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rasch zur Stelle, mußten sich jedoch darauf beschränken, das Maschinenhaus zu bespritzen, weil man das Bassin ausbrennen lassen mußte.
Berlin, 15. Nsv. In dem Streite, wem die Priorität in der Erfindung der dynamo-elektrischen Maschine zukommt, Werner Siemens oder dem Engländer Wheatstone, hat jetzt der erste das Wort genommen. Es geschieht dies in einem Briefe, der in der „Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure" veröffentlicht wird. Veranlaßt wurde Dr. Siemens dazu durch eine anscheinende Absichtlichkeit in der Verdunkelung gewisser Thatsachen, die neuerdings hervorgetreten, indem selbst fein Eleve und mehrjähriger Beamter Sabine (ein Schwiegersohn Wheatstone's), der das Sachverhältniß genau kennen muß, sich durch nationale Voreingenommenheit verleiten ließ, in einer Publikation den Namen des deutschen Erfinders zu verschweigen. In dem Briefe sagt Dr. W. Siemens: „Ich habe der Berliner Akademie der Wissenschaften am 17. Jan. 1867 die Theorie der dynamo-elektrischen Maschine ausführlich mitgetheilt, nachdem ich bereits im Anfang Dezember vielen Mitgliedern der Akademie eine solche Maschine im Fabriklokale in Thätigkeit gezeigt hatte. Da ich damals noch nicht Mitglied der Akademie war, erbot sich Professor Magnus, die Sache der Akademie in ihrer ersten Sitzung nach den Ferien (am 17. Jan.) vorzulegen. Dies war die erste Publikation über das Prinzip, und es wurde in derselben von mir zuerst der neue Name „Dynamo-elektrische" Maschine vorgeschlagen. Auf meine Veranlassung und auf Grund meiner Mittheilung meldete mein Bruder, Dr. C. William Siemens, Ende Januar einen Vortrag über die Sache in der Royal Society in London an. Etwa 14 Tage später meldete Professor Wheatstone einen Vortrag über dieselbe Kombination bei derselben Gesellschaft an. Beide, William Siemens und Wheatstone, hielten ihre Vorträge an demselben Tage, und zwar William Siemens zuerst als erster Anmelder. Beide zeigten eine thätige Maschine vor, die beide ganz so wie meine erste Berliner Maschine mit der Siemens-Armatur versehen waren. In England wurde aus diesem doppelten Vortrage gefolgert, daß ich und Wheatstone die Erfindung gleichzeitig gemacht und publizirt hätten. Das war falsch, da meine erste Publikation durch die Berliner Akademie fast einen Monat älter war."
Wien, 15. Nov. Der Setzerstrike nimmt bedenkliche Dimensionen an. Die Zahl der Strickenden beträgt über 1100. Die Werksetzer verlangen von den Zeitungssetzern, trotzdem letzteren ein neuer Tarif bewilligt wurde, daß sie die Arbeit einstellen. Heute waren über 40 Sinkende vor den Magistrat geladni. Der Versuch, dieselben zur Wiederaufnahme der Arbeit zu bestimme«, blieb resultatlos. Eine Massenverhaftung und Massenabschiebung ist wahrscheinlich.
London, 14. Nov. Gestern, Montag früh, stieß in der tiefsten Finsteruiß und bei schwerem Sturme in der Nähe des Caps Beachy Head der Hamburger Dampfer „Westfalia" mit einem anderen Dampfer zusammen, welch' letzterer sofort sank. Die „Westfalia", selbst dem Sinken nahe, weil sie ein großes Loch im Bug davongetragen, ließ trotzdem sofort ein Boot mit sechs Mann hinab, um die Ertrinkenden des anderen Schiffes zu retten, allein im Sturm verschwand dieses Boot und die „Westfalia" mußte wegen .eigener dringender Gefahr eiligst nach dem ungefähr fünfzig englische Seemeilen westwärts gelegenen Portsmouth zurückdampfen. Alle Passagiere, die Post und das Gepäck an Bord der „Westfalia" wurden gerettet.
Portmouth, 16. Nov. Nach der Aussage der vermißt gewesenen Bootsmannschaft von der „Westfalia" ist der Dampfer, mit welchem die „Westfalia" zusammenstieß, mit seiner ganzen Mannschaft untergegangen. Der Name des Dampfers ist immer noch nicht bekannt.
Vermischtes.
