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der zwischen Schafberg und Lochenstein sich befindet; ein besonders mächtiger ! Gebirgsstock, der nach Richtung und Form fast kein anderer sein kann, als- der Säntis, ragt rechts von dem Streichenerberg, etwa da, wo die Euach oberhalb Balingens die Albkette durchbricht, hervor.
Bis gegen Abend blieben die Berge sichtbar, jedoch von 3 Uhr an nicht mehr beleuchtet. Von einer Täuschung kann hier keine Rede sein; Einsender hatte überdieß bei seinen Beobachtungen einen weitern Zeugen beigezogen, der sämmtliche Wahrnehmungen bestätigen kann.
. , l§s wäre nun jedenfalls interessant, wenn alle diejenigen, die von unsrer Höhe aus ähnliche Beobachtungen gemacht haben, ihre Stimme und ihre Mittheilungen im „Calwer Wochenblatt" laut werden ließen. Durch ein solches Zeugenverhör ließe sich dann doch vielleicht mit einiger Sicherheit ausmachen, welche Namen den von hier aus sichtbaren Gebirgsketten und Gebirgsstöcken beizul egen sind. Llarrer I? ö kr.
Tages-Neurgkeiten.
Stuttgart, 25. Noo. Wie vorsichtig man bei Annahme von gesiegelten Gelbrollen zu sein hat, beweist ein gestern auf der Polizeidirektion zur Anzeige gekommener Fall. Beim Oeffnen der Rolle fanden sich statt der gehofften 10-Pk'g - ?tücke (10-Mark-Rolle) ein Stück einer eisernen Stange in der Papierhülse vor. Es ist dies seit einigen Monaten der dritte Fall.
Baden. 23 Nov. Seit dem zuletzt abgegebenen Bulletin mochten S. K H. nicht unerhebliche Fortschritte in der Genesung. Der Appetit war ein recht zufriedenstellender und wurde die etwas reichlichere Kost stets gut vertragen. Die zweite Hälfte der Nacht wird leider öfter durch die rheumatisch-neuralgischen Schmerzen im Unken Beine, welche sich auch zeitweise unter Tag einstell n, beunruhigt, doch können dieselben durch schmerzstillende Einreibungen immer dato beseitigt werden. Die Kräfte nehmen zwar langsam, aber stetig zu und konnten S. K Hoheit schon wiederholt emige Stunden des Nachmittags ,n einem in der Nähe des Krankenzimmers gelegenen Gemache aus dem Ruhebett zubringen Dr. Tsnner.
Berlin, 23. Nov Der Kaiser empfing Vormittags den Besuch des Kronprinzen und des Prinzen Heinrich, nahm mehrere Vorträge entgegen und ertheilke ei-ige Audienzen. Nachmittags unternahm der Kaiser eine kurze Spazierfahrt. Gestern Nachmittag erstattete Bismarck beim Kaiser Bortrag. — Der Kronprinz hakte Mittags von Eins bis Zwei eine Unterredung mit dem Reichskanzler, welcher sich gleich darauf in den Reichstag begab.
Berlin, 29. Nov. Der Kaiser, welchem die gestrige Ausfahrt gut brkommen ist, hatte eine sehr gute Nacht. Er nahm Vormittags die gewöhnlichen Vorträge entgegen und ertheilke mehrere Audienzen — Nach der Nat.-Ztg haben an dem am 24 ds. beim Reichskanzler stattgehabten Diner folgende H:rren theilgenotnmen: Rechts vom Reichskanzler saß Frhr. zu FranckenNein. links v- Bennigsen. Die Nachbarn der Fürstin Bismarck war>-n d-r Präsident v. Levetzow und der zweite Vizepräsident Äckermann. Außerdem waren anwesend die Minister o. Kameks, v. Bötticher, der Bottchafier Grat Hatzfeldt. die Abg. v. Eysoldt, v. Minni- gerode, v Schwarze, Holtzmann, Richter (Meißen), Kochann. Dr. Stephani. Reichensperger (Crefsld), Stälin (Calw), ferner die Staatssekretäre Stephan, Scholz und v. Scheüing.
Hamburg, 29 Nov. Laut soeben eingehender Depesche von Plymouth hat der Dampfer „L e s s i n g," welcher Hamburg am 16. November verließ, Lizard mit gebrochenem Steuerruder paisirt. Von Plymouth ist dem „L-istng" ein Dampfer entgegengesandt, so daß der „Lessing" im Laufe des htUligen Tages in Plymouth zu erwarten ist. Von Plymouth wird windstilles Master gemeldet.
