. Hiernach sind die nach § 24 der M.-Verf. vom 19. Dezember 1878 (Reg.-Bl. S. 285) von den Ortsvorstehern zu fertigenden Uebersichten über die in ihrem Gemeindebezirk vorhandenen Fa­briken rc., in welchen jugendliche Arbeiter beschäftigt werden; statt nach dem dieser Verfügung angehängten Formular 0, künftig und zwar zum erstenmal im Dezember d. I. nach der im obengenannten Min.-Erlaß abgedruckten Tabelle nach näherer Maßgabe der daselbst enthaltenen Anleitung aufzustellen.

Die rechtzeitige Einsendung der gedachten Uebersichten auf den 28. Dezember wird erwartet.

Den 16. November 1882.

K. Oberamt.

__ Flaxland.

Calw.

Bekanntmachung einer bezirkspolizeilichen Borschrist, betr. die Beleuchtung der Fuhrwerke bei Nacht im Oberamtsbezirk Böblingen.

Für den Oberamtsbezirk Böblingen ist unteren 15. d. M. nachstehende bezirkspolizeiliche Vorschrift erlassen worden:

§ 1. Während der Dunkelheit der Nacht muß jedes auf öffentlicher Straße befindliche Fuhrwerk vorschriftsmäßig beleuchtet werden.

§ 2. Als öffentliche Straßen im Sinne des § 1 dieser Vorschrift

sind die Staats- und sämmtlichen Ortsstraßen, sowie diejenigen Fahrwege an­zusehen, welche den Nachbarschafts-Verkehr vermitteln; ausgenommen sind die Feld- und Waldwege.

§ 3. Die Beleuchtung geschieht :

' s) bei einem Fuhrwerk, welches vorzugsweise zur Personenbeförderung be­stimmt ist, durch eine oben am Verdeck in zweckentsprechender Weise angebrachte Laterne, oder durch zwei Laternen, welche an den Seiten, soweit wie möglich nach vorn anzubringen sind, b) bei anderem Fuhrwerk durch eine Laterne, welche in der Mitte der Vorderseite an oder auf dem Fuhrwerk dergestalt anzubringen ist, daß ihr Licht ungehindert durch das Gespann nach vornen fällt.

Wo vermöge der Bauart oder der Ladung des Fuhrwerks die Be­leuchtung nicht an letzterem selbst angebracht werden kann, ist es ge­stattet, sie an den Pferden oder an der Deichsel zu führen.

Die Laternen müssen in ordnungsmäßigem Stande und mit hell leuch­tendem Lichte versehen sein.

§ 4. Uebertretungen dieser Vorschrift unterliegen der Strafbestimmung in § 366 des Strafgesetzbuchs für das deutsche Reich.

Diese Vorschriften werden hiermit zur Kenntniß des Bezirksangehörigen gebracht.

Den 19. Nov. 1882.

K. Oberamt.

F l a x l a n d.

Politische Nachrichten,

Deutsches Reich.

Die Südd. Pr. beschäftigt sich mit den Behauptungen von der Vertheuerung der not Hw endigen Lebensbedürfnisse durch die indirekte Besteuerung. Sie sagt: Wenn es richtig wäre, daß die Kornzölle rc. den Verkaufspreis der Maaren für den täglichen Bedarf im mathematischen Verhältnisse der Zollsätze vertheuerten, so mußte diese Ver­theuerung handgreiflich werden in dem Augenblick, als die Zollsätze in Kraft traten: d«s aber hat Niemand auch nur zu behaupten gewagt. So wie aber die Gegner dieser Zölle sich dahin zurückziehen, daß jene an sich noth- wendige Wirkung derselben durch andere Umstände der zeitigen Konjunktur verdeckt werden, haben sie in der That ihren Posten aufgegeben. Was durch andere Umstände der Konjunktur verdeckt wird, ist eben für sich nicht nach­zuweisen, und die Versicherung, daß es dennoch da sein müsse, ist nur die Vorwegnahme d'es Beweises, den man hätte führen müssen und nicht führen kann. In der That nun trifft die allgemeine Bemerkung, daß ein mäßiger indirekter Steuersatz unter den übrigen Umständen der Konjunktur ver­schwinden muß, nirgends schlagender zu, als bei einem Massenprodukt wie das Getreide, dessen periodische Erzeugung aufs Stärkste von unabwend-

Feuilleton. »crbvwn.)

