Das Eakwer Woikea- tk-I« kkschklnt am Di»nsta«,D«nnerstas u. K amsraz. Abon- Nk»ne ntspreis halb- jShrli ch 1 -4L 80 L durch die P»st bezogen im Bezirk 2 30 L , sonst in ganz Württemberg 2 ^ 70 L.
unä Intekkigenzbkatt für äen Kezirlr.
Für Lalw abonnirt man bei der Redaktion, auswärts bei den Boten ober der niichstgelegcnen Poststelle.
Die EinrücknngS» . gebühr beträgt 9 L V für die vierspaltige Zeile »der deren Raum.
Nro 31.
Dienstag, den 15. März L888.
38. Jahrgang.
Politische Nachrichten.
Rußland
St. Petersburg, 13. Mär?. Als Kai ser Nachmittags 2 Uhr von der Reitbahn znrückkchrte, wurde durch zwei Sprengbomben rin Attentat ausgesührt. Kaiser an Brinen verwundet. Ein Dfsizier und zwei Kosaken todt; mehrere Potizcibesmte und Privatpersonen verwundet.
St. Petersburg, 13. März, 4 Uhr. Der Kaiser wurde heute Nachmittag auf der Fahrt nach dem Winterpalais durch Bomben, die von Attentätern geworfen wurden, stark am Leibe vrrleht und erlag um 4 Uhr Nachmittags seinen Wunden.
Deutsche- Reich.
— Berlin, 9. März. (Reichstag.) Vom Bundesraths eingegangen ist das Arbeiter - Unfallversicherung!» - Gesetz. Fortsetzung der ersten Berathung des Gesetzentwurfs betr. Abänderung der Reichsverfassung. Der wür>- tembergische Bundesrathr-Bevollmächtigte Oberfinazrath v. Schmid tritt für die Vorlage ein: eine Abhilfe von der übermäßigen parlamentarischen Lost könne nur eintreten, wenn auch die Einzelstaaten ausnahmslos mehrjährige Etatsperioden hätten. Der Bundesrath würde der Vorlage nicht beigestimmt haben, wenn sie ein Attentat auf die nationale Entwicklung wäre. Der bayerische Gesandte, Graf von Lerchenfeld, befürwortet gleichfalls energisch die Vorlage und hebt die günstigen Resultate der zweijährigen Finanzperioden in Bayern hervor. Staatssekretär v. Bötticher: Wenn das Hau« den Artikel 13 der Verfassung (alljährliche Einberufung des Reichstags) nicht abändern wolle, so würden die Regierungen, erwägen, in wieweit darauf zu verzichten sei. Wenn die jährliche Einberufung des Reichstags aufrecht erhalte» werde, um dessen Initiative zu wahren, so werde die Regierung in voller Loyalität demselben eine diesbezügliche Vorlage machen. Dir Abstimmung über den Antrag Stumm, die Vorlage an eine Kommission zu verweisen, ergibt die Beschlußunfähigkeit der Hauses.
— Berlin, 10. März. Der Reichstag verwies in wiederholter Abstimmung die Vorlage über die zweijährigen Etatsperioden und die vierjährigen Legislaturperioden mit 127 gegen 111 Stimmen an eine Kommission.
— Es wird nach der „Voss. Ztg." beabsichtigt, den Reichstag im Mai ouszulösen. Die Neuwahlen fallen dann in den Juli.
— Berlin, 11. März. Der Reichstag erledigte die zweite Lesung des Marineetats. lehnte 400,000 »4L für den Bau eines Panzerschiffs an Stelle des „Adalbert* ab. genehmigte aber entgegen den Anträgen der Budgetkommission 2,400.000 für den Bau einer neuen Panzerkorvetle. Der Militäretat wird nach den Kommissionsanträgen erledigt. Der Antrag FraNckenstein - Schorlemer, durch eine vierwöLentliche Rekrutenvakanz eine Ersparniß von 590 000 ^ herbcizuführen, wird abgelehnt.
— Berlin, 11. März. Die provisorische Leitung des Ministeriums
der Innern ist nunmehr bis zur Ernennung eines definitiven Minister« dem Kultusminister v. Puttkamer übertragen.
England
London, 7. März. Wenn dis heute verbreitete Nachricht richtig ist, entspricht die neue Land kill der Hauptsache nach den Vorschlägen der Lord Beßborough'schen Kommission. Danach würde den Pächtern da» Recht einer fortdauernden Besitznahme zugesprochen, andererseits aber dev Grundherrn das Recht der Ausweisung für den ausschließlichen Fall gewahrt , wenn der Pachtzins nicht gezahlt wird. Letzterer soll gesetzlich fixirt werden. Alle Streitigkeiten zwischen den Landlord« und Farmern sollen durch Landgerichte in einer billigen und raschen Weise erledigt, und im Falle der Landlord zahlungSunsähig wird, sein Grundbesitz öffentlich verkauft weiden. Kegen diese Hauptpunkte der Bill läßt sich vorläufig freilich nicht viel einwenden, aber von der Art und Weise ihrer Entwicklung wird das Schicksal der Vorlage und vielleicht sogar das Schicksal des Ministeriums abhängen.
