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war eine zahlreiche Menschenmenge in den Straßen versammelt, welche den Kaiser sehr enthusiastisch begrüßte. Da» Wetter ist trübe, aber regenfrei.
— Die „Krz-Ztq." schreibt: .Die Begegnung des deutschen Kaiser» und de« Kaisers von Rußland wird überall, auch im Auslande, als ein sehr erfreuliches und die ungetrübte Fortdauer der innigen Beziehungen zwischen den Kaiserhöfen ausdrückendes Ereigniß aufgefaßt und begrüßt. Wenngleich eben nur die Herrscher Deutschlands und Rußlands persönlich zu- sammentreffen, so kann doch kein Zweifel darüber bestehen, daß gleichsam im Geiste der Kaiser Franz Josef der erhabene Verbündete des deutschen Kaisers, als Dritter im Bunde an der Begegnung Theil nehmen wird. Wenn sich die Souveräne Deutschlands und Rußlands die Hände reichen und neuerdings ihre Intimität bekräftigen werden, so wird damit gleichzeitig auch die fortdauernde Intimität zwischen Oesterreich »Ungarn und Rußland manisestirt. In diesem Sinne, glauben wir. saßt man die bevor» stehende Entrevue in allen diplomatischen Kreisen auf und man betrachtet sie daher als glückverheißendes Omen für die weitere Erhaltung der europäischen Friedens und für die herzlichste Gestaltung der Beziehungen zwischen den drei Kaisermächten "
— Danzig, 9. Sept Beide Kaiser fuhrenNachmittags Zi/z Uhr unter Glockengeläuts und Kanonendonner in D a n z i g ein. Nach dem Liner im Artushofe erfolgt Abends die Abreise des Kaisers
— Karlsruhe, 8 . Sepl. Der Großherzog begeht morgen seinen 55. Geburtstag. Allerwäris im Lande bringt man diesem Tage die freudigste und dankbarste Gesinnung entgegen, erhöht noch durch den Gedanken. daß es dem allverehrten Fürsten demnächst beschieden sein soll, zugleich mit der festlichen Erinnerung an das eigene eheliche Glück jenes der geliebten Tochter neu zu begründen
— Berlin. 7. Sept. Die Gestattung einer Todtenfeier für Lassalle in Altona, unter der Herrschaft des „kleinen Belagerungszustandes", ist ein Ereigniß, das einige» Aufsehen erregt hat. Die Feier ging von jener Richtung innerhalb der Sozialdemokratie aus, die mit der Regierung Fühlung zu unterhalten sucht und den Reichskanzler zu unterstützen bereit ist, eben darum aber von der korrekten Sozialdemokratie mit äußerstem Haß angefeindet wird. In einem in Hamburg verbreiteten Aufruf, welcher zu der Todtenfeier einlud. heißt es, dem „Hamb. Korresp." zufolge: „Die Zeit ist da, wo eS gilt, den Gedanken der staatlich geförderten, genossenschaftlichen Produktion dem deutichen Voke, den deutschen Staatilenkern vor die Seele zu führen; hierzu soll unser, das Banner des allgemeinen gleichen und direkten Wahlrechts hvchhaltender Verein das Mittel sein. Der Ausbreitung desselben ist bis jetzt von den königlich p eußischen Behörden keinerlei Schwierigkeit bereitet worden. Wohlan denn, wenn Ihr zur Versammlung gerufen werdet, scheut den kurzen Weg nach der auf königlich preußischem Gebiete liegenden Stadt Altona nicht I Seid, wenn es grlt, sür da» Emporkommen des Vereins, für die Ausbreitung der von Ferdinand Lassalle geerbten Gedanken einzutreten, Mann für Mann am Platze! Vorwärts denn für die Verwirklichung der Idee der genossen- schastlichen, durch den nationalen Staat geförderten Produktion! Es lebe unser in diesem Sinne sich zu einem Hort des Rechts und der Wohlfahrt Aller entwickelndes Vaterland, das deutsche Reich!"
Amerika.
Longbranch, 7. Sept Dem Bulletin von heute Morgen zufolge ist das Fieber Garsields verschwunden; der Präsident scheint sich von den Resseanstrengungen ganz erholt zu haben.
New-Dork, 7. Sepl Der Gouverneur des Staates New-Iork odnete für morgen öffentliche Gebete sür die Wiederherstellung des Präsidenten an. Die Böese, Märkte und Gerichtssitzungen fallen aus, die Geschäfte r uhen. _
Tages Steutgkeiten.
