298

und daß die veränderte Stellung, welcher Hamburg im beimischen wie im Welthandel ent­gegengeführt werden soll, nicht minder zu Hamburgs Blüthe atS zum Nutzen des übrigen Deutschlands auSschlagen werde. Dadurch, daß die Subvention des Reich« mit dem Höchst­betrage von 40 Millionen Mark begrenzt uno dem Reich zugleich eine Mitwirkung bei der Aufstellung de« Gcneralptanes nebst Gcneratkostenanschtag gesichert ist, sind die finanziell erforderlichen Garantien gegen eine übermäßige und sachlich nicht gebotene Inanspruch­nahme von ReichSmttteln gegeben. Der Unterzeichnete beehrt sich, hiernach ganz ergebenst zu beantragen, der Buudeerath wolle beschließen, die Vereinbarung vom 25. Mm d. I., betreffend den Anschluß Hamburgs an daö Zollgebiet, zu genehmigen.

Frankreich.

Paris, 23. Juni. In Marseiile ist er ruhiger geworden. Man Halle befürchtet, daß den Schlägereien auf der Straße die Schläger­eien in den Werkstätten. >n welchen Franzosen und Italiener zusammen arbeiten, folgen würden. Aber bisher ist in den Werkstätten kern Zank auk- gebrochen, und es ließe sich daraus schließen, daß die wahre Arbeiterbe- völkeiung den Unruhen fiemd geblieben ist und die Ruhestörer sich nur aus den untersten Schichten des Volkes, den Vagabunden, an denen es in Mar­seille nicht fehlt, rekrutirt haben Einige dieser Gesellen. Franzosen, sind bereits vor Gericht erschienen, aber es müssen wohl nicht die schlimmsten gewesen sein, denn sie kamen mit ziemlich leichten Strafen davon Mehrere der Ge.ödletiN sind gestern unter großem Zudrang der Volksmenge begraben worden. Bezeichnend ist daß dis meisten Getödteten Italiener sind. Es befinden sich nur 3 Franzosen unter ihnen. (Man sieht daraus, wie erlogen jene franz Depeschen waren, wonach die Italiener mit Re­volvern, Dolchen, brennendem Petroleum u. dgl. durch die Stadt gewüthct fern sollten I

Marseille, 24. Juni. Etwa 000 Italiener sind seit Samstag von hier abgercisi.

England.

London, 21. Juni. Aus Dublin wird geschrieben, daß die in­folge der entschlossenen Haltung der Negierung in voriger Woche eingelrc- teue Besserung der Zustände Jrlants seitdem Fortschritte gemacht habe. Hier und da werden zwar noch immer Ausschreitungen verschiedener Art verübt, allein Ruhestörungen und Widersetzlichkeiten gegen die Behör­den kommen j tzt nur selten vor. Neuerdings sind einige Ausschrei­tungen ve-übt worden, die, obwohl brutaler Art, unwillkürlich zum Lächeln zwingen. Gerichtsvollzieher w-rden gezwungen, ihre Anweisungs- Mandate zu essen. Noch schlimmer erging cs kürzlich einem Pächter in Moale. Eine seiner Kühe erkrankte und der herbeigerufene Viehdoktor verordnet« eine reichliche Dosis Kastoröl. Unglücklicherweise war der einzige Apotheker in der Nachbarschaftboycotlirt" d. h. es durfte ihm Niemand etwas ab­kaufen. Der Pächter hatte kerne andere Wahl, als seine Kuh zu verlieren, oder den irr Bann gethanen Laden zu betreten. Er wartete brs zum Ein­bruch der Nacht, woraus er sich irr den Laden wagte und ein halbes Maß Oel verlangte. Ec war indeß nicht unbeobachtet geblieben. Einige Land- ligler lauerten ihm aus und fragten ihn, ob er nicht wisse, daß der Apotheker doycottirt" worden. Der Pächter schützte dringende Nothwendi^keit vor, aber vergebens; die Flasche Kastoröl wurde ihm entrissen, sein Mund ge­öffnet und der ganze Inhalt ihm in die Kehle hinerngeschüttet.

Italien.

Nom, 23. Juni Gestern fanden in Palermo. Turin und Neapel Kundgebungen statt. Tue vor der P äfektur in Turin erschienenen Demonstranten wurden vom Präfekten zur Ruhe ausgefordert und gingen ohne Anstand auseinander. In Palermo wollten die Demonstranten vor dem französischen Konsulat gegen die Vorgänge in Marseille protestiren; durch die Truppen hieran gehindert, begaben sie sich unter dem Rufe :es lebe Italien!" nach der Präfektur, wo sie zur Ruhe ausgefordert wurden und dann ohne jegliche Ruhestörung auseinandergingen. In Neapel schritten die Bersag'ieri ein, und die Demonstranten wurden, nachdem die gesetzliche Auf­forderung an sie gerichtet war, zerstreut. Es folgten mehrere Verhaftungen.

