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Polizeikommissär All Ing er. derzeit Dtadtschultheißenamtsverweser hier, Amtsrichter Adam in Brockenheim. Oekonomieverwalter Appenzeller in Schussenried, früher Schultheiß in Laichingen, Sekretär Bischofs in Heilbronn und Stadtschultheiß M a i e r in Langenburg. Die Wahl de« neuen Stadtschultheißen soll am 24. d M. stattfinden.
* Von der Jag st, 8. Nov. Heute hat man in Langenburg Hrn. Asm. G. F. Bauer im Alter von 79 Jahren zur ewigen Ruhe bestattet. Vor etwa 2 Jahren wurde dem würdigen Greise die Freude zu Theil. mit seiner Gattin die gold. Hochzeit feiern zu können. Seine beiden Brüder, Albrecht Bauer, Ksm in Künzelsau und Kreismedizinalrath vr. Bauer in Reutlingen, dem Verlebten im Tode vorangegangen, feierten auch jeder fr. Zt. die goldene Hochzeit. Ksm. Bauer war der Fabrikant der Langen- burger „Wibelenjene« feinen Pommeranzengebäck«, da« sowohl im Schloss« de« Fürsten, als in der Wohnung des Bürger« sich bleibenden Eingang verschafft hat. — Die seit einigen Tagen herrschende milde Witterung hat unfern im Wachsthum zurückgebliebenen Saaten sehr wohl gethan. Einzelne Frühlingsblumen, wie Veilchen, gelangen zur Blülhe, Schmetterlinge kommen hie und da zum Vorschein, der Altweibersommer fliegt nochmals dahin und zu guter Letzt schwärmte am Samstag ein Bienenstock zum zweitenmal.
Crailsheim. 9. Nov. Die Hetzereien d-s Wahlkampfes beginnen bereits Früchte zu tragen. Gestern Abend waren einige Bürger. Anhänger des Fürsten Hohenlohe, in einer hiesigen Wirthschaft versammelt und sprachen über dis bevorstehende Wahl. Plötzlich flog ein Stein zum Fenster herein, der zum Glück Niemand traf. Von dem Thäter war keine Spur zu entdecken, weßhalb vermachet wird, daß er in ein Nachbarhaus flüchtete. Es ist nachgerade höchste Zeit, daß der Wahlkampf zu Ende geht, Spuren wird er auf längere Zeit zurückwssen,
Karlsruhe, 8. Nov. Ueber das Befinden jdes Großherzogs erhält die Karlsr. Ztg. aus Baden folgende Mittheilung: „Die schon am gestrigen Vormittage wieder austretende Temperatursteigerung erreichte um 4 Uhr Nachmittags bei einem Pulse von 108 Schlägen ihren Höhepunkt, hielt sich bis Mitternacht auf annähernd gleicher Stufe und begann dann langsam zu sollen. Das Allgemeinbefinden war mit Ausnahme größerer Unruhe nicht wesentlich alterill. In der Nacht schlief der hohe Erkrankte viel, gegen Morgen war der Schlaf ruhig. Um 6 Uhr Morgens trat starker Schweiß ein, der unter beträchtlichem Temperaturabfall bis gegen 9 Uhr anhielk. Ein mit dem Herabsinken der Temperatur eintretendes größeres Schwächegefühl konnte bald beseitigt werden. Im weiteren Verlaus des heutigen Tages erscheint der Gesammtzustand Seiner König! Hoheit den Umständen nach zufriedenstellend."
Mainz, 3. Nov. Der Redakteur der hier erscheinenden „M ainzer Nachrichten" wurde heule von der Strafkammer des hiesigen Landgerichts aus Anlaß eines Artikels, betitelt: „Zur Jmpffrage" zu einer Geldstrafe von 10 und den Kosten verurtheilt. Ji dem vorgenannten Blatt war in einer Korrespondenz aus Kastei behaupiet worden, daß in Folge za starker Jmpkung ern dortiges Kind gefährlich erkrankt sei Der mit der Impfung betraute Kreisassistenzarzt Dr. Spumer hatte wegen dieser Mittheilung eine Klage auf Beleidigung gegen das Blatt erhoben, wurde aber von dem Schöffengericht abgewiesen, indem dasselbe die Absicht, zu beleidigen, nicht zu finden vermochte und annahm, daß hier nur die erlaubte Kritik einer wissenschaftlichen Leistung vorliege. Die gegen dieses Urtheil seitens der Amtsanwoltschaft ergriffene Berufung führte zur Ver- vrtheilung des Redakteurs. Das Landgericht hielt die Behauptung, daß das Kind an za starker Impfung erkrankte, für widerlegt und erblickte dementsprechend in der Miltheilung eine Beleidigung und Herabwürdigung des Arztes in seiner Berufsehre. Bezüglich der von dem eisten Richter angenommenen erlaubten Kritik einer wissenschaftlichen Leistung führte das Urtheil aus, daß solche Kritik sich nur auf Privatpersonen, nicht aber auf Beamte in Ausführung ihres Dienstes erstrecken dürfe.