— In letzter Nr. d. Bl. steht eine Entscheidung des Reichsgerichts, dieselbe lautete, daß der Jagdpächter, der sich auf fremdes Jagdgebiet stellt, um auf sein Gebiet übertretendes Wild auf diesem zu erlegen, damit keine strafbare Handlung begehe. Das ist insoweit richtig, dagegen müssen wir diesem, das zu schlimmen Consequenzen führen könnte, zusetzen, daß ein solcher Jagdausübender nicht nach § 292—294 d. St.-G.-B. — wegen Erlangung eines auf fremdem Jagdgebiet befindlichen Wildes, in der Nachstellung u. s. w. — bestraft werden kann, dagegen wurde in dem vom
Reichsgericht entschiedenen Falle derselbe nach § 368 de» Str. G. B. lmik Geldstrafe bis zu 60 Mk.) bestraft, weil er auf fremdem Jagdgebiete ohne Genehmigung des Jagdberechtigten zur Jagd ausgerüstet betroffen wurde.
— Ueber 3 angeblich neu entdeckte Schillermanuskripte wird von einem Herr R. Wulkow dem Berl. Tgbl. berichtet. Die Schriften sind aus der Jugendzeit des Dichters. Das erste Manuskript ist die in den Schiller-Biographien erwähnte lateinische Dissertation: „Vs äiscrimin« ksd- rium inll»mm»tttri»rum et putrickarum" (Ueber den Unterschied der entzündlichen und Faulfieber), ein deutlich geschriebenes Heft von 51 Seiten. Bekanntlich wurden Schiller vor seinem Abgänge von der Karlsschule als Prüfungsarbeiten für sein medizinisches Examen die beiden Aufgaben gegeben: „Ueber den großen Zusammenhang der thierischen Natur des Menschen mit seiner geistigen", eine Abhandlung, die >von den beurtheilenden Professoren zum Druck empfohlen wurde, und die wir in s einen W e rk en finden; und zweitens als lateinisch zu schreibende Dissertation das obige Thema. Diese Arbeit wurde bei manchem Lob als nicht reif genug bezeichnet und behauptet, daß sie ohne viele und große Veränderungen nicht gedruckt werden könne. Das zweite Manuskript ist der in den Schiller-Biographien erwähnte, auch auszüglich mitgetheilte Brief des Dichters an seinen erzürnten Landesherrn, aus Mannheim, den 24. Dezember 1782, in welchem er den Herzog bittet, das Verbot literarischer Veröffentlichungen zurückzunehmen. Der Hergang ist bekannt. Das 3. Manuskript ist ein Geleitbrief zum zweiten Der Brief ist an den Oberst Seeger gerichtet und enthält das Gesuch, die vorgetragenen Bitten durch seinen Einfluß beim Herzog zu unterstützen. Er ist in edlem und würdigem Ton gehalten. Interessant ist die Erklärung Schiller's daß er das herzogliche Verbot nicht mit stillschweigender Gleichgiltigkeit habe annehmen können, „da die wenigen Schriften, die ich bis jetzt der Welt mitgetheilt habe, meine jährliche Gage um fünfhundert Gulden vermehrt haben". Dieser Punkt wird auch in dem Briefe an den Herzog ausdrücklich hervorgehoben.
— Ein origineller Prozeß. Aus Paris wird geschrieben: Daß ein Sänger seinen Direktor verklagt, weil er, der Sänger dem Publikum mißfiel, das ist mindestens originell. Nicht geringes Aufsehen macht darum eben der von dem ersten Tenor der Opsra Comique, M. Marris» gegen den Direktor Perrain vom Theatre des Arts in Rouen angestrengte Prozeß. Der klagbar aufgetretene Tenorist hatte zweimal an dem genannten Theater mit Erfolg gesungen, war aber in der dritten Partie, „Die Musketiere der Königin", durchgefallen. Der gekränkte Sänger schrieb die Schuld an dem Mißerfolg auf den Direktor und behauptet, von ihm in letzter Stunde förmlich gezwungen worden zu sein, die ihm nicht „liegende" Partie zu singen. Als Entschädigung für seinen unverschuldeten Durchfall und für die — ausgestandene Angst beansprucht der bescheidene Tenor nicht weniger als 25,000 Francs. Das Handelsgericht wird über diesen seltsamen Fall in den nächsten Tagen entscheiden. _
Handel und Verkehr.