, London, 9. März. Die Verhaftungen in Irland gemäß dem Gesetze zum besseren Schutze der Person und des Eigenthums haben nunmehr begonnen. Der erste, welcher verhastet wurde, ist der Kaufmann Joseph B. Walsh aus Castlebor, Grafschaft Mayo, ein Vetter M. Davilt's und einer der Angeklagten des jüngsten Staatsprozksses in Dublin. Die Verhaftung erzeugte große Aufregung in Castlebor. Ein großer Pöbelhaufen folgte dem Verhafteten nach dem Polizeihause, Verwünschungen gegen die Konstabler ausstoßend Bis gestern Mittag waren in ganz Irland 20 Verhaftungen vorgenomwen. Eine Anzahl hervorragender Ligisten wurde in den Grafschaften Kerry, West-Cork und Cläre verhaftet und unter polizei- slicher Bedeckung nach Dublin gebracht. Weitere Verhaftungen werden unverzüglich erwartet.
Rumänien
Bukarest, 12 März. In der Kammer inierpellirte Vernesco über da» Gerücht, woinach Rumänien zum Königreich erhoben werden soll; er fragte, ob die Regierung diesbezüglich bei den auswärtigen Kabineten Schritte gethan habe. Der Premierminister erwiderte unter dem Beifall des Hauses. Rumänien sei ein freier Staat und habe das Recht, seinem Souverän den Titel eines Königs, selbst den eines Kaisers zu geben, wenn er wolle.
Afrika.
Nachrichten aus Elmina vom 18. Febr. melden, der König der Sschantis habe die Drohungen seiner Abgesandten gegen den Gouverneur von Cape Coast Castle deravouirt und erklärt, daß er ein Freund der Engländer sei und keine Absicht habe ihnen den Krieg zu erklären. _
' Tages Neuigkeiten.
— Voa der oberen Nagold, 9. März. Ja der vor 4 Jahren von den vielen Gerbern Altensteigs mit bedeutendem Kostenaufwands neu erbauten Lohmllhle wird in kurzer Frist eine Lederwalze sammt Presse Aufstellung finden. Die Kosten betragen 2200 -4L, wozu die K. Centralstelle für Gewerbe und Handel einen Beitrag von etwas über 500 -4L geben wird. Die von Exeter bei London kommende Maschine soll sicherem Vernehmen nach die erste und einzige dieser Art in Deutschland sein.
Feuilleton.
Det Diamantring.
Novelle von August Schräder.
IV.
Sophie.
(Fortsrtzung.)
»Ich begreife," begann er zagend, »daß Ihnen mein rasche« Erscheinen in dieser Vorstadt auffallen muß — darf ich es wagen, Ihnen Aufklärung darüber zu geben?"
»Fast glaube ich, daß ich Sie in meinem Interesse darum bitten muß I*
»Mein liebe« Fräulein, fürchten Sie keine verletzende Indiskretion — ich bin Ihnen gefolgt, um einem Wunsche zu genügen, der mir seit einem Vierteljahre am Herzen gelegen hat."
»Und "dieser Wunsch ist?" fragte sie flüsternd.
„Sie wtederzusehen, ohne von dem Zufalle abhängig zu sein."
Erröthend blickte Sophie vor sich hin, ohne zu antworten.
„Kostet er Ihnen aber Ueberw'mdung," fuhr Ludwig treuherzig fort, „mich, den Fremden, einer nähern Bekanntschaft zu würdigen, so nehmen Sie an, daß Sie meine Bitte nicht gehört, und meine Person heute nicht gesehen haben. Ich werde mich bemühen, den Eindruck zu vergessen, den Ihr erstes Erscheinen auf mich ausgeübt hat!"
Sophie'« Verlegenheit erreichte den höchsten Grad. Einen so plötzlichen Sturmangriff batte sie nicht erwartet. War ihr der hübsche blonde Commis nicht gleichgültig gewesen, so ward er ihr von diesem Augenblicke an interessant.
»Und um dieftn Wunsch mir auszusprechen, sind Sie mir nachgeeilt?" fragte sie.
»Ja! Wie anders wäre es denn möglich gewesen. Sie zu sprechen oder zu erfahren, wo Sie wohnen? Konnte ich denn wissen. ob Sie je wieder unser Comptoir betraten? Ich faßte Muth, warf die Feder fort und eilte Ihnen nach."
»Und wa« wird. Ihr Chef sagen, wenn Sie zurückkehrcn?"
Bei dieser Frage war Sophie stehen geblieben und sah ihren Begleiter forschend an; aber sie lächelte mit einer Anmuth, die den armen Commis fast um die Besinnung brachte. Ihm schien Sophie kein irdisches Wesen mehr zu sein.
„Mein liebe« Fräulein," rief er hingerissen, „Ihnen kann ich keine Unwahrheit aussprechen, ich würde es für eine Sünde gegen Gott halten, der mir erlaubt hat, Sie kennen zu lernen und zu verehren! Herr Sol- tau wird mich fragen, ob ich erforscht habe, wo Sie wohnen."
„Demnach verließen Sie in seinem Auftrags da» Comptoir?"
„Ader mehr noch von meinem eigenen Drange getrieben. Hätte er mir glücklicherweise nicht den Auftrag gegeben, ich würde meine Stellung auf das Spiel gesetzt haben, um mit Ihnen sprechen zu können."
„Was werden Sie Ihrem Herrn antworten?"
„Ich erwarte, daß Eie mir die Antwort sagen."