Nro. 1.
57. Jahrgang.
Amts- unä Intekkigenzblatt sür äen AezirH.
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Dasselbe bringt iit der bisherigen Form die amtlichen und die politischen Nachrichten, sowie die interessantesten Tages-Neuigkeiten in sorgfältiger Auswahl nnd in einer die Uebersicht erleichternden Zusammenstellung, außerdem Berichte über Handel und Verkehr. Frucht-, Hopfen-, Woll- und Viehmarktberichte, und unter der Rubrik „GeweinnütziqeS- allerhand sür Haus- und Landwirthschaft belehrende Notizen. Das Feuilleton, das der Unterhaltung der Leser gewidmet ist, bringt nur ausgewählte, wirklich gute und spatinende Erzählungen und kleinere unterhaltende Mittheilungen.
MM- Als Grati«-Lei1aae erhalten unsere Abonnenten in diesem Quartal den für unfern Bezirk bearbeiteten Eiscabaka-Mnter-Fakrtenpkaa.
AM- Annoncen in unserem im Bezirke verbreitetsten Malle, an das sich in 8laiit nach Lanä seit vielen Jahren ein fester Leserkreis gewöhnt hat, sind in der Regel vom besten Erfolge, und wird für dieselben bei ein- oder mellrmakiger Wieäerlwkung Kober Rabatt gewährt. Wir laden darum das geehrte Publikum freundlichst ein, sich unseres Blattes zu Annoncen mit der Zuversicht des Erfolges zu bedienen. Annoncen, die nicht Vormittag« voll) Mr aufgegeben werden, können nicht mit Sicherheit darauf rechnen, noch an demselben Tage in das Blatt ausgenommen zu werden.
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Calw, 2. Januar 1882. Keäaktion Ezcpeäition äez „Eakwer Wochenblatts."
Politische Nachrichten
Deutsches Reick
Berlin, 30. Dez. Der Reichsanz. bestätigt, daß der vom Finanz- minister am 27. Dez. bestimmte Steuererlaß im Etatsjahr l 882/83 und ebenso in dem folgenden Etatsjahre für die Monate Juli, Aug. und Sept. stattfinden'solle.
— Die Ankündigung, daß die 3 !Paalen Gruppen des Reichstags nach den Ferien einen Antrag aus Erweitern n g des Has 1 zf!: ch k g e- fetzes einbringen werden, hat, wie die Frkf/Ztg. wissen will, bei vielen schutzzöllnerichen Großindustriellen und Fabrikanten, sowohl in den westlichen preuß. Provinzen als auch in Schlesien, eine große Unruhe hervorgebracht. Er wird seitens derselben beabsichtigt, eine Agitation für das von der Reichsregierung in Aussicht genommene Ünfallversicherungsgesetz in Szene zu setzen, bei der^die Mitwirkung der Arbeiter in Anspruch genommen soll. Mau macht in den betr. Kreisen geltend, daß bei dem Entwürfe der Liberalen die Industrie über Gebühr belastet und die Produktionskosten derart würden vertheiwrt werden, daß die geplante Lohnerhöhung im Falle der Annahme des Entwurfes unterbleiben müsse, während das von der Reichsregierung vorgeschlagene Uufallgesetz allen Theileu gerecht werde. Deßhalb werden Petitionen an den Bundesrath und Reichstag zu Gunsten des Unfallgesetzes der Regierung vorbereitet, die in erster Linie von den Arbeitern der Fabriken und Betriebe unterzeichnet werden sollen.
Berlin, l. Januar. Tie „Norddeutsche Allg. Ztg." schreibt in ihrer Neujahrsbetrachtung: „Der gegenwärtige Reichstag zeigt, wie sehr er unter dem augenblicklichen Einfluß leidenschaftlicher Verblendung gewählt ist und das ist eine der großen Sorgen des neuen Jahres. Aber die Kundgebung der Kaiserlichen Botschaft kann nicht ohne Nachwirkung bleiben. Das'Wort des Kaisers wird der Feldruf werden für Alle, welche den nationalen Gedanken auch in praktischer Konsequenz zu verfolgen bereit sind; dann wird auch die legislatorische Ausgestaltung der Sozialpolitik mit Erfolg begonnen werden können." — Bei dein heutigen Neujahrsempsang soll der Kaiser auf die überaus friedliche Gestaltung der europäischen Verhältnisse hingewiesen haben. — Legationsrath Lothar Bücher begab sich nach Italien resp. R o m behufs Besprechung der kirchenpolitischen Fragen.
