57. Jahrgang

Nro. 70.

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Samstag, den 17. Juni L882

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Calw. Au die Ortsvorsteher.

Sämmtliche Ortsvorsteher des Bezirks werden höheren Auftrags zu­folge angewiesen, inuerhalb 8 Tagen zu erheben und anher zu berichten, ob und welche Aktiengesellschaften, Commandit-Gesellschaften auf Aktien und juristische Personen, die der Schweiz angehören, in ihren Gemeinden sei es mittelst einer Zweigniederlassung oder mittelst einer ständigen Agentur Gewerbe betreiben, welche Bank- und Credit-Geschäfte, Sach- oder Lebensversicherungen einschließlich der Leibrentenverträge zum Gegenstand haben.

Den 14. Juni 1882. K. Oberamt.

F l a x l a n d.

Politische Nachrichten.

Deutsches Reich.

Reichstag.

Sitzung Dienstag 13. Juni. Bei der Fortsetzung der Tabaks­monopol-Debatte wandte sich Abg. Richter (Fortschritt) gegen die Wirtschaftspolitik des Reichskanzlers; er bemerkte, daß der Reichskanz­ler nichts Neues angeführt, und betonte, daß der Reichstag mit der Ableh­nung der Monopolvorlage eine nationale That vollziehe. Schatzsekretär Scholz führt aus, daß der Abgeordnete Richter auch nichts Neues zur Sache mitgetheilt habe, daß nach Urtheil des Finanz-Ministers in den ersten zehn Jahren die Einnahmen in den einzelnen Ländern nicht so hoch werden könnten, um die geplante Reichseinnahme für die gedachten Zwecke entbehr­lich zu machen, man im Lande die Absichten des Reichskanzlers besser wür­digen und erkennen würde, daß seine Politik sich keineswegs gegen den armen Mann richte. Abgeordneter Windthorst (Centrum) bemerkt, daß das Monopol sich nicht zur Entlastung der Kommunen eigne und der Annahme deßhalb eine gründliche Steuerreform vorangehen müsse. Er kann sich von der Nützlichkeit des Monopols nicht überzeugen. Abg. Kardorff (Deutsch- Konserv.) spricht für das Monopol. Bundesbevollmächtigter Mayr wieder­holt die bei erster Lesung für das Monopol angeführten Gründe und ver­sucht die Angriffspunkte der Linken.zu entkräftigen. Magdzi n,s k i (Pole) bemerkt, daß seine Partei an der politischen Seite der Frage kein Interesse habe und sich der Abstimmung enthalten werde. Um 5 Uhr vertagt das Haus die Debatten.

Sitzung Mittwoch 14. Juni. Der Reichstag setzte am Mittwoch die 2. Lesung der Monopolvorlage fort. Nachdem Ackermann bedauert, daß die Reichspartei nicht insgesammt für das Monopol stimmen könne, und weil Sachsen lebhaftes Interesse an seiner Tabakindustrie habe, auch er seiner­seits dagegen stimmen müsse, tritt der Reichskanzler in den Saal und

ergreift sofort das Wort, um die gestrige Rede des Abgeordneten Richter (Hagen) Satz für Satz zu widerlegen, resp. zn bekämpfen. Er wiederhole wohl seine Reden nicht so oft als der Abgeordnete Richter, und er, der seit Jahren dieselbe Politik verfolge, werde so lange für die Beseitigung der Exekution reden, bis er oder der Exekutor todt sei. Der Getreidezoll ver­schwinde gegen die Lasten, die der Landwirth an Staatssteuern geben müsse. Es seien nicht 6 Millionen im Lande von der Steuer befreit. Denn unter 140 Thaler jährlich Einkommen habe kein Hausstand. Der Abg. Richter sollte nur einmal ein Jahr als Lehrling oder Gutsbesitzer auf dem Lande leben. Die Auswanderung geschehe besonders von den Industriellen, weil diese in Amerika eher selbstständig iverden könnten, als hier; in Amerika be­trage aber auch der Schutzzoll vierinal so viel, als bei uns. Es mache der Reichsregierung kein Vergnügen, nichts an der Armee sparen zu können, aber sie sei doch im Hinblick auf unsere Nachbarn durchaus nöthig. Die Koupon- steuer ist diejenige direkte Steuer, von welcher die Negierung nicht ablassen kann, so lange sie die thätige Arbeit besteuere. Die Verstaatlichung der

Bahnen war das einzige Mittel, dem Staate datz wieder zuzuführen, was Privatgesellschaften mit den Bahnmonopolen für sich einscharrten. Eine Par­teiregierung sei ganz unmöglich, das sieht man an England und Oesterreich. Mit einer Parteiregierung hätte er Deutschland nie einigen können, für die nationale Einigung habe er Alles, die liberale Partei aber nichts gethan.

