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Oesterreich-Ungarn

(Die fünfhundertjährige Jubelfeier der Stadt Triest.) Im nächsten Jahre wird es ein halbes Jahrtausend sein, daß die von Feinden umgebene und so zu sagen zu Tod gehetzte Stadt Triest sichschließlich und für immer" dem Hause Oesterreich überlieferte. Ver­treter derselben war damals der regierende Herzog Leopold, dessen Besitz­ungen bereits das ganze Stadtgebiet umgaben, der daher, wie er in seinem Befitzergreifungspatente selber sagt:besser als irgend ein anderer Fürst oder Potentat im Stande war, die Stadt zu verthsidigen". Zar Feier des Jubiläums wird 18^2 eine allgemeine österreichische Industrieausstellung in Triest veranstaltet.

Frankreich.

Paris, 20. Juli. Wenn man dem Gaulois glaubt, so wird der Prätendent Don Carlos bald einen Leidensgefährten erhalten und der Prinz Jerome Napoleon wird von der Regierung aufaefordert wer­den, sein Zelt außerhalb Frankreichs auszuschlagen. Wir wissen nicht, auf welche Umstände sich diese Behauptung stützt. Wie gemeldet, stützte sich die Ausweisung des Don Carlos zum Theil auf die Beschwerden der spanischen Regierung über neue karlistische Umtriebe. Es wird jetzt erzählt, daß der Prätendent sich vor ganz Kurzem an die Pyrenäengrenze begeben und seinen dortigen Anhängern eine baldige Schilderhebung angekündigt, auch die Sendung von 2o,000 Gewehren versprochen habe. Angesichts der finanz­iellen Lage des Don Carlos klingt ein solches Versprechen leichtfertig genug.

Die Nachrichten aus Tunis lasten keinen Zweifel darüber, daß ver­schiedene Stämme im Centrum der Regentschaft in vollem Aufstande gegen die Autorität des Beys begriffen sind. Da nun die tunesischen Truppen durchaus unzuverlässig, theilweise auch schon zu den Insurgenten überge­gangen sind, so wirv es lediglich Sache der französischen Truppen sein, die Revolte zu unterdrücken und die Autorität des Bey wiederherzu­stellen Dies ist aber weniger leicht, als man ansangs glaubte. Jedenfalls wirs die Situation täglich bedenklicher.

Paris. 22 Juli. Nachrichten aus Saida zufolge ist es unrichtig, daß Bu-Amema nach dem Norden der Schotts znrückgegangen ist. Ec befindet sich vielmehr im Süden der Schotts und wartet auf eine günstige Gelegenheit zu neuen Razzia« Alle Journale fordern die Regierung auf, zur Sicherung der Ruhe in Tunis ausreichende Streilkräfts abzusenden.

Die Schlappe, welche Oberst Jnnocenti bei Schellala durch Bu- Amema erhielt, war sehr empfindlich Zuerst war es ein Sieg, zu dem der Kciegsminister den Obersten Jnnocenst beglückwünschte, dann wurde es eine Niederlage, infolge deren der Kriegsminister den Obersten Jnnocenti abberiei, und jetzt scheint es nicht nur eine einfache Niederlage, sondern eine Niederlage mit erschwerenden Umständen" gewesen zu sein. Ein imAvenir Mililaire" veröffentlichter Brief, der sich mit dem Kampf von Schellala befaßt und von einem Offizier der Kolonne Jnnocenti herrührt, behandelt die Frage der arabischen Kameltreiber und spricht schließlich die Hoffnung aus, daß es nicht mehr Vorkommen werde,daß die Kameelführer im Augen­blick eines Angriffs Unordnung in den Transport bringen, um zu plündern und unsere Soldaten zu ermorden, wie es bei Schellala der Kolonne Jn­nocenti geschehen ist." Hier wird also Plünderung des Transports und Ermordung französischer Soldaten durch die eigenen Kameeltreiber zugegeben. Auch das ist herausgekommen, daß den Chasseurs d'Afcique Leute gefangen geuommen wurden, und ebenso vier Soldaten von der Fremdenlegion und ein Artillerist', welche sich während der Plünderung des Convois betrunken hatten und sich weigerten, die nach Tezina sich zurückziehende Kolonne zu begleiten.

Man schreibt aus Bordeaux, daß in Folge eines in den Weinlagern avsgebrochenen Brandes 8000 Fässer gesprungen sind. Der Brand dauert fort.

