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Oesterreich-Ungarn

Wien, 9. Sept. Wie begreiflich nimmt die heutige Zweikaiser- zusammenkunft alles Interesse auch der hiesigen politischen Welt voll­ständig in Anspruch. Die öffentliche Meinung begrüßt und beuriheilt da« Ereigniß durchweg in der sympathischsten Weise und man kann wohl sagen, daß heute alle Welt, ohne Ausnahme, die friedliche Bedeutung der Herr­scherbegegnung anerkennt und würdigt. Wie man aber einerseits in dieser Hinsicht zu einer richtigen Auffassung gelangt ist, ebenso hält man sich aus der andern Seite von allen Uebertreidungen fern und die stellenweise in den Blättern austauchende Vermuthungen, die von mysteriösen, weit aussehenden Abmachungen, die angeblich zu erwarten wären, wissen wollen, wer­den nirgends ernst genommen Der einsichtige Polit.ker muß sich sägen, daß gegenwärtig gar kein Anlaß zu bestimmten Festsetzungen Vorhänden ist und daß die von unterrichteter Seile stammende Versicherung, die Herrscher- begegnung bedeute nicht mehr und nicht weniger, als eine neuerliche Be­lästigung der herzlichen Beziehungen zwischen den Dreikaisermächten und eine neue Gewähr für die weitere Erhaltung des Friedens, durchaus ein­leuchtend erscheint Wenn man aus dem Umstande, daß Fürst BiSmar,ck der Begegnung be wohnt, doch auf irgend welche Absichten zu besonderen poetischen Abmachungen schließt, so wird dagegen von guter Seite bemerkt, daß es nur auffällig gewesen wäre, wenn der deutsche Reichskanzler, der schon beim Vater de» jetzigen Zaren in der höchsten Gunst stand und auch von diesem verehrt wird, bei dessen erstem Erscheinen auf deutschem Boden sich serngehalten und es unterlassen hätte, dem Herrscher des Nachbarrerches, der als solcher zum erstenmale den deutschen Kaiser begrüßt, seine Aufwart­ung zu machen. So erklärt sich auch das Erscheinen des Fürsten Bismarck bei der Begegnung in der natürlichsten Weise.

Italien.

Padua. 10. Sept. Der König hat während des gestrigen Manö­vers und während der Theater-Galavorstellung in besonderer Weise die deutschen und österreichischen Oifiziere ausgezeichnet. Eine dem königlichen Hause nahestehende Persönlichkeit äußerte sich dahin, des König« Wunsch 1 «ß den innigen Anschluß Italiens an Oesterreich und Deutschland herdei- zuführen Derselbe Gewährsmann antwortete auf die Frage, ob die'Entrc- vue zwischen dem deutschen Kaiser und Alexander III. nicht störend auf diese Absichten einwirken könnte, daß die Entreoue durch rein persönliche Motroe der beiden Kaiser herbeigeführt worden, eine Allianz zwischen Rußland, Oesterreich und Deutschland dagegen unmöglich sei lieber« die Reise des Königs nach Oesterreich wird in dem morgen statlfinvsnden Mmtsterrathe Beschluß gefotzt werden. Der König reist übermorgen nach Venedig ab.

Frankreich.

Paris. 8. Sept. Roustan berathschlagt sehr eifrig mit dem Minister des Auswärtigen. Ihre Besprechungen sollen sich hauptsächlich auf die Verbesserung der inneren Verwaltung von Tunis beziehen. Es wäre in der That hohe Zeit, meint heule der TempS. daß man sich wesent­lich damit beschäftige, einem Zustand der Dinge avzuhelfen. für welchen Frankreich seit dem Abschluß des Garantieoectrag« von Kasar-Said mora­lisch verantwortlich ist. Weit ent,ernt. der tunesischen Bevölkerung die ge­ringste Erle.chterung zu gewähren, hat die Emsührung des französ. Pro­tektorats vielmehr die tunesischen Beamten angeseuen, ihre Anmaßungen zu verboppeln, und es ist dadurch der Geist des Ausstandes nicht wenig geschürt worden. Minister, KaidS, KhaUsas, Beamte jeden Ranges haben keinen andern Gedanken als den, vor Tyocschluß noch so viel als möglich aus den Steuerzahlern herauszuschlagen, um sich eine behagliche Zukunft zu sichern. Es steht jetzt fest, daß Albert Grevy sich mit seiner Fa­milie von Marseille sogleich nach Monl-sous-Vaudrey begeben und erst Ende dieses Monats nach Pari« kommen wird. Gerüchtweise verlautet (wir messen rndeß diesem Gerücht nicht viel Glauben bei), das Ministerium hätte dem General Chanzy den Posten des Gouverneurs in Algerien ange­tragen, er hätte jedoch abgelehnt. Gestern empfing B. S a i n t - H i- laire den Besuch des Prinzen von Siam, Swasti-Sobkon und seines Vetters Prisdang, die schon am Äbend nach London weiter gereist sind. Während dieses dreitägigen Aufenthalts besuchten sie zu wiederholten

