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Vorschläge als zu niedrige ansehen. Es muffe jedoch mit den tatsächlichen Gewinnverhältnissen gerechnet, die Interessenten dürfen weder bereichert, noch die Steuerzahler geschädigt werden.

Berlin, 12. März. Es heißt, daß im Bundesrathe Bayern, Sachsen, Hessen und die Hansastädte unbedingt, Baden bedingt gegen das Tabaks­monopol stimmen werden. Heute wurde in allen sechs hiesigen Reichs­tags-Wahlkreisen von zahlreich besuchten Versammlungen fortschrittlicher und liberaler Wähler einstimmig eine Resolution angenommen, wonach mit aller Entschiedenheit gegen die Einführung des Tabaksmonopols protestirt wird, da das Tabaksmonopol die Vernichtung einer großen lebenskräftigen Industrie, die Einschränkung des Tabaksbaues und die unbedingte Abhängig­keit großer Bevölkerungskassen von der Regierung bedeute. Ebenso erklärten sich die Versammlungen gegen jede weitere Erhöhung der Zölle und Steuern auf Tabak. Die Versammlungen verliefen ruhig, ohne jedwede Störung.

DieKöln. Ztg." will wissen, daß man in Berlin anfange, über das Verhalten der russischen Regierung zu Skobeleff sehr verstimmt zu werden.Man hatte erwartet, daß Skobeleffs Rückberusung nur ein erster Schritt sein würde, welcher darthun sollte, daß die Ueberhebung des Pansla­wismus an maßgebender Stelle in Petersburg auf entschiedene Mißbilligung stoße, und daß diesem bald ein anderer folgen, daß General Skobeleff eine öffentliche und entschiedene Zurechtweisung erfahren würde. Anstatt dessen ist der redelustige General in Rußland mit demonstrativer Zustimmung em­pfangen worden und die Presse setzt ihre Hetzereien gegen Deutschland mit ungeschwächten Kräften fort. Das wird hier sehr übel vermerkt, und wenn auch kein Grund zu ernsthaften Besorgnissen vorliegt, so liegt doch auf der Hand, daß die Beziehungen zwischen Berlin und Petersburg in diesem Augen­blick weniger aufrichtig freundliche geworden, als sie bisher gewesen sind. Berichte aus Wien lassen darauf schließen, daß in den dortigen Regierungs­kreisen die gleichen Auffassungen herrschen."

O e st e r r e i ch - N n g a r n.

Wien, 11. März. Einer Meldung der N. Fr. Pr. aus Risano zufolge wurden die Operationen in der Krivoscie von Nbli aus fort­gesetzt. Die k. k. Truppen gewannen mehrere Ortschaften und besetzten den Berg Beli, welcher die Höhen beherrscht, von wo aus der Ebene von Dra- gali beizukommen ist. Die Aufständischen weichen allerwegs gegen Dragali und die montenegrin. Grenze zurück.

Zum Tabaksmonopol.

Nach dem Gesetzentwurf müssen Tabak und Cigarren im ganzen Reich zu folgenden gleichen Einzelpreisen bei allen Verschleißern zum Verkauf ge­stellt werden: 1) Tabak zu 50 (Rippentabak) 60 L. (Blätter gemischt mit Rippen), 75 1 OL, 1 OL 25 L, 1 OL 50 L, 2 OL, 2 OL 50 L.

(Varinas, Portorico, Maryland), 6 OL (feinster Varinas), 4 OL, (echter türkischer), 5 OL (feinster echter türkischer) für 1 Pfund. 2) Cigarren zu 3, 4, 5, 6, 7. 8, 0, 10, 12, 15, 18, 20, 25 (reine Havanna), 30 L (dgl.) für 1 Stück. Für jeden Preis werden mindestens 3 Sorten (leicht, mittel, schwer) hergestellt werden. Daneben wird die Tabaksverwaltung für den Liebhaber noch feinere und theure Sorten beschaffen. Es ist also für eine sehr reichhaltige Auswahl gesorgt, von drückender Erhöhung der Preise ist nichts zu bemerken, und auch der Unbemittelte, selbst der Arme kann sein Bedürfnis; an Tabak und Cigarren wie bisher befriedigen. Daß die Ta­bakverwaltung nur reine, unverfälschte Waare liefern darf, ist selbstverständ­lich, und sie hat selbst das größte Interesse daran, der Gewohnheit und dem Geschmack der Raucher sich anzubequemen, damit der Verbrauch und mithin die Einnahmen des Reichs nicht zurückgehen.