Der Forstmeister von Hohenerbseld.

Criminal-Novelle von Wilhelm Braunau.

(Fortsetzung.)

Kann ich die Kugel zu sehen bekommen, welche in der Brust des Forst­meisters ist gefunden worden?" fragte er, düster aufblickend, den Vertheidiger.

Habt Ihr dieselbe nicht rekognoszirt?" fragte dieser verblüfft.

Ich verstehe nicht, was Sie damit meinen," war die Antwort.

Die Kugel ist Euch nicht vorgelegt und Ihr seid nicht gefragt worden, ob es Eure Kugel sei? Das wäre ja ein großer Fehler!"

Er bedachte nicht, daß er die Rekognoszirung der Kugel von Seiten des Angeklagten hätte beantragen müssen.

Ich habe die Kugel nicht gesehen."

Der Vertheidiger wurde lebhaft.

Das ist ein wichtiges Moment; ich werde die Rekognoszirung sofort beantragen."

Er kehrte mit seinem Klienten nach dem Gerichtssaal zurück.

Seinem Anträge konnte nicht widersprochen werden. Die mörderische Kugel wurde dem Wilderer vorgelegt.

Derselbe nahm sie vorsichtig von der Tafel auf, hielt sie in verschie­denen Stellungen zwischen den Fingern und betrachtete sie prüfend, wie wenn em Juwelier einen Edelstein nach verschiedenen Seiten funkeln läßt, um seine Reinheit zu erkennen.

Der Präsident des Gerichtes schien auf die Prüfung offenbar keinen Werth zu legen, sondern dieselbe nur für eine absichtliche Verzögerung des Verfahrens zu halten, denn mit unverkennbarer Ungeduld verfolgte er die Bewegungen des Angeklagten.

Allein die Gerechtigkeit der Rekognoszirung durfte demselben nicht ver­sagt werden.

Letzterer hatte seine Prüfung vollendet und, indem er die Kugel behut­sam zurückgab, sagte er mit derselben, sein Aeußeres beherrschenden Ruhe, mit welcher er alle seine Antworten gegeben hatte:

Die Kugel ist nicht von mir."

Ein Ruf des Erstaunens von Seiten der Zuhörer löste das Schweigen, mit welchem dieselben den Wilddieb beachtet hatten.

Der Präsident warf einen strengen Blick über die Versammlung.

Womit wollt Ihr das beweisen?" fragte er den Angeklagten.

Der Wilderer reckte sich gerade empor, als ob er die schwere Last, die auf ihm ruhte, schon abgeschüttelt habe, und den Präsidenten fest und zuver­sichtlich anblickend, antwortete er mit fester Stimme:

Der Drall meines Gewehres ist ein durchaus gleichmäßiger. Ein Zug ist so tief als der andere. - Diese Kugel dagegen zeigt aus zwei einander entgegengesetzten Seiten einen stärkeren Abdruck der Züge, ein Zeichen, daß das Rohr, aus welchem sie gekommen ist in den entsprechenden Zügen tiefer ausgeschliffen war, als in den beiden anderen; mag dies nun von einem Versehen oder einer Laune des Büchsenmachers herrühren."

Eine große Bewegung gab sich unter den Zuhörern kund,, die selbst des Präsidenten Klingel nicht augenblicklich zu dämpfen vermochte Man ahnte, daß das Ende des Dramas noch nicht gekommen sei.