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Amtliches.

Stink Königliche Majestät haben vermöge Höchster Entschließung vom 13 MLrz den diknstaussichtführenden Amtsrichter Oberamlsrichter Schuon in Calw zum LandgerichtS- rath bei dem Landgericht Ravensburg gn ädigst zu ernennen geruh t.

Politische Nachrichten Deutsches Ae ich.

Berlin. 16. März. Nach den neuesten offiziösen Berichten aus St. Petersburg beschloß Kaiser Alexander lll., alle seine Thätigkeit auf die Verbesserung der inneren Lage zu richten;Friede und Sparsam- teil' sollen die neue Regierungsdevise sein. Die Regierung soll eine Kund­gebung vorbererten, wonach ihre Intentionen eminent friedlich und konser­vativ seien. Alle Fäden der Verschwörung, welcher Alexander ll. zum Opfer fiel, seien jetzt in der Hand der russischen Regierung.

Berlin, 17. März (Reichstag.) v. Benda begründet den An­trag der Kommission, die Einnahme au» der Tabaksteuer mit 4,578.000 -FL zu bewilligen. Sonnemann spricht gegen da« Monopol und unterzieht da« Verfahren der Tabaksmanufaktur Straßburg einer Kritik. Elsaß Unterstaatssekretär v. Mayr weist die Angriffe Sonnemann« gegen die Manufaktur zurück und nimmt sür ihr Vorgehen unbedingt die strengste Loyalität in Anspruch. Die Verwaltung thue nur ihre Pflicht, wenn sie da« Staatsinstitut der Manufaktur nach Kräften nutzbar zu machen suche. Der württembergische Bundesbevollmächligte Oberfinanzrath v. Schmid bezieht sich auf da« neuliche Volum der würtlembergischen Abgeordneten­kammer für das Monopol, das der seit lange in Süddeulschland bestehen­den Tendenz entspreche, und führt au», da« Verfahren der Tabaksmanufaktur Straßburg sei durchau« legal und korrekt. Buhl bestreitet das letztere und erklärt, er sei ein Gegner des Monspols. Auch v. Stauffenberg ist Gegner der Monopols und entgegnet v. Kardorff, daß die Beun­ruhigung hauptsächlich durch die Unterredung de» Fürsten Bismarck mit Herrn Ritzhaupt hervorgerufen worden sei. ^ Fürst v on H oh en lo h e- Langenburg tritt für dar Votum der württemb. Kammer ein. Nach duzen Bemerkungen Kardorff's wird die Diskussion geschlossen und «erden die Einnahmen aus der Tabaksteuer bewilligt.

Berlin, 17. März. In Ho»-- und Regierungskreisen findet die Annahme von einer Friedenspolitik des neuen Zaren immer günstigeren Boden. Es heißt, der Zar habe bereit» zwei Kundgebungen an den Kaiser gerichtet. Die Verschiebung der Beerdigung des ermordeten Zaren bi« -ach dem Geburtstag des Kaisers Wilhelm, aus Rücksicht auf letzteren wurde hier besonders hoch ausgenommen. Die Abreise der russischen Prinzen wurde gestern vertagt, angeblich wegen Befürchtungen vor neuen Attentaten, die gegen den Eisenbahnzug gerichtet werden könnten.

Frankreich.

Paris, 18- März Nach dem heute Morgens 2 Uhr vorliegenden Resultate ist die Renlenanlcihe mehr als dreißigmal gezeichnet.

England.

London, 17. März. Gestern Ab-nd wurde in einer Mauernische de« Mansionhouse«, der Residenz des Lord-Mayors, eine Kiste mit 40 Pfund Pulver und eine ongezündete Lunte gesunden. Die Lunte wurde durch einen Polizeioffizianten gelöscht und hierdurch die Exlosion verhindert. Der Anstifter de» verbrecherischen Plane« ist nicht entdeckt worden. Da« Banket, das gestern im Mansionhouse statlfinden sollte, war wegen de» Ablebens des russischen Kaiser« abgesagt worden.

London. 18. März Dailytelegraph meldet aus Mountprospect den 17. d: Behufs Beendigung der Fri-densunlerhandlungcn ist die Waffen­ruhe weiter verlängert.

Rußland

Petersburg, 17. März. Diese Nacht wurde die in Sadowaja entdeckte Mine glücklich bloßgelegt. Man fand eine Unmasse von Dynamit, die genügt hätte, die ganze Straße in die Luft zu sprengen. Soeben wurde der Sprengstoff aus dem Minengange behutsam Lerausgenommen; Pior.ire arbeiteten die ganze Nacht daran. Bi» j tzt ist die Straße abge- sperrt. Der Minengang war mit einer galvanischen Batterie in Verbindung, welche in der Bude der angeblichen Milch- und Käseverkäuser stand.

