DaS E»kw« Nxtle»- tkatt «rschelnt am Dirnstag,Donnrrstag u. Kamsrag. Abon- nementsprcis halbjährlich 1 -Si 80 L durch die Post bezogen im Bezirk 2 30 L, sonst in ganz Württemberg 2 70
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. gebühr beträgt 9 V für die vierfpaltige Zeile oder deren Raum.
Amts- unä Intekkigenzbkatt für äen Aezirk.
Uro. 5 t.
Dienstag, den 3. Mai L881
56. Jahrgangs
Auf äa« „Takwer Wochenblatt"
werden für die Monate Mai und Juni wieder von sämmtlichen K. Postämtern. Postexpeditionen und Postboten Bestellungen angenommen zum Abonnementspreis von 80 Pfg. im Bezirk und 9) Pfg. außerhalb derselben. — Zu zahlreichen Bestellungen ladet freundlich ein
Die Redaktion und Expedition des „Catwer Wochenblatts."
Amtliche Dekanntmachungen.
Zu Ehren des in der nächsten Woche nach Ravensburg abgehenden
Herrn Landgerichtsraths Schnorr
wird am
Montag, den 9. Mai, Abends 7 Uhr,
ein Abend-Essen im Waldhornsaale abgeholten werden.
Wir erlauben uns, die Angehörigen von Stadt und Amt zu zahlreicher Theilnahme hieran ergebenst einzuladen.
Calw, am 2. Mai 18-1.
Oberamtmann Stadtschultheiß Flaxland. Schuld t.
Die auswärtigen Theilnehmer werden ersucht, bis Freitag Abend sich im gena nnten Gasth os e anzumelden. _
Amtliches.
Im Vollmachtsnamen Seiner Majestät des Königs hat das K. Staats- Ministerium durch Entschließung vom 27. April die erledigte PräzeptorSstelle an der Lateinschule in Blaubeuren dem Präzeptor Reiniger an dem Reallyceum in Calw übertragen.
Vom 1. Mai d. Z. ab werden im inneren württcmbergischen Postvcrkehr die auf chromographischem, polygraphischem, hektographischem, papyrographischem, velocigraphischem Wege oder mittels eines ähnlichen Umdrückverfahrens hergestellten Schriftstücke gegen die ermäßigte Taxe für Drucksachen befördert, sobald gleichzeitig mindestens 20 vollkommen gleichlautende Exemplare am Postschalter e ingeliefert w erden. _
Politische Nachrichten.
Deutsches Reich.
— Der Reichstag bot nach 19tägigen Ferien bei Wiederaufnahme seiner Arbeiten am 26. Apnl dasselbe Bild der Lückenhaftigkeit, wie vor Ostern; die sog. Hutliste ergab bei Beginn der Sitzung wenig über 100 Anwesende. Von den Verhandlungen bot da» meiste Interesse der Beginn der 1. Be- rathung des Ges.-Entw. über die Oeffentlichkeit der Verhandlungen und die Geschäftssprache des Landerausschusses für Elsaß-Lothr. Der Entwurf lautet: § 1. Die Verhandlungen des Landesausschusses für Elsaß-Lothr. sind öffentlich. Die Geschästssprache desselben ist die deutsche. § 2. Mitgliedern des Landesausschuffes, welche der deutschen Sprache nicht mächtig sind, ist das Vorlesen schriftlich aufgesetzter Reden gestattet. Die letzteren i müssen in deutscher Sprache abgesaßt sein. Bei der Abstimmung wurde die Vorlage unverändert (gegen die Elsäßer) angenommen.
— Berlin, 28. April. Der Reichstag verwies die Vorlage über Ab
änderung des Gerichtskosten-Gesetze« an eine vierzehngiiedrige Kommission. Alle Redner sprachen sich für weitere, über die Vorlage hinausgehende Ermäßigungen aus. v. Hölder bemängelte, daß die Vorlage den berechtigten Klagen über zu hohe Gebühren nicht genügend Rücksicht trage. Payer sprach für weitergehende Herabsetzung; die Vorlage bleibe weit zurück hinter dem, was der Reichstag vor Jahresfrist in einer Resolution verlangt habe. Es folgt die erste Beralhung der Gewerbeordnungs- Novelle. Braun (Glockau) und Richter bekämpfen die Vorlage als dem Geiste der Gkwerbesreiheit widersprechend. Die Novelle wird an die Gewerbeoldnmigskommission verwiesen. Nächste Sitzung morgen. — Die Kommission für das Stewpelabgabengesetz lehnte einstimmig die QuiltungS- steuer ab.
— Äm 28. hielt die Reichstagskomission für das Arbeiter- Unfallversicherungsgesetz, in welche statt Oechelhäusers Mar- quardsen eingetreten ist. ihre erste Sitzung. Eine allgemeine Debatte wurde abgelehnt und sofort in die Berathung über H. 1 eingetreten. Staatssekr. v. Bötticher trat lebhaft für die Vorlage ein und wies namentlich alle Bedenken gegen die Reichsversicherungsanstalt zurück, die von verschiedenen Seiten erhoben wurden. Auch die Ausdehnung des Gesetzes auf die ländlichen Arbeiter wurde in Anregung gebracht. Seitens der Fortschrittspartei legte Freund den mehrfach erwähnten Antrag auf Erweiterung des Haft- pflichtgesetzeS vor. Die Debatte über §. 1 wurde nicht zu Ende geführt.