sAus der Reichshauptstadt.) In Bethanien ist kürzlich eine Operation vorgcmommen worden, die in ärztlichen Kreisen lebhaftes Interesse erregt hat. Der Buchhalter des Kaufmanns R. hier, Sohn eines Lehrers aus dem Posen'schcn, war zu Pfingsten nach Horste gefahren und
hatte dort auf einem Spaziergange eine Kornähre in den Mund genommen und au« Versehen geschluckt. Unter schrecklichen Qualen hat der junge Mann lange Zeit in Bethanien zugebracht. Jetzt erst hat man durch eine Operation am Rücken des Patienten die Sehre wieder zu Tage gefördert. Dieselbe hat, Berliner Blättern zufolge, ihren Weg durch die Luftröhre genommen und auch die Lunge etwa« verletzt. Der Operirte befindet sich leidlich gut.
Berlin. 9. Nov. Gestern sollte Hasenclrver hier sprechen, der Saal der Eiskeller« war von Tausenden von Arbeitern besetzt, die Polizei forderte jedoch Hosenclever auf. den Saal zu verlassen, welcher Aufforderung dieser unter Hochrufen seiner Parteigenossen Folge leistete.
— In Bre«lau haben die Konservativen und Fceikonservativen in der Stichwahl in beiden Wahlkreisen für die sozialdemokratischen Kandidaten gestimmt, welche denn auch über die fortschrittlichen gesiegt haben. In der Houptwahl erhielten die Sozialcemokraten Hasencleoer und Kräcker dort 5242 und 4955. dagegen in der Stichwahl 8457 und 8359 Stimmen. Die vereinigten Konservativen hatten bei der Hauptwahl 4152 und 3430 Stimmen aufgebracht. Man erkennt also, daß die Zunahme der Stimmen, welche die Sostaidemokrateu erhielten, mit dieser konservativen Stimmenzahl im Einklänge steht. Nur wenige Konservative haben sich der Wahl enthalten. Eine nach Tausenden zählende Menge, fast durchweg Sozialdemokraten, erwartete Abends am Ringe das Wahlresultat. Auf die stegreichen Kandidaten Hasenclever und Kräcker wurden stürmische Hochs und Hurrahs aus- gebrachl, abwechselnd wurde Hep! hep! und Juden raus! geschrieen. Die Polizei war in großer Stärke am Platze. Zahlreiche Verhaftungen wegen Ruhestörung wurden vorgenommen.
Madrid, 8. Nov. Bei der Explosion in der Kohlengrube Balmes blieben 15 todl und 5 wurden schwer verwundet.
Zürich, 7. Noo. Die Kommission für die schweizerische Landesausstellung im Jahre 1883 hat in der heutigen Sitzung von den Offerten einstimmig als Aurstellungsplatz den sogenannten Platz spitz gewählt d. h eine nördlich des Bahnhofes aus beiden Usern der Sihl gelegene Flüche. Die eine Hälfte besteht aus der prachtvollen Promenade, die mit dem Denkmal deS Jdyllendichters Geßner geschmückt ist. Für Unterhaltungszwecke ist am Süsende der Stadt der Platz bei der „Tonhalle" zur Verfügung gestellt. Die Ausstellungsordnung wurde von der Kommission feftgestellt und es enthält dieselbe folgende Hauptpunkte: Nur schweizerische Erzeugnisse der Industrie, der Gewerbe, Kunstgewerbe, bildenden Künste, Landwirthschaft und Rohprodukte werden angenommen. Die Ausstellung dauert vom 1. Mai 18'3 bis ..0. Sept. 1883. Gratis wird dem Aussteller der Platz geliefert, Wasser, Dampf, Gas und Betriebskraft der Maschinen, ebenso Magazinirung der leeren Kisten und beaufsichtigendes Personal. Er hat dagegen für Installation, Transport und Reinbaltung zu sorgen, auch werden die nach einheitlichen Piänen erstellten Tische, Schränke rc. auf seine Kosten erstellt und gleicherweise die Feuerversicherung. Zwar ist eine Prämckrunz beschlossen, aber noch nicht dis Art derselben, da man die Unzukömmlichkeiten, die sich auf andern Ausstellungen in dieser Beziehung ergeben haben, vermeiden w-ll. Der Veranstaltung einer Lotterie begegnet bis jetzt heftiger Widerspruch. — Eine Kommission wird dem Bundesrath das provisorische Budget und alle Akten überreichen, um von ihm dis Zusage der nölhigen 400,000 Fr Subvention zu beschleunigen.