England

In Tran-svaal scheint es jetzt endlich zu einem für dis Boeren annehmbaren Frieden zu kommen. Drahtberichten aus Pretoria zufolge ge­währen nämlich die Bedingungen der Uebereinkunft, die von der Kommis­sion vereinbart worden, den Boeren das Recht, einen Volksrath und einen

Präsidenten zu wählen. Der Vertrag behält zwar dem Suzerain das Recht der Kriegserklärung vor. das ganze Transvaal aber wird den Boeren zu­rückgegeben , nachdem die Forderung hinsichtlich einer neutralen Zone an der Ostgrenze fallen gelaffen worden. Britische Unterthanen dürfen nicht zum Militärdienst herangezogen werden. Zur Bezahlung der Staatsschulden ist eine lange Frist bewilligt.

Spanien.

Madrid, 16. Juli. DieEpoca" schreibt:Die Blätter berichten übereine willkürliche Verhaftung, die Hr. Fliedner, protestantischer Pfarrer und deutscher Bürger, der sich seit vielen Jahren in Madrid nieder­gelassen, zu erleiden gehabt hat. Hr Fliedner hatte sich vor einigen Tagen nach dem Escorial begeben, in der Absicht, sich dort ein Haus zum Sommer­aufenthalt zu suchen. Da ihm die Wohnungen in San Lorenzo nicht ge­fielen. begab er sich zu Fuße nach ESpinar, das auf der entgegengesetzten L-eite der Sierra gelegen ist, um zu sehen, ob er dort nicht etwas Ent­sprechenderes fände. Die Guardia Civil tras Fliedner in einem Wirths- bause, in das er eingetreten war, um sich zu erholen. und verlangte nach seinen Legilimationspapieren, die er indeß nicht vorzuweisen vermochte. Das Bedenkliche dabei ist. daß Fliedner mißhandelt wurde, daß man ihm Handschellen anlegte, und daß er wie ein gemeiner Verbrecher genöthigt wurde, zu Fuß zu gehen.

Türkei.

Nach demStandard" bat der Sultan von Marokko den türkischen Sultan, so bald als möglich der Agitation in Nordasrika ein Ende zu machen, da deren Folgen gefährlich seien; dies habe in Konstantinopel Ein­druck gemacht.

Tagesordnung

des K. Amtsgerichts Calw zu der öffentlichen Gerichtssitzung über Forststrafsachen.

am Freitag, den 29. Juli 18.^1, Vormittags 8 Uhr.

b. Namen der beschädigten Wald-Eigenthü- mcr bczw. Ort der That: Privatwald de» Bauern Gottlieb Nentschln in Ottcnbronn.

deSgl. der Witlwe Schroth von Monakam und Staatswald Ottenbronncrberg, Re­vier Hirsau.

Gechinger Gemeindcwald.

s. Namen der Angeklagten.

1) Karl Diebold, Schuhmacher und

2) Gottlob Talmon-GroS, Taglöhner,

beide in Neuhengstctt.

3) Johannes Rollers Witlwe von Deuf­ringen.

4) Joh. Georg Neuß, Spielmann vom Zainen, Gde. Maisenbach.

Staatswald Forchen, Revier Hirsau.

Zur Beurkundung: stv. Amtsrichter.

Tages Neuigkeiten.

Stuttgart, 22. Juli. In der Nacht vom 20 /21. d. M. wurden aus einer Paterrewohnung in der Jägerstraßs 1700 -,16 gestohlen. An der betr. Wohnung war ein Fenster zum Lüften des Zimmers geöffnet, und der Dieb konnte ohne Hinderniß ein- und aussteigsn. Solche Diebstähle sind in warmen Sommernächten durch die herumziehendcn Gauner schon öfters ver­übt worden, und die Bewohner von Parterreräumen dürsten sich den Dieb­stahl als Warnung dienen lassen.

Stuttgart, 23. Juli. DerSt-A." schreibt: Ein Privatmann, der unbekannt bleiben will, hat vor längerer Zeit eine größere Summe zu dem Zwecke gestislel, die Pfeiler der Leonhardskirche mit den vier Evangelistenfiguren zu schmücken. Von denselben, die nach den Zeichnungen des Domdaumeisters Pros. Beyer in Ulm von Bildhauer Zaiser ange­fertigt werden, ist nunmehr die erste ausgestellt worden.

