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Nro 119
Dienstag, den 11. Oktober L88S
36. Jahrgang.
Kestekkungen aus äas
„Takwer M o ck» e n b k a t t"
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Die Redaktion und Expedition des „Calwcr Wochenblatts."
Politische Nachrichten
Deutsches Reich.
— Kiel, 4. Olt. Moltke hielt im hiesigen Osftzierskafino der Marine eine Rede, in welcher et die Bedeutung des Landheeres und der Marine als die beiden Faktoren für den Schutz des Vaterlandes hervorhob. Zwar (so sprach er) schienen die Aufgaben beider Faktoren, wenn man ihr Leben und Treiben sowohl in Zeiten des Krieges als des Friedens oberflächlich betrachte, sehr verschieden zu sein. Im Frieden müsse nemltch die Grundlage künftiger Siege gelegt werden; das Personal des Heeres habe im Frieden seinen festen Standort auf dem vaterländischen Boden, nur dann und wann sei den Angehörigen desselben vergönnt, auf kurze Zeit in die Fremde zu ziehen. Der Marine liege ee umgekehrt gerade während des Friedens ob, die Ehre des Vaterlandes an allen Orten der weiten Welt zu wahren, der doct wohnenden Landsleuten Schutz zu gewähren und dem deutschen Namen Achtung zu verschaffen. Im Kriege müsse das Heer den glücklichen Ausgang außerhalb der Grenzen des Vaterlandes sicher stellen, während die Marine gerade dann ihre Hauptrolle an den heimischen Küsten spielen müsse. Das Alles seien aber nur scheinbare Verschiedenheiten, der einheitliche Zweck mache im Gegentkeil ein brüderliches Hand in Handgehen beider Faktoren zu einer Nolhwendigkeit, wofern sie ihre Ausgaben voll erfüllen. Unsere Kriegsschiffe könnten auch nur dann unsere Küsten erfolgreich schützen, wenn ihnen diese wiederum feste und sichere Zufluchtsstätten böten, die sie, wie der Vogel sein Nest, noch ihrem Flugs über ferne Meere wieder oufsuchrn könnten. Der Vogel baue aber sein Nest nur an solchen Sollen, wo es nicht leicht sin Opfer des Frevlers werde. Geschützt vor Frevlerhand müßten auch die Nester für unsere Seevögel, die Schiffe der kaiserlichen Marine, sein. Und gerade hierbei käme eine enge Verbindung zwischen Heer und Marin» zum Vorschein. Deßhalb eben seien die anwesenden Mitglieder des großen General- stabee hier in Kiel, um sich an dem Ausbau dieses schönen, herrlichen Marinennestes mit zu betheitigen.
— Ueber einen Theil der w i r t h s ch a f t l i ch e n P l a n e de» R e i ch r- kanzlers gibt die Nordd. A. Z die folgenden näheren Ausschlüsse: Die Aufgabe für die nächsten Jahre aus sozialpolitischem Gebiete besteht darin, an Stelle des gegenwärtigen Armenrechtes, das die Empfänger entwürdigt und die zu den erforderlichen Leistungen Verpflichteten ungleich belastet, eine Organisation zu schaffen', die dem auf dem Felde der Arbeit invalide und erwerbsunfähig Gewordenen einen gesicherten Anspruch auf Versorgung gewährt. Die sittliche Anschauung unserer heutigen Gesellschaft
steht so lange im Widerspruch mit derjenigen Höhe der Kultur, die wir gegenwärtig erreicht zu haben glauben, als nicht das Prinzip offene Anerkennung gefunden hat. daß die Nation ihre auf dem Arbeiissetde invalide und krank gewordenen Mitglieder ebenso gegen Hunger und Noth schützen muß, wie der auf dem Schlachtfelds zum Invaliden Gewordene dagegen schon heute geschützt ist. Diese Versorgung aller zum Selbstunterhalr unfähig gewordenen Arbeiter durch die Gesammtheil der Nation bildet diejenige Form, in welcher der im Sozialismus liegende berechtigte Kern staatlich anzuerkennen ist. und bietet die einzige Möglichkeit, auf eine Milderung der ungesunden Vermögensunterschiede der Jetztzeit hinzuwirken. Diejenigen, die vorauszuseben fähig sind, daß hierdurch die Entfremdung der handarbeitenden Klaffen von den staatlichen Zwecken der Gesammtheil durch dis Irrlehren demagogischer Führer beseitigt und an deren Stelle eine staats- erha l t ende Tendenz in die Arbeiterklaffen gebracht werden muß, werden die Verfehmung dieser Maßregeln als „Staatssozialismus" als einen Popanz verlachen, vor dem sich nur die geistige Unfähigkeit fürchtet. Es handelt sich demnach darum, die bisherige unvollkommene Maschinerie des Ar- menwesens durch eine vollkommenere zu ersetzen, Die neuere Gesetzgebung Hai die Armenlast säst gänzlich allein der Gemeinde aufgebürdel; diese ist über hierzu nicht berusens, weder naturrechtlich noch staatsrechtlich . .. Der in einem fernen Fabrikorte invalid und alt gewordene Arbeiter kehrt, ' nachdem er seine Lebenskraft an einer anderen Stätte eingesetzt und aufgk- ! braucht bat, wenige Jahre vordem er versorgungrb^dürftig geworden ist. rn seine frühere Gemeinde zurück und erwirbt durch zweijährigen Aufenthalt