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Nro. 1V2.
Donnerstag, den 1 . September L88I
36. Jahrgang.
Auf ä«8 „Cakwer Wochenblatt"
werden für den Monat September wieder von sämmtlichen K. Postämtern , Postexpedilionen und Postboten Bestellungen angenommen. Für hier kann täglich bei uns selbst abonnirl werden, und laden wir zu zahlreichen Bestellungen freundlichst ein
Die Redaktion und Expedition des >, Calw er Wochenblatts".
Politische Nachrichten
Deutsches Reich
— Berlin, 27. Aug. Die ungünstigen Nachrichten über das Befinden des Kaisers sind falsch; der Kaiser verlegt die Restbenz morgen bisher und nimmt am Montag, günstiges Wetter vorausgesetzt^ eine große Parade des Gardekorps ab.
— Berlin. 29. Aug Der Kaiser nahm in feinem hiesigen Palais heute Vormittag Vorträge entgegen und empfing später den Besuch der Prinzessin Wilhelm, welche mit dem Kaiser dem Aufmärsche! der 2. Kompagnie des heute hier eingetrossenen l. Garde-Regiments und dem Abbringen der Fahne durch den Prinzen Wilhelm zusah.
— Berlin, 27. Aug. Der „R-Lnz." schreibt: „Seine Kaiser!, und König!. Hoheit der K r o n p r i n z hat auf der Durchreise von England nach Bayern vorgestern in Koblenz Ihre Majestät die Kaiserin und Königin besucht, Allerhöchst deren Rekvnvalescen; durch die Ungunst der Witterung noch verzögert wird. Die behandelnden Aerzte wünschen für Ihre Majestät im Laufe des Monats September Luftveränderung, und zwar ist Baden hierfür in Aussicht genommen, wiewohl Ihre Majestät an den bevorstehenden Festlichkeiten in Karlsruhe offiziell Sich nicht wird betheiligen können."
— General-Feldmarschall Graf von Moltke hat vom Könige von Schweden eine kostbare goldene Remontoiruhr zum Geschenk erhalten, deren Werth dadurch noch erhöht wird, daß sich in der Kapsel das Portrait des Spenders befindet.
7 - B e r l i n, 27. Aug. Die Gerüchte, wonach Differenzen zwischen dem Fürsten Bismarck und dem Grafen Hatzfeldt vorhanden seien, werden in unterrichteten Kreisen als unbegründet bezeichnet.
— Es kann jetzt als bestimmt angenommen werden, daß der preußische Landtag kurze Zeit nach dem Vollzug der Reichstagswahlen im November zusammentreten wird und daß demselben kirchenpolitische Vorlagen zukommen werden.
— Es wird jetzt die Nachricht allseitig bestätigt, daß der Termin für die Reichstagswahlen nicht auf den 17. Oktover fallen wird; es wird hinzugefügt, daß von diesem Tage überhaupt nicht die Rede, sondern der Termin von Anfang an auf den 22 . Oktober in Aussicht genommen war. Daran wird auch wohl nun festgehalten werden.
— Im 2 Berliner Reichswahlkreise hat Stöäer am Freitag Abend eine Wahlrede gehalten, in welcher er über „Arbeit und Geld" sprach und aus führte, daß unter diesem Namen sich die beiden feindlichen Gewalten der Gegenwart gegenüber ständen. Auf der einen Seite stehe die Arbeit, das werkthätige Christenlhum. die Monarchie, auf der andern die
rücksichtslose Geldmacht mit Börsenspekulation und Wucher — die Mam- monarchie. Leider habe der nachtheilige Einfluß dieser letzten Macht die Errungenschaften der ersteren längst überwuchert und zwar so, daß sogar schon auf liberaler Seite die Aufhebung des Hypotheken- und Wechselrechts vorgeschlagen wurde. Selbst die Poeterei bemächtigte sich schon des Stoffes : „Hat darum sieben Tage Müh' Gekostet Gott die Erde, Daß sie für Lump und'Kompagnie 'Ne Aktienbörse werde?" heiße es schon im Liede. (Heiterkeit) Auf Veranlassung des Vorsitzenden brachte die Versammlung dem Redner ein dreifaches Hoch aus und acceptirte darauf eine Resolution, nach welcher die Kandidatur Stöckers einmüthig beschlossen wurde.
— München. 27. Aug. Der König von Bayern hat die Kaiserin Augusta in einem Schreiben zu Allerhöchstderen Wiedergenesung beglückwünscht. — Zur Versügung des Kronprinzen des Deutschen Reiches während dessen diesmaligen Aufenthalt« in'Bayern sind heute zwei königl. Eisenbahn- Salonwagen von hier zunächst nach Augsburg abgesendet worden.
Schweiz
— Bern. 27. Aug. Die Genfer Polizeibehörde hat dem Fürsten Kra- potkin, der sich augenblicklich noch in Genf befindet, den bundesräthlichen Auswe-.sungsbeschluß mitgetheilt und ihm einige Tage Aufschub zur Besorgung seiner Angelegenheiten und Geschäfte bewilligt. Krapotkin wird sich zuerst nach Paris zu seinem Freunde Rochefort (mit dem er auf bestem Fuße steht und vem er wahrscheinlich auch nach dem Petersburger Mordanfall vom i3 März die berüchtigten Genfer Korrespondenzen sür den „Jntran- sigeant" geschickt hat) und von da nach London begeben. Sein Blatt „Le Revoltö" soll in Genf forterscheinsn, jedoch wird der Bundesrath wohl einen Riegel oorschieben.
