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Zugführer Döllinger, Bremser Jahn, beide von Nürnberg, Bremser Rost von Würzburg. Vier Bahnbedienstete, darunter der Oberkondukteur, sind leicht, ein Schafhändler, der soeben hier ins Spital verbracht wurde, ist schwer verwundet. 17 Waggons sind zertrümmert, gegen 500—800 Scha fe sind theils todt, theils arg verletzt. _
Zum EisenbahnunglückbeiFreiburg.
— Die Straßburger Post erklärt als Ursache der Entgleisung nach dem Urtheil eines hervorragenden Technikers das zu schnelle Fahren des mit einer schweren Güterzugmaschine bespannten Personenzugs. Diese Güterzugmaschinen sagte sie, sind wohl darauf berechnet, große Lasten zu ziehen, nicht aber schnell zu fahren. Trotzdem nun das Gefälle der Strecke Freiburg-Hugstetten sehr stark ist, hatte der Zug doch nur verhältnißmäßig zu wenig Bremsen. Außerdem mußten von dem Führer die versäumten 10—15 Minuten Verspätung des nachfolgenden Zuges wegen eingeholt werden. So kam es, daß der Zug nach dem übereinstimmenden Urtheil der verschiedensten Fahrgäste in einer Geschwindigkeit dahinraste, wie sie wohl ein Schnellzug, nicht aber ein so stark besetzter, mit einer Güterzugmaschine bespannter Personenzug annehmen darf. Der Führer, die Gefahr vielleicht ahnend, hat wohl zu allem Unglück auch noch gebremst und dadurch ist von den mit voller Wucht nachschiebenden Wagen die Maschine dann völlig aus dem Geleise herausgedrückt worden.
— Der Korr, des Frkf. I. gibt folgendes wahrhaft herzzerreißendes Bild von einem Besuchein den Kliniken und auf der Anatomie von Freiburg: „Wie soll ich den Anblick schildern, der sich mir bei meinem Eintritt in den Secirsal darbot? Eine unlösbare Aufgabe! Auch nur einen Theil des Elendes und Jammers zu schildern, den ich hier gewahr wurde, wäre unmöglich. Der Fußboden des langen Saales ist mit männlichen und weiblichen Leichen bedeckt. Die meisten dieser Opfer zerquetscht oder aufge- schlizt; nur wenige liegen da, deren Verwundung nicht schon dein oberflächlichen Blicke erkennbar. Rechts an der Thüre liegt eine 28jährige Frau; die verzerrten Gesichtszüge bekunden, daß hier dem Tode Widerstand zu leisten versucht wurde. Neben ihr liegt ihr Kind, ein etwa Ojähriges Knäblein, das vermuthlich eine innere Verletzung erlitten. Wie zum Schutze ist jetzt noch die Mutterhand nach dem neben ihr liegenden Kinde ausgestreckt. Der Gatte und Vater harrt vor der Thüre der schrecklichen Aufgabe, Frau und Kind dem dienstthuenden Polizeibeamten als die ihm entrissene Familie zu bezeichnen. Dort liegt ein Mann von 38 Jahren; Kleider und Gesicht verrathen, daß er dem niederen Stande nicht angehört; die Untersuchung ergibt, daß der so böse zugerichtete Beamte verlobt war und eben im Begriffe stand, ein Ehebündniß einzugehen. Das auf der andern Seite des Saales liegende 19jährige Mädchen mit ihren blutdurchtränkten, nun schlaff herabhängenden Zöpfen hat in ihm doppelt einen Schicksalsgenossen; weint um ihn eine Braut, die er nächstens zum Altar führen wollte, so wird sie von ihrem im Hofe stehenden, laut schluchzenden Bräutigam betrauert. Doch das entsetzlichste aller Entsetzen! Mein Blick begegnet einem Paare, das bis vor wenigen Stunden noch glücklich war im Gedanken an ihre 5 kleinen Kinder, die der Rückkehr der Eltern aus Freiburg harren. Wie sie da neben einander liegen, Vater und Mutter, ist es, als ob sie händeringend zu den an ihnen Vorüberziehenden sprächen: „Schauet her und sehet, ob ein Schmerz dem unfern gleicht." Dahin ist die Wonne der Eltern, dahin die Freude der sich ihres Unglücks noch nicht bewußten, unmündigen Kinder! Ich übergehe die lange Reihe jener hier liegenden Unglücklichen, deren Betrachtung mir so wenig möglich als ihre Schilderung. An ihnen thaten die Räder und andere kantige Bestandtheile der Waggons ihre fürchterliche Arbeit. Nur noch einen raschen Blick über das ganze vor mir liegende Unheil. Es waren 48 Menschenleben noch vor wenigen Stunden, jetzt liegen hier blutige, nur an einzelnen Theilen mit zerrissenen Kleidern bedeckte Körperstücke!
