57. Jahrgang.

Nro. 104.

Amts- unä InteüigenMatt für äen bezieh.

Erscheint Dienstag, Donnerstag und Samstag. !> Die Einrückungsgebühr beträgt 9 L für die vier- !! spaltige Zeile oder deren Raum.

Dienstag, den 5. September L882

Abonnementspreis halbjährlich 1 80 durch

die Post bezogen im Bezirk 2 30 L, sonst in ganz

Württemberg 2 70 L.

Amtkick»e Aeiianntmucüungen.

Calw. An die Ortsvorsteher.

Zur Bekanntmachung vom 1. d. Mts. betr. die Einsendung der Steuer­abrechnungsbücher wird noch angefügt, daß die Sendungen als portopflichtige Dienstsachen zu bezeichnen, zu ihrer Frankirung daher die Bezirkspostwerth­zeichen nicht zu verwenden sind.

Den 4. September 1882.

K. Oberamt.

F l a x l a n d.

Politische Nachrichten.

Deutsches Reich.

Berlin, 31. Aug. Daß für die deutsche Kriegsmarine sehr bedeutende Kreditforderungen in Aussicht genommen werden müssen, kann als zuverlässig erachtet werden. Der Stand der Flottenentwicklung der meisten anderen Seemächte gestattet darin weder ein Ausweichen noch eine Wahl. Ob die darauf bezüglichen Kreditforderungen jedoch schon in der nächsten Session des Reichstags zur Vorlage gelangen werden, ist wegen der um­fassenden Vorberathungeu noch nicht zu bestimmen. Zur Zeit ist für die deutsche Kavallerie eine neue R e i t i n st r u k t i o n in der Ausarbei­tung begriffen. Es ist dazu eine aus dem Obersten v. Krosigk vom Garde­husarenregiment, dem Major v. Kleist vom 3. Drag. Regiment und den Rittmeistern v. Zitzewitz und v. Treskow vom 5. Husaren- und 14. Ulanen- Regiment bestehende Kommission eingesetzt worden, welche die ihnen übertragene Aufgabe bereits nahezu beendet haben soll.

Berlin, 1. Sept. Der Reichsanz. meldet: Auf allerhöchsten Befehl findet am 13. um 12 Uhr Mittags in Wilhelmshaven die Enthül­lung des Denkmals für Se. K. H. den hochseligen Prinzen Adalbert durch Se. K. H. den Prinzen Heinrich statt. Der Enthüllung wird sich der Stapellaus des Avisos Grille und ein gemeinsames Mittagsmahl im Offi­zierkasino anschließen. In Ihrem Festartikel zum 2.- Sept. schreibt die Nordd. A. Ztg.:Das deutsche Volk feiert den Sedantag zu seiner eigenen ' nationalen Freude und Genugthuung, nicht im Geiste der Ueberhebung oder eitlen Ruhmesspiegelung und es wird ihn feiern als den Tag seiner natio­nalen Wiedergeburt, so lange es seine Ehre an die Behauptung seiner Selbst­ständigkeit setzt." Der Artikel schließt dann mit folgenden Worten:So begrüßen wir mit innigem Dank gegen die Vorsehung die Wiederkehr des morgigen Tages und wenden mit hingebender Liebe unseren Blick aus den Helden dieses Tages: Auf unseren Kaiser Wilh elm, welcher sich selber nicht: genug gethan zu haben glaubt, wenn er mit der Macht des von ihm

Feuilleton.

Vorurtheile.

(Fortsctzunc,.)

Was bringst Du, mein Sohn?" fragte sie in scheinbarer Ruhe.

Dieses Papier fand ich in dem Vorzimmmer, Mutter. Haben Sie es verloren?"

Gieb!" sagte hastig die Mutter.

Ignaz überreichte ihr das Papier, das in den Brüchen bereits durch­löchert war; sie entfaltete es und las.

Was ist das?" rief sie in höchster Ueberraschung, nachdem sie die ersten Zeilen gelesen hatte.

Der junge Mann sah seine Mutter an; ihre Züge veränderten sich sichtlich. Die Augen der bleichen Frau vergrößerten sich und die feinen schmalen Lippen zuckten wie im Krampfe, während die magern, mit Ringen geschmückten Finger heftig zitterten. Sie hatte geendet.

Wo fandest Du das Papier?" fragte sie.

In Ihrem Vorzimmer, Mutter."

Wann?"

Jetzt. Ich habe mir nicht so viel Zeit genommen, es anzusehen."

Dann hat er es verloren, und kein Anderer!" rief die Freifrau, die noch einmal zu lesen begann.O, das ist ein unschätzbarer Fund," fügte sie hinzu, indem sie mit leuchtenden Augen betrachtete;er kann zu Ent­deckungen führen, die für mich unbezahlbar sind. Aber wir müssen Vorsicht «nwenden, denn wir haben es mit einem schlauen Gegner zu thun. Wohlan,

wiederhergestellten deutschen Reiches nicht auch den Segen der Volkswohlfahrt und des innern Friedens verbinden kann, und so verschmelzen wir den Dank für die Vergangenheit und die Gegenwart in dem Rufe: Heil unserem Kaiser Wilhelm!" Der Temps bringt ein Tel. aus Athen, wonach der Kampf an der Grenze zwischen Griechen und Türken fortdauert und die Rückkehr des Königs und die Berufung der Kammer deßhalb er­wartet werden. Nach diplomatischen Berichten wäre dagegen der Streit bei­gelegt und keine Erneuerung des Kampfes zu befürchten.