Wren, 2 b. Nov. Gestern ist dis große Glocke „Ferdinand" in in der A u g u st i n e r k i r ch e während des Abendläutens um 7 Uhr aus den Angeln gerathen und mit donnerähnlichem Gekrache von dem Gerüste herabgestü-zk. Der Sturz war ein so erschütternder, daß die Stiege, sowie die eisernen, sehr starken Zifferstangen der Thurmuhr durchbrochen wurden. Die Glocke, welche 57 Ztr. schwer ist. war 1854 in dem neu aufgebauten
Thurme der Augustinerklrche aufgezogen worden. Die Glocke wird gewöhnlich von dem Kirchendiener Weis und dem THSrmer Salzmann geläutet. Mitunter leisten auch Knaben Hilfe. Auch gestern erschienen S Knaben im Glockenthurme. Die 2 Männer und die Knaben standen in unmittelbarer Nähe der Glocke und zogen an den Seilen, durch welche die Glocke in Bewegung gesetzt wird. Gleich nach den ersten Schwingungen begann die Glocke zu ächzen, löste sich plötzlich vom Helme los und blieb einige Sekunden am Querbalken des Thurmes hängen und stürzte, den Balken und das Stiegenhaus durchbrechend, bis unterhalb der Thurmuhr hinab. Trotzdem dieser ganze Vorfall sich rasch abspielte, halten dennoch die im Glocksn- stuhle befindlichen Personen die Geistesgegenwart nicht verloren. 2. Knaben und der Kirchendiener liefen die Treppe hinab und verbargen sich in den Thurmfenstern unterhalb der Thurmuhr. Der Thürmer selbst, sowie der der Glocke am nächsten stehende Knabe verkrochen sich in die Mauernischen. Die Glocke sauste knapp an ihnen vorbei und bettete sich in den starken Eichenbalken des Stiegengeländers ein. Beschädigt wurde nur der Knabe Luchtenberg, welcher während der Flucht die Treppe hinunterfiel und einen doppelten Schienbeinbruch erlitt.
Petersburg. 27. Nov Der Attentäter Nikolai Szankowsky hat, obwohl erst etwa 28 Jahre alt. bereits ein vieibewegtes Leben hinter sich. Einst ein vermögender polnischer Edelmann. war er in jüngster Zeit, nachdem er sein Vermögen vergeudet oder verspekulirt hatte, Inhaber des Buffets des Theaters in Morschansk, im Gouvernement Tambow. Vordem führte derselbe ein höchst abenteuerliches Leben. Er war Freiwilliger in einem russischen Regiments, Volontär in der Herzegowina, Kommissionär in verschiedenen Städten, unter anderen auch in Morschansk Ais er in größter Noth war, beschloß er. sich das Leben zu nehmen; da lernte er den unter polizeilicher Aufsicht stehenden (gleichfalls verhafteten) Melnikow kennen, der ihm einredete. der Mord eines Andern sei praktischer und ktüger. Szankowsky gab diesen Einflüsterungen Folge, erhielt einen Revolver und reiste nach Petersburg, wo er die Absicht. wie schon bekannt, austüyrts. Sein Äeußeres trägt alle Spuren eines liederlichen, abenteuerlichen Menschen. . Armut und Krankheit haben ihm den Stempel physischer Verkommenheit aufgedrückt.
Calw.
Landwirthschastlicher Wezirksverern.
Am 1. Januar 1862 beginnt wieder ein neues Abonnement auf „das landwirthschaftliche Wochenblatt," und hat die K. Centralstelle für die Lcmdwirthschaft die Bezirksoereine angewiesen, die pro 1. Januar richtig gestellten Mitglieder - Verzeichnisse am 10. Dez. an die Expedition des Blattes einzusenden. Dieser Termin wird von jetzt an mit besonderer Strenge eingehallcn werden, und werden deßhalb alle diejenigen, weiche in das Abonnement,, resp in den landwirthschaftlichen Verein einzutrelen wünschen, eingeladen, ihre Anmeldungen spätestens am 8. Dez. bei dem Vereinsficretär Horlacher schriftlich einzu- reichcn. Meldungen nach diesem Termine können für den 1. Januar 1882 unter keinen Umständen mehr berücksichtigt werden
Desgleichen haben Austritts-Erklärungen für das Jahr 1882 nur dann Gültigkeit, wenn sie ebenfalls vor dem 8. Dez. dem Secretär angezeigt werden. Spätere Abmeldungen können von der Verpflichtung zur Zahlung des Jahresbeitrags von 2 unter keinen Umständen befreien.
