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für die Sicherheit seiner großen afrikanische» Kolonie auferlegt, würden > durch eine scheinbare oder prekäre Unterwerfung und schnell vergessene Ver­sprechen nicht genügend bezahlt werden. Unsere Sicherheit braucht dauer­haste Bürgschaften. Wir verlangen dieselben vom Bey von Tunis. Wir stellen weder seinem Gebiet noch seinem Throne nach. Tie franz. Republik hat feierlich beim Beginn dieser Expedition jeder Annekiirungtprojekt. jede Idee einer Eroberung von sich gewiesen. Sie erneuert dieselbe Erklärung in dieser Stunde. wo die Entwicklung nahe ist. Aber die Regierung des Bey von Tunis ist gehalten, uns auf ihrem Gebiete zur Sicherheit unserer Besitzungen und nach Maßgabe unserer Interessen die Vorsichtsmaßregeln treffen zu lassen, welche sie offenbar aus eigenen Kräften nicht sicherzustellen vermag, formelle Verträge müssen unseren rechtmäßigen Einfluß in der Regentschaft gegen neue Angriffe und Abenteuer schützen.

Paris 13. Mai. Gestern Morgen um 8 Uhr erbat General­konsul Roustan in Tunis Audienz für den General Broard, welche der Bey für Nachmittag 4 Uhr zugefland. Breard verlas einen 10 Artikel »Müssenden Vertrag, dessen Hauptbestimmung di- Einsetzung eines franz. Ministerresidenten in Tunis zur Überwachung der Ausführung der Vertragsbestimmungen ist. Der Bey erbat sich eine kurze Bedenkzeit und unterzeichnet« daraus den Vertrag um 8 Uhr. Er verlangte, daß die franz. Truppen Tunis nicht betreten sollen, was übrigens niemals sranzösischerseiis beabsichtigt war. Wie verlautet, soll Roustan franz. Ministerresisent werden. Der Verkehr des Beys mit dem Vertreter Frankreichs ist sehr höflich.

Paris 14. Mai Das Journal officiel veröffentlicht die Ernenn­ung Ron st ans zum Ministerresidenten in Tunis.

Paris, 14. Mai. Der Minister des Auswärtigen, Barthelemy Saint Hilaire, erhielt heute derKöln. Ztg." zufolge Telegramme aus Wien, Petersburg und Berlin, worin von diesen drei Kabinetten die gute Aufnahme des Vertrages zwischen Frankreich und Tunis bezeugt wird. Im auswärtigen Amte erwartet man von Seiten Italiens und Englands eine gewisse diplomatische Aktion und glaubt, daß die Kabinette von Rom und London besonders Aufschlüsse über Biserta verlangen werden.

In Paris hat dis Nachricht, daß Fürst Bismarck gegen den italienischen Antrag: zur Regelung der Tunisfrage einen Kongreß einzu­berufen, energisch Verwahrung eingelegt hat, außerordentlichen Eindruck ge­macht. In maßgebenden Kreisen, an deren Spitze namentlich Barthölemy St. Hilaire zu erwähnen ist, macht man kein Hehl aus der Freude über das helfende Wort des Kanzlers, und glaubt erst jetzt ganz sicher zu sein, daß keine Verwickelungen enlstehen werden.

England

London. 14. Mai. Die meisten Blätter beuriheilen die Abmach­ung Frankreich» mit Tunis sehr ungünstig. DieTimes" sagt: Die Lage Europas sei derartig, daß kein wahrer Freund Frankreichs ohne schlimme Ahnungen die Entwickelung einer Politik beobachten könne, welche Italien erbittere und entfremde, sowie die Sympathie Englands für die französische Republik erkaltet habe.

Italien.

Rom, 14. Mai. Die ersten Nachrichten über den französischen Ver­trag mit dem Bey. welche offiziös verbreitet wurden, waren zu günstig für Tunis gefärbt. Der wirkliche Inhalt des Vertrages hat einen völligen Sturm hervorgerufen, so daß das Ministerium, ohne weiteres abzuwarten, heute Morgen um 11 Uhr seme Entlaffung eingereicht hat. Nach den dem Ministerium nahestehenden Zeitungen ist dieser Schritt erfolgt unter ausdrücklichem Zugeständniß, daß er die Wiederherstellung eines Kabinets der Gesammtlinken ermöglichen soll.

Rom, 15. Mai. Der König hat das Entlassungsgesuch des Kabinets angenommen und beauftragte Sella mit der Neubildung desselben; Sella nahm diesen Auftrag an.