Malen die elektrische Ausstellung und die Oper. Der Bruder des Königs von Siam ist ein junger Mann von 18 Jabren. Er ist etwas wohlbeleibt und rundköpfig. aber von nicht unintelligentem Aussehen. Einer seiner Begleiter, der Artillerieoffizier Nai-Snagh, bleibt hier, um die Organisation der französ. Armee zu studiren.

England.

London. 10 Sept. Reutter meldet au« Kairo von heute: 4000 Soldaten mit 30 Geschützen umzingelten den Palast Abdin und forderten die Einberufung von Nota­bel» und die Absetzung aller Minister. Der Khedioe stimmte dem Ministerwechsel zu. Ein den Konsuln vorher zugegangenes Circular konstatirt, daß die Demonstration nicht gegen die Europäer gerichtet ist. Man glaubt allgemein, er werde eine fremde Okkupation nöthig werden.

Galway, 12. Sept. Das englische KanonenbootMerlin" ist auf ein Riff gestoßen und droht za sinken. Man versucht, den Leck zu stopfen.

Amerika.

Washington. 40. Sept. Blaine telegraphirte heute Morgen: Die ärztlichen Berichte über Garfield sind günstiger. Der gestrige Tag war der beste seit mehreren Wochen. Das Fieder ist sehr gering, die Res­piration normal, der Puls nicht über hundert.

Washington. 12 Sept. Während der Ablösung der Schildwache schoß der Unteroffizier Mason auf den Attentäter Guiieau. Die Kugel streifte den Kopf desselben und schlug in die Wand der Zelle ein. Mason s wurde verhaftet.

Loagbranch, 12. Sept. Gestern Abend herrschte wegen de« Be­finden Garfields große Besocgniß; man glaubte sein Zustand sei wieder ernst. Die Aerzie sind indessen nicht dieser Meinung. Dr. Blitz äußerte, ein Thsil des rechten Lungenflügels sei entzündet, er glaube aber, der Prä­sident werde das Uebel überwinden. Garsield verbrachte den Tag un­günstig, viele glaubten, es sei Blutvergiftung eingetreten. Abends elf Uhr schlief Garsield ein, der Puls und die Körperhitze hatten abgenommen

Longbranch. 13. Sept. Die Besorgnisse bezüglich der Lungenaf­fektion, wovon Garsield befallen worden ist, sind gemindert. Die Aeizte legen derselben keine ernste Bedeutung bei.

Tages Neuigkeiten.

Cannstatt, 9. Sept. In den hiesigen Blättern wird von dem Vorstande des Brunnenvcreins, Stadtsch. Na st, bekannt gemacht, daß zur Ermöglichung einer Traubenkur jeden Morgen am Kursaal frische Dauben zu haben seien. Wir begrüßen diese Novität mit viel Freude und hoffen auch, daß dieselbe auf den Verkehr unserer Stadt als Traubenkur- orl einen wesentlichen Einfluß haben werde, zumal im heurigen Jahr, in weichem schon so früh kein Mangel an köstlichen Trauben ist, und daß diese Einrichtung viele Gäste herbeiführen werde.

Marbach, 12. Sept. Wie derPostillon" erfährt, wird die Bahn­strecke Beihingen-Ludwigsburg bis Mittte Oktober eröffnet wer­den können.

Heilbronn. 7. Sept. Hr. Georg Härle hat auf Antrag einer größeren Deputation, welche heute bei ihm erschien, die Kandidatur des UI. Wahlk.eiseS angenommen. Al- dringend verdächtig, den Raubmord an dem 17 Jahre alten Sohn des Bahnwärters Kärcher aus Posten 792 bei Oehcingen ausgesührt zu haben, wurde gestern Mittag der Schlaffer Paul Beck aus Sontheim dem hiesigen Amisgerichl eingeliesert und darauf per Bahn an das Amtsgericht in Oehringen weiter transporlirl.

