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pen im Fort 8 in die Luft geflogen. Ein Offizier und ein Fähnrich, die dort dienstlich anwesend waren, sind unter den Trümmern begraben.
— Bremen, 25. Okt. Der Lloyddampfer Donau überbrachie wieder wie Ende Oktober vorigen Jahres eine Sendung kalifornischer Lachseier. Dieselbe bestand aus 400.000 angebrüteten Eiern. Mit Ausnahme von 50,000 Stück, welche Herr Buffe in Geestemünde für seine Fischzuchtanstalt in Hosermühlen erhielt, war die werthvolls Sendung für den deutschen Fischerverein bestimmt. Zur Uebernahms des Transports hatten sich der Gu-sbesitzer Eckardt aus Schlesien, sowie der Fischzüchler Koch von Radolfzell am Bodensee nach Bremerhaven begeben. Letzterer Herr übernahm die Hälfte sämmtlicher Eier, um sie den Anstalten de« Oberbürgermeisters Schuster zu Freiburg i. Br. zuzusühren. Nach dem in etwa 14 Tagen erfolgenden Aurschlüpfen der kleinen Lachse verleben dieselben noch längere Wochen in der Brutanstalt, bis der Dottersack, der ihre erste Nahrung enthält, verschwunden ist, mn dann in süddeutschen Gewässern ausgesetzt zu werden.
— Bremen, 26. Okt. Der Pofldampfer Habsburg, Capt. R. Ringk. vom Norddeutschen Lloyd in Bremen, welcher am 12. Okt. von «Bremen obgegangen war, ist gestern 12 Uhr Nachts wohlbehalten in New- Jork angekommen.
— Bremen. 27 Okt. Der Postdampser Weser, Capt. H. Bruns, vom Norddeutschen Lloyd in Bremen, welcher am 12 Okt. von Bremen ab- gegangen war, ist heute Morgen wohlbehalten in Baltimore angekommen.
— Berlin, 26. Okt. Ein Zeichen für das Wohlbefinden des Kaisers ist dessen nunmehr gefaßter Beschluß sich an der Jagd in Mecklenburg zu betheiligen. Der Kais-r reist morgen 'Nachmittag nach Ladwigslust ab und kehrt von dort am Sonntag hierher zurück. — Der Kaiser hat sich am Mittwoch Mittag in die Wohnung seines Generals ä la suite Gras Lehn- ldorff begeben, um dort Pathenstelle bei dem erstgeborenen Söhnchen zu verrichten. Nach Uebtrretchiing der Taufgeschenke an dis Mutter des Täuflings, welche in einem prachtvollen goldenen Armband von dem Kaiser, zmd einem Blldniß der Kaisern, von derselben bestanden, nahm der Kaiser zugleich Gelegenheit, dem Generalfeldmarschall Grasen Molike unter vielen herzlichen Worten und mehrfachem Händedruck zu seinem Geburtslage, den er an diesem Tage stierte, zu gralulicen. Als Palhen fungirten außer dem Kaiser noch in Stellvertretung des Reichskanzlers Fürst Bismarck dessen Schwiegersohn, Legalionsrath Graf Kuno zu Rantzau, und General- feldmarscholl Gras Molike, welche drei abwechselnd den Täufling hielten, ferner noch Gräfin Maria Dönhoff-Friedrichstein und Frau v. Gerlach- Rohrbeck.
— Berlin, 28. Okt. Der Wahltag verlief, abgesehen von kleineren Reibereien, trotz vielfacher Provokalionen der Antisemiten, in vollster Ordnung In den Straßen des ersten Wahlbezi ks, wo Ludwig Löwe als liberaler Candidat ouigrstellt war. fand man Hunderte von Zetteln mit der ausgediuckten JnschrM versehen: „Wählet keinen Juden!" Dieselbe Inschrift war auf den Trottoirs schablonirl zu lesen. Zahllose Plakate mit den Porträts der antisemitischen Kandidaten, deren Lebensgrschichte enthaltend, wurden verihtilt Die ganze Geschichte ist aber jämmerlich in's Wasser gefallen, denn Henrici brachte es auf 880 Stimmen. Die Sozialisten agitirten aus's eifrigste, jedoch Aussehen vermeidend. Die Be- Iheilizung der Wädler war außergewöhnlich zahlreich.
Wien, 27. Okt. Von den italienischen Gästen ist es besonders die anmutysvolle Königin Margherita, welche die Sympathie der Wiener gewonnen hat. Die B.älter beschreiben ihre eleganten Toiletten mit einer Genauigkeit, die nichts zu wünschen läßt.
