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cher Osfizierskajüte ausgestellt wurde. Die neue Panzerkorvette »Bayern* macht noch Probefahrten in die Kieler Bucht, um ihre Maschinen zu regu- liren. Sonst ist e» im Hafen still und die meisten Kriegsschiffe liegen abgetakelt in den Docks. — Die Verheerungen, die der Orkan am 15—16. Oktober an der gesammten deutschen Ost- und Nordseeküste angerichtet hat, find entsetzlich, und noch immer kommen neue Hiobsposten von gescheiterten und untergegangenen Schiffen aller Art. ertrunkenen Seeleuten und Fischern, umgeworfenen Gebäuden, abgerissenen Dächern, entwurzelten großen Bäumen, Ueberschwemmungen durch das Hochwasser der Flüsse, erschlagenen Menschen, kurz von Unglückrfällen aller Art. Denkt man dazu an die fast völlige Mißernte von Getreide in Holstein und Mecklenburg, so wird man die gedrückte Stimmung unserer Provinz begreiflich finden.
— Dr. Strausberg hat, wie der »Börsen-Courier" mitlheilt, von der türkischen Regierung die Konzession für den Bau der Euphratthalbahn erhalten.
— Adeline Patti ist am Samstag mit dem Cunard-Dampfer Algeria nach New-Aork abgereist, wo sie am 9. November ihr erstes Konzert gibt.
Wien, 25. Okt. König Humbert von Italien und Königin Margherita treffen Donnerstag Abds. halb 8 Uhr auf dem Südbahnhofe ein. wo sich der Kaiser und die Kaiserin zum Empfange einfinden werden Auf Befehl des Kaiser« werden morgen alle Erzherzoge in Wien ein- treffen. Kronprinz Rudolf und Kronprinzessin Stefanie kommen morgen um 9 Uhr 15 Min. Abds. in Wien an. Außer dem Kronprinzenpaar treffen morgen auch Prinz Leopold und Prinzessin Gisela und der Herzog Ludwig von Bayern hier ein. Der ital. Botschafter, Graf Robilant, w»rd morgen früh in Begleitung des Obersten Lanza und de« Attaches Costa mit dem Eilzuge der Südbahn Wien verlassen, um sich zur Begrüßung des Königs und der Königin von Italien nach Pontebba zu begeben, wo er sich dem königlichen Hofmge anschließen wird. Das Hofpersonal, welches das Dejeuner tn St. Michael und da« Diner in Mürzzuschlag secviren wird, ist heute früh von hier abgereist.
Paris, 25. Okt. Baron JamesRothschild, Sohn des Barons Nathanael Rothschild, ist heute früh plötzlich gestorben.
Paris, 25. Okt. Der Deputirte Amödöe Le Faure setzt im „Telegraphe" seine Berichte ausTunis fort; wir entnehmen seinen heule veiöffenilichten Briefen folgende Einzelheiten: »In Djerba liegen zwei<Mita>llone unter kleinen Zellen, auch die Kranken; die Hitze erreichte 53 Grad Celsius. Alles fehlte: Wasser, Medikamente, Lebensmittel und sogar Zelle, die am 20. Juni verlangt wurden und erst am 10. Sept. ankamen. Auch ist die Sterblichkeit entsetzlich. Bis vor acht Tagen hatten die zwei Bataillone von je 40o Mann 73 Tobte und die Zahl der Kranken betrug 90, ohne daß ein Hospital oder Lazareth .vorhanden wäre. . . In Sfax waren die Offiziere nach dem Gefecht genöthigt, ihre Hemden herzugeben, damit man die Verwundeten verbinden konnte. Die Tobten wurden nicht tief genug begraben: in Folge dessen nahm die Sterblichkeit in bedauerlicher Weise zu. Es wurden Typhusfälle konstatirt. In der Kasbah haben wir 1000 Gefangene. . . . Man wird von Tunis aus nach allen Richtungen mobile Kolonnen ohne Tornister ausschicken. Die drei Neuangekommenen Bataillone sollen hauptsächlich zu diesen RekognoScirungen verwendet werden. Man bildet ein aus Franzosen und Turwsisru gemischtes Freiwilligenkorps unter dem Kommando französischer Offiziere." In einem anderen Briefe tadelt Herr Le Faure lebhaft die ganze Expedition nach Kern an, welches man von Susa aus ohne große Opfer nehmen. konnte, während das Corps Sabattier bereit» üoO Kranke nach ^ Tunis zurückgeschickt habe. Ferner sei der Train an Zahl und Ausbildung durchaus ungenügend. Ein weiterer Gegenstand der Kritik ist für den militärischen Schriftsteller die Art der überseeischen Truppenbeförderung: „Die Marine hat keine Transportschiffe, ja nicht einmal Landungsboote. Die Kriegs-Verwal:ung schließt keinen Vertrag mit der transatlantischen Compagnie ab. so daß der Staat für die Beförderung eines Pferdes, die einen Privatmann 80 Francs kostet 90 Francs bezahlt Die Kriegsverwaltung zahli für die Tonne Fracht von Marseille noch Tunis 31 Francs, der Kaufmann 24. Und seit sechs Monaten sind die Schiffe der Compagnie vom Kiel bis zum Hülten-
