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griffene Mörder werde morg-n auf dem Smolensker Platze gehenkt werden. Vorbereitungen dazu sind getroffen, (Neuesten« wird jedoch gemeldet, die Hinrichtung sei aufgeschoben worden,) Ein anderer der Mörder ist seinen Wunden erlegen. Ein dritter soll heute am Moskauer Thor gefangen worden sein, Trauergeläute aller Kirchen verkündet den Beginn der Trauerfeier. Alle Ho'- und Staatswürdenlräger, sowie die Vertreter der Armee und der Marine sind eingeladen, deute Äbend der U-becsührung der Lei e des Kaisers nach der Schloßtirche beizuwohnen, wo dieselbe die nächsten Tage ausgestellt bleibt, und den jeden Abend daselbst startfinden­den Gebeten beizuwohnen.

St. Petersburg, 16. März, Unmittelbar, nachdem Alexander!U. die Herrschaft übernommen hatte, übertrug er die Leitung der laufenden StaatSgeschältc dem Grafen Loris Mslikoff. Der Reichsrath faßte einen Beschluß, wonach Deputirts aus 36 Gouvernements in welchen be­reits eins SetbstserwallungSorganisülion (Seu-stwo) besteht, gewählt werden sollen, um in Et. Petersburg zusamslenzutreten. Die erste Ausgabe dieser Versammlung soll darin bestehen, die während der Senatoren-Rcvisionen gcwo: neuen Resultate einer Durchsicht zu unterwerfen und auf Grund derselben Vortagen auszuarbeften, die zur Abstellung der ausgedecklen Miß­stände dienen können,

Afrika.

Joubert erklärt, die Boeren haben ein« einzige Forderung, worauf sie brs zum Ende bestehen werden, nämlich die Freiheit wieder zu erlangen. Das Transvaal müsse sich selbst zurückgegeben, die Ann-xionSprokiawalion wioerrusen werden ; bis düs geschehen, muffe der Krieg fortdauern. Wenn Transvaal e^st wieder unabhängig sein wcroe, wollen dis Boeren im Ein­vernehmen mit England die britiichsn Interessen rn Süd-Afrika fördern. Joubert klagte insbesondere Glaostone an, weil er seine Versprechungen nicht ausführe. Die Boeren vertrauten früher seinem Gerechtgkeitrgefühle, allein jetzt nicht mehr, besonders da er nicht einmal seit seinem Amtsantritte Lanyon befahl, s-in Benehmen zu ändern und die Boeren merscheuwüedig, nicht aber wie Hunde zu behandeln, wie Lar yon d;e» stets geldan Bevor die Boeren sich auf entgiltige Arrangements einließen, wüßte daher zuerst die Eiklärurin ibr r Unabhänoiakei» ,-folnen

TageS Neuigkeiten.

Stuttgart, 15, März, Dos erschüttern de Ereigniß, welches Seine Majestät den Koffer Alexander II. von Ruß and so jäh aus dem Leben hinweggsrissen und unser Königshaus in riefe Trauer versetzt hat, ist nach telegraphischen Nachrichten aus Cannes aus das Befinden Ihrer Majestät der Königin bis jetzt ohne nachtherligen Einfluß geblieben, Ihre Majcstät hat die Kunde von dem töttiiLen Hintritt Ihrer nächsten Blutsverwandten wit tiefem Schmerz aber zugleich mit der der hohen Frau eigenen Ergebung und Fassung vernommen

Stuttgart, 17, März, Präs Hölder schloß beute nach 12 Uhr die Sitzungen der 2. Kammer mit einem Ueberblick über die zur Behand­lung gestandenen umfangreichen und sLwrerigkn Aufgaben und wünschte den Herren, nachdem das Vertagungs-Reskript vorgetrogen, eine glückliche Heimreise und ein frohes Wiedersehen.

Cannstatt, 16. März, (Lebensrettung ) Der Mechan ker Bader von hier, (früher in Simmozheim). welcher schon mehrere muthvolle Lr- bentretturg n vollzogen hat, hat g stern Nachmittag wtedeium ern Z'/eM-- riges Kind vom Tode des Ertrinkens errettet. Das Kind hatte ohne Auf­sicht am Neckarufer in der Hofenerstraßs gespielt, fiel ins Wasser und war schon bewußtlos, als auf dre Hilferufe einer Frau Bader hcib-ieilte und dass-lbe den Wellen entriß, Ehre dem braven Manne!