Die Herren Ortsvorsteher werden freundlichst ersucht, auch ihrerseits zur Richtigstellung des Mitglieder - Verzeichnisses dadurch deizutragen, daß etwaige Äenderungen in der Liste durch Todesfall, Wegzug und dgl. bis zum 8. Dez dem Secretär angezeigt werden.
Sämmtliche» Vereinsnutgliedecn wird mit Beginn des neuen Jahres als V e r e i n s g a b e die „Kurze praktische Anleitung zum Obstbau von Heinrich Graf Aaelmann" zugestellt werden.
Calw, 24. Nov 188l. Der Vereinsvorstand:
F l a x l a n d.
E. Horlacher, Secr.
Der Soldat zog ein Taschenbuch aus der Brustkasche seiner Uniform, und holte einen erbrochenen Brief daraus hervor, den er entfaltete.
„Ja. das ist mein Brief!" rief freudig der Advokat.
„Sie sprechen da,in von einer Eröffnung, die Sie nur mündlich mir zu machen vermöchten," sagte der Graf, die Augen aus das Papier geheftet; „ich bin bereit, sie zu hören, doch soffen Sie sich kurz, weine Zeit ist gemessen."
' „Ich habe Ihnen ein Kapital von hunderttausend Gulden gerettet, das zur Empfangnahme bereit liegt."
„Herr Ferenz," ries Jauo?, „was sagen Sie?"
„Die Wahrheit Ich ahnte nach der unglücklichen Schlacht den Verlauf der Dinge, und da sich wir eine günstige Gelegenheit bot, veräußerte i-d vor der ilonficcat'on des Gutes die Aecker und Wiesen jenseits der Save, so wie alles Mobiliar, was zu demselben gehörte Der gerichtlich bestätigte Kauf, den ich als unbeschränkter Bevollmächtigter vollzogen, gestattet k-inen Widerruf — Herr Graf, nehmen Sie Ihr gerettetes Vermögen in Empfang."
Schweigend umarmten sich die beiden Männer.
„Freund," rief bewegt der Gras, „Sw haben mir einen Dienst erwiesen. der mich unendlich glücklich macht, einen Dienst, den ich Ihnen nie vergelten kann l Als ersten Dank, zolle ich Ihnen mein unbedingtes Vertrauen. Man verfolgt die Gräfin Andrasy, meine Braut."
„Thekto, Ihre Braut? Herr Graf, noch ist sie geborgen."
' „Wie. Sie kennen ihren Aufenthalt?"
„Noch mehr, in diesem Augenblicke trifft sie die erste Vorbereitung zu ihrer Rettung, darum ist sie abwesend."
„Ich suchte sie in der Küche,"
„Sie ist auf meinem Zimmer, um meine Kleider anzulegen."
„Sie unterstützen meinen Plan — am Ufer der Save im Garten liegt ein Kahn —"
Die taktmäßigen Schritte einer Patrouille ließen sich in der Straße vernehmen.
„Großer Gott l" rief Ferenz. „Gehen Sie an das Ufer, ich folge im Augenblicke mit der Gräfin!"
„Edier Mann, der Himmel lohne Ihnen!"
Der Soldat verließ eilig das Zimmer und stürzte in den Garten hinaus. Als Ferenz auf die Hausflur trat, hörte er, daß die Patrouille im Nachbarhause Nachsuchung hielt. Wie ein Pfeil flog er die Treppe hinan und klopfte leise an die Thür seines Zimmers.
„Ich bin es, Ferenz!" flüsterte er dabei.
Die Thür ward von Innen geöffnet, und die Gräfin, als Mann gekleidet, erschien an der Schwelle. Das schöne Haar hatte sie unter einer Mütze verborgen, welche Ferenz auf seinen Reisen zu tragen pflegte. Vorsichtig schloß er die Thür wieder. Thekla stand in der Milte des Zimmers.
„Nehmen Sie meinen Mantel," flüsterte er, „er hängt im Nebenzimmer dort, Sie werden seiner bedürfen."
Die Gräfin eilte in das bezeichnete Zimmer, die Hast des Advokaten ließ sie die größte Gefahr ahnen. Ferenz erschloß rasch einen Secrrlär, und hotte einen großen, schweren Geldbeutel daraus hervor.
(Fortsetzung folgt.)