deck gestopt voll! Die „Ville de Barcelone," mit der ich kam, hatte eine militärische Ladung, welche 18,000 Franc» Fracht kostete. Nichts war vorbereitet, keine Karte stand zur Verfügung. Man sendet Offiziere. die Umgegend von Bizerta aufzunehmen, und nach gethaner Arbeit fanden wir tn Tunis eine vortresfliche, erst ein Jahr alte Karte im Maßstab von '/rwoo - - - U"d dieses Unerhörte, unsinnige Sichkreuzen von Truppen, die aus Frankreich kommen und andern, die dahin zurückkehren! Und diese Befehle und Gegenbefehle, diese Expedition, welche in dem Augenblick aufhört, wo sie anfängt, oder in dem Augenblicke ansängt, wo sie aufhört — nein, es ist zu traurig! Man wird für mildernde Umstände plaidiren können; ich bin der Erste, sie geltend zu machen, aber für „nicht schuldig" plaidiren ist unmöglich. (Frkf. Ztg.)
Havre, 26. Okt. Bei dem B ankett gestern Abend nahm G a m- betta das Wort, hielt aber keine politische Rede. Er besprach nur lokale Angelegenheiten, wobei er erwähnte, daß er nach Deutschland gereist sei, um über dis Verkehrsentwicklung in den Häfen von Bremen, Hamburg, Lübeck und Stettin sich zu unterrichten. Die Entwicklung der kommerziellen, maritimen und industriellen Interessen sei eine das Landerwohl fördernde Ausgabe der Republik. (Durch diese Molivirung der vielbesprochenen Reise werden diejenigen überrascht sein, welche keinen andern Reisezweck zu entdecken vermochten, als den einer Begegnung mit Bismarck. Ausgeschlossen bleibt dadurch diese letztere freilich immer noch nicht. Man darf sich im Gegentheil wundern, daß Gambetta seine Aufmerksamkeit, abgesehen von Bremerhaven und Hamburg, kleinen Hasenanlagen, wie denjenigen von Lübeck und Stettin, eine so eingehende Aufmerksamkeit geschenkt hat, während man nicht hört, daß er die ihm viel näherliegenden Häfen Antwerpen, Amsterdam, Rotterdam besucht hätte; auch konnte er seinen Zweck durch eine Reise über den Kanal vermuthlich noch besser erreichen, ohne daß er Gefahr lief, daß seiner Reise andere Zwecke untergeschoben würden. Und wenn die Reise Gambelta's weiter keinen Zweck hatte, als den angegebenen, warum das lange Schweigen der ihm befreu ndeten Biätler?) _
ZLZer»u»scvles.
In einem Vergnügungszug der Eisenbahn von Wien nach Preßburg gerrethen der Meerschaum-Pfeisenschneider Hamzl und Frau Aich- amtsoberinspektor Erlach in Streit. Ec dranule sich eine Cigane an und Sie hatte einen Schoßhund bei sich. Sie wollte nicht leiden, daß Er rauche, weil es stinke und er wollte aus Revanche den Hund nicht zulasten, weil er auch stinke u. s. w. und in den Hundewagen gehöre. Sie thun Ihre Cigarre weg! schrie Frau Erlach. — Sie thun Ihren Pinscher weg! schrie Hainzi. — Frau E.: Ihre Cigarre vergiftet mich! H : Ihne Ihr Pintsch Hot grob a kan Muschkeleller-G^ruch nit. — Frau E. reißt ihm die Cigarre aus d-m Muud und schleudert sie zum Fenster hinaus. Er faßt den Pmsch beim Schwanz, wirst ihn der Cigarre nach und rusr: Such's Cigarrl, Pinscher!, such, such! — Während Er Kopf und Oberkörper noch im Fenster hat und sich nicht rühren kan», fährt Sie ihm mit den Nägeln ins Gesicht und zerkratzt ihn über und über. Die Sache kommt vor's Gericht und Frau Erlach wird zu 50 Gulden Strafe verurtbnit. _
' Calw.
