Härte, drei Jahre seien unzureichend für die militärische Ausbildung, namentlich für die Kavallerie und die Spezialwaffen. Der Minister fügte hinzu, der dreijährige Dienst existire in Deutschland, sei aber während 50 Jahren vorbereitet worden. Man könne ihn in Frankreich nur nach langer mühevoller Vorbereitung einführen. Der Min ster bemerkte gelegentlich, nichts bedrohe den Frieden, namentlich seien die Beziehungen Frankreich» mit dem mächtigen Nachbar ganz freundschaftliche. Die Kammer beschloß fast einstimmig, die Berathung der einzelnen Artikel zu beginnen.
Rußland.
Der Golos bringt folgende Schilderung über die Unruhen in S a r a t o w: „Dis Veränderung der Szenen und der Opfer ist eingetreten, die Akteure blieben aber dieselben rohen Volksmaffen. Dje Unordnungen treten jetzt im Wolgagebiele auf, wo keine Juden wohnen. Die Opfer werden jetzt Christen, Händler und Händlerinnen auf dem Bazar; der Zweck ist Plündern Die Thäter sind Bauern, welche zum Feste der Himmelfahrt aus den um Saratow liegenden Dörfern herbeiströmten. Diese Unruhen lassen sich weder durch Nationalitäts-Ursachen noch Religions-Antagonismus erklären. Die Triebfeder ist nur der Sozialismus, Armuth und Hunger, Brod- und Arbeitsmangel."
Auch in Esthland und Livland beginnt es zu gähren, wo das Volk, schon seu Jahren durch russische Agenten bearbeitet und durch das Beispiel im Süden angeseuert, leicht sich an D e u t s ch e n Verfolgungen machen könnte. Man hegt die hoffentlich unbegründete Befürchtung, die Johannisnacht wäre zum Losschlagen ausersehen.
Bulgarien
In Bulgarien beginnen nun auch die Frauen, sich in den Verfassungsstreit einzumischen. Natürlich stehen sie entschlossen für die Sache der „Freiheit" ein und geben er dem Fürsten zu empfinden, daß er im Begriffe steht, ihre Hochachtung zu verscherzen. Eine Frauendeputation überreichte nämlich dem Fürsten eine von 325 Frauen Unterzeichnete Adresse, in welcher sie erklären, daß sie ihre Söhne in solcher Weise erziehen, daß dieselben in der Stunde der Gefahr alle ihr Leben für den Fürsten uno die Verfassung opfern würden; jede Mutter müßte indeß ihren Sohn für einen Verräther halten, wenn er in die Aushebung der Verfassung willigte. Was sich wohl die btckgarischen Frauen unter der Verfassung vorstellen mögen?
Sofia, 13. Juni. Demnächst wird ein sürstl. Ukas erscheinen, welcher ein Plebiszit anordnet. Das Plebiszit wird die Frage über das Verbleiben des Fürsten stellen; die Antwort hat an allen Orten einfach mit Ja oder Nein zu erfolgen. Nach dem Plebiszit erfolgen erst die Wahlen für die Nationalversammlung
Aus Sofia vorliegende Nachrichten neuesten Datums besagen, daß die Agitation gegen den Fürsten täglich größere Dimensionen annehme. Wenn der Fürst nicht ein aus 3 (statt 7) Jahre hinauslausendes Kompromiß acceptne, dürfe die Sache als gegen ihn entschieden angesehen werden.
Türkei.
Konstantinopel, 14. Juni. Die Pforte richtete an ihre Vertreter ein Circular, das' einem Protest gegen das Dekret des Bey von Tunis gleichkommt, wonach Roustan die Leitung der äußern Angelegenheiten übertragen wird.
Tages Neuigkeiten.
— Sindelsingen, 13. Juni. In letzter Woche kam dem „B. B." zufolge der noch schulpflichtige Sohn eines hiesigen Bürgers in der Rösselmühle ins Kammrad, wurde von demselben erfaßt und aufs Fürchterlichste zugerichtet; er erhielt an Armen und Beinen 6 Brüche und auch der Unterkiefer wurde ihm zerrissen. Doch wurde er durch ärztliche Hilfe wieder auf den Weg der Besserung gebracht und wird in einigen Wochen wieder das Bett verlassen können.
