Oesterreich-Ungarn.
Die Wiener Blätter sind angefüllt mit Rückblicken auf die Ereignisse des Jahres 1881, wobei sie theils den Gang der europ. Politik überhaupt, theils speziell die Gestaltung der Verhältnisse m Oesterreich- Ungarn verfolgen. Während die D. Ztg. sich in düsteren.Betrachtungen ergeht und als den einzigen Lichtpunkt unter den Erscheinungen des abge- laufenen Jahres „die fortwährende Erstarkung des Nationalgefühls unter den Deutschen in Oesterreich" betrachtet, erklärt das der Regierung nahestehende Fremdenblatt, daß zum pessimistischen Verzagen um so weniger em Grund vorhanden sei, als sich gerade im Laufe dieses Jahres wiederholt gezeigt habe, wie aller Partei- und Nationalitätenhader verstummt, wenn es sich um Fragen von gemeinsamen, die ganze Monarchie berührenden Interessen handelt. Das Blatt erinnert an die Begeisterung, womit alle Völker Oesterreich-Ungarns die Vermählung des Kronprinzen gefeiert haben, gedenkt der eiumüthigen Anerkennung, welche die Angehörigen aller Parteien der den Frieden, die Interessen und die Würde Oesterreich-Ungarns wahrenden Politik des ausw. Amtes zollten, verweist auf die übereinstimmende Haltung, welche die öffentliche Meinung in beiden Reichshälften in dem Ehrenhandel mit Rumänien beobachtete. „Die Freundschaft, heißt es am Schluffe, welche unsere Monarchie mit Deutschland verbindet, ermöglicht und verbürgt eine friedliche Entwicklung aller schwebenden europ. Fragen; aber indem sie solchergestalt den Weltfrieden sichert, erleichtert sie den Völkern auch die Bewältigung der schweren und großen Kulturaufgaben, welche in dem inneren Leben der Staaten auf politischem und socialen Gebiete zur Lösung drängen. In der festen Zuversicht, daß sich das österreichisch-deutsche Einverständnis; auch im neuen Jahre als sichere Friedensbürgschaft bewahren werde, blicken wir, trotz aller ungelösten Fragen und aller unerquicklichen Wirren bei uns und anderswo, voll Vertrauen in die Zukunft."
E n g 1 a n d.
ondo n, 3. Januar. Herber t Glad st one, der Sohn des Premierministers, sagt in einem Briefe an den Munizipalrath der Stadt EnniS: Die offiziellen Berichte konstatiren die Verringerung der A g rarv e rbreche n in Irland. Tie Regierung hoffe daher zuversichtlich, daß die Zeit nicht fern sei, wo sie die gegenwärtig in Kraft stehenden Repressivmaßregeln aufheben könne.
Tages-Neu igkeiten.
s- Ostelsheim, 2. Jan. In der Neujahrsnacht verletzte sich der ledige Taglöhner M aier beim Schießen derart die Hand, daß ihm ein Finger abgenommen werden mußte, dasselbe passirte einem hiesigen Bürgersohn, der in Merklingen im Dienst ist, auch hier war eine Amputation nothwendig. Gleiche Vorkommnisse werden uns von Schashauseu und Weil- derstadt gemeldet. Wir glauben, daß diese beim nächsten Jahreswechsel das Schießen unterlassen, Anderen aber möchten mir rathen, solch theuerem Vergnügen vorher zu entsagen.
Stuttgart, 2. Jan. Ter obere See des Kgl. Schloßgartens ist heute ausschließlich zur Benützung der bei Hofe vorgestellten Personen und ihrer Angehörigen zum Schlittschuhlaufen eröffnet worden. Das Gartenaufsichtspersonal ist mit der Aufrechthaltung dieser Anordnung beauftragt.
Stuttgart, 3. Jan. Die Vorstellung des Z i r k u s C o r t i> war wieder sehr gut besucht, insbesondere waren die besten Plätze, die Logen und die Sperrsitze, fast vollständig besetzt, wenn sie auch nicht mehr das festtägliche Gepränge zeigte, wie die Eröffnungsvorstellung am Neujahrsfeste. Aber die Stimmung der Versammlung war die beste. Die Clowns und die Komiker, denen in der Regel 4 von den 16—17 Nummern des Programms eingerüumt werden und denen die Kunstpausen auszufüllen obliegt, sind von einer Leistungsfähigkeit, wie sie hier wohl noch nie gesehen worden. Die Brüder Nagels, Martinetti mit seinen Söhnen sind Erscheinungen, die aus jedem Programme willkommen sind. Einen weiteren Vorzug besitzt der Zirkus in der Pracht seiner Pferde. Noch mehr aber in der Dressur derselben; sie lassen in Hrn. Althoff, Regisseur, einen Meister ersten Ranges in diesem Fache erkennen. Tie interessanteste Erscheinung ist für diejenigen, welche den Zirkus bei seiner ersten Anwesenheit 1874 fleißig besucht, Frl. Helene Gierach; damals noch eine Anfängerin, welcher meist die Aufgabe zu
nehmen konnte, wenn es galt; „activer kann der Mensch doch gewiß nicht sein, als wenn er ein Messer, das herabgefallen ist, aufhebt und sich die Gurgel damit zu durchschneideu versucht."
