24V
Angesichts der tiefen Trauer, in welche das König!. Haus durch den Tod der Gemahlin des Prinzen Wilhelm versetzt worden ist, bittet der Präsident um das Andenken der hohen Verewigten auch hier zu ehren, das h. Hans, sich von seinen Sitzen zu erheben.
Ebenso eyrend gedenkt das h. Haus der seither vom Tode hinweggerafften Mitglieder Baumgartner, des Staatsministers v. Sick und des Vertreters des Bezirks Vaihingen, G. Korner.
Staatsminister v. Holder dankt nun für die freundliche und bereitwillige Förderung, für die Nachsicht, das Vertrauen und die Unterstützung, die ihm als einstigem Präsidenten von jedem Einzelnen des h. Hauses gewährt wurde, es sei ihm nicht leicht geworden, seine ihm lieb gewordene Stellung zu verlasse», erachte es aber als Pflicht, dem Rufe Sr. Maj. des Königs auf seinen jetzigen geschäfts- und verantwortungsvollen Posten zu folgen.
Namens der Legitimations-Kommission erstatten die Herren Seisriz, Frhr. v. Stetten, Mayer, Leibbrand und Sachs Bericht über die seither vorgenvmmenen Wahlen. Sämmt- liche Gewählte, bezw. Wiedergewählte, werden für lcgitimirt erklärt und sodann durch den Vizepräsidenten v. Hohl beeidigt. Es sind die Herren: v. Hofacker (Schorndorf), Abel (Ludwigsburg Stadt), Landauer (Ellwangen Stadt), Krauß (Göppingen), Rettich (Weins- derg), Pietsch (Blaubeuren), Stockmayer (Marbach).
Eine Interpellation, unterzeichnet K. Mayer, ist eingelanfen, welche l) anfragt, ob die K. Regierung das Bedürsniß einer baldigen Vcrfassungsrevision anerkenne, und II) im bejahenden Falle, welche Tragweite sic derselben zu geben gesonnen sei; namentlich ob sie in ihrer Vorlage 1) zum Einkammersystem überzugehen gedenke; 2) ob sie in der Zusammensetzung der 2. Kammer alle Privilegirten ausschließen werde; 3) ob sie die Beamtenwahlen einzuschränken gedenke, besonders durch die Bestimmung, daß die Beamten die Stellvertretungskosten bezahlen; 4) ob die Regierung die Herabsetzung des Mimmal- LebenSaltcrs für die Mitglieder ans 25 Jahre Vorschlägen werde; ferner will Interpellant: 5) die 6jährigen Wahlperioden sollen abgekürzt werden; 6) die Volksvertretung soll das Recht der parlamentarischen Enquvte erhalten; 7) dem ständischen Ausschuß soll in Ausdehnung seiner Kontrolrechtc über Regiernngshandlungen das Recht eingeräumt werden, die Abstimmungen der Regierung im Bundesrath vor sein Forum zu ziehen; 8) ob die Regierung eine verfassunggebende Versammlung einberufen wolle, um derselben einen Entwurf vorzulcgen.
Der Gesetzentwurf bctresscnd die Trennung des Weilers Kirschenhardtdorf von dem Oberamlsbezirk Waiblingen wird einstimmig angenommen.
Stuttgart, 25. Mai. Die Sitzung beginnt um 40 Uhr. Den Vorsitz führt Vizepräsident v. H o h l. Eine weitere Interpellation ist vom Abg. La n t e n s ch l a g e r (Stadt Stuttgart) eingegangen, dahin gehend: Ist die königl. Regierung genei.st, im Fall sich eine weilergehende Revision der die Zusammensetzung der Abgeordnetenkammer betreffenden Bestimmungen der Versassungsurknude nicht ermöglichen lassen sollte, dem nächsten Landtag ein Spezialgesetz vvrzulegen, wodurch der Stadt Stuttgart eine ihrer Einwohnerzahl und Bedeutung entsprechende Vertretung in der Kammer gewährt wird?
Wahl des Pr 8 sidentc n. Der Namensaufruf ergibt 78 Anwesende. Absolute Majorität 40.
Vizepräsident Landgerichtsdircktor v. Hohl erhält sämintliche 77 St. Derselbe nimmt die Wahl dankend an, und sagt.- Die mich im höchsten Grad ehrende Einstimmigkeit Ihrer Wahl bewegt mich zu herzlichem Dank. Ich werde mich bemühen, mit aller Unparteilichkeit und Pflichttreue dieses ehrenvollen Amtes zu walten, die Würde des Hauses überall zu wahren und die Verhandlungen sachgemäß zu leiten. Wenn auch die Geschäfte in rascher Folge sich abwickeln werden, so werde ich doch meiner Ausgabe nur dann voll genügen können, wenn ich Ihre Unterstützung habe; ich bitte Sie herzlich darum.
Es folgt die Berathung des Berichts über das Farrenhaltungsgcsetz.
(Schluß folgt.)