Landwirthschastticher Pezirksverein.
Unter den vielen gegenwärtig zur Anschaffung empfohlenen Kalendern verdient die weiteste Verbreitung unter den Landwirthm „Der schwäbische Bauernfreund, Kalender und Schreidebuch. herausgc- geben von Fr. Möhrli n." Dieser Kalender, der seit einer Reihe von Jahren sich einer großen Beliebtheit zu erfreuen hat. und dessen Kalendarium Heuer erstmals noch mit Schreibpapier durchschossen ist, entMt neben verschiedenen, drm Landwirth nützlichen Tabellen und einem Verzerch.iiß der Märkte insbesondere ein Schreibebuch, welches dazu dienen soll, über die in dem landwirthschastlichen Betrieb wichiigen Vorkommnisse dre nöthigen Auszeichnungen zu machen, die um so weniger entbehrlich sind, je mehr unsere heutigen landwirthschastiichen Verhältnisse auch den mittleren und kleinen Landwirth aus einen geschäftsmäßigen Betrieb der Land- wirlhschaft Hinweisen.
„Sie sind ja ein guter Mensch, Herr Niklas —"
»Kalhi, Sie Hallen mich zurück?" rief er jauchzend.
„Das nun eben nicht rndeß —"
Sie stockte, und setzte ruhig einen Teller bei Seite, den sie in der Hand hielt.
Niklas ließ seine langen Arme sinken.
„Sie hält mich nicht zuiück!" flüsteite er wie zerschmettert vor sich hin. „Das hätte ich nicht gedacht! Leben Sie wohl, Jungfer Kathi, der Korporal hat mir sein Wort gegeben — ich bin angeworben!"
Nach diesen Worten ging er mit langrn Schrillen aus der Küche. Gleich darauf Hörle Kaihi seine Stimme aui der Hausflur rufenr
»Kommen Sie, Herr Korporal, hier ist die Tochter vom Haufe, wenden Sie sich an diese!"
„Der arme Mensch dauert mich," dachte Kathi; „er scheint wirklich seiner Sinne nicht ganz mächtig zu sein. Da spricht er immer noch mit dem eingebildeten Korporal."
Aber Kathi irrte sich, denn Niklas hatte wirklich einen Korporal auf der Hausflur angetroffen, und betrat in diesem Augenblicke das Zimmer, wo Netti mit ihrer Stickerei beschäftigt war.
Der Soldat war ein junger, schön gewachsener Mann mit einem vollen braunen Barte und feurigen dunkeln Augen.
»Heil und Ehre den Schönen!" sagte er mit einer wohlklingenden, männlichen Stimme, indem er Netti militärisch grüßte.
„Eine gefährliche Einquartierung," dachte NrklaS, indem er den schönen Soldaten vom Kopfe bis zu den Füßen betrachtete. „Die fehlt« mir noch t"
Netti hatte ihren Platz verlassen.
»Verzeihung, mein Herr," sagte sie, »darf ich wissen, wen ich die Ehre habe —?"
„Janos Estyi, mein schönes Kind, kaiserlicher Korporal im zwanzigsten Infanterieregiment. Es lebe der Kaiser! Es leben die Schönen! Es lebe der Krieg!"
Mit einem Anstande, der den Korporalen in der Regel nicht eigen zu sein pflegt, lergrrff Janos Esthi die weiche Hand Netti's, und drückte ehrfurchtsvoll einen Kuß darauf, ohne daß es das junge Mädchen verhindern konnte. Nicht ein Korporal, ein Offizier höhern Ranges schien sich in dem Zimmer zu befinden.
»Wenn düser Korporal so wenig Umstände mit Fräulein Netti macht, was wird er erst mit der Köchin thun, wenn er sie fleht?" dachte der zitternde Niklas. „Der Kerl ist im Stande und küßt ohne Weiteres ihren reizenden Mund. Herr Korporal." rief er zornig.
Der junge Mann wandte sich zu ihm.
„Ah. mein Rekrut!" rief er mit Laune. „Ich sehe, mein junger Freund. Sie haben einen unbedingten Berus für das' Heldenhandwerk. Lwbesgram — es ist klar!" fügte er mit einem Seitenblicke auf Netti hinzu. „O, der kleine Gott mit der Binde vor den Augen ist der glücklichste Werber in allen Armeen der Welt!"
„Herr Korporal, was sagen Sie da?" fragte Niklas, der nicht wollte, daß Netti seinen Plan erfahren sollte.
(Fortsetzung folgt.)