Frankreich.
Cahors, wo Gambelta geboren wurde, wählte am 21. August den Grafen Murat und de Valon, zwei Monarchisten, zu Deputirten.
England
London, 27. Aug. Die „Times" lheilt aus Washington mit, daß das Kabinet entschlossen sei, zu demisfioniren, wenn Garsteld stirbt.
Amerika.
Washington, 25. Aug. Der Präsident hat neuerdings den dringenden Wunsch geäußert, nach seiner Heimath in Ohio übergesiedelt zu werden, und da dies nicht zugegeben werden konnte,' wünschte er sich nach der Festung Monroe zu begeben. Die Aerzte erwägen ernstlich die Räth- lichkeit seiner Uebersiedlung, aber gestern Abend kam es zu keinem Beschluß darüber. Ein späteres Telegramm lautet: Die Aerzte hielten heute Morgen eine Konsultation, in der entschieden wurde, den Präsidenten nicht aus seinem jetzigen Quartier im Weißen Hause fortzuschaffen.
Tages Neuigkeiten.
— Stuttgart, 20. Aug. Gestern Mittag kam S, K. H. derKron - prinz des deutschen Reiches auf dem hies Bahnhofe mit dem Paris-Wiener Kourierzuge an. Se. Cxz. der kommandirende General v. Schachtmeyer, Oberstlieutenant v. Westernhagen und Major Pfaff empfingen den Kronprinzen und nahmeu an dem Diner theil, das im Wartesalon servirt wurde. 1 Uhr 4o Min. wurde die Reise nach Landrhut fortgesetzt.
/e u i l t e t o n.
Die Doppelgängerin.
B o n A. S.
(Fortsetzung.)
I.
DerFreund.
„Sie hier. Graf, und um diese Zeit?" rief er au«.
„Wundern Sie sich darüber, Herr von Dermont? Der Tag ist schön und da das Getöse in der Stadt mir lästig ist-"
»Man sprach schon davon, daß Sie Ihre Reise nach Schemen»ingen angetreten hätten."
„Wer sprach davon?"
„Es war nur eine Vermuthung, die ich gerechtfertigt fand, da die Marquise von Beaulieu schon vorgestern nach dem Orte abgereist ist, wo sie sich von den anstrengenden Freuden des verflossenen Wintert zu erholen pflegt. Ach. mein Bester, die reizende Wittwe ist der Reise in ein Bad Werth I Ich beneide Sie um die Liaison mit der geist- und geldreichen Frau I"
„Sie sind sehr offenherzig. Dermont!"
„Mein Gott, alle Welt spricht darüber! Und. verhehlen Sie e« nicht. M» Eifersucht de» Lord«, der bet jeder Gelegenheit mit seinen Pfunden prahit, ist für Sie ein großer Triumph."
»Lassen wir da»!' sagte lächelnd der Graf. „Ich Halters für keinen
Sieg, dem Lord Darnley vorgezogen zu werden. Er ist mehr einfältig, als anmaßend —"
„Wie alle Leute, die ihren Reichthum nicht erworben haben. Verstand und Bildung sitzen bei ihnen in der Kaffe!" rief Dermont. „Uebrigens hegt der Lord eine ernste Leidenschaft sür die schöne Marquise, und es sollte mich wundern, wenn er ihr nicht in da» Bad folgte, um dort seine eifrigen Bewerbungen fortzusetzen. Seien Sie auf der Hut, Graf, der edle Lord könnte Ihnen gefährlich werden I
„Ich lasse es daraus ankommen, mein Freund!" sagte lächelnd der Graf Montlosier. „Vor der Hand werde ich noch in Brüssel bleiben, mag der Lord reisen oder nicht."
Die beiden Männer gingen Arm in Arm durch den Park. Sie waren die einzigen Spaziergänger an dem sonst so belebten Platze, da die ganze Bevölkerung der Hauptstadt der Prozesston folgte. George von Montlosier hörte da« Geplauder seines lebhaften Freunde» schweigend und thellnahm- lo» mit an, denn seine Gedanken waren immer noch bei dem reizenden Blumenmädchen, dessen Madonnevköpfchen einen tiefen Eindruck auf ihn ausgeübt hatte. Während der Gespräch« sah Dermont oft nach der Uhr und unmerklich halte er den Weg nach der Allee eingeschlagen, die für Reiter und Wagen eingerichtet war.
„Bekennen Sie e«, Dermoot," sagte George, Sie hat eine bestimmte Absicht um diese Zeit in den Park geführt. Wollen Eie allein sein — ich ziehe mich zurück."
»Sie haben e« errathen, Graf! Aber es ist mir lieb, Sie gefnnde« zu haben. Sie sind mein Freund , und Ihnen darf ich wohl anvertrauen.