57. Jahrgang

Nro. 102.

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Donnerstag, den 31. August L882

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Amtkieste Mekmnntmacüungen.

Calw.

Bekanntmachung, bctr. den Ansbrnch der Rotzkraukheit.

In dem Stalle des Heinrich Kühnle, Bauers in Gechingen, ist die Rotzkrankheit ausgebrochen, was hiemit zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird.

Den 30. August 1882. K. Oberamt.

Fl axl and.

Bekanntmachung des Kgl. Medizinalkollegiums, Abteilung für die

Staatskrankenanstalten, betr. die Aufnahme unbemittelter inländischer Ohrenleidender in die Ohrenklinik des Mediziualraths vr. Hedinger in Stuttgart.

Um unbemittelten inländischen Ohrenleidenden die Aufnahme in der Ohrenklinik des Medizinalraths vr. Hedinger in Stuttgart zu erleichtern, -ist aus Staatsmitteln eine entsprechende Summe ausgesetzt und gelten für die Aufnahne in genannte Klinik folgende Bestimmungen:

1) Es werden nur solche unbemittelte Württemberger zum Genüsse der Wohlthat zugelassen, welche durch ein Ohrenleiden, das noch als heilbar der ärztlichen Pflege bedarf, in ihren Erwerbsverhältnissen beeinträchtigt werden und für welche die Hälfte des entstehenden Aufwandes aus öffentlichen Kassen bestritten wird, oder denen nach ihren Vermögens- und Erwerbsverhältniffen die Bestreitung des ganzen entstehenden Aufwands unmöglich ist, die aber doch die zweite, nicht aus die Staatskasse zu übernehmende Hälfte ganz oder theilweise aus eigenen Mitteln oder vermöge anderweitiger Unterstützung er­setzen können.

2) Diejenigen Unbemittelten, welche die Ausnahme nachsuchen, haben von Seiten der Ortsobrigkeit ein Zeugniß über die Uebernahme der hälftigen Kosten auf die Armenkasse, beziehungsweise über ihre Vermögens- und Er­werbslage, beizubringen, wozu die Formulare von Medizinalrath vr. Hedinger unentgeltlich bezogen werden können.

Bei Angehörigen des Landjägerkorps, der Forst- und Steuerschutzwache und bei den niederen Bediensteten der Verkehrsanstalten genügt ein Zeugniß ^ ihrer Vorgesetzten Dienstbehörde über die Bedürftigkeit.

Ebenso genügt bei Personen, welche in der Fürsorge des Lokalwohl-

Fenikketo n.

Vorurth eil e.

(Fortsetzung.)

Die Entscheidung ist rascher gekommen, als ich geglaubt habe!" flüsterte sie.An ein Umkehren ist nicht mehr zu denken, darum schreiten Sie vorwärts, und vergessen Sie nicht, daß meine Ehre in Ihre Hand ge­geben ist!"

Ach, Henriette, ich werde sie zu wahren wissen!" rief der Baron. Nur mit meinem Leben erlischt die Sorge für Ihre Ehre, für Ihr Glück!"

Nach einigen Minuten erschien das Kammermädchen. Ihr auf dem Fuße folgten der Oberst und Heiligenstein.

Herr Baron," sagte der Greis,Ihr Rechtsanwalt hat die schwierige Angelegenheit zu einem gedeihlichen Ende geführt. Genehmigen Sie die Punkte, die ich mit ihm zu verabreden gezwungen war, so kann ich den Willen meiner Tochter mit gutem Gewissen sanctioniren."

Ich genehmige Alles, Alles," rief Ludwig,denn Heiligensteiu ist mir ein väterlicher Freund, er besitzt die ausgedehnteste Vollmacht."

Und Du, Henriette?"

Sie reichte dem jungen Baron die Hand und trat mit ihm zu dem Vater.

»In, Gottes Namen!" rief der greise Oberst.Und Du, alter Freurw, fügte er gerührt hinzu, indem er zum Himmel emporblickte,gieb wie rch deinen Segen zu einer Verbindung, die unabhängig von allen äußern Einflüssen geschlossen ist. Mein ältestes Kind ward ein Opfer der Verhält­

thätigkeits-Vereins und der Stadtalmosenpflege in Stuttgart stehen, ein Zeug­niß des Vereinsorgans über die Bedürftigkeit.

3) Medizinalrath vr. Hedinger ist befugt, Aufnahmesuchende, deren Unheilbarkeit wahrscheinlich ist, zurückzuweisen.