Es wird angenommen, daß die Selbstkosten und folgeweise der Gewinn der Tabaksverwaltung betragen für das Tausend bei den

3

4

5

6 10

Selbstkosten: Gewinn:

13 OL 80 L

16

OL

17

15 82

24

18

18 77

31

kk

23

23 90

//

36

10

31 22

60

78

und für 1 Centner Rauchtabak:

zu 60 Pf. das Pfund 41 OL 44 .L 18 OL 56 L,

1 OL 61 07 38 93

.. 3 112 85 187 15

Der Gewinn der Tabaksverwaltung oder die Besteuerung des Ver­brauchs der Raucher steigt also sehr bedeutend mit den besseren und theuren Sorten, trifft mithin in höherem Maße die Wohlhabenderen oder doch diejenigen, welche es jenen gleich thun nullen. Die bisherige Steuer hingegen auf inländischen Tabak trifft mit den; gleichen Satze die billigste und geringste, wie die theuerste und feinste Sorte.

Tages Neuigkeiten.

Stuttgart, 9. März. In der gestern in der Liederhalle abge­haltenen Versammlung von Genossenschaftern der Volks bank ging es ziemlich erregt zu. Die Direktion hatte gegenüber den; Vorwurf einer leichtsinnigen Geschäftsführung, einen schweren Stand; sie konnte nur ver­sichern, daß sie in guter Absicht gehandelt habe. Im Namen der Direktion gab Rechtsanwalt Diefenbach bekannt, daß der große Verlust auf Debi- toren-Konto (797,659 c/lL 75 0>) hauptsächlich von den 3 Etablissements herrühre : Eisengießerei und Maschinenfabrik Heslach, Musik- und Spiel- waarenfabrick Stahlecker u. Co. und Chokolade- und Bonbonsfabrik von Starker und Pobuda, bei welchen die Summen von 82,000, 240,000 und 360,000 OL abgeschrieben wurden. Die Verbindung mit sämmtlichen drei Etablissements sei indeß als eine Erbschaft aus der früheren Verwaltung angetreten worden. Die Heslacher Fabrik sowohl, wie die Pobuda'sche stehen im Moment in einem günstigen Betrieb, so daß weitere Verluste sich nicht erwarten lassen. Alan habe nicht anders gekonnt, als diese Anwesen seinerzeit zu erwerben, sonst hätte man sofort große Summen (je 60,000 OL) an den drei Etablissements verloren. Mit Menninger habe es eine ähnliche Bewandtniß wie mit Starker und Pobuda. Er war schon unter der früheren Verwaltung der Bank große Summen schuldig geworden. Die Direktion mache nun den Vorschlag, Vertrauensmänner aus der Mitte der Genossen­schaft zu ernennen, welche das gesammte Material prüfen und über den Erfund Bericht erstatten sollen. Es sei nothwendig, daß die Mitglieder, welche im letzten Jahr ihren Austritt erklärt haben, Zurückbleiben, nur wenn dies der Fall sei, werde der Verwaltungsrath davon absehen, eine Liquidation zu beantragen, für welche der gegenwärtige Zeitpunkt der denk­bar schlechteste wäre.' Wenn auf diese Weise die Bank sich halten könne, so sei zu hoffen, daß sie allmälig die Verluste theilweise wenigstens ersetzen und die Mitglieder entschädigen kann. Rechtsanwalt Leipheimer brachte zur Beschaffung der für den Weiterbetrieb der Bank nothwendigen Kapitalien die Aufbringung eines Anlehens unter den Mitgliedern etwa in der Höhe von 450,000 OL (in Partial-Obligationen von 500 OL) in Anregung.

Bopfingen, 10. März. Gestern wurde der letzte Veteran K. Al auch von Oberdorf unter großer Theilnahme zu Grabe getragen. Die 4 Krieger- und Militärvereine von Bopfingen, Baldern und Oberdorf mit umflorten Fahnen stellten sich an die Spitze des Leichenzuges, und beim Einsenken des Sarges gaben sie den; Veteranen die üblichen Ehrensalven übers Grab. Mauch war der letzte Veteran in Oberdorf und der ganzen Umgegend und war als rechtschaffener Mann, von Allen die ihn kannten, geachtet und geliebt. Nach der unglücklichen Auflösung des württ. Truppen­korps in Rußland wurde in Eile ein neues organisirt, in welches Mauch, im Alter von 17 Jahren, eingereiht wurde. Gleich nach der Aushebung wurde dieses Korps zu Hilfe der Franzosen nach Sachsen und Preußen gegen Rußland geschickt, mit welchem Mauch verschiedene Gefechte bei Lüzen, Bauzen, Laubaan und Leipzig ruhmvoll bestanden hat. In Fortsetzung dieses Feldzugs machte er auch die beiden Feldzüge nach Frankreich im Jahre 1813 und 14 mit, und nah;;; an verschiedenen Kämpfen gegen die Franzosen ruhmvollen Antheil. Vor 8 Tagen fanden sich ein Paar Storche in ihrem alten Neste ein.