— Ueber die Mißhandlung der italienischen P lger dinch den römischen Pöbel am 18 Ok-ober berichtet der liberale „Meffaggiero": Schon bei dem Bettelen der Kirche wurden dis Pilger, ohne daß sie irgend welchen Anlaß dazu boten, mit Zischen, Geschrei und Pfeifen von den Radikalen empfangen. Jn'Folge der Ermahnungen der Polizei ließ das nach. Als aber die Pilger 9>/z Uhr Abends aus der Kirche traten, begann das Geschrei, Pfeifen uns Zischen ärger als vorher. Aber schon vorher hatte dis draußenstehende Menge wiederholt gerufen: „Nieder mit dem Pabst, auf zum Vatikan, nieder mit den Klerikalen! Das Geschrei artete bei dem
Austritt der Pilger aus dem Golteshause in einen wahren Orkan au«. Polizisten, Carabinieri und Bürgergarden liefen rathlos hin und her. Um sich zu retten, flüchteten die Pilger nach der Boschettostraße, doch da wurden sie mit einem Hagel von Steinen empfangen, der sie zur Umkehr nöthigte. Geistliche wurden auch mit Stöcken angefallen und verwundet. Vier durch Steinwürfe Verwundete mußten in's Lazareth gebracht werden. Die Polizei hat sieben von den Ruhestörern verhaftet.
N e w y o r k. 24. Okt. Eire Depesche aus Hannibal (Missouri) meldet einen ferneren Dammbruch unterhalb jenes Ortes, der dadurch verursacht wurde, daß der Mississippi seine Ufer überstieg Es heißt, daß von den 60 Meilen Land, die durch den Damm geschützt werden, gegenwärtig nur 6 n icht unter Wasser sieben. __
Vermischtes.
Ein origineller Engländer begab sich in diesen Tagen auf den Schnepsenstand in der Umgegend von St. Petersburg und hatte das
Glück mehrere Schnepfen zu schießen. Tags darauf begab er sich in ein
Waffenmagazin und verlangte 2000 mit seinem Schrot gefüllte Patronen. Iw Magazin fiel es auf. daß er eins solche Menge verlangte und wünschte man darüber Auskunft. Der Jäger gab daraufhin folgenden Bescheid: Am Tage vorher habe er eins s.hr glückliche Jagd gehabt und habe ihm
dieselbe so gefallen, daß er di selbe ein ganzes Jahr hindurch sortsetzn wolle.
Die Schnepfen zögen jetzt nach dem Süden Rußlands, er werde mit ihnen ziehen. Sodann zögen sie nach Persien und auch dahin wolle er ihnen.folgen ; von dort zögen sie nach Afrika, er wolle sie auch dort aussuchsn. Aus Afrika kämen sie wieder in unsere Gegend zurück, und da er mit ihnen Herkommen wolle, so sei er selbstverständlich, daß er einer großen Menge Patronen bedürfe. In Folge dieser Erklärung schwand jeder Verdacht, daß, er einen schlechten Gebrauch von seinen Patronen machen wolle.
Die größte Kälte der Erde, welche bis jetzt überhaupt beobachtet worden, besitzt rach dem eben erschienenen großen Werke über „die Tempe- raturverhättnisss Rußlands, bearbeitet von Wird" Werchojansk in Sibirien ( 6 ?o 84 - N. 00 Meter Seehöhe) Jakute! hat mithin seinen Ruhm, die niedrigste bekannte Winterlemperatur Asiens zu besitzen, verloren. Dem genannten Werke zrOolgs beträgt dis mittlere Jahr-slemperatur von Ja- kutsk — 11,2 C., von Werchojansk — 16 , 7 « C Mit wahrem Frösteln lesen sich des letzten Ortes mittlere Monatstemperaturen: Januar — 45,?o C, Februar 49,0» C., sowie die größte daselbst und überhaupt beobachtete Kälte — 63,2 C, (am 30. Dezember 187l)I Mit lebhaften Farben und übereinstimmend wird von Gewährsmännern die selbst für Sibirien alles Maß übersteigende Kälte der Gegend von Werchojansk geschildert: „Ein dreifacher Rennthierpelz", heißt es, ist kaum im Stande, das Blut vor dem Erstarren zu schützen. Jeder Aihemzug bringt ein unerträglich krankhaftes Gefühl in der Kehle und in der Lunge hervor. Der aurgehauchie Wasser- damps gesrierl augenblicklich und verwandelt sich in seine Ersnadetn, die durch Aneinanderreihung ein beständiges Knistern in der Luft hervo bringen. Die ganze Karawane ist beständig in eine dicke, blaue Wolke gehüllt, die durch den Alümun aSpro>-ß von Menschen und Thieren hervorgeb'acht wird."
Handel und Verkehr.
Weinpreife
— Stuttgart Amt. Degerloch, 29 Okt. 125. 128, 130 bis 110 -4L pr. 3 Hekt. Preise gesunken; noch feil 450 Heki. Käufer erwünscht.