Heilbronn, 7 Sept. Die Bauthätigkeit in hiesiger Stadt hat auch im laufenden Jahre einen erfreulichen Fortgang genommen. Vor Allem tnfft es bei den neuen Stadttheilen im Osten der Stadt zu, auch iui Westen der Stadt, in der Umgebung der Bahnhofes, hat sich die Bau­lust etwas mehr geregt. Das bedeutendste >n Arbeit begriffene Bauwesen ist die Kaserne; seitdem dieselbe unter Dach gebracht und die Gerüste entfernt sind, präsentirt sie sich als ein ebenso imposantes wie gefälliges

Nimm dieses Goldstück."

Wo ist der Brief?,

Hier. Du wirst ihn besorgen, wie wir gestern verabredet haben. Morgen Abend hole ich mir Antwort."

Ve>säumen Sie den Augenblick nicht, wo ich das Gitter schließe. Ziehen Sie sich zurück, denn ich sehe die beiden Damen den Weg kommen, der hierher führt."

PalenliNz schlpß geräuschvoll die Thür. Dermont etlte nach der Stadt zurück. Am nächsten Morgen war sein erster Weg der zu George. Der Gros hatte, wie er versprochen vor Sonnenaufgang seine Reise angetreten.

U.

DirGriirblr.

Das holländische Bad Scheveningen hatte für diesen Sommer kaum Raum genug, um alle Gqste äufzuttedmen' die dort Erhylung urch Zerstreu­ung suchten Bei seiner Ankunft mußte George ein Dachstübchen in einem der Wirthshäuser bewähnen. Unempfänglich für das äußerliche Leben, fügte er sich gern dieser UnbequemlichleU, ihm war es gleichob er.in einem glanzenden Saale odr; m eiHe'r/engen Kammer um, das MißgeschÄ feines Herzens trauern konnte. Von dem slmgozrge mit der blendenden Marquise hoffte er Heilung se.nes kranken Gemüths, er'wollte sichren, Freuden der großen Welt rüchhaltslos hingeken Nachdem er am nächsten Margen eine soxgsäHge LHlletx', gemacht',' stattxle ec dtzr, Ma/quise vottgP»<Weu . die ein reizendes Landhaus bewohnte, seinen Besuch ab. Die'juzigf WijtW? Hatte sich bereits durch ein Seebad erfrischt und saß beim Frühstück. Sie

empfing den Geliebten nicht mit der gewohnten Herzlichkeit, und George schrieb dies seiner um acht Tage verzögerten Ankunft zu.

Henriette, was ist Ihnen?" fragte er besorgt.

Lieber Graf, erwarten Sre, daß ich Ihnen wie ein jubelndes Kind entgegenfliege, wenn ich sehe, daß alle meine Aufmerksamkeiten mit Kälte ausgenommen werden?" fragte sie mit jenem ausdruckslosen aristokratischen Lächeln, das den ausgesprochenen Hohn mildern sollte.Sie kennen den Grund meiner frühen Badereise, Sie wissen, daß es für mich nichts Lang­weiligeres auf der Welt gibt als ein Seebad und dennoch wagen Sie, mir volle acht Tage den Umgang zu entziehen, der allein mich für dar LHfer einer solchen Reise entschädigen kann. Es gibt keinen hinreichenden Enlschuldigungsgrund!"

»Verzeihung, Henriette!"

Ich wiederhole es. er gibt keinen, weder meinem Herzen noch der West gegenüber, die an diesen Umstand berrils ihre Muthmaßungen ge­knüpft hat."

Schmollend warf sich die Wittwe in den Sopha. George betrachtete sinnend die Fran, von der seine Zukunft abhing. Sie war vierundzwanzig Jahre alt, schön und reich, also mit Eigenschaften ausgerüstet, dis sie einem Manne wünschen»werth erscheinen ließen; aber wie wenig war sie mit Amely zu vergleichen! Die Schönheit der Marquise blendete die Smne das Herz Hlhehi lalt. .Der. Gehanke qn Dermont gab ihm den Muth, eine Lüge auszusprechcn. Er ließ sich auf rin Knie nieder und ergriff die schneeweiße Hand der jungen Frau, indear er sie amsseine Lippen drückte.

(Fortsetzung solgt.)