den Unteistützuugswohnsitz. Der Gemeinde wird somit von ihrem Mitglieds nichts Anderes übrig gelassen, als die Thatsachs seiner Geburt und seine Versorgung im Aller bis zu seinem Todestage. Diese der Gemeinde mit steigender Ungerechtigkeit zufallende Armenlast ist einzig und allein daraus entstanden, daß der Staat, gemäß der liberalen Doktrin, es versäumte, dort einzugreifen, wo für ihn. der Gesammtheil feinet Angehörigen gegenüber, eine Pflicht zur Schöpfung einer Organisation und einer Uebernayme der Unterstützungspflicht entstanden ist. Die Gemeinde bildet heute dre Aur- wursstelle. in welche alle Schäden und W dersprüche sich ergießen, die aus der liberalen Gesetzgebung emporwachsen. Hieraus entsteht einerseits Ueber- lastung und ungleiche Vertheitung, andererseits Unzulänglichkeit der bisherigen Armenpflege. Wenn dennoch bei dieser seitherigen ungesunden Organisation doch soviel, wenn auch unter großen Härten, erreicht worden ist, daß auch heule, wenigstens in den Landgemeinden, Niemand verhungert, so wird man mit um so mehr Reckt erwartest dürfen, daß bei einer einheitlichen und in einandergreifenden Organisation der Armenpflege durch den Staat ein zufriedenstellendes Resultat, zunr Theil unter Verwendung der schon heute aufgebrachten, nur unrichtig vsrtheilten.Mittel zu erreichen sein wird. Selbst eine verhältnißmäßig geringe Unterstützung des alten und schwächlichen Arbeiters wird ihn unabhängig machen von den Launen und der unzuverlässigen Mildlhätigkeit seiner Angehörigen, die oft nur zu geneigt sind, den bis zu seiner Todesstunde zu versorgenden alten Anverwandten als unnütze Bürde zu betrachten und demgemäß zu behandeln; die Ansicht auf diese durch die Existenz des Staates gesicherte Unteistütznng wird den Arbeiter hoffnungsvoller und zufriedener tn die Zukunft blicken
Feuilleton. Die schöne Kathi.
Novelle von August Schräder.
(Forts, tzung.)
„Komm, liebes Kind." sagte Netti freundlich, „ich werde Dir Deine Kammer anweisen. Du gehörst von diesem Augenblicke an zu unserer Familie."
Kathi schlug die großen Augen aus und sah dankend die junge Dame an, die so freundlich zu ihr gesprochen. Dann reichte sie dem Fischer die Hand.
„Lebt wohl, Vetter Lajos", sagte sie leise. „Grüßt mir die Base, und sagt ihr, daß ich sie besuchen würde, sobald e« mir meine Herrschaft erlaubt."
„Soll geschehen, Kathi." antwortete der Alte. „Deine Sachen werde ich morgen in meinem Kahne mitbringen, wenn ich hier hinter dem Hause an meine Arbeit gehe. Aber laß Dir es noch einmal gesagt sein: machst Du meiner Empfehlung keine Ehre, so darfst Du nie wieder mein Hau« betreten, ich ziehe meine Hand von Dir zurück. Damit Gott befohlen I"
Netti und Kathi entfernten sich.
„Bravo Lojo« I" sagte Herr Czabo. als sich die Thür hinter ven beiden Mädchen geschloffen hatte. „Das gefällt mir. Ihr seid sonst ein guter Mensch, aber es ist Schade —"
„Was ist Schade?" fragte verwundert der alte Fischer.
„Soll ich offen sprechen?"
„Ich bitte Eie darum, Herr Ezabo."
„Daß Ihr ein so wülhender Revolutionär seid. Es ist mir unbegreiflich, wie ein so rechtlicher, unbescholtener Mann sich zu solchen Gesinnungen verirren kann. Ihr habt Euch zwar nicht thätlich an der unglückseligen Revolution, die unser armes Land dem Verderben nahe gebracht, betheiligt; aber Euere Meinungen und Ansichten haben mir nicht gefallen — ich spreche natürlich nur von Euren politischen Meinungen."
Der alte Fischer griff mit seiner breiten schwieligen Hand in den greisen Schnurrbart, der in zwei langen Zöpfen über den Mund herabhing. Er sah einen Augenblick sinnend vor sich hin, dann sagte er:
„Sie haben Recht, Herr Czabo I Ich schäme mich nicht zu bekennen, daß ich mich von einem falschen Scheine habe verblenden lassen. Jetzt bin
ich eines Bessern belehrt, darum brechen wir ab-
„Nein, brechen wir nicht ab." rief eifrig der Apotheker; sprechen wir recht ernst und recht viel über diesen wichtigen Punkt. Sind Euch die Augen aufgegangen. Freund? Hobt Ihr das Treiben der Volksbeglücker nun gesehen? He, wohin find wir gerathen? Seht Euch unser sonst so schöne« und blühendes Land heute an — es ist eine Ruine Ihr habt Euer gutes Auskommen gehabt, so lange Ruhe und Friede, so lange das Gesetz dis oberste Gewalt war — heute müßt Ihr rin schmucke» Mädchen au« dem Hause geben, um Euch eine kleine Erleichterung zu verschaffen."
„Herr Czabo k" —
„O, ich verstehe Euch recht gut. Alter l" fuhr der aufgeregte Apotheker fort. „Ihr wollt es nicht merken lasten, daß e» schlecht zu Hause steht, daß Ihr die ganze Wirthschaft zu allen Teufeln wünscht, und daß Ihr Euch schämt, dieser Sach, je da» Wort geredet zu haben — ich sage das