Bulgarien

Fürst Alexander soll von den auf seiner Inspektionsreise empfang­enen Eindrücken sehr befriedigt sein, und im Gegensätze zu den Meldungen mancher Blätter gilt es in gut unterrichteten Kreisen bereits als nah zu ge­sichert, daß die Nationalversammlung die vom Fürsten ausgestellten Forder­ungen genehmigen wird.

Tages Neuigkeiten.

Calw, 26. Juni. Ais der Kirchengesangverein bei seinem in der Mitte des Dezember v. I. gegebenen Concerte den ersten Versuch machte, zur Begleitung des Gesanges neben Flügel und Harmonium noch ein kleines Streichorchester vorzuführen da wurde an den vortrefflich gelungenen Ver­such die Hoffnung geknüpft, daß bei den künftigen Aufführungen des Vereins der namentlich bei der Aufführung derSchöpfung" am 3 Nov. vielfach empfundene Mangel der Musik-Begleitung nicht mehr fühlbar sein werde. Und diese Hoffnung ist in vollstem Maße in Erfüllung gegangen, indem bei der am Johannisffiertoge gegebenen Aufführung der Schöpfung dieses großartige Tongemälde des Altmeisters Haydn in einer Weise an m- serem geistigen Auge vorübergeführt wurde, dis uns wenigstens eine Ahnung von der wunderbaren Wirkung einer vollen Orchesterbegleitung empfinden ließ. Ist doch selbst die in Beziehung auf Technik und Gefühl vollendetste Kla­vierbegleitung, der wir unsere volle Anerkennung noch nie versagen konnten, niemals im Stande, dem mit Hingebung lauschenden, in die Großartigkeit des tonschöpscrischen Gedankens vertieften Ohre die unsere Seele in ihrer tiefsten Tiefe erregende Wirkung der Violine oder Flö'e zu ersetzen. Und was wir in dieser Beziehung von dem kleinen Orchester erwartet haben, dieß hat es uns auch geboten, indem sämmtliche Instrumente, die erste Violine durch Hrn. Pfr. Schnapper und Hrn. Baumeister Neusser aus Wildbad, die zweite durch Hru. Speidel und seine beiden jugendlichen SLüier Baumann und Deuschle, die Viola durch Hrn. G. Stau­denmeyer und seinen Sohn, und die Flöte durch den sie in virtuoser Weise meisternden Hrn. Grass so gut besetzt waren, daß man zu dem Glau­ben verleitet sein konnte, diese Kapelle sei nicht erst so jungen Datums, als sie in Wirklichkeit ist. Dag das Violoncell durch das Harmonium (Hrn Staiger) ersetzt wurde, hat dem Totaleindrucke nichts weniger als Einbuße gethan. Die Hauptsache aber bei der ganzen Aufführung, der Gesang, ist unter der vortrefflichen Leitung des Dirigenten, Hrn. Fr. Gundert, eine so aus­gezeichnete Leistung im Solo, wie im Chorgesang gewesen, daß wir uns wohl auf frühere Worte der vollsten Anerkennung berufen und einzelne kleine Fehler, die ohnedieß wahrscheinlich nicht jedem Ohre bemerkbar ge­wesen sein weiden, mit dem Schleier freundlicher Nachsicht bedecken und unter der angenehmen Erinnerung an den Gesammteindruck beruhigt in das Meer der Vergessenheit versenken können. Die Solostimmen, die im So­pran von Frau Prof. Hertter und Frl. Anna Fe der hass, im Tenor von Hrn. Gustav Stau den meyer und im Boß von Hrn. Bahnmeister Eberhardt besetzt waren, sind ihrer häufig schwierigen Ausgabe, unterstützt von einer vortrefflichen Disposition der Stimmen, in e ner Weise gsrecht geworden, die unsere ungeschmeichelle Anerkennung verdient, während der Chor auch dießmal wieder durch seine unverkennbar gute Schule zum Gelingen des Ganzen so wsstntlich beigetragen hat und seinem unermüd­lichen Meister alle Ehre machte. Die Klavierbegleitung war dießmal allein in die wohlgeüble Hand von Frl. Isend erg gelegt und hat sich auch neben dem Orchester zu vollkommener Geltung zu bringen verstanden. Daß die Aufführung bedauerlicherweise nicht so zahlreich besucht war, als in Anerkennung der rühmenswerthen großen Anstrengungen des Vereins hätte erwartet werden dürfen, mag wogt größtentheils auf Rechnung der äußeren Temperatur zu schreiben sein, die dem Hrn. Dirigenten selbst Nicht am wenigsten empfindlich gewesen sei l mag und die den Sängern und Sängerinnen eine kühlende Mundnetze mit Wasser und Aehnlichem als gänzlich unentbehrlich erscheinen ließ Wie wir vernehmen, wird übrigens der Verein am nächsten Sonntag Nachmittag die Aufführung in der Krrche wiederholen, bei der jedenfalls die Störungen, die bet ossinen Thüren und Fenstern unvermeidlich waren, hinwegfallen, und dürfte dadurch Manchem, namentlich Auswärtigen. eine willkommene Gelegenheit geboten werden, des hohen Genusses theilhaflig zu werden, den die Aufführung am letzten Frei­tag unbestreitbar geboten hat