Ellwangen, 15 März, Die Wahl des künftigen Stadtvorstander wurde im Laufe de« gestrigen Tages unter so rühriger Theilnahme seitens der Wählerschaft vollzogen, daß sogar einige kranke Wahtmänner die steilen RathhauStreppen hinaus zur Wahlurne sich führen ließen, um bei dies m Wahlkampfe ihrer Bürgerpflicht Genüge zu leisten. Um 6 Uhr Abends wurde die Wahlurne geschloss-n und der Vorstand der Wahikom» fffion beschloß, um allensallsigen Unjuträglichkeitm, Ruhestörungen u, dgl in

später Abendstunde, die bei der aufgeregten Stimmung eines ziemlichen Theils der Wähler nach sofortiger Bekanntgabe de« Wahlresultats sicher zu erwarten standen, vorzubeugen, die Zählung der abgegebenen Stimm­zettel erst heute vorzunehmen. Das Wahlergebniß ist folgendes: Abge­geben wurden von 614 Wahlberechtigten 576 Stimmzettel (also fast 91 Proz), hierunter für Rechtsanwalt Map er Hausen von hier 346, für Schult­heiß Stein harr von Röhlingen 225. Die übrigen Stimmen zer­splitterten sich.

Vcmr Rhein, 13. März. Wenn die württembergische Landesaus­

stellung in Stuttgart halbwegs so gute Geschäfte macht, wie die vorjährige Düsseldorfer Ausstellung, so kann sie von Glück sagen. Bei der letzteren beträgt der Überschuß nach der kürzlich vorgelegten Schluß­rechnung 245,000 ; aber mau ist noch unschlüssig, was man damit an­

fangen soll,

Leipzig, 12. März. Soeben höre ich, daß Fürst Bismarck im streng­sten Inkognito in Leipzig war, um mit seinem Sohns Herbert zu konfe- rtren, der vor, Messina her gekommen mar, wohin er die Fürstin Carolath- Beuthen entführt hat. Der Reichslagsabgeorönete für Grünederg (Schle­sien), Fürst Carolath-Beuthen, ist durch diesen Skandal in Berlin unmög­lich geworden und hat sich mit Urlaub aus seine Güter zurückgezogen. Fürstin Carolath-Beuthen, eine junonische Erscheinung, Mutter eine» vier- zchr,jährigen Tdcht-rchens, ist ein Blaustrumpf in optima korma und zehn Jahre älter als ihr Entführer, mit dem sie laut den neuesten Nachrichten dei Messina eins Villa bezogen har.

Pest, 17, März. Aus Äekes-Gyula wird gemeldet : Die Stadt ist durch den KöröS überfiuthet, die Einwohner sind delogirt. Die meist aus Lehm gebauten Häuser sind unretrbar verloren, Körör-Tarcsa ist eblN'alls gänzlich üdeifluthet, dis meisten Häuser sind eingestürzt und die Einwohner (4205) dem Eiend pceisgegeben.

Aus Petersburg vom 26. Februar wird geschrieben: Bor acht Tagen ist ein noch sehr junger Fürst K, hier begraben worden Er war ein sehr schöner Mann gewesen und harte seinerzeit viel Geld verschwendet; später heirathets er eine junge schöne und auch sehr reiche Dame, welcher der T tel Fürstin so vertvck-nd erschienen war, daß sie sich denselben mit ihrem Vermögen erkaufte. Die Eye war aber keine glückliche, unk der junge Fürst henkte sich schließlich eines Tages in seinem Bureau an einem Fensterflügel auf. Das Kammermädchen der Fürstin kam zufälligerweise m das Bureau, sah das Schreckliche und rief voll Angst die Fürstin her­bei, die gerade für einen Ball glänzende Toilette machte, Dis Fürstin sah ihren G-mrahl hängen und noch seine Füße bewegen, doch getraute sie sich nicht, ihn abnehmen zu kaffen, sondern gab Befehl, der Pockzei sofort dis Anzeige zu machen. Ein Diener sagie den Beseht dem andern, bis derselbe rum Portier kam, der den Gardewsj davon verständigte. Bevor dieser e» dem Pristav meldete und der Polizerarzt herbeikam, waren drei Stunden vergangen, uns als die Polizei-Organe den Körper des Fürsten abnstzmen, konnten sie nur konstcuiren. daß derse lbe sch on ganz to dt sei. _

Brandfälüc.

Neuenbürg, 14. März Gestern Nacht 10 Uhr kam im Gasthau»

und Budarfftalt zur Linde Feuer aus, welches indeß verhaitnißmäßig bald gelöjchl, nur d-n Dachstoa verzehrte. Im Uebrigeu aber hat da« HauS sehr erh-bliche Beschädigungen eifttten, _

K. Standesamt «Lalw.

Vom 1l. bis 17. März 1681.