Am Dienstag Abend verstarb im Stallhofs«Hospital die bei dem Werfen der zweiten Bo»be betheiligte geheimnißvolle Persönlichkeit, in der «an den eigentlichen Mörder des Kaiser« gefunden zu haben glaubt. Obwohl bi» zu seinem Verscheiden der Sprache vollkommen mächtig, ver­weigerte der Mensch doch jede Auskunft über seine Person, seine Verhält­nisse und seine Betbeiligung an dem Verbrechen. Die Polizei fordert die Bevölkerung auf. diese Persönlichkeit zu recogno»ciren: jedermann hat zu der Leiche Zutritt. Der Verunglückte trug unter einem groben Bauern- schafprlz ganz seine Kleider. Es unterliegt keinem Zweifel, daß an dem Attentat mehr Personen als zwei betherligt waren. Durch die Explosion ^id ungefähr 20 Menschen verunglückt; angeblich sind 8 todt und die übrigen verwundet. __

Hiesiges.

Calw, 20. März Ein sür unsere Stadt nicht ganz bedeutungsloser Vorgang ist der am letzten Donnerstag vollzogene Verkauf der früher Aug. Gerla ch'schen (mittleren) Mühle. Käufer sind ein Herr Kinkels aus Nürtingen (Bruder des dortigen Kunftmühlebefitzers) und ein Herr Kfm. Hühnlein, Schwager des letzteren. Der Kaufpreis ist ein nach allgemeinem Urtheil äußerst billiger, nemlich 50,000 -FL incl. der ganzen Mühle- und Bäckerei-Einrichtung und der paar noch zum Anwesen gehören­den Feldstücke. Tie Käufer beabsichtigen, eine Kunstmühle nach neuestem System und mit allen Verbesserungen der neueren Mühletechnik einzurichten, die Bäckerei dagegen aufzugeben, was unseren Bäckern eine angenehme Nachricht sein wird. Da da« Werk mit einer ausgezeichneten Wasserkraft ausgestattet ist, welche eine bedeutend gesteigerte LeistungSlähigkeit gestaltet, so ist e« nicht unmöglich, daß künftighin die hiesigen Bäcker mit ihrem Bedarf an Mehl nicht mehr oder wenigstens nicht «ehr in gleichem Maße

auf auswärtige Lieferanten angewiesen find. welche bis jetzt den hiesigen Platz von verschiedenen Seiten her so reichlich versorgt haben.

Dem hiesigen Verschönerungsverein drohte am letzten Mitt­woch Nachm. 2 Uhr eine schwere Gefahr, indem auf der gegen Norden an­grenzenden Allmand vermuthlich durch den unverständigen Leichtsinn einiger Schüler, da« dürre Bodengra« in Brand gefetzt und da« schnell um sich greifende Feuer durch den Wind gegen die Pflanzungen de« Verschöner­ungsverein« getrieben wurde. Die unmittelbare Nähe der Stadt ließ Hilfe schnell zur Stelle sein und e« konnte die hoch auflodernde Flamme noch rechtzeitig auf ein weniger «erthvolle» Terrain eingegrenzt werden. Der Schaden a» der jungen dort horstweise gepflanzten, jetzt gerade in den besten Zug kommenden Weißtannevcultur ist immerhin ein bedauerlicher, wenn sich die Pflanzen nicht etwa Wieder erholen. An die ungleich größere und kau« zu berechnende Gefahr, welche ohne die rasche Hilfe unserem schönen StadtoaldeSchärwäldle" drohte, scheinen die leichtsinnigen Feuer­werker vollend« gar nicht gedacht zu haben. Da an dem nemlichen Abend auch auf einer anderen Seite der Stadt Heckenfeu-r ausbrach, so liegt in diesen leidigen Vorgängen eine doppelt starke Warnung vor den gemeinge­fährlichen Spielen mit Feuer im Freien, ds» im vorigen Jahre so be­drohliche Verhältnisse angenommen und ein energischer, wie man sieht, schon wieder vergessene« Verbot veranlaßt hat. Daß auch sonstwie der Muthwille sich da und dort wieder breit macht und an öffentlichem Eigen­thum sich vergreift, soll sür heute hier nur nebenbei erwähnt sein. Wir haben dabei das Abschneiden der Spitzeniriebe an mehreren jungen Weimuths- kiefern am Schafwege im Auge, das erst in den letzten Wochen verübt worden sein kann und entweder von großem Unverstand oder von höchst frevelhaftem Uebermuthe zeugt. Hoffentlich bleiben solche Fälle, die den Unwillen jedes Vorübergehenden erregen, nur vereinzelt.

Tages Neuigkeiten.