4) Der Betrag der Entschädigung des Medizinalrath vr. Hedinger für ärztliche Behandlung, Wohnung und Verköstigung ist aus 2 ^ pro Tag festgesetzt. Für Kranke, welche der Fürsorge des Medizinalraths vr. Hedinger für Wohnung und Kost nicht bedürfen, wird 1 in Verrechnung gebracht. Für beiderlei Kranke'übernimmt der Staat die Hälfte der Kosten.

Stuttgart den 11. August 1882.

K. Medizinal-Kollegium,

Abtheilung für die Staatskrankenanstalten, für den Vorstand:

H ö l d e r.

Politische Nachrichten.

Deutsches Reich.

Das Befinden des Prinzen Karl bleibt nach heute au^ eingetroffenen Mittheilungen gut. Den Wünschen des Prinzen entspreche , haben die Kasseler Aerzte in Uebereinstimmung mit vr. v. Langenbeck für zulässig erachtet, daß die Rückkehr des Prinzen von Wilhelmshöhe nach ' Berlin in der nächsten Woche wird stattfinden können.

Berlin, 29. Aug. Der Kommandeur der Gardecavallerie-Division Graf Brandenburg, stürtzte heute Vormittag mit deni Pferde auf dem Tem­pelhofer Felde, wo er den Uebungen beiwohnte, und erlitt eine Sehnenzer­reißung der linken Hüfte; eine innere Verletzung scheint nicht vorhanden zu sein.

Bamberg, 28. Aug. Der Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen reiste heute früh mit dem Kriegsminister v. Maillinger und Gefolge nach Haßfurt zur Jnspizirung ab und kehrt um halb 4 Uhr Nach­mittags zurück. Abends 3 Uhr ist Hoftafel, später Besichtigung der Turner und Waffersahrt.

O e st e r r e i ch.

Wien, 27. Aug. Für das Kaiser- und Kronprinzenpaar ist ein drei­tägiger Aufenthalt in Triest festgesetzt, derselbe wird wahrscheinlich vom 17. bis 19. September stattfinden. Die Hosfeste werden in Miramare abgehalten. Ferner wird die Darstellung einer nächtlichen Seeschlacht projektirt.

England.

London, 28. Aug. In einer Depesche Wolselep's aus Jsmailia, 27. d., werden die Resultate der Gefechte vom Donnerstag und Freitag als weit wichtiger denn in der Meldung vom Sonnabend angenommen. Der Feind befindet sich in vollständiger Döroute und flieht gegen Zagazig unter Zurücklassung seines Lagers mit Waffen, Munition und Vorräthen aller Art.

nisse, ich hege die frohe Zuversicht, daß meine Henriette in der Wahl ihres Herzens glücklich sein wird!"

Gerührt kehrten Alle in das Zimmer des Obersten von Eppstein zurück. Hier erzählte Ludwig die Scene mit den Erichsheim's. Die drei Männer hielten eine kurze Berathung. Es ward beschlossen, daß Ludwig der Freifrau am nächsten Morgen einen Besuch abstatten nnd bei dieser Gelegenheit die Geschäfte seines künftigen Schwiegervaters ordnen sollte. Nach Tische unter­nahmen die Liebenden eine Landpartie, und der Oberst und Heiligenstein begleiteten sie. Ludwig stand auf dem Gipfel seines Glücks als er am Abend schied, trug er den Verlobungsring Henriette's am Finger.

v.

Am folgenden Tage begab sich Ludwig zu der Freifrau von Erichsheim. Die alte Daine war überrascht, aber sie empsieng den Besuch stolz und mit kalter Artigkeit.

Sie wollen meinen Sohn sprechen?" fragte sie.

Zunächst bitte ich die gnävige Frau um eine kurze Unterredung."

Mich, Herr Baron? Zählen Sie auf eine Vermittelung des Ehren­handels mit meinem Sohne, so muß ich im Voraus bitten, mich zu ver­schonen, denn-"

Verzeihung, gnädige Frau, ich bin gewohnt, meine Ehrenhändel selbst auszufechten; mein gegenwärtiger Besuch hat einen andern Zweck, er betrifft eine Geschästssache."

Nachdem die Dame dem jungen Baron einen Stuhl angedeutet, ließ sie sich mit der Würde einer Königin auf dem Sopha nieder. Ungezwungen nahm Ludwig ihr gegenüber seinen Platz.