P a r i s, 6 Nov. Die Vereinigung deutscher Studirer- der hier, macht bekannt, daß sie, wie im vorigen Semester, so auch in diesem, sich bereit erklärt, denjenigen deutschen Sludirenden, welche die hiesige Unioersnäl zu besuchen beabsichtigen, alle Anfragen über hiesige Universiläts- und Lebens»erhällnisse zu beantworten. Schriftführer des KomiteS ist Egmont Werner, Stuck, ebem. Rus Larrey Nr. 1 (Place Monge)
Vermischtes.
— (Eine Tragödie der Zukunft.) Der Direktor des Stadt- theaters in Köln erhielt vor einigen Tagen eine Postkarte mit wörtlich folgendem Inhalt: „Löbliche Tyeaterdireküon! Ehrerbietigst erlaube ich
VI.
Der Wittwer.
Zehn Ubr war vorüber, und die Wächter sangen ihr Nachtlied in den Straßen Semlinr, die zu gleicher Zeit von den ersten Patrouillen der Schutzwehr durchzogen wurden Da läutete die Glocke der Apotheke. Niklas öffnete die Thür. Herr Czabo, in der vollen Uniform des Commandanten, trat ein. Er kam von dem Rathhause, wo die Ossiziere der Schutzwehr eine Versammlung abgehalten hatten.
„Wo ist Netti?" fragte er leise.
„Fräulein Netli ist zu Bett gegangen, weil sie gesagt haben, daß Sie um Mitternacht erst zurückkehren würden "
„So dachte ich; unsere Berathung ist früher beendet."
Herr Czabo trat in dar Schrcibstübchen neben der Apotheke, und erkundigte sich, wie er stets pflegte, nach dem, was in seiner Abwesenheit an Medikamenten geholt war.
„Ist sonst Nichts vorgefallen?"
„Mas meinen Sie, Herr Czabo?" fragte Niklas.
„Nun, wir haben Einquartierung — es wäre doch möglich, daß-"
„Daß der Korporal. der mir ein flotter Bursche zu sein scheint, sein Gartenhaus verlassen hätte?" fuhr Niklas fort, um das Gespräch auf den 'Punkt zu bringen, wohin er es haben wollte.
Der Commandant sah seinen langen Gehülfen mit großen Augen an.
„Der Soldat kann die Gartenthür nicht erbrechen — ich trage den Schlüssel hei mir. Hat er an die Thür geklopft?"
Nikla« grinste, a!» ob er nicht mit der Sprache heraus wollte.
„Nun ?" fragte ungeduldig der Apotheker. Har er an die Thür geklopft?"
„Nein, an die Thür nicht, aber an das Fenster, das sich nicht weit von dieser Thür befindet."
„An das Küchenfenster?"
Der lange Mensch nickte mit dem Kopse.
Herr Czabo griff wie krampfhaft nach dem Degen an seiner Seite.
„Niklas." sagte er leise, „ich muß wissen, was in meinem Hause vorgeht, zumal jetzt, wo die ganze Stadt ihr Augenmerk aus mich gerichtet hat. Du begreifst daß meine Ehre-"
„So dachte auch ich. Herr Czabo, und deßhalb legte ich wich auf die Lauer, als ich das Klopfen erst an der Thür und dann am Fenster hörte. Ich schwieg, weil ich in der Nacht kein Aufsehen erregen wallte."
Herr Czabo schloß leise die Glasthür der Schreibstube, dann fragte er leise:
„Was hast Du gehört und gesehen?"
„Gesehen habe ich Nichts, aber gehört desto mehr."
„Erzähle, meine Ehre erfordert, daß ich Alles weiß!"
„Ja, Ihre Ehre erfordert es. und darum will ich sprechen!" sagte Niklas, per sich entrüstet stellte. „Einige Minuten nach dem Klopfen schlich ich also an die' Küche. Es war dunkel, und die Kathi, die sich wahrscheinlich sicher vor mir glaubte, hatte di« Thür ihrer Kammer offen gelassen. Kathi lag im Fenster, de? Korporal stand draußen. Der Kerl muß eine gute Nase haben, denn er hatte richtig da» Kammersenster ausgewittert."
(Fortsetzung folgt)