Freiburg, 6. Sept. Nachdem nun 21 Leichen nach Colmar, 31 nach Münster verbracht sind, ist noch die des Kulturingenieurs Köhler nach Neuulm gesandt worden. Die Begräbnißfeier der 7 hier zu beerdigenden Leichen fand heute Abend 6 Uhr statt, eine Begräbnißfeier, wie sie Freiburg noch nicht gesehen; mehr denn 15,000 Menschen nahmen Theil daran._
Vermischtes.
— In Pompeji ist ein interessantes Gemälde ausgefunden und
unter den pompejanischen Fresken im Museum zu Neapel aufgestellt worden; dasselbe stellt das Urtheil des Salomo vor. Es ist dies (wie die Times schreibt) das erste einen biblischen Gegenstand darstellende Gemälde, welches in den verschütteten Stätten bisher gefunden worden ist. Das Gemälde ist 5Ve Fuß lang, 19 Zoll hoch. Das Bild ist vortrefflich erhalten. Als Kunstwerk steht es unter dem Durchschnitt des Werthes der pompejanischen Gemälde. Die Körper der Figuren sind zwerghaft klein und die Köpfe derselben außer allem Verhältniß groß, was der geäußerten Meinung, daß mit dem Bilde eine Karikatur der Juden und ihrer Religion beabsichtigt war, einigen Schein der Begründung verleiht. Andererseits empfängt man aber den Eindruck, daß der Künstler ängstlich bemüht war, den Gesichtsausdruck der betheiligten Personen darzustellen, und deshalb die Köpfe vergrößert hat. Auch in anderer Beziehung ist nichts von einer Karikatur zu entdecken. Die Todesangst der knieenden Mutter, die Aufmerksamkeit des lauschenden Königs und der Triumpf des andern Weibes, welches der bevorstehenden Ver- theilung des Kindes entgegensieht, dies Alles ist sorgfältig ausgedrückt.
— Die große Kraft kleiner Thier e. Dem französischen Naturforscher Pateau verdanken wir eine Reihe sinnreicher Vorrichtungen und Miniaturwagen zur Bestimmung der von den Insekten entwickelten, geradezu erstaunlichen Kraft. Bei den damit vorgenommenen Versuchen stellte es sich heraus, daß die kleinsten Insekten im Verhältniß die stärksten sind. Besonders niedlich ist das Miniaturgeschirr für Maikäfer. Das Thier wird mittelst desselben an einen Faden gespannt und hebt damit eine Schale, die mit kleinen Grammgewichten beschwert ist. Auf diese Weise hat P. festgestellt, daß ein Maikäfer im Verhältniß 21mal mehr zu ziehen vermag als ein Pferd, während die Biene 30mal mehr zieht. Das Roß schleppt «/? seines Gewichtes, der Maikäfer das 14fache, die Biene gar das 20fache. Noch auffallender werden die Verhältnisse bei der Ameise, dem kleinen Holzkäfer, dem Springkäfer.
Handel und Verkehr.
Ostelsheim, 6. Sept. Das Obst von den Allmandbäumen dahier, geschätzt zu 83 Sri., wurde um 147 50 H verkauft.
Stuttgart, 7. Sept. Wilh elmsplatz: 350 Säcke Mostobst s 3 60 H bis 4 -15. 20 L pr. Ztr.
Eßlingen, 6. Sept. Zufuhr stark. 4 bis 4 50 ^ per
Zentner.