Biberach, 15. Nov. Viehmarkt. Zufuhr in Folge des Jahrmarktes, hauptsächlich aber des schlechten Wetters halber geringe; es wurden 306 Stück zu Markte gebracht, und zwar: 62 Zug- und Mastochsen mit einem lebenden Durchschnittsgewicht von 1000 bis 1600 Pfd. und einein Durchschnittserlös von 290 bis 500 106 fette und trächtige Kühe, D.G.
600 dis 1100 Pfd., D.E. 150—310 99 fette und trächtige Kalbeln,
D.G. 500—1000 Pfd., D.E. 140-300 16 Farren, D.G. 300—1200
Pfd., D.E. 90—310 23 kleine Rinder und Saugkälber, D.G. 85—300
Pfd., D.E. 28—130 ^ Verkauft 292 Stück.
Kgl. Standesamt Calw.
Vom 10. bis 16. November 1882.
Geborene.
9. Novbr. Bertha, Tochter des Jakob Friedrich Schill, Taglöhners.
Getraute.
16. „ Ludwig Friedrich Kempf, Braumeister, Sohn des Ludwig Kempf, Braucrei-
bcsitzcrs hier, mit Caroline Louise Wilhelmine Schröder, Tochter des «erst. Heinrich Ludwig Schröder, Ackerers in Frohlinde, Kreis Dortmund.
Amtkicke Kekanntmackmngen.
Revier Hirsau.
Steinbeifuhr- und Zerkleinerungs-Akkord.
Ueber die Beifuhr und das Kleinschlagen von 1600 Roßlasten Sand- und Kalksteine für die Waldwege sämmt- licher Hüten wird
Dienstag, den 21. d. M., Vormittags 10 Uhr, bei Stotz zum Löwen in Hirsau ein Akkord vorgenommen. _K. Revieramt.
K. Amtsgericht Calw.
Äu^ru^ an eine Verfallene.
Für die am 12. Okt. 1812 geborene, längst verschollene Louise Johanne Bolay, uneheliche Tochter
der für todt erklärten Johanne Christine > Bolay vo« Hirsau, wird in Calw ein von ihrer vorgenannten Mutter ererbtes, jetzt ca. 763 ^ betragendes Vermögen öffentlich pflegschaftlich verwaltet.
An die rc. Bolay, bezw. an ihre etwaigen Leibeserben, ergeht nun die Aufforderung, sich binnen der Frist von sechzig Tagen zu Empfangnahme dieses Vermögens zu melden, widrigenfalls dieselbe für todt und ohne Leibeserben verstorben erklärt und das Vermögen landrechtlicher Ordnung gemäß vertheilt werden würde.
Den 13. Nov. 1882.
Oberamtsrichter.
Perrenon.
Maulbronn.
Geffentkicke
Aufforderung.
Der israelitische Viehhändler David Erlebacher aus Bretten, hat hier nur 500 -/kL Betriebskapital angezeigt.
Es ist daher gegen ihn das Strafverfahren wegen Steuergefährdung eingeleitet und ergeht an alle Diejenigen, welche dem rc. Erlebacher aus Viehkauf im laufenden Jahr etwas schuldig waren, die dringende Aufforderung, bei ihren Schultheißenämtern, den Landjägern oder Steuerwächtern den Betrag der Schuld, den Ort und die Zeit der Entstehung und die Tilgung derselben anzuzeigen, damit von diesen hieher Meldung gemacht wird.
Den 10. Nov. 1882.
K. Amtsgericht.
_Amtsrichter Honold.
Schmieh.
Tteiubeifuhr-
Akkord.
Die Beifuhr von ca. 250 Roßlasten Kalksteine auf die Straße von Teinach nach Oberkollwangen wird
Montag, den 20. d. M.,
Mittags 1 Uhr,
auf hiesigen! Rathhaus im Akkord vergeben.
Den 14. Nov. 1882
Schultheiß Erhardt.
Calw.
Atangen-Verkauf.
Donn ers- tag, den 23. d. Mts., auL > Stadtwald Hardtwald, Abth. Röthelbach
218 Baustangen mit 26,36 Festm., 2534 Derbstangen (Hopfen-, Wagner- und Gerüststangen), 11965 Reis-Stangen, (schwächere Hopfenstangen, Baumstützen, Zaunstecken, Floßwieden rc.). Zusammenkunft Vormittags 9 Uhr» auf der Zavelsteiner Straße beim Eichelacker.
Gemeinderath.