Rom, 15. Mai. Daß Sella, der Führer der die Minderheit im Parlament bildenden Rechten, mit der Neubildung des Kabinets beauftragt wurde, hat bei der Linken große Entrüstung hervorgerufen. Die Partei versammelle sich, 218 Mann stark, unter Zanardelli und erklärte zu Proto­koll , daß sie allein zur Negierung berechtigt fei. Heute werden noch telegraphisch von abwesenden Abgeordneten Zustimmungen zu diesem Beschluß

eingsholt, wobei Nicotera besonders eifrig ist. Die liberalen Blätter be­zeichnen das Verfahren des Königs als kaum vereinbar mit der Verfassung. Die Auflösung der Kammer scheint unvermeidlich, die Krone hat jedoch bis jetzt ihre Genehmigung noch nicht erlheilt.

Rom. 16. Mai. Es verlautet, Sella bestehe auf der A u f l ösu ng der Kammer. Der König konferirts heute mit dem Kammerpräsidenten F a r i n i.

Rußland

Si. Petersburg, 16. Mai. Die Demission des Grafen Loris Meli ko ff ist angenommen. Ter bisherige Domänenminister Ignatieff übernimmt das Ministerium des Innern Es ist dieß die nächste Folge des kaiserlichen Manifestes, von dem Melikoff erst am Abend seiner Veröffentlichung etwas erfuhr. Auch der Kriegsminister M il jutin und brr Finanrminister Aba s a haben ibre Entlassung eingsre icht

Zur Wetterprognose.

Calw, 15. Mai. In der Sitzung des Gesammtkollegiums der Cen- tralstelle für Landwirlhschaft am 12. November v. I. kam zum erstenmal die Bedeutung der Wetterprognose für die Lay-wirthschaft zur Sprache und es hielt der Direktor des statist. Bureaus v. Riecke einen höchst interessanten Vortrag über den Stand dieser noch sehr jungen Wissenschaft in Deutsch­land, über das, was bis jetzt bei uns in meteorologischer Beziehung ge­schehen und über die Möglichst einer ausgedehnteren Thätigkeit der Stutt­garter Centralstation, die von der Verwilligung weiterer Mittel durch die Ständekammer abhänge. Letztere verwilligts denn auch auf den Antrag der Centralstelle für den beabsichtigten Zweck die Summe von 7660 womit hauptsächlich der regelmäßige Bezug der Depeschen der Hamburger See­wärts und der Beobachtungen des Züricher ObservatoriustS, die für Süd- deutschland ungleich werthvoller sind, als jene, gesichert und an der Hand dieser Hilfsmittel eine Stuttgarter Prognose eingerichtet werden sollte. Nach einer in der letzten Sitzung des Gcsammtcollegiums der landw. Centralstelle am 11. Mai gemachten Mitteilung ist nun die Sachs soweit gediehen, daß vom 1. Juni ab die von der Stuttgarter Centralstarion aufgestellten Prognosen ohne alle Reserve zur Veröffentlichung im ganzen Lande zur Verfügung gestellt werden. Diese Veröffentlichung soll jeden Tag. auch Sonntags, Abends 5 Uhr, durch Telegramme an jeden Vereinsdezirk und versuchsweise auf Kosten der Cen- tralstelle geschehen. Doch können auch andere Vereins und Corporationsn darauf abomnren und beträgt das Abonnement pro Monat 10 für Vs Jahr 24 Die Telegramme werden als dringliche bezeichnet, gehen also allen anderen Telegrammen vor, und dürfen bis zu 8 Worten enthalten. Die Depeschen werden am Stationsgebäude der Oberämter angeschlagen und wird es also Sache der landw Vereine sein, dafür zu sorgen, daß dieselben möglichst schnell von dort in die Stadt kommen und hier an einem paffenden Orte ousgehängt werden. Uebsr die raschelte Verbreitung auf dem Lande werden eist Vorschläge zu gleichartigen Maßregeln im ganzen Lande gemacht werden. Auf dem flachen Lande wird hiezu der auf hohen, weithin sichtbaren Punkten aufzusteckende optische Telegraph oder das Auf­ziehen von Körben (wie im vor Jahre in Hohenheim) am passendsten ver­wendet werden. In Gebirgsgegenden wird die Sache ihre Schwierigkeiten haben. Bezirksorte. die an der Bahn liegen, werden am klügsten thun, sich zu abonniren, und erhalten sie dann dis Depeschen direkt von der Central­station, Die seit dem 1. April von derselben ausgestellten Prognosen sollen in Beziehung auf den Prozentsatz der Treffer ein sehr günstiges Resultat geliesert haben; auf absolute Stcherheit machen natürlich auch diese Prog­nosen entfernt keinen Anspruch, sie sind und bleiben blose Ver­muthungen auf Grund der Windrichtung und des Barometerstandes, wie es s.iibec die vom Stuttgarter N Tagblatt veröffentlichten Prognosen des Prof. Dr. Klinkerfue s in Gürtingen und die zeitweise in der Württ. Landeszeitung stehenden (ziemlich unglücklichen) Prognosen des Meteorologen Brückla ch er in Freudenstavt auch nur gewesen sind. Da jedoch die Stuttgarter Centralstation mit ganz andern Hilfsmitteln arbeitet, als diese beiden Privatpropheten, so ist wohl zu vermuthen, daß sie auch in Bezieh­ung auf die Zahl ihrer Treffer glücklicher sein wird, und ist nur zu wünschen, daß das Vorgehen der landw. Centralstelle, die damit ein Opfer von 2000 «kL bringt, in den ländlichen Kreisen auch diejenige Anerkennung finde, die es so sehr verdient. H»