Hofen, OA. Cannstatt, 21. Juli. DerPatriarch von Hofen" ist nicht mehr. Der Zweitälteste Mann des Landes, Alt-Ochsenwirth T rei­be r ist am 20. d. M., Nachm. 3 Uhr, sanft entschlafen und soll Samstag um 9 Uhr beervigt werden. Er war geboren am 6. Juli 1780, erreichte somit ein Aller von 101 Jahren und 14 Tagen. Mit ihm ist ein leben­diger Zeuge einer Vergangenheit, über welche wir in Großem und Kleinem längst hinausgeschrilten sind, dahingeschieden Bekanntlich ist ihm von Ihrer

sie, nach der leipziger Straße hin, verschwunden waren, begaben jene Beiden sich vorsichtig nach dem Hause Markgrasenstraße Nummer 92 zurück.

Die Markgrasenstraße gehört zu den belebteren Straßen Berlins, auch noch an ihrem oberen Ende in der Nähe der Lindenstraße, dort, wo das Kammergericht" so ernst in sie hineinschaut. Ein ernstes und zugleich eisern festes Bild der Gerechtigkeit früher, selbst dem großen Friedrich den Widerstand des Rechts entgegenstellend; von den Stürmen der neueren Zeit manchmal daniedergebeugt

Es gingen viele Menschen in der Straße, auf den Trottoirs zu beiden Seiten derselben, hin und her. geschäftig und geschäftig«. Arbeiter, die müde von der ehrlichen TageSarbeit heimkehrten; andere, die auf die unehr­liche Abends-"und Nachtarbeit aller Art ausgingen; Soldaten, die ohne alle Arbeit einber schlendern; Köchinnen und Kindermädchen und die bekannten berlinerMädchen für Alles," die theils Bestellungen für die Herrschaft machten, theils Bestellungen nicht für die Herrschaft suchten, bei den herum- schlenderten Soldaten wie anderswo; junge Comptoiristen die von den Comptoirs, junge Referendarien, di«, bei denProbeinstruclionen" verspätet, vom Kammergericht, junge Lieutenants, die aus der Kaserne in der Linden- firaße kamen; alte vertrocknete Geheim-Sekretär und Hofräthe Kanzlei- und Registralurräth« gab es damals in Berlin noch nicht die noch im Gehen von den Händen den Aklenstaub abschüttelten und den Tintenschmutz obwischten; und noch manche» andere preußische Gewächs, das man beson­ders in der ersten Haupt- und Residenzstadt des preußischen Staates.antrifft.

In dem Getreide aller dieser Leute fiel es nicht auf, wenn zwei Menschen vor ein-m Hause ein paar Mnutrn stehen blieben, und, so unbe- fangkn wie möglich, dem Anscheine nach in irgend ein gleichgjltigeS Gespräch verwickelt, oder nach den blauen Avgen einer Köchin schielend, scharf prüfende

Blicke nach der Thür, die Treppe, den Fenstern, den Fensterladen des Hau­ses richteten, und sich zugleich genau die Häuser nebenan »u beiden Seilen und geaenüber besähe», dann aber, wie weit« spazierend, langsam nach der Lindenstcaße zugingen Dort traten sie, um ungestört und unbemerkt mit einander sprechen zu können, auf die um jene Zeit schon leere Rampe des Kammergerichtsgebäudes.

Nun?" fragte der Aeltere, die Supsriorität des Jüngeren anerkennend, den Letzteren.Was meinst Du? Es geht, nicht wahr?"

Wenn es gehen soll, so muß es gehen," antwortete der Andere trocken.

Wenn wir nur Handwerkszeug hätten! Nur etwas I Aber ich bin erst seit gestern wieder hier, Du erst seit ein paar Stunde«! Wir sind nackt und kahl wie die Kirchenmäuse "

Schwatze nicht. Wir müssen zunächst wissen, wie e» inwendig im Hause aussiehr."

Da hast Du wahrhaftig Recht, mein Junge. Ich hätte es im Eifer beinahe vergessen."

Gehe hin und siehe nach."

Warum gehen wir nicht Beide?"

Fürchtest Du Dich wieder?"

Fürchten? Dn kennst mich, Fritz. Den Teufel fürchte ich nicht."

Aber den Duncker."

Aber vier Augen sehen mehr als zwei."

Aber, wenn ich abgefaßt werde, so löstet es mich zehn Jahre Fest- ungsarbeit; Dich können sie höchstens aus drei Monate in den Ochsenkopf sperren."

Das Berliner Arbeitshaus heißt unter den belheiligten Personen der Ochsenkopf. (Fortsetzung folgt.)