Ebingen, 9. März. Vergangene Nacht wurde in der Nähe der 5/4 Stunden von hier entfernten hohenz. Gemeinde Straßberg ein Ver­brechen verübt. Zwei Zigeunerfamilien hatten am Eingang derselben ihr

Bauersfrau, paßte genau auf meine Johanna, die müde und matt angekom­men sei, sich aus eine Bank unter der Linde gesetzt und die Ankunft des Wagens erwartet habe. Der Fremde sei sogleich zu ihr gegangen, habe sich lange mit ihr unterhalten, dann wären Beide in den Wagen gestiegen und davongefahren. Den Fremden hatte die Wirthin nie gesehen. Ohne wieder nach dem Bade zurückzukehren, wunderte ich weiter, die ganze Nacht hindurch. Als der Morgen grauete, hatte mich ein gräßlicher Mißmuth erfaßt. Lange sah ich über das Geländer einer Brücke in den rauschenden Fluß. Hätte mich der Gedanke nicht abgehalten, Du kannst Deine treulose Frau doch noch einmal wiederfinden, ich würde mich hinabgestürzt haben. Und so wanderte ich denn weiter, die Mildthätigkeit guter Menschen in Anspruch nehmend. Ja, damals habe ich gebettelt. Mit der Zeit dachte ich ruhiger über meine Lage nach; ich verachtete die Frau, die mich unter so einem nichtigen Vor­wände verlassen hatte. Wäre ich reich gewesen, sie würde wohl bei mir ge­blieben sein. Nun änderte ich meinen Namen.

Wie heißen Sie eigentlich? fragte Stein.

Woldemar Bornstädt. Der Theaterzettel enthielt von da an stets den Namen Knöbel.

Frau Dorothea legte zitternd den Brief auf den Tisch.

Bornstädt! Bornstädt! flüsterte sie.

Andreas gab seiner Gattin einen bedeutungsvollen Wink.

Was soll ich Ihnen noch weiter erzählen? murmelte der Schauspieler. Mein Schicksal führte mich durch alle Gegenden Deutschlands so eifrig ich auch forschte, ich habe nie wieder von meiner Frau gehört. Selbst einige Aufforderungen in der Zeitung blieben erfolglos. Zeit und Umstände mach­

ten mich zu dem, was ich bin, ein elender Hagestolz. Vielleicht ist es gut, daß es so gekommen, denn ich habe ein großes Unglück gehabt. Johanna wird sich ohne Zweifel wohl befinden, da sie ihren armen Mann vergessen hat. Das ist meine Ehestandsgeschichte.

Frau Dorothea wandte sich ab und weinte.

Nicht wahr, fragte Knöbel schmerzlich, man macht seltsame Erfahrun­gen ? Und ich hatte das Weib so lieb die Rührung übermannt mich! rief er aus, zwei Thränen trocknend, die sich gewaltsam seinen Augen entrangen. Wahr und aufrichtig liebt man doch nur einmal im Leben und Johanna war meine aufrichtige Liebe. Nun, ich will ja gern den Jammer ertragen haben, wenn es nur ihr wohl ergeht, ihr und meinem O, ich hätte die Erinnerung nicht heraufbeschwören sollen! Sehen Sie, so geht es mir zu­weilen, wenn ich still auf der einsamen Landstraße wandere und das Fell­eisen hinter mir herziehe, das all mein irdisches Gut enthält. Da sehe ich die reizende Frau im Geiste, ich höre ihre Sprache und ihren Gesang ich sehe sie neben mir wandern und fühle ihren Arm in dem meinigen dann muß ich mich niedersetzen unter einem Baume oder auf einem Steine und ruhen das Herz wird mir so schwer und doch ist es zweiund­zwanzig Jahre her, daß sie mich verlassen hat! Ich möchte ihr zürnen, aber ich kann es nicht. Ich habe nur einen Wunsch, ist dieser erfüllt, dann will ich gern sterben; wüßte ich doch, was aus meiner Johanna geworden ist! Auch sie weinen, liebe Frau

Dorothea erhob sich und verließ das Zimmer.

' Was ist das? fragte Knöbel,

Andrea» winkte mit der Hand. (Forts, folgt.)