— Calw, 11. Sept. Nachdem am Freitag früh die überraschende Kunde hieher gekommen, daß Herr Schultheiß K r a u s h a a r in MöuOngen durch einen Herzschlag von seimm schweren Leisen erlöst und von noch schwerer drohenden befreit worden, wurde heute seine irdische Hülle, der ein äußerst zahlreiches Trauergefolge unter strömendem Regen das Geleite zu seiner
letzten Ruhestätte begab, zur Erde bestattet. Zum Beginn, wie zum Schluß der Feier trug der wohlgeübte Möttlinger Gesangverein paffende Lieder vor, Herr Pfarrer Bonz sprach ein kurzes. aber ergreifendes Gebet und Herr Schullehrer Krauß legte im Namen der Gemeinde mit Worten des tiefsten Dankes und der Verehrung einen Lorbeerkranz am Grabe nieder. Die ganze feierliche Handlung war getragen von den Gefühlen der höchsten Liebe und Achtung, die dem Verstorbenen von allen Seiten entgegen gebracht wurde und Jedermann begreift und achtet die tiefe Trauer der Familie um den liebevollen Gatten, Vater und Bruder, der Gemeinde um den treuen, pflichterfüllten und hingebenden Ortsvorsteher, der Freunde um'den guten, treuen Freund. Sein Andenken wird darum bei Allen, die ihn gekannt haben, stet« ein lleb- und ehrenvolles bleiben. Möge die Erde ihm > Reicht sein!
— Friedrichshafen, 8 . Sept. Heute Nachmittag 4^2 Uhr trafen ' II. KK. HH. der Großherzog und die Großherzogin von Baden mit Prinzessin Viktoria und Prinz Ludwig von der Insel Mainau im kgl. Schloß ein und kehrten um 6^4 Uhr wieder zurück.
— Schloß Friedrichshafen, 9 Sept. Seine Königliche Majestät sind heute Nachmittag gegen 1 >/-z Uhr nebst Gefolge mittelst Sonderzutz» von Bebenhausen wieder hier eingetroffen.
— Wildbad, 8 . Sept. Zum Besuche des gegenwärtig zur Kur hier weilenden Prinze» Ernst von Sachsen-Weimar- Eisenach sind heute S. Hoh. Prinz Hermann von Sachsen-Weimar mit hoher Gemahlin und der Prinzessin Olga aus Stuttgart eingetroffen und im Hotel Klumpp abgestiegen.
— Reutlingen, 7. Sept. Wie wir hören, ist Stadtpfarrer Schnaidt (früher an der Stiftskirche in Stuttgart) zum Dekan in Böblingen ernannt worden.
— Landergewerbeausstellung von 1881 Die neueste Nr. des „St. A." enthält in sinniger Weise auf das Geburtsfest Ihrer Majestät unserer geliebten Königin Olga, das Verzeichniß der prämiirten Aus- >
steller (siehe Auszug unter Amtliches) und 1. Höchste Auszeichnung:
umfaßt diese Liste
Ehrendiplome
44
L. Goldene Medaillen .
56
100 .
II. Silberne Medaillen
265.
III. Bronze Medaillen
410.
IV. Oeffentliche Belobungen
...»
507.
im Ganzen somü
1282.
Preise und Belobungen, gegenüber von 1548 gewerblichen und 253 Kunst- ' Ausstellern, zusammen 180t Betheiliglen, so daß wohl nicht behauptet werden kann, das Preis-Gericht sei knauserisch zu Wege gegangen, wenn man überdieß berücksichtigt, daß aus dieser Gesammtzahl noch 63 aus dis Bem- theilung der ihrerseits poduzirten Objekte durch das Preisgericht und somit von vornherein auch aus eine etwaige Piämiirung verzichteten, unter letzteren 63 aber befinden sich namhafteste Leistungen, wie diejenigen der Badischen Anilin- und Sodafabrtk, sämnttlicher kgl Hüllen- und Satinenwerke, die kgl. Münze u. a. m.