(F>'kf. ZtgO
Frankreick
Paris, 29. Dez. Tie Republikaner können sich nicht von ihrem Erstaunen über die Gambetta'schen Ernennungen erholen, denn es gibt ihnen immer neuen Stoff. Auf die Berufung Canroberts und Galliffets in den Obersten Kriegsrath und Miribels in den Generalstab folgte die Beförderung eines vierten Staatsstreichgenerals, v. Lau n a y, an die Spitze der Jnfanteriedirektion im Kriegsministerium, eine Beförderung, welche dadurch noch auffälliger gemacht wurde, daß gestern das Amtsblatt die Ernennung v. Launay's zum Divisionsgeneral an Stelle des nicht nur aus den Cadres der Linie, sondern auch aus denen der Reserve gestrichenen Exkriegsministers Farre brachte. Der Fehler Farre's mar eine zu große Bereitwilligkeit, den Wünschen Gambetta's entgegenzukommen; er ging darin so weit, sich selbst bei der Armee unpopulär zu machen. Gambetta opfert ihn nun ohne Bedenken dein Ehrgeiz seines Nachfolgers, was für diesen letztem und die übrigen neuen militärischen Günstlinge des Premiers gerade kein besonderer Sporn des Diensteifers fein mag, denn sie müssen sich sagen, daß sie, je
eifriger sie feinen Willen ausführen, um so sicherer sind, eines Tages von ihm weggejagt zu werden. Was aber Allem die Krone aufgesetzt hat, ist die Anstellung des Journalisten I. I. Weiß zum Direktor der politischen Abtheilung des Auswärtigen Amts. In diesem Posten liegt die eigentliche diplomatische Leitung; wer ihn inne hat, ist mehr als die rechte Hand, ist der Kopf des Ministers. Die opportunistischen Blätter versuchen es, Hrn. Weiß, welcher der Reihe nach Bonapartist, Qrleanist, Fusionist, Antifusionist, niemals aber Republikaner war, als eine Art Universalgenie hinzustellen, dessen Erwerb ein großer Gewinn für die Republik sei, als einen Mann, der „Lilles wisse". Wir kennen Hrn. 28. seit vielen Jahren und unsse» sehr genau, daß er weit vavon entfernt ist, „Alles zu wissen"; selbst feine vielgerühmte Kenntnis; des Deutschen ist eine sehr mangelhafte, nnd 20 andere
französische Journalisten treten das Boulevardpflaster erfolglos, die ihm hierin, wie in anderen Dingen überlegen sind.
Tunis, 3l. Dez. Der größte Theil des Stammes Hanmam>4, etwa 2300 Zelte umfassend, wurde am 27. Dez. in Gaffa erwartet, um sich zu unterwerfen. Der Rest des Stammes ist ebenfalls zur Unterwerfung geneigt. Die Insurrektion in Süd-Tunis dürste demnach gänzlich erloschen sein. — Die Kolonne Dclebecque, welche in Südoran operirte, nahm ihre Beobachtungsposten wieder ein, nachdem sie die Insurgenten vollständig auf das marokkanische Gebiet zurückgedrängt hatte.
Italien.
Rom, 29. Dcz. „Diritto" wirft heute die Frage aus, ob die italienische Negierung die päpstliche Frage absolut als erledigt betrachten solle, so daß ihr nur erübrigen würbe, jedem Vorschlag einer Erörterung derselben ein förmliches Nein entgegenzustcllen. „Diritto" sagt: „Die Frage ist für uns erledigt, was die weltliche Herrschaft, die Souveränetät des weltlichen Staates, die nationale Autonomie und die Anwendung unserer Gesetze betrifft; sie ist aber, nicht abgeschlossen von einem anderen Gesichtspunkte: Der verantwortliche Papst ist ein Gegenstand großes Interesses; für uns ist es namentlich von großem Interesse, einen Papst zu haben, welcher aufhört, Politik und Religion zu vermengen. Aus diesem Boden können wir nicht nur eine Diskussion nicht verweigern, sondern müssen sie wünschen und provociren." „Diritto" schließt: mau werde den Präcedenzfüllen Rechnung tragen-, wovon ein sehr bemerkenswerther in dem von ihm reproduzirten Cirkular des Fürsten Bismarck vom 14. Mai 1872 über das künftige Cvn« klave enthalten sei.
— Der Diritto, das Organ Mancinis, bringt abermals einen Artikel zur Pap st frage, welche die Gemüther in Italien sichtlich sehr stark beschäftigt. Der neueste ist überaus kurz angebunden, er ist „das letzte Wort" überschnellen und wird im 'Vatikan ein unwillkommener Neujahrsgruß sein. Es heißt hier: „'Wenn es in Italien einen Angegriffenen und Beleidigten gibt, so ist es nicht der Pabst, sondern der italienische Staat. Wie,, wir haben einen 'Mann im eigenen Hause, der Tag für Tag offen und insgeheim gegen unsere Existenz Anschläge schmiedet; der den Glauben an die Festigkeit unseres nationalen Gebäudes zu erschüttern sucht; der unser Recht nicht in Zweifel zieht, sondern negirt und Altes dagegen aufreizt; der von allen Seiten zu unserem Schaden Fremdlinge gegen uns herbeiruft — und wir sollen uns nur passiv verhalten d Wir müssen Europa sagen, daß unsere Langmuth eine Grenze haben kann, weil wir in Rom sind nicht durch das Recht der Eroberer, sondenr nur durch den einmüthigen Willen des ganzen Volkes, daß wir dein Papste Garantien geboten, nicht dem Haupte einer kosmopolitischen