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Bekanntmachung.
Als Stellvertreter des Gerichtsvollziehers in Simmozheim ist der Gerichtsvollzieher Wochele in Calw heute bestellt worden.
Calw, 4. März 1881. K Amtsgericht.
Oberamtsrichter
_ S chuon. _
Amtliches.
Seine Königliche Majestät habyr durch höchste Entschließung vom 5 März, dem Ac- ciser Rentschlcr in MarlinSmoo-, Kanwralamts Altcnstcig, die silberne Civilvcrdicnst- medaille zu verleihen geruht.
Im V.'llmachtSnamen Seiner Majestät de« Königs hat da« K. Staatsministerium vermöge Entschließung vom 2. März die erledigte Amtönotarsflellc von Teinach dem La»d- gcrrchtsschreiber Dipper in Heitbronn übertragen.
Von der Kgl. Regierung sür den Schwarzwaldkreis wurde unterm t. März zum Schultheiß in MartinomovS, OA. Calw, Michael Gabel, Bauer und Gemeixderath von da ernannt._
Politische Nachrichten D e « tfcheS Ikeich.
— Berlin, 3. März (Reichstag.) Bei Berathung de« Antrag« Mendel, bctr. die Berichterstattung sciten« der Wahlprkfungtkommission über die am häufigsten vorkommenden Verstöße gegen das Wahlreglement weist Mendel auf zahlreiche Beeinflussungen durch preußische Landräthe hin. Fürst Bismarck erklärt sich gegen die Beeinflußung von Ber- waltungSbeamten, aber noch mehr sollten sich die Richter, die stark bei Wahlen aginrcn, der Beeinflußung enthalten Dabei «xemplifizirt Bismarck auf die letzte Wahl in Meiningen, wo der liberale Landrath Baumbach den Abg, LuSkrr in seiner Equipage durch die Wahlorte geführt habe, sei da« leine Beeinflussung? Laster b-streitet die« und hebt hervor, daß der Reichskanzler, dessen Sshn Graf Herbert sein Gegenkandidat war, an die Meiningische Negieiung reskribirt habe, sie möge Latkers Wahl bintertreiben. Bismarck erklärt LutkerS letzte Angabe sür unwahr. ES sprechen noch Baumbach, Dreyer, mehrfach noch Bismarck, LaSker, Stumm. Hänel, Windtzhorst. Kays er begrüßt Bismarck'« Erklärung gegen jede Wahl- bceinflußung seiten« der Beamten und Richter; wenn Bismarcks Einfluß es noch ourchsctz n werde, daß auch Jndustriebeamte nicht mehr solche Slus- sckreitungen gegen sozialdemokratische Arbeiter vornehmen, dann werde die Sozialdemokratie mit Bismarck zufrieden sein. (Heiterkeit)
— Berlin, 4. März. (Vom Reichstag.) Bei dem Gesetz über die Besteuerung der Dienstwohnungen greift Bismarck in heftigster Weise die städtische Verwaltung Berlin« an, welche die irrationellste Steuer der Welr, nämlich die Mirthsteuer, die den armen Mann viel stärker belaste, als derselbe in Folge der Zölle auf Korn und Petroleum zahle, noch nicht abgeschafft habe- Er werde dafür sorgen, daß die Miethsteuer, wo sie besteht , adgeschaffl werde. Er sei in unerhörter Weift in der Miethsteuer für seine Wohnung, die sür 8000 ^ kaum zu veri'i-'sben sei. geschraubt worden von 600O auf 23,Oot) ^6. Natür ich in B r in besteuerten ja auch FortschrillSmänner wie die Ctadt-älhe Nurige i.nd Hagen; diese Verwaltung lasse dabei ihre fortschrittliche Parteirichtung vorwalten. (Ruf: Schamlos!) Ter Herr, der hier schamlos gerufen, kennt selbst keine Scham; er möge sich melden und so den Muth seiner Ueberzeugunz beweisen. Liese Aeußerung war die größte Unverschämtheit. (Der Präsident bemerkt. er habe den Ruf Schamlos nicht gehört. Abg. Struve erklärt, daß er das Wort Schamlos gerufen habe. Der Präsident ruft Struve zur Ordnung ) Tie städtische Verwaltung Berlin« werde nicht nach wirth- schastlichen Rücksichten, sondern rach politischen Theorien geführt. Forcken« deck erwidert in energischster Weise gegen Bismarck und weilt nach, daß Bismarck noch viel zu niedrig eingeschätzt sei. So seien Fürst Pleß auf 65.000, Bletchröver aus 61,000 Miekhe eingeschätzt, während Bis- maick nur auf 20,000 »1« geschätzt sei. Forckenbeck gibt ein detaillirtes Bild der Lommunalüeuervcrhältnifse Berlins und erklärt sich gegen die Aufhebung der Mirthsteuer. dis nicht den armen Mann belaste, und protestier entschieden dagegen, daß die politische Paiteistellung bei Einschätzung zur Steuer in Berlin maßgebend sei. Was soll aus den großen Städten
werden, wenn der höchste Reichsbeamte solche Grundsätze proklamirt? Nach seinen Erfahrungen zahle der arme Mann in Berlin in Folge der neuen Gesetzgebung viel «ehr Steuern, als alle Erleichterung der direkten Steuern ihm bringen kann Forckenbeck verläßt unter lautem Beifall die Tribüne
— Berlin. 4. März. Der Reichskanzler hat dem Bundesrath einen Gesetzentwurf vorgelegt, wonach der Geschäftsbetrieb von Taxatoren, von Turn- und Schwimmunterricht, eines Konzipienten, Rechtskonsulenten (d. h. Winkelkonsulenten, nicht im höheren Sinn des Wortes) Volksinwalts, der Trödelhandel mit alten Kleidern, Betten, Wäsche, Metallbruch rc., der Geschäftsbetrieb eines Auktionators, eines Gesindevermiether« untersagt werten kann, wenn die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden erweislich ist. Da« Bedürfniß des beantragten Gesetze« wird mit erwiesenen Uebelständen in Preußen, Sachsen Württemberg, Baden, Braunschweig. Oldenburg. Anhalt und Hamburg gerechtfertigt.
England
London, 2. März. Für den gefallenen General Collcy ist General Robert« mit der Leitung der Operationen auf dem Krrcgslhearer in Transvaal betraut worden. Außer der Ernennung eines neuen Höchll- kommondirenden hat der Kriegsminister die Entsendung 3 weiterer Regimenter nach Südafrika angeordnet. Die Ankunft dieser Verstär'ungen darf spätesten« Ende diese« Monals erwartet werden. Roberts wird somit bei seiner Ankunft in Natat eine etwa 13.000 Mann aller Waffengattungen zählende Streitmacht zu seiner Verfügung haben. Mit einem solchen Heere und einem solchen Führer dürfte er nicht schwer fallen, die erlittenen Scharten auszuwetzen und das Uebergewicht der britischen Waffen in Südafrika wieder geltend zu machen. (Dagegen wird der Times berichtet, daß in Natal die Ernennung des Generals Roderts nicht sehr gefalle, weil von ihm Anwendung unnölhiger Härte gegen dis Boeren befürchtet wird.)
Die Leiche Colley« ist von den Boeren ausgeliefert und am 1. März Abends begraben worden Alle Berichte sind einstimmig über die oute Behandlung der Gefangenen bei den