Ihr lächelt wohl? Allein gesteht:

Wenn ich ihn oft zu mir sah kommen,

Tie Stirn bewölkt, das Herz beklommen, Weil ihm, der herzlich liebt das Reich, Des Reichstagslehrsucht doch zugleich Mit tausend neuen Paragraphen,

Wohl mehr als nöthig macht zu schaffen; Wenn ich ihn so zu mir sah kommen, Bedürftig wieder frischer Luft,

Und ich ihn freundlich ausgenommen Und mit der Tannen würz'gem Duft Den Schwerbeladnen ich erquickte,

Daß los von Müh' und Sorgenschmerz Er wieder freudig um sich blickte,

Erfrischt an Haut, Aug, Ohr und Herz; Wenn ich die Sorgen uns den Gram Ihm also von dem Herzen nahm:

Sagt, mußte nicht das Herz wir lind, Wie einer Mutter sür das Kind,

Das leidend sie verpflegt im Arm,

Weich werden und in Liebe warm? Drum weil ich ihn so liebgewann,

Seh' ich ihn ungern mir entrissen,

Mit Schmerzgefühl werd ich fortan

Den würd'gen Mann bei mir vermissen.

Ja. ja, ein würd'ger Mann, fürwahr,

Ein Richter nach der rechten Weise.

Deß Spruch ist sicher stets und klar,

Der keiner Rücksicht, wie sie heiße.

Tes Rechtes ew'gs Satzung kann Nachsetzen, ja ein ganzer Mann.

Schaut nur bei mir im Wald, wie feste Um manchen alten Felsblock sich Tes Waldbaum's mächt'ge Wurzeläste Umklammernd schlingen inniglich,

Sie halten sich untrennbar fest,

Nicht Stamm von Fels sich scheiden läßt, Sie trotzen kühnlich, eng vereint,

Auch wenn der Sturm tobt, ihrem Feind: So aus des Rechtes Felsengrund Wurzelt des Richters rein Gewissen,

Nur Wahrheit spricht sein Herz und Mund, Von keines Zweifels Sturm zerrissen.

Drum Laß ich ihn nun scheiden seh,

Das thut auch mir dem Wald gar weh. Doch höre, Freund, was ich noch muß Zurufen Dir als Abschiedegruß.

Ich kann Dir ja zum Tröste sagen:

Ich Hab' im Oberlands auch Recht würdige und liebe Magen*)

Von edlem Tann und grünem Strauch;

Die Veitsburg winkt ganz in der Nähe Und auf der stolzen Waldburg Höhe Und auf dem Gehrenberg sodann Sich Aug und Herz erquicken kann.

Die Freunde magst Du von mir grüßen,

Daß sie auch gern an meiner Statt Die Last des Amtes Dir versüßen,

Wenn je und je Du würdest matt.

Ich aber werd' zuweilen gerne Von Nordwest Dir mit frischem Wind Ein Grübchen senden in die Ferne,

Das mahne freundlich Dich und lind,

Daß wenn es Dir die Wange fächelt In oberländ'schen Waldes Luft,

Dein Mund dabei verwundert lächelt Und spricht: ei, das ist Schwarzwald DuftI Und daß Du dann bei solchem Mahnen Auch an die alten Freunde denkst Und in den Ferien Deine Bahnen Nach Nagold-Thal u. -Bergen lenkst. L. A« *) altdeutsch, --- verwandte.