Der Erlaß, den Prinz August von Württemberg an das Garde­korps gerichtet hat, lautet: Se. Majestät der Kaiser und König haben mei­nem Abschiedsgesuche, zu welchem das Bewußtsein geminderter Felddienstfähig­keit mich bewog, in huldvollster Weise, unter Verleihung der Brillanten zum Hohen Orden des Schwarzen Adlers entsprochen und mich mittelst Aller­höchster Kabinets-Ordre vom 24. d. Mts. in den Ruhestand versetzt. Die Stunde des Scheidens aus dem theuren Verbände, dem ich über 50 Jahre fast ohne Unterbrechung angehörte, ist gekommen. Mein ganzes Dienstleben war mit dem Geiste, welcher im Gardekorps waltet, auf das Innigste ver­knüpft. Ihm gehören alle meine militärischen Erinnerungen und Sympathien. Unter den Auffassungen von Pflichttreue, Zucht und kriegerischer Hingabe, welche ich vorfand, reiste ich zum Manne und preußischen Offizier. Das Streben, dem Korps auf allen Gebieten des Dienstganges, in Allem Wechsel der Zeiten und Anschauungen so bewährte Traditionen zu erhalten, leitete mich bei meiner Führeraufgabe. Hohe Ehren hat diese Führung in großen Zeiten mir gebracht! Einer gütigen Vorsehung und der Gnade Sr. Majestät danke ich es, daß die Blätter vaterländischer Kriegsgeschichte die in zwei Feld­zügen unübertroffenen Thaten des Korps sich mit meinem Namen verknüpfen. Wahrlich! eine reich belohnende Aufgabe war es, Führer der Garden zu sein, sowohl bei der Friedensarbeit wie in den Stunden der Gefahr. Indem ich von dem Kommando zurücktrete, wird der tiefe Trennungsschmerz nur über­wogen von dem Gefühl der Dankbarkeit gegen mein unvergleichliches Garde- korps. Meine Gesinnungen sind für immer mit ihm verwachsen. Möchte es auch mir ein freundliches Andenken bewahren. Berlin, den 28. August 1882. August, Prinz von Württemberg.

Frankreich.

-- Die neueste französische Rangliste (I/annusire mililsire) ist kürzlich

erschienen, und ihr Inhalt bestätigt die schon öfters berührte Thatsache, daß der personelle Stand des französischen Offizierkorps demjenigen der deutschen Armee überlegen ist. So zählt die Infanterie mit 4274 Kapitäns, deren reichlich 2000 mehr als das deutsche Heer, ebenso sind dort ungefähr 1000 Lieutenants mehr vorhanden als bei uns. Bemerkenswerth ist ferner der Luxus an Offizieren, welcher bei der französischen Kavallerie getrieben wird. Ein Kavallerie-Regiment, dessen Stärke diejenige unserer Regimenter nicht wesentlich übersteigt, verfügt etatsmäßig über 38 Offiziere, hierunter nicht

mein Herr, jetzt gebe ich die Hoffnung nicht auf, der Kamps mag von Neuem, aber heftiger als zuvor beginnen."

Mutter," fragte verwundert der junge Mann,von wem sprechen Sie?"

Von wem ich spreche, mein Sohn? Von meinem, von Deinem Feinde, von dem Baron von Nienstedt."

Ich werde ihn heute noch zum Duelle fordern, er soll seine Insolenz büßen."

Die Freifrau blieb stehen und sah ihren Sohn an; sie schien zu überlegen.

Nein," sagte sie nach kurzer Pause,das Duell wird nicht stattfinden. Ignaz , ich verbiete Dir, Dich mit dem Baron zu schlagen. Ich weiß, Du bist ein geschickter Fechter und ein geübter Schütze, Du wirst als Sieger aus dem Kampfe zurückkehren; aber was haben wir damit gewonnen? Der Baron allein hat eine Strafe erhalten, und der Oberst, dessen Schwachheit uns die größte Beleidigung zufügtgeht frei aus. Dieses Papier setzt mich in den Stand, eine empfindlichere Rache zu' üben, eine Rache, die alle unsere Feinde zugleich trifft, selbst die kokette Henriette nicht ausgenommen. Ver­traue mir, mein Sohn, Deine Angelegenheit ist ja auch die ineinige. Du halt dem Baron eine nähere Erklärung zugesagt?"

Zu heute."

Gut; setze Dich und schreibe, was ich Dir diktiren werde."

Zitternd vor Aufregung drängte sie den jungen Mann zu dem Schreib­tische. Mit einem krampfhaften Beben legte sie ihren Arm um seinen Nacken, sah ihn mit einem unbeschreiblichen Blicke voll Schmerz und Bitterkeit an, und flüsterte:

Auch Du mußt darunter leiden, mein Sohn; aber fasse Dich, unsere Rache wird eine vollständige sein. Frage mich nicht, ich kann Dir jetzt keine