— Zur GeschZstsbehsndlung des Preisgerichts für die Landesgewerbestellung. Da bei einzelnen Ausstellern lheilweije mißverständliche Auffassungen über die Art und Weise des Zustandekommens der Beurtheilungsresultale zu herrschen scheinen, dürste es zwickmäßig sein, hier nochmals auf das in Nr. 23 des Gew. Bl. von 188t oeröffentlichle Programm für die Geschäftsbehandlung des Preisgerichts aufmerksam zu machen. Insbesondere ist hiebei auf die Ziff. 7—9 des Programms hinzuweisen, wonach die Aufgabe der einzelnen Klasjenjury's und des ganzen Preisgerichts nicht etwa die war, bei jedem Aussteller lediglich die Qualität des betr. Ausstellungsgegenstandes zu prüfen und hienach einfach eine Reihenfolge der zu prämiirenden Aussteller der belr. Klaffe aufzustellen; die Thätigkeit der Jury halte vielmehr programmgemäß auch in Prüfung und Würdigung der von den Ausstellern unter der Kontrole vollster Oeffentlichkeit deklarirten Leistungen sür
Vergebens suchte er den empfangenen Eindruck durch die Erinnerung an! seine traurigen Vermögenszustände zu paraiysiren, vergebens rekapitulirte er ! die Siege bei der Marquise, um die sich die ganze aristokratische Männerwelt bewarb — der berechnende Verstand erlag dem Herzen, das hartnäckig die reizende Amely nicht ousgeben wollte. An den Stamm einer Linde gelehnt, betrachrete er das freundliche Landhaus, in dessen erstem Stocke sich Licht zeigte.
„Welch ein Glück müßte cs sein, mit ihr unter diesem friedlichen Dache ein ruhiges Leben zu fübren!" flüsterte er vor sich hin. „Die wahre Liebe ist sich seihst gerug. sie allem bietet dauernde Freuden.' während das glänzende Leben der großen Welt nur einen flüchtigen Sinnenreiz gewährt! Hier empfindet man die Poesie der Liebe; dort wird sie durch Leidenschaften, von äußern Umständen erzeugt, vertrieben — sie sinkt zu einer glänzenden, aber kalten Prosa herab."
Das Geräusch von Schritten weckte den Grafen aus feinen Träumereien. Zwischen den Hecken erschien die Gestatt eines Mannes, der sich langsam dem Orte näherte, wo George im Schatten der Linde stand. Er verhielt sich ruhig, um den Mann vorübergehen zu lassen. Aber der Fremde, in einen leichten Mantel gehüllt, blieb stehen und beUachteie das Landhaus, an dessen erleuchtetem Fenster in diesem Augenblicke Amely erschien, um einen Nosenstock zu lvänken, der auf einem Bmmenbrette stand. Bei dem Lichte, das aus bem Zimmer hervordrana, ließ sich die reizende Gestalt des jungen Mädchens deutlich erkennen. Zugleich Höne man ihre Stimme, denn sie unterhielt sich mit Finer Person, die sich in dem Zimmer befand. Nachdem si: ihr Geschäft vollbracht, schloß sie das Fenster, und gleich darauf erlosch das Licht.
Ter Mann im Mantel verblieb regunglos an seinem Platze, und unverwandt hasteten seine Bücke auf dem Landhause. Georgs begann zu zittern, denn es war nicht schwer zu begreifen. daß den Spaziergänger eine bestimmte Absicht leitete, und daß sein Ziel das Landdous sein mußte. Die Eifersucht mit allen ihren Qualen erwachte in der Brust des armen George, und dieses bittere Gefühl belehrte rhn, daß er sür das Blumenmädchen eine ernste Leidenschaft hegte. Da wandte sich plötzlich der gefürchtete Nebenbuhler, und schritt der Linde zu, ohne Zweifel in der Äbsictt, von dem verborgenen Plätzchen aus seine Biobachrungen foitzusetzen. Der Graf trat ihm entgegen.
„George!"
„Dermonr!" rief bestürzt der Graf.
„Still, Freund, still! Man hör! jedes Wort, und dort —"
„Wer wohnt in dem Lundhause?" flüsterte George mit gepreßter Stimme.
„Meine Leserin aus der Eremitage"
„O Himmel!" rief George unwillkürlich.
Dermont starrte den Freund an. Bei dem Mondenlichke konnte er den Schrecken bemerken, der sich in seinem bleichen Gesichte ausiprach'
„Sie hier, Graf?" fragte Dermont, den c'ne Ahnung durchbedre, denn er erinnerte sich, daß ihm George von dem tiefen Eindrücke erzählt, den ein Mädchen aus ihn ausgeübt hatte. „Was führt Sie um diese Stunde in diese einsame Gegend? Ich glaubte Sie auf der Reise nach Scheveningen. fügte er in einem Tone hinzu, der fast vorwurfsvoll klang.
(Fortsetzung folgt.)