Von der oberen Nagold. 16. März. In Pfalzgrafenweiler starb gestern ein junger Mann. Besitzer de» Gasthauseszur Traube" daselbst, an den Folgen körperlicher Verletzungen, welche er am letzten Sonntag in seiner eigenen Wirthschast von Gästen zu erleiden hatte. Die eingeleitele Untersuchung wird Aufklärung über den traurigen Vorfall bringen.

Jsny, 16. März. Da» kzl. Justizministerium hat angeordnet, daß alle 4 Wochen in hiesiger Stadt ein Gerichtstag gehalten werben soll und zwar für di» Bewohner der Stadt Jsny und weiterer 10 Gemeinden de« oberen Bezirk« Wangen. Da die direkte Entfernung zwischen bier und Wangen ca. 20 Kilom. und die Entfernung per Bahn über Leutkuch und Kißlegg nicht weniger als 40 Kilom. beträgt und zudem die Bahnverbindung zum Zwecke des Erscheinens vor Gericht eine äußerst ungünstige ist. so leuchtet ein, daß alle Betheiligten diese neue Einrichtung mit Freuden begrüßen.

Hildesheim (Prov. Hannover), 6. März Die hies. Polizei hat ein Verzeichniß von 40 Säufern aufgestellt und sämmtlichen Schankwirthen der Stadt zugeschickt mit dem Vermerk, daß au diese Leute kein Schnaps verabreicht werden darf, widrigenfalls der betr. Schankwirth in Strafe ge­nommen und, fall« die« wiederholt vorkommt, ihm dar Schankrecht entzo­gen wird.

Bei einem Fleischer Friedrich Wilhelm Starke in Friedrichs­

berg fand man zufällig eine Wurst mit fi inigem Fleische. Bei näherer Untersuchung stellte sich heraus, daß sämmtiiche 1215 im Geschäft der Starke Vorgefundenen Würste aus finnigem Fleische hergestellt waren. Die gesundheitsgefährlichen Würste wurden sofort konfiszirt und das Strafver­fahren gegen Starke eingeiecket Bei der jüngst stallgehabten Verhandlung der Strafkammer de« Landgerichts wurde konstattrt, daß Starke, welcher behauptete, Finnen überhaupt nicht zu kennen, von anderen Fleischern ab­sichtlich mit Fmnen behaftete Schweine, natürlich zu geringeren Preisen, als den marklüblichrn, ausgekaust Hot, angeblich um solche« Fleisch zur Seifensabrikation zu vtrwenden. Der Staatsanwalt beantragte, den Starke wegen Vergehens gegen § 12 des Lebensmittelverfälschung«gesetzes zu einer Gefängnißstrafe von 9 Monaten zu verurtheilen, der Gerichtshof hielt jedoch bei der Gemeingeiährlichkeil solcher Schlächter, welche ihre« Vortheiles willen gesundheitsschädliche» Fleisch veikausrn. eine schärfere Strafe für angemessen und erkannte auf 1jährige Gefängnißstrafe. Eürver- lust auf 1 Jahr und Veröffentlichung des Erkenntnisse» im Rieder-Barni- mer Krei sblatt. __

Brandfälle.

In Pfullingen, O.A. Reutlingen, brach am 14. März Nacht« 121/4 Uhr Feuer aus in der Jrrenheilanstalt de« Hofraths vr. Flamm, wurde jedoch, bevor größerer Schaden entstand, entdeckt und bewältigt. Ein Geisterkranker der Heilanstalt hatte den Brand gestiftet.

Handel und Verkehr.

Stuttgart, 17. März. Eier nach dem Gewicht. Gestern wurde von einer hiesigen Feinbäckerei mit Eierhändler Karl hm hier die Lieferung einer größeren Parthie Eier nach dem Gewicht, der Ctr. zu 43 -FL, gehandelt. Dem Abschluß wurde zu Grunde gelegt, daß erfahr­ungsgemäß 10 Eier mittlerer Größe und durchschnittlicher Frische auf 1 Pfund gehen, oder allgemeiner gesagt, durchschnittlich 1000 Eier 1 Etr. geben. Da Verkäufer und Käufer Mch sehr interesstrt waren, wie sie bei dieser neuen Art, die Eier zu handeln, wegkommen, so wurden dre Eier zuerst gezählt und dann gewogen; da« Ergebniß war. daß 12,377 Erer 1252 Psund gewogen haben, somit 14 Pfund mehr, als erwartet worden; ein Umstand, der zweifello« seinen Grund darin hat. daß in jetziger Jahres­zeit die Eier noch sehr frisch und deßhalb schwerer sind, und welcher dem Eierhändler beim Verkauf nach dem Gewicht mit 6 -Ft zu gute gekommen ist. Selbstverständlich wird obiger Preis bei kleineren Parlhien oder beim Verkauf im Kleinen sich entsprechend erhöhen.