TagesNeuigkeiten.
— Bei der am 26. April und den folgenden Tagen durch die Prüfungskommission der Königl. Regierung des Schwarzwaldkreises vorgenommenen niederen Dienstprüfung im Departement des Innern sind u. A. zur Ueber- nahme der in sz. 7 der K. Verordnung vom 10. Februar 1837 bezeichnten Aemter für befähigt erklärt worden: Ludwig August Roller von Würzbach (Röthenbach) OÄ. Calw und Gottlob Häußler von Gönningen DA. Tübingen, zur Zeit in Calw.
— Bei der in Nürtingen vorgenommenen Präparandenprüfung wurden u. A. die nachstehenden Schulamtszöglinge in das Seminar zu Nagold ausgenommen, und zwar Georg Nonnen m ann von Älthengstett, als Seminarist, und Jakob Alien har dt von Würzbach, als Hospitant.
Stuttgart, 25. Mai. Die Blüthe der K a st a n i e n b ü u m e neigt sich dem Ende zu; Gewitter, Sturm und Regen haben die Blüthen verweht, aber der ganz außerordentlich reiche Fruchtansatz läßt der Hoffnung Raum, daß darin ein Vorbild für Wein und Obst zu erblicken sei. So empfindlich die Verluste für einzelne Weinbergbesitzer sein mögen, insbesondere für jene, deren Weinberge an 16. von dem Hagel-, Schnee- und Regensturm und am 17. vom Froste heimgesucht wurden, im Großen und Ganzen steht
die Hoffnung auf einen reichen Herbst völlig ungebrochen da. Die letzten Erfahrungen legen es außerordentlich nahch eine Regelung der Räucherung der Weinberge bei drohendem Froste, der nach dem heutigen Stande der Witterungskunde auf 24 Stunden mit Sicherheit vorausgesagt werden kann, herbeizuführen. Einein Statistiker würde es sicherlich nicht schwer fallen, zu berechnen, wie groß etwa die Zahl der Millionen ist, welche seit einem Vierteljahrhundert am Weinstocke erfroren.
Die Bayerische Landes-Jndustrie-, Gewerbe- und Kunst-Ausstellung in Nürnberg hat nun bald ihre zweite Woche hinter sich. Die Nachrichten davon lauten: Der Besuch derselben war theilweise schon recht lebhaft; am Himmelsahrtsfest sollen 20,000, am letzten Sonntag 30,000 Personen eingetreten sein. Sie unterscheidet sich von der Stuttgarter vorigen Jahrs vor allem durch ihre Größe. Der ihr vorgelagerte Park entbehrt zwar des bunten Blumenteppichs, der dem Stadtgarten eigen ist, ersetzt aber einigermaßen durch die Weitläufigkeit und Großartigkeit seiner Anlage, seinen saftigen Wiesengrund und die Pracht seiner eben im schönsten Blüthenschmuck prangenden Kastanien, was ihm an Lieblichkeit und Abwechslung des Kolorits abgeht. Ueber dieses weitgedehnte Areal sind das Empfangsgebüude, vier Hauptausstellungsge- büude und mindestens 20—30 Pavillons zerstreut. Die einheitliche Anordnung und den zusammenfassenden Blick, den inan auf der Galerie der Stuttgarter Gewerbehalle genoß, wird man hier vergebens suchen, man bleibt aber dafür auch — selbst beim größten Andrang — von den Verkehrsstockungen verschont, die in Stuttgart an den Tagen des lebhaftesten Besuches mit in Kauf genommen werden mußten. Jene zusammenfassende Anordnung ivar bei der Masse der ansgestellten Gegenstände ganz unmöglich. Für die quantitative Ueberlegenheit der 'Nürnberger Ausstellung das eine Beispiel, daß in der Maschinenhalle mindestens 12 Lokomotiven vom cyklopenhaften Ungethüm an bis zur zierlichen Rollwagenmaschine paradiren. Das Baracken- und Pavillon-System ermöglicht es, je eine große Gruppe für sich — ungestört durch eine andere — zu betrachten. Besonders dem Studium der ausgestellten Kunstschätze kommt diese Abgeschiedenheit und räumliche Trennung von den Gegenständen der Gewerbe und der Industrie zu statten. 'Neben dein Kunsttempel befindet sich die in ihrer Art einzige Ausstellung der bayer. Verkehrsanstalten und die Schätze der technischen Hochschule München. Industrie und Gewerbe sind in dein in seinein Aeußern fast pagoden- haft überladenen Hauptgebäude untergebracht. „Vieles Gewaltige lebt, doch nichts ist gewaltiger als der Mensch" wäre die richtige Aufschrift für diese Halle. Eine Unsumme von betäubenden und verwirrenden Eindrücken macht den ersten Besuch in dieser großen Rüstkammer des Könnens des 19. Jahrhunderts zu einem wenig befriedigenden, und wie in Stuttgart flüchtet man sich gerne aus dieses Meers verworrenem Gebrause zu den zur Andacht stimmenden Klängen der Orgel. Und wenn am Schluß des aufreibenden Tages der feierliche Klang der ausgestellten Glocken die widerstrebenden Eindrücke zum einem harmonischen 'Akkord zusammenfaßt und ausklingen läßt, und wenn dann vor den zahlreichen Restaurationen, Bierwirthschasten u. s. w. bei feenhafter elektrischer Beleuchtung und unter den lustigen Klängen einer Militärmusik das heitere. lebhafte Bierleben der Bayern beginnt, an das der Fremde so leicht sich gewöhnt, dann wähnt inan sich zurückversetzt in jene wundervollen Nächte des Jahres 1881 im Stadtgarten zu Stuttgart.