Biberach, 6. Sept. Viehmarkt. Geringe Zufuhr, lebhafter Handel. Fettvieh war besonders gesucht. Zugetrieben wurden 320 Stück, und zwar 66 Zugochsen mit einem leb. Durchschnittsgewicht von 1100 bis 1400 Pfd. und einem Durchschnittserlös von 240 bis 430 83 fette und
trächtige Kühe, D.G. 700—1100 Pfd., D.E. 210—320 102 fette und
trächtige Kalbeln, D.G. 350 bis 1000 Pfd., D.E. 130 bis 310 clL, 23 Farren, D.G. 360 bis 1400 Pfd., D.E. 110—300 °^., 43 kleine Rinder und Saugkälber, D.G. 80—300 Pfd., D.E. 30—130 Verkauft wurden 312 Stück.
Calw.
Eanäwirt^ckaMcker RezirAsoerein.
Diejenigen Mitglieder des Vereins, welche Abzeichen zu erhalten wünschen, die beim landw. Hauptfest in Cannstatt zum Eintritt in den inneren Kreis berechtigen, wollen sich
spätestens bis zum 15. September
melden bei dein
Vereinssecretär
__ E. Horlacher.
Kgl. Standesamt C.a l w.
Vom 1. bis 7. September 1882.
Geborene.
29. August. Louise Friedricke, Tochter des Matthäus Rothfuß, Dienstknechts.
3. Scplbr. Carl Wilhelm, Sohn des Carl Seiz, Hafner.
ü. , Louise Anna, Tochter des Joh. Georg Rcutter, Taglöhners.
Getraute.
7. . Carl Louis Heinrich Haag, Kaufmann, Sohn des verstorbenen Aug. Heinrich
Haag, Bäckermeisters in Stuttgart, mit Emma Louise Schaal, Tochter des Christoph Friedrich Schaal, Bäckermeisters hier.
Amtkilke Aekanntmaektungea.
Calw.
Die Massage über den sog. Niersteg
ist vom Montag, den 11. ds. bis Donnerstag, den 16. ds., beide Tage einschl., wegen einer vorzunehmenden Reparation gesperrt.
Am 6. Sept. 1882.
Stadtschultheißenamt. Schuldt.
Maisenbach.
R ^ o r ä.
Die zu einem neuen Begräbniß- platze nöthigen Arbeiten, werden am nächsten
Montag, den 11. September, Mittags 1 Uhr,
auf dem Rathhaus im Submissionsweg in Akkord vergeben.
Veranschlagt ist
Grabarbeit zu 40 43 H,
Maurer- und Steinhauerarbeit >1609 -//L 64 H,
Schlosserarbeit (eisernes Thor mit Anstrich 59 -M 60 H.
Der Voranschlag mit Zeichnung rc. kann auf dem Rathhaus in Maisenbach eingesehen werden und wollen tüchtige Meister, unbekannte mit Vermögenszeugnissen versehen, ihre Offerte mit geeigneter Aufschrift bis oben genannte Zeit versiegelt, dem Schultheißenamt übergeben, wo alsdann deren Eröffnung, welcher die Offert
geber anwohnen können, erfolgt.
Den 5. Septbr. 1882.
A. A.:
Wegmeister Bauer.
Drivat-Mnzeigen.
6ou6oräia.
Witärverein 6al«.
Nächsten Sonntag, den 10. ds., Nachmittags 4 Uhr,
Monat8verfammkung
in der Schwane.
Vollzähliger Besuch erwünscht wegen Anschlusses an den württemb. Kriegerbund in Stuttgart.
_Der Vorstand.
Morgenden Sonntag, sowie die ganze Woche über backt
Laugenvretzelu
Bäcker Heugle .
Hckweizerkäs, Kakmkii8, Oacksteinkä8, Mrüuterkä8,
in feinster Qualität empfiehlt
C. Serva.
Samstag, den 9. ds. Mts. ist monatliche
Hauptversammlung.
Calw.
Feinden ÄaAeeextraet,
förmlicher Kaffeeersatz, billigst bei G. Krimmel, Conditor.
Mein Lager in
Tuch k Vukskm,
sowie auch eine
Multerkarte
in den neuesten Herbst- und Win- terstofieu, erlaube ich mir Höst, zu empfehlen.
G. F. Müller, Tuchmacher.