— In Herrenberg will man bestimmte Anzeichen dafür haben, daß eine Bahnverbindung zwischen Herrenberg und Tübingen längs des Ammerlhals beabsichtigt sei.
die Angelegenheiten mit dem Herrn von Dornstedt zu Ende zu bringen. Es erschien ihm selbst als keine schwere Aufgabe, dem alten Manne unumwunden die Motive seiner Handlung darzulegen. Philipp schlief endlich ein. um von dem Glücke zu träumen, das er von der Zukunft zu erwarten berechtigt war.
VI.
Gegen Mittag des nächsten Tages, ehe Philipp zu Josephinen ging, zog er die Klingel an des Magisters Thür. Elias öffnete, wie gewöhnlich. Auf Befragen antwortete er, daß Herr von Bornstedt zwar zu Hause, aber Nicht allein sei.
„Wer ist bei ihm?"
„Der blonde junge Mann, der Ihnen neulich auf der Treppe begegnete. Ich glaube, er wartet auf Fräulein Anna, die mit meiner Frau ausgegangen ist, um Material zur Arbeit eivzukaufen."
„Auf Fräulein von Bornstedt wartet er?" fragte Philipp, dem es lieb war, einigen Aufschluß über ihn zu erlangen.
Der kleine Mann nickte lächelnd mit dem Kopfe. Dann forderte er Philipp auf, einen Augenblick in das Zimmer zu treten.
„Sie meinen es gut mit der Familie, ich weiß es," begann Elias. „Und deßhalb hätte ich Ihnen gern eine bessere Nachricht in Bezug auf das Fräulein mitgetheilt.
„Was wollen Sie sagen?" fragte Philipp verwundert.
„Zunächst muß ich eine irrige Ansicht berichtigen. Ich sagte Ihnen, daß ich Gründe hätte zu glauben, jener blonde Herr sei der Liebhaber der Madame Lindsor,"
— Stuttgart, 14. Juni. S. M. der König besuchte heute in Begleitung seines Generaladjutanten Frhrn. v. Spitzemberg die Ausstellung und machte, geführt von Oberinspektor Senfft, bei einer großen Anzahl von Ausstellern sehr reiche Einkäufe. Wir erwähnen darunter folgende: Aus der Kunstabtheilung: die Marmorfigur von Th. Bechler (in München, geb. Württemberger) „Amor mit Hund spielend"; an Juwelier, waaren: den prachtvollen Tafelaufsatz von Föhr (Stickig.), eine Schale von Bruckmann (Heilbronn), ein Schmuckkästchen und Kirchengeräthe von Erhardt und Söhne (Gmünd); ferner werthvolle Schränke aus den Mö- belkabineten von Wirth und Gerson und Weber, zwei kostbare Vasen der Schramberger Porzellanfabrik. Uhren von Gutekunst und Stotz, Spiegel von Braflart, einen gestickten Sessel von Schradin, das mechanische Spielwerk von Hahn (Ulm); endlich mehrere landwirthschastliche Maschinen.
— Stuttgart. 14. Juni. Gestern Nachmittag bemerkte ein dis Ausstellung besuchendes Fräulein, daß ein junger elegant gekleideter Mann sie permanent verfolge. Ein Griff in ihre Tasche belehrte sie, daß der Galant ihr Portemonnaie entwendet batte; sie sagte ihm dies sofort, doch leugnete er, und forderte, daß die Dame ihn auf die Polizei begleitet. Auf dem Wege dahin fand er Gelegenheit, wie Zeugen sahen, die Geld- börse ihr wieder zuzustsllen. Im Polizeiarrest machte der Betreffende einen Versuch, sich zu erhängen, welcher auch fast geglückt wäre, wenn nicht Fahnder Frank ihn zum Verhör hätte holen wollen. Ebenso versuchte er auf dem Transport zum Katharinenspital sich den Verband abzureißen und die Pulsader aufzubeißen. Der Dieb, welcher seit Freitag im Hötel Redwitz wohnte, ist ohne Legitimationspapiere und nennt sich Wilhelm Bauer von Linz.
— Stuttgart, 15. Juni. Gestern Nacht erschoß der in der Olgastraße wohnende 33 Jahre alte Friseur Jakob Pf irr mann (aus Bedingen, Bez.-Amt Landau) seine Frau und stellte sich sodann selbst der Polizei Motiv eheliche Zwistigkeiten.