DerGesellschafter" schreibt: Es soll schon mehrfach die Wahrneh­mung gemacht worden sein, daß gegenwärtig auch falsche Zehnpfennig­stücke im Umlauf sind. Dieselben sind von den ächten dadurch zu unter­scheiden, daß sie einen ganz trägen bleiartigen Klang haben, das Gepräge

fragte, gab er zur Antwort: wenn ein junges Mädchen die Pflicht der Dankbarkeit so weit ausübt. daß sie ihr junges Leben an ein altes knüpft, daß sie auf das Glück der Liebe Verzicht leistet, nur um die letzten Tage ihres bejahrten Vaters zu verschönen und die Ehre desselben zu retten dann, mein Freund, ist der leiseste Verdacht ein Verbrechen, dann gibt es keine Charaklerconsequenzen mehr in der Welt, wollte man annehmen, daß Josephins meine Ehre verungl mpsen kann. Hätte nicht schon ein natürliches Prinzip meine Handlungen geregelt, diese Kundgebung eines mich hoch eh­rende Vertrauens würde mich zu dem größten Opfer besähigt haben. Schon vor der Abreise meines ersten Mannes sah ich Dich, und ich ver­hehle nickt, daß eine Veränderung in mir vorging, die mich zittern machte. Aber ich kannte meine Pflicht, und nur erst als ich dieser entbunden war, folgte rch der ersten Regung der Liebe, die ich bis dahin nicht gekannt Halle. Mein Mann empfieng mich zwar als eine Wittwe, aber ich brachte ihm alle Empfindungen einer Jungfrau mit, die zum ersten Male liebt. Philipp, ich konnte an dem Manne nicht zur Verrälherin »erden, den ich nur achtele; soll ich Dich verralhen, den ich liebe und den ich nun auch unbedingt achten muß, nachdem er seinen schönen Charakter so glänzend an den Tag gelegt hat? Du gibst jener armen Familie ein so großes Vermögen zurück, und mir verweigerst Du das Geschenk Deines Vertrauens? O, wein Gott, jetzt, wo Du mir zum ersten Male beweisen kannst, daß Tu mich am Höchsten achtest in der Weit, jetzt würdigest Du mich in eine Klasse von Frauen herab . welche die tiefste Verachtung verdienen. Dem Schreiber jenes Brie­fes glaubst Lu mir nicht! Ich habe Dir genügende Aufklärung ver­sprochen und doch hältst Du mich für schuldig. Tu siehst mein Bemühen,

Deinen Argwohn zu zerstreuen, und dennoch hegst Du ihn, Dir und mir znr Marter. O. ich habe schon zu viel gesprochen; ein einziges Wort hätte hinreichen müssen Philipp, Du liebst wich, aber Du verstehst mich nicht!"

Die letzten Worte hatte sie mit bebender Stimme gesprochen. Sie wandte sich ab und bedeckte ihr Gesicht.

Josephins." sagte der junge Mann, indem er ihre Hand ergriff, ich will ruhig sein, ich verspreche es Dir! So lange ich kann, will ich Dein Geheimniß achten; aber ich wiederhole es, gieb mir Ausklärung nicht wegen Deiner, sondern wegen meiner!'

Könnte ich. so sollte es gleich geschehen; aber Rücksichten für Dich verbieten es mir. Wäre in jenem Briefe von weniger als von einer Hei- rath die Rede, ich würde es nicht über mich gewinnen können, Dich länger in dieser Ungewißheit zu lassen. So aber. mein Freund, prüfe mit dem Verstände, und nicht mit dem Herzen. Gute Nacht, Philipp!"

Sie küßte ihn und entschlüpfte rasch in ihr Zimmer.

Sie hat Recht!" dachte Philipp, und ging zu Bett. Er schmeichelte sich mit dem Gedanken, daß ihn nur noch die Neugierde plage, und es ge­lang ihm, einzuschlafen.

Wenn ein Gewölk den klaren Horizont zweier Liebenden getrübt, die das höchste Glück in dem gegenseitigen Austausche ihrer Gefühle gesunden, so bleibt stets eine Spur in den Genüssen zurück, nachdem es sich wieder verzogen hat. Wie das Land nach dem Regen sich erfrischt, so wird die Liebe entweder lebendiger, oder die Erschütterung dauert fort wie der Donner, der noch einige Zeit bei Hellem Sonnenscheine nachhallt. Die Liebe ver­mehrt oder verringert sich. (Fortsetzung folgt.)