„St.-Anz."
Mailand, 24. Mai. Der Tunnel wurde in 20 Minuten passirt. Schönster Verlauf des Festzuges von Luzern hieher durch eine prächtige Landschaft. Großartige Bauten. Warmer Empfang seitens der Bevölkerung, die überall durch Kinder Blumen anbieten ließ. In festlich heitere Stimmung versetzt erreichten die Festgäste Lugano, wo ein Bankett in offener Halle mit herrlicher Umschau 'auf Stadt und See angeboten war. Als Redner traten Vigier (Solothurn), Battaglini (Lugano), Crispi (Rom) und v. Bötticher (Berlin) aus. Letzterer feierte die Schweiz als das wichtige und nothwendige Verbindungsglied der europäischen Staaten. Die Weiterfahrt erfolgte um 5 Uhr nach einem abkühlenden Regen über Como und Monza nach Mailand. Dort fand die feierliche Begrüßung durch den Präfekten und den Syndaco statt. Eine Ehrenkompagnie stand auf dem Perron. Abends Empfang in dem großartigen, prachtvoll erleuchteten Palast
Das sollst Du sogleich. Ich werde mit eigenen Augen sehen. Vielleicht, daß während ich hingehe, der Sturm sich schon gelegt hat.
Aber er wird ein regelmäßiges Verhör vor Gericht zn bestehen haben, nicht wahr ?
Vermuthlich.
O, diese Zeugen werden es an Bitterkeit nicht fehlen lassen.
Warum das? das ist John Ford, ein Mann, dem mein Vater stets
Gutes erzeigt hat, ihm liegt natürlich daran, seine Tochter zu rächen, aber er wird natürlich nie glauben, daß mein Vater an ihrem Tode schuld ist. Er wird ohne Zweifel ein so günstiges Zeugniß wie möglich ablegen. Er sollte ain besten wissen, daß mein Vater nicht schuldig sein kann, und daß er in Wahrheit nie niit diesem Mädchen in Berührung gekommen.
Weiß er das denn?
Natürlich — er muß es wissen.
Ich will es hoffen, lieber Cyrill, aber sei nicht zu vertrauensvoll. Ich
hoffe zu Gott, daß Tein Vater zuletzt siegreich aus diesem Leid hervorgehen
wird, aber ich fürchte, daß der Sieg ihm schwer fallen wird.
Du bist zu kleinmüthig, Leila. Kommen wir jetzt zu dem andern Zeugen — Juda Murdock, der ist mein warmer persönlicher Freund. Wir haben nie die geringste Mißhelligkeit mit einander gehabt. Ich gestehe, daß er seltsam in diese Sache verwickelt worden, aber er ist im Ganzen ein zu guter Bursche, als daß er nicht in solchem Wirrsal auf unserer Seite stehen sollte.
Und das denkst Du von ihm? sagte Leila traurig.
Freilich, warum sollt' ich nicht?
Tu hältst ihn für Deinen Freund?
Ganz bestimmt.
Weißt Du denn nicht, daß unsere Verlobung eine große Veränderung bei ihm hervorgebracht hat?
Weiter nichts, als eine vorübergehende Eifersucht. Aber was hat das zu bedeuten?
Alles, bei einem so arglistigen und rachsüchtigen Charakter, wie dem seinigen.
Arglistig, rachsüchtig? Leila, sprich deutlicher, sagte Cyrill verwundert und beunruhigt.
Es ist alles jetzt an's Licht getreten. Ich brauche Dich ferner nicht mehr zu täuschen. Du kannst den elenden Zustand nicht vergessen haben, in dem ich die letzten Tage zugebracht.
Ein neues Licht begann vor Cyrill's Augen zu dämmern.
Nun? fragte er athemlos.
Du erinnerst Dich des Tages, wo Du zum Fischen ausgegangen?
Ja.
Nun, an jenem Tage hatte ich einen Besuch von John Murdock.
Weiter!
Er trug mir seine Hand an.
Der Schurke! rief Cyrill, von seinem Stuhle aufspringend. Wußte er nicht, daß du meine Braut warst?
Ja-
Was meinte er denn mit solcher Niederträchtigkeit?
Er hatte Gründe, die er für überzeugend genug hielt.
(Fortsetzung folgt.)