— Berlin. 29. April. (Reichstag.) Dis Sitzung ist gut besucht. Zweite Berathung der Vorlage über di« Besteuerung der Dienstwohnungen der Reichsbeamten. Richter (Hagen) bekämpft die Vorlage: es liege kein Grund vor, neue Vergünstigungen für Reichsbeamte zu schaffen; dieselben seien bei der Miethsteuer schon über Gebühr geschont, der Vorwurf des Reichskanzlers bei der ersten Lesung, daß die Berliner Stadtverwaltung bei der Veranlagung der Miethsteuer parteiisch zu Werke gehe, sei unbegründet und habe in Berlin eine wahre Verleumdungsära angeregt. Bismarcks Alleinwille herrsche auf allen Gebieten; auch dieses Gesetz sei eine Konsequenz der diktatorischen Regierung Bismarck«. Fürst Bismarck bemerkt: Berlin muß doch auch Werth darauf legen, daß so viele Beamte daselbst wohnen; Berlin darf sie nicht zu hart mit Steuern behandeln; er würde schweren Schaden leiden, wenn man die höchsten Behörden nach einer anderen Residenz verlegen würde. Es handelt sich bei der Vorlage um eine Frage der Gerechtigkeit. Der Zwang, Dienstwohnung benützen zu müssen, legt den Betreffenden für die Ausstattung derselben große Opfer auf. Es sei ungerecht, die Dienstwohnungen gerade so zu besteuern, wie selbstgewählte. (Der Berliner Berichterstatter der „Frkf. Ztg." telegraphier seinem Blatt. Fürst Bismarck habe „unter nicht geringer Sensation geradezu erklärt, daß er mit dem Gedanken umgehe, die preußische wie die R e i ch s r e g i er ung von Berlinnach einer anderen Stadt zu verlegen, ebenso den Reichstag, weil eine Stadt von einer Million Einwohnern nicht dafür geeignet sei und zu viel Berliner im Reichstag säßen.-)
— Nach der Nat.Z. wird die sächsische Regierung noch vor den nächsten Reichstagswahlen im Bundesrathe beantragen, daß über das Gebiet der Stadt Leipzig den Bestimmungen des Sozialistengesetzes gemäß der sogen, kleine Belagerungszustand verhängt werde.
Feuilleton.
Der Diamantring.
Novelle von A ugust Schräder.
IX
Die Lösung.
(Fortsetzung.)
„Ich werde Geduld haben," murmelte Franz — „bis zum fünfzehnten Dezember!"
Er begrub sich in seine Geschäfte, um den Geist von der verhängniß- vollen Angelegenheit abzulenken, und mied es, Nachforschungen anzustellen. Aber wie die geheimnißvolle Hand das Dunkel um ihn gewoben, so schien dieselbe Hand es ohne seine Mitwirkung lichten zu wollen. Vierzehn Tage nach dem Rendezvous bei der Kirche verbreitete sich das Gerücht, der Advokat Eberhardi sei in seiner Wohnung erhängt gefunden, und es unterliege keinem Zweifel, daß er selbst Hand an sich gelegt, da er auf dem Tische die letzte Bestimmung über sein Vermögen hinterlaffen habe. Den Grund, der ihn zu dem Selbstmorde getrieben, kannte man nicht.
„Sollte man einen Zeugen au» der Welt geschafft haben?" fragte slch Franz mißtrauisch. „Welche furchtbare Gewalt schwebt über mir und meiner — vielleicht schuldigen Frau!" fügte er schaudernd hinzu. „Und das Alles einer Vermögens wegen, das mich unglücklich macht I O, wie
gern wäre ich der einfache, geplagte Commis geblieben, hätte ich mir meine Henriette bewahren können I"
Am folgenden Tage erhielt er durch die Stadtpost ein Zeitungsblatt unter Kreuzcouvert. Es war die neueste Nummer des Hamburger Correspondenten. Als er das Blatt öffnete, fand er einen Artikel mit Rothstift angestrichen, und aus den eingeklammerten Zeilen trat ihm der großgedruckte Name „Edmund Kolbert" entgegen. Begierig las er folgenden, von London datirten Artikel:
,Jn diesen Tagen hat die KingS-Bench einen zugleich wichtigen und merkwürdigen Prozeß beendet, der seit beinahe zwanzig Jahren obschwebte. Im Jahre 1831 ward der sehr ehrenwerthe Lord Brougham durch Gift ermordet. Der Verdacht dieser schändlichen That fiel auf einen jungen Marine-Offizier, der mit der einzigen Tochter des edlen Lords, Jenny, heimlich ein zärtliches Verhältniß unterhielt. Lord Brougham, ein strenger Mann, billigte dieses Verhältniß nicht, und sandte die Tochter zu seinem Bruder, der in Deutschland ein Consulat verwaltete. Edmund Dudley, der Liebhaber, gerielh in Verzweiflung, drang in das Landhaus des Lords, und verlangte den Aufenthalt des Mädchens zu wissen, mit dem er, wie er sagte, vor Gott verlobt sei. Der Vater ließ den Verwegenen durch seine Diener zur Thür hinauswerfen. Einige Tage nach diesem Vorfalls verschied der Lord, und die Aerzte konstatirten eine Vergiftung, die dadurch verübt, daß man Arsenik in die Karaffe geworfen, aus der der Lord das Wasser trank. Nach der angestellten Untersuchung konnte kein anderer der Giftmischer gewesen sein, als der verzweifelnde Liebhaber, der die Geliebte von der Tyrannei des Vaters befreien, ihr aber auch zugleich das große