Sie hielt bei diesen Worten die Blicke so fest auf die der Gnädigen geheftet, daß diese ihr nicht ausweichen konnte. Dora selbst fühlte das Risiko, einer Kranken gegenüber solche Härte anzuwenden, allein es mußte ihr Alles daran liegen, jetzt gleich von vorn herein eine Aufklärung über dunkel gebliebenen Scenen des Vorfalles vom vorigen Tage herbeizuführen, ehe die Schritte des Gerichtes ans Richard's Entschließungen Einfluß gewannen.
Sie hatte auch richtig die Maus in der Falle. Frau Poldine schob trotzig wie ein Kind den Kopf herum und sagte ärgerlich:
„Sie haben also doch wieder gelauscht! Pfui, über diese Neugierde."
„Nein, nicht ich habe gelauscht nicht ich war Zeugin des Unglückes, als dessen Urheber Sie vorhin den armen Richard nannten —"
„Er ist auch Schuld an meinem Unglücke," jammerte die Dame recht kindisch, „er ist Schuld! Hat er mich nicht von sich geschleudert, wie man «in Ungeziefer von sich wirft? Wäre er noch im Zimmer gewesen als ich sein Messer an der. Erde fand, ich hätte es ihm in's schwarze Herz gestoßen.
"Seien Sie froh, daß das nicht geschehen ist." sagte Theodore ruhig. „Jetzt schlafen Sie, der Doktor wird bald wieder kommen."
Sie verließ etwas beeilt das Zimmer, um sogleich an den Criminal- rath zu schreiben. Ehe eine halbe Stunde verflossen war, trottete der Haus- durfche mit der wichtigen Depesche der Stadt zu, wo er gerade einpassirte, als der Doktör zum Thore hinausfuhr, um nach seiner Patientin zu sehen.
fiel, die Vorstellung einzuleiten und das Publikum auf weitere Leistungen vorzubereiten, ist sie heute in der That eine Primadonna der Reitkunst, an welche das Publikum seine Gunstbezeugungen bereitwilligst verschwendet.
Pfalzgrafenweiler, 31. Dez. Am heutigen letzten Tag des alten Jahres wurden wir von einer Feuersbrunst heimgesucht, welche zur Mittagszeit dadurch entstand, daß sich Tannenzapfen, die zum Dörren in der Nähe eines Zimmerchens in einem Kasten aufgestapelt waren, endzündeten, der Kasten gerieth in Brand und das Feuer griff so schnell um sich, daß die Bewohner eiligst fliehen mußten und ihr Wohnhaus mit Scheuer und Stall nebst Futtervorräthen, Betten u. s. w. von den Flammen verzehrt wurde. Den Anstrengungen der hiesigen Feuerwehr, welcher die von Herzogsweiler und die Löschmannschaft von Durrweiler alsbald zur Hilfe kamen, gelang es, die sehr bedrohten benachbarten Gebäude zu retten.
Frankfurt, 2. Jan. In unfern beiden Stadttheateru ist mit der I m p r ü g n i r u n g von Dekorationen, Soffiten, Gardinen und auch von Balletkoftnmen begonnen worden. Die imprägnirten Stücke erweisen sich als vollkommen feuersicher.
Vermischtes.
Indischen Blättern wird aus Kabul gemeldet: „vor wenigen Tagen wurde der frühere Kriegsmiuister Jakub Khans, Daud K Han, den der Emir Abdurrhamann gerichtet hatte, als Gefangener hiehergebracht und in einem Thurme eingesperrt. Am zweiten Tage führte man ihn vor den Emir. Der Gefangene bat um Schonung seines Lebens, er wolle von nun an ein getreuer Unterthau des neuen Fürsten sein. Der Emir wollte jedoch von Gnade nichts wissen und verurtheilte ihn zum Tod. Derselbe ward uun gebunden und in den Hof des Palastes gebracht, wo sich die Stallungen für die Elephanten befinden. Der Verurtheilte wurde hier auf den Boden uie- dergelcgt. Gleich darauf öffnete sich eine Thür dieser Stallungen und heraus schritt ein großer Elephant. Das Thier näherte sich uun dem Unglücklichen, setzte seine beiden Vorderfüße ans den Körper und begann auf ihm hernm- zutreten. Einige Sekunden nachher lag nur noch eine unkenntliche Fleisch- masie ans dem Boden.