Daher könne auch weder Bainberger noch Richter imNamen der Na­

tion" sprechen, wie sie gethan. Abg. Bamberger erkennt die poli­tischen Verdienste des Reichskanzlers an, kann aber die Schutzzollpolitik des Kanzlers nicht als segenbringend für das Land anerkennen. Wenn

er auch nicht im Namen der ganzen Nation reden könne, so könne er es doch im Namen der Majorität. Der Reichskanzler erividert, daß er diese Majorität erst einmal gezeigt bekommen müsse. Uebrigens sei es nicht richtig, die jetzige Politik als Kanzlerpolitik hinzustellen, es sei die Politik der verbündeten Regierungen Deutschlands. Abgeordneter Richter (Hagen) erkennt gleichfalls des Kanzlers politische Verdienste um die Einheit Deutschlands an, sieht aber in der Zollpolitik des Kanzlers nur eine schäd­liche Bahn, die er eingeschlagen. Für die nationale Einheit sei aber die liberale Partei schon lange vor dem Kanzler eingetreten, aber sie habe ihre Forderung der Einigkeit Deutschlands unter den Hohenzollern und mit einer parlamentarischen Verfassung in den Kerkern büßen müssen. Die Fortschritts­partei habe nie die Mittel für die Ehre und Machtstellung der Nation ver­weigert und für die 2jährige statt 3jährige Dienstzeit sei sie eingetreten. Er freue sich, daß der Kanzler sich heute einmal wieder mit seiner Rede ordentlich beschäftigt habe. Abg. Hasen clever ist gegen dieses Mono­pol, weil es kein socialistischer Schritt sei, dem Volke statt direkter nur in­direkte Steuern zu geben; das hieße das Geld aus der einen Tasche in die andere thun. Eine progressive Einkommensteuer sei das einzig socialistisch Richtige. Wenn jemand 3 Millionen jährlich einnimmt was schadet es,

Feuikketon.

Die mysteriöse Schrift

oder

Einriithselhafles Verbreche«.

Amerikanische Criminal-Novellc. Nach dem Englischen des H. L. Longford.

(Fortsetzung.)

Ist denn gar keine Hoffnung?

Keine, als daß die Beweise nicht zulänglich erscheinen sollten.

Wehe dann uns Beiden! denn diese Beweise sprechen furchtbar gegen Dich. Ich setze mein Vertrauen aus Gott, sagte Blount ruhig.

Hast Du je Emilie Ford gesehen?

Ja.

Je mit ihr gesprochen?

Ja.

Liebtest Du sie?

Nein.

Oder liebte sie Dicy?

Allerdings.

War sie schön?

Wunderbar schön.

Gut und unschuldig?

Vollkommen.

Armes Mädchen! Und weißt Du, ob irgend Jemand sie liebte?

Stille! Ich muß Dir bald die Antwort versagen, Cyrill.

Diese eine Frage beantworte mir noch.

Gut denn, ich weiß es.

Wer war es?

Ich kann das nicht sagen.

Ach! da liegt der Knoten des Geheimnisses. Wer war es? Er die Ursache von Allem! Er, für den Du in den Tod gehst! Wer ist es? Blount wurde leichenblaß.

Du siehst es, Cyrill, Dein Fragen hilft Dir zu nichts; denn es gibt einige Dinge, die ich nicht mittheilen kann.

Wußtest Du, daß er sie liebte?

Ich wußte es.

Und sie?

Sie wußte? es gleichfalls.

Aber sie liebte ihn nicht?

Nein.

Liebte er sie?

Wie ein Wahnsinniger.

Kanntest Du ihn?

Ich kann es nicht sagen.

Trafen sie mit einander zusammen?

Ich kann es nicht sagen.

O, wenn ich nur eine Ahnung hätte, wer der Mann ist! Denn er muß es sein, auf dem Deine einzige Möglichkeit der Rettung beruht. Kannst Du mir nicht einen Wink geben, wo er sich aufhält?

Ich kann es nicht.