— Stuttgart, 16. Juni. Einige furchtbare, markerschütternde Töne erschreckten heute Vormittag das Publikum in der Ausstellung; sie wurden erzeugt von dem soeben ausgestellten, neuerfundenen Motoropyon des Herrn Weigle, das im Signalwesen namentlich der Marine vielleicht eine große Rolle spielen wird, da es das Nebelhorn total in den Schatten stellen und das größte Sturmgebraus des Meeres übertönen soll.
— Horb, 15. Juni. Reisende von der Richtung Calw brachten die Kunde hiehec, zwischen d-n Stationen Hochdorf und Eutingen sei heute Nachmittag bei Vorüberfahrt des Bahnzugs ein Bahnwarthaus in Hellen Flamme» gestanden. Das Häuschen war nach ihren Aussagen kaum zu retten. Unvorsichtigkeit soll rie Ursache sein.
— Hall, 14. Juni. In den Tagen vom 10. bis 12. Juni hatten wir hier die 6te K r e i s r i n d v i e h a u s st e l l u n g und die 33ste Wanderversammlung der württ. Landwirlhe. Jene übertrat tie vorhergehenden Ausstellungen bedeutend an Qualität der Thiers und zeigt sich mit jedem Jahre mehr der hohe Werth dieser mit bedeutenden Siaatr- prämien ausgestatteten Ausstellungen. Die Wandsrversammlung war überaus zahlreich, von 6—700 Landwirthen besucht und faßte mehrere bedeutungsvolle Beschlüsse, insbesondere bezüglich der Nothwendigkeit gesetzlicher Bestimmungen über die Farrenhaltung und dec Entschädigung für das an Milzbrand gefallene Rmdvieh. Große Anziehungskraft ülte die landwirthschaftlich-gewerbliche Ausstellung, in welcher insbesondere die Molkereiausstellung, die von Morgens 9 bis Abends 7 Uhr in ununterbrochenem Betriebe die rationelle Butter- und Käsebereitung zeigte, stets von einer großen Menschenmenge umlagert war. Am Sonntag namentlich war ein Gelreibe in der Stadt, daß man meinen konnte, die ganze Umgegend sei hier zusammengesttömt. Höchst interessant war auch die vom hiesigen Verein der Vogelsreunde veranstaltete G c- f l ü g e l a u s st e l l u n g und das Experiment mit 2 Flügen Brieftauben, die den Weg von Hall nach Stuttgart in ca. 1 St. zurücklegten. Ein Extrazug führte ca. 400 Thsilnehmec am Sonntag Nachm, nach dem Salzbergwerk in Wilhelmsglück. Die nächste Ausstellung und Wanderversammlung wird entweder in Heilbronn oder in Ludwigsburg sein.
„So sagten Sie."
„Er ist es nicht."
„Und das wissen Sie genau?"
„Urtheilen Sie selbst. Gestern Abend, es war schon dunkel, komme ich aus der Druckerei. Ich bleibe unten auf der stockfinstern Hausflur stehen, um meinen kleinen Wachsstock anzuzünden, damit ich die steilen Treppen bester ersteigen kann. Während ich nach der Zündholzbüchse in meiner Tasche suche, treten auf einmal zwei Gestalten von der Straße herein. Ich bin Menschenbeobachter, lieber Herr, und laste nicht gern eine Gelegenheit Vorbeigehen, dis mich belehren kann. So drücke ich mich in einen Winkel und lausche. Gleich an den ersten Worten erkannte ich unfern jungen Mann. und an dem folgenden Fräulein Anna. Das war eins Zärtlichkeit, ein Herzen und ein Küsten, wie ich es in einer Novelle nicht besser beschreiben kann. Für mich als Novellisten war dies eine kostbare Studie. Ach, .seufzte Anna, hätten wir nur unser Vermögen noch, Du solltest nicht um elenden Lohn bei einem Advokaten schreiben, lieber Bernhard I — Was würdest Du lhun, fragte Bernhard, wenn Dein Vater plötzlich sein ganzes Vermögen wieder erhielte? — Dann würde ich Dir gestatten, um meine Hand anzuhatten. — Wahrhaftig, Anna, Du verschmähst in diesem Falle den armen Schreiber nicht ? — Ich würde ihm meine ganze Mitgift zur Verfügung stellen; so aber muß ich noch eine Zeit lang warten, denn es macht dem Vater Kummer, wenn er sieht, daß er meine Wünsche nicht erfüllen kann. — Anna, sagte Bernhard, warte noch einige Tage, und man bringt Deinem Vater das ihm gestohlene Vermögen in das Haus."
(Fortsetzung folgt.)