Geborene

12. März. Karl Gottlob, Sohn des Heinrich Zipperer, TaglöhncrS hier.

15. , Mathilde Louise, Tochter des Gottlob Stem, Apoihekerö hier.

Gestorbene.

12. , Louise, geb. Wagner, Ehefrau des Hugo Rau, Kaufmanns hier, 24 Jahre

und 1 Monat alt.

12. , Anna Rosine, geb. DittuS, Ehefrau des Johann Jakob Beißer, Fuhrmanns

hier, 73 Jahre alt.

14. , Maria, geb. Großmann, Wittwe des ff Johann Ernst Mammcl, gew.

Metzgers in Zavclstein, 71 Jahre und 6 Monate alt.

16. Louise Cmaß, led. Fabrikarbeiterin hier, 79 Jahre alt.

muß? Da antwortete er-, ich habe nicht Zeit, Eure Rückk hr zu erwarten. Koielorum; aber zeigt nur Madame Soltau die Aufschnrt, und pe wird Euch gern einen Louisd'or geben."

Das Judenwsib trat näher und streckte den Arm wieder aus, Tie junge Frau tonnte sich nicht enthalten, einen Blick auf die Adresse zu werfen. Da zuckte sie plötzlich zusammen, riß der Alten den Brief aus der Hand, und starrte die scharten Schriftzügs an. Lann zerbrach sie hastig das Siegel und überflog die Zecken. Wie bestürck legte sie dar Papier auf den Schreibtisch, ergriff ihre Börse, holte em Goldstück heraus, und gab es der Jüdin,

Der Mann mit eisgrauem Haare hat Recht," sagte sie in gewalt­samer Fassung;hier ist der Botenlohn den er Ihnen veisprochen, Sollt-« Sie ihn zufällig Wiedersehen, so sagen Sie ihm, ich de meinen Mann von dem rn Kenntniß setzen, was mir sei» lange erwarieter Brief mitthsilt."

O ich wußte es wohl," rief froh das Judsnweid;ein so alter, dizer Mann tonnte sich keine» Spaß mit mir erlauben Gott grüße S'.e, liebe Madame Solkau! Werde Ihren Auftrag auSrichten, nun» ich den Mann wiedersehe!"

Das Goldstück beti achtend, verließ di« Alte das Zimmer. Kaum hatte sie sich enNernt, als Henriette die Thür schloß, den Brief wieder ei- griff und zu lesen begann. In ihrem schönen Gesichte walten sich zu-rst Bestürzung, dann Uederraschung uno enolich ein wehmütviger Schmerz sie brach in Thränen aus. Drei, vier Mat ta« sie den Bit s, dann ver­brannte sie ihn über der Flamme eines Wachsuock«, den sie mit bebender Hand angezü" et, und warf die Äsche duich du» off.ne Feister, daß der Wmo sie zeist. ute. Nachdem sie einige Minuten auf und avgegange», um

sich zu sammeln, erschloß sie die Thür wieder und setzte sich ruhig an ihren Stickrahmen. 8lS Soltau eine Stunde später einlrat, zeigte ihr schönes G.sicht keine Spur mehr von der heftigen Gemüthsbewegung.

V.

Aus dem Balle.

Es war im November, in der Zeit, wo Hamburg in Regen und Nebel eingehüllt ist. Soltau hatte unerhörtes Glück in allen seinen Unter­nehmungen gehabt; es schien, als ob ein besonderer Schutzgeist über seinem Bankhaus« wachte. Die sich immer noch häufenden Geschäfte hatten eine Vermehrung des CowptoirpersonalS nöthig gemacht, statt drei Commis sah man jetzt neun an eleganten Bureaux arbeiten. Ludwig Lambert, der seil dem ersten Tage des Bestehens der Firma dem Hause angehörte, nahm die geachletste Stellung ein, ihm und dem alten Kassirer Lorenz ü erließ Soltau die Leitung der Comptoirs» wenn ihn die großen Unter­nehmungen in andere Kreise zogen. Die Zeit des schnell reich gewordenen f Banqulers war dergestalt in Anspruch genommen, daß nolhwendig erne Lenderung in dem häuslichen Leben der beiden Gallen Vorgehen mußte. Soltau sah seine Gattin nur de» Mittag« bei Tffche und selten de» Äbends, denn er war gezwungen, die Cirkei seiner zahlreichen Geschäfts­freunde zu besuchen, die ihn mit Einladungen bestürmten. Henriette war intelligent genug, um die Nolbwendigkeit dieser Verävderung einzusehen; sie züinle deshalb nicht, sie schien vielmehr ihre Zärtlichkeiten zu ver­doppeln, um einen Ersatz für die Beschiäakung der Zeck zu haben.

(Fortsetzung folgt.)