— sDic Grenzen der weiblichen Aufopferung.) Für den Mann, den es liebt, erträgt das Weib alle Leiden, ja, den Tod, nur darf er ihr nicht zumnthen, im Frühling ihren Winterhut zu tragen.
E n l w.
Handel und Verkehr.
Uebersicht über de» Verkehr aus hiesiger Schranne im
Gattuua-
Jahre 1881.
Quantum.
Erlös.
Mittelvrcis.
Kernen
3217
Etr. 78 Pfd.,
-45 38,719. 20
-15 12. 3
Weizen
-VI
fl
„ 636. 10
„ <2. 47
Dinkel
3282
„ 88 „
„ 44,774. 93
„ 8. 46
Haber
3420
" kl
38,493. 85
„ 7. 10
Gerste
60
»- v4 ,,
,. 544. 38
„ 9. 7
Gemasch
41
„ V:> „
„ 368. 20
,. 8. 98
Noggen
10
„ „
„ 91. -
„ 9. 10
Bohnen
72
1
,. 346. 40
„ 7. 73
Wicke»
83
" „
„ 640. —
„ 7. 94
14,239
Etr. 3 Pfd.
-45 1 24,833. 8
Gegen im Jahre 1880 mebr 2166 Etr. 81 Pfd. Mebr-Erlös -45 21,272. 93.
Ten 4. Januar 1882.
Schranneumeister Schwämmle.
I.H e i 1 b r o n n e r S ch i f f s a h r t s g e s e l l s ch a f t. j Unter diesem Namen hat sich in Hellbraun eine Aktiengesellschaft gebildet mit einem Kapital von 200,000 -45.. Dieses Unternehmen bezweckt, Fahrzeuge nach neuer Konstruktion (breite Schiffe mit möglichst wenig Tiefgang) zu bauen, die-; selben an Neckarschiffer gegen baar oder Ratenzahlungen zu verkaufen oder zu vermiethen und ferner einige dieser Schiffe in eigenen Betrieb zu nehmen. Durch den Verkauf mittelst Ratenzahlung soll allen Neckarschiffern Gelegen-, heit geboten werden, niit der Zeit derartige Schiffe zu erwerben; durch den eigenen Betrieb ist es dem Handelsstande in Heilbrouu ermöglicht, für Spedition von Massengütern einen festen Tarif anfstellen zu können.
Theodorens Bote fand den Rath nicht zu Haus. Er gab deßhalb den Brief blos ab und empfahl ihn seinen Hausgenossen einer ganz besonderen Beachtung. Allein, wie dies oft zu gehen pflegt, man vergaß über andere Erlebnisse diesen Auftrag, legte de» Brief sorglos zu andern Packeten und Briefen, und somit wußte der Rath noch nicht eine Silbe von der freudigen Aufklärung, als spät am Nachmittage der Doktor mit einem unmäßigen Gelächter in sein Zimmer trat und ihm zuries:
„Was sagen Sie denn nun, mein Hochwohlqeborner? Ha ha'ba, das ist magnisique! Meine Erstochene ist auf und davon und ihr Mörder ist ein ehrlicher Edelmann! 'Nein, so dupirt bin ich doch mein Lebtage noch nicht —!" ^ Der Crüninalrath blickte etwas ärgerlich von seiner Arbeit auf. „Sir scheinendes darauf anzulegen, mich zu stören; was gibt's denn wieder?"
„Haben Sie denn Fräulein Theodorens Brief noch nicht erhalten?"
„Nein," entgegnet« der Beamte aufmerksamer..
„Ei das wäre! Er muß hier sein: da. da sehen Sie. das muß er sein!" Ganz ungenirt schüttelte der Doktor eine Parthie Briefe untereinander und nahm ein zierliches Briefchen heraus. „4<t sei» mit dein Mordversuch. Großinquisitor, >6 »et»!" sprach er dabei. „Lesen Sie. dann kommt der Schluß von meinen Lippen.
Der Rath las; erst bedenklich, dann freudig. „Sehr gut! Die Neugierde der alten Weiber hat doch schon manches Gutes gestiftet," sagte er lächelnd. „Frau Poldine gewinnt aber bei dieser Geschichte nicht in meine» Äugen."
(Schluß folgt.)