Cannstatt. Fellbach, 28. Okt. Bis auf ca. 60 Hekt. Alles zu den seitherigen Preisen verkauft. Letzte Anzeige.
— Eßlingen. StadtEßlingen, 28. Ott. Gesellschastskelter: Vorr. noch 30 Hekt. Käufer erwünscht. Sulzgries. 100 bis 105 -4L pr. 3 Hekt. Vorr. 250 Hekt. — Rüdern. 90 bis 110 pr. 3 Hekt. Vorr. 200 Hekt. —Wäldenbronn. 95 bis 100 pr. 3 Hckt. Vorr. 60 Hekt., worunter uoch größere Quanta erster Qualität. — St. Bernhard. 90 —95 pr. 3 H kt. Vorr. 30 H kt
— Marbach. Mundelsheim. 28. Okt. Bei dem heut. Verkaufs aus den hojkammerl. Weinbergen wurde nur eine kleine Parthie Roihes um 86 -4L pr. Heki. abgegeben. Gewicht: Roth (meist Trollinger)' 80—8^o, gemischt Weiß 82" Nißüng 91<>.
„Fräulein Tochter!" fragte der Sohn des Mars mit einer Protecior- miene, die zugleich auch den Kenner verrieth.
„Ja. mein Herr."
Der Korporal wandte sich mit großer Unbefangenheit zu Netti.
„Fräulein Czabo ist der Inbegriff aller Vorzüge des schönen Geschlechts," sagte er sehr galant. „Ich mache Ihnen mein Compiiment."
Die Ungezwungenheit des Gastes schien dem Apoiheker nicht zu behagen, kenn wre Nrk.as, so dachte auch er mit Schrecken an den Eindruck, den die reizende Kathi ausüben werde, außerdem war der schöne Korporal ein gefährlicher Rival. Er trat rasch zu seiner Tochter und sagte in einem unwilligen Tone:
„Herr Korporal, meine einzige Tochter Netti!"
„Bei Gott, ein schöner Name; aber schöner noch ist das Gesicht!"
„Verzeihung, mein Herr," unterbrach ihn Herr Czabo, „ich muß Ihnen bemerken, daß meine Tochler Braut ist, und vielleicht in einigen Tagen schon iyre Verlobung feiert — mit einem wackern jungen Manne. Sind Sie noch im Orte, so lode ich Sie hiermit dazu ein."
„Ich nehme die Einladung an!" rief heiler der junge Mann.
„Kathi, Kathi!" rief Netti an der halb geöffneten Thür.
„Gleich, Fräulein Nelti, gleich I" Hörle man draußen die Stimme der Köchin rufen.
Herr Czabo war bestürzt.
„Was soll Kathi?" fragte er eifrig.
„Unserm Gaste das Zimmer anweisen," antwortete Netti.
Der alte Apoiheker begriff stzine Unvorsichtigkeit. Hier galt es, gute
Miene zum bösen Spiele machen, wenn er ferne Liebe zu der schönen Köchin nicht verrathen wollte
„Mein Kind," fragte er unruhig, „welches Zimmer hast Du gewählt ?"
„Unser Gartenpavillon ist bequem eingerichiet —"
„Vorlresflich I" rief Herr Czabo. „Daran hätte ich wahrlich nicht gedacht! Ich selbst habe ja den ganzen Sommer darin gewohnt und geschlafen. Ich trage den Schlüssel in der Tasche — kommen Sie, mein Herr, ich selbst werde Ihnen das Quartier anwersen. Kathi kann in der Küche bleiben und das Abendessen voibereilen "
Aber Kachi trat schon in das Zimmer. Die Köchin sah reizend aus. Der Korporal wandte sich und sah die Magd, die mit niedergeschlagenen Blicken neben der Thür stand. Als ob ein jäher Blitz alle seine Glieder gelähmt, stand er wie Loi's Salzsäule in der Mitte des Zimmers.
„Das dachte ich mir!" flüsterte Herr Czabo vor sich hin, indem er den Schlüssel zu dem Pavillon in seinen Taschen suchte. „Der Kerl ist wie ' geblendet von der schönen Kathi!"
Jetzt sah Kathi auf Bestürzt starrte sie den Soldaten an. Als ob sie sich der forschenden Blicke deS Korporals schämte, senkte sie rasch die Blicke wieder zu Boden.
„Geh' in Deine Küche." befahl Herr Czabo. „Ich selbst werde den Herrn führen. Du hast viel zu thun, mein Kind; vergiß nicht, daß wir diesen Abend einen Gast zu versorgen haben."
Kathi und Netti verließen das Zimmer. Der Korporal starrte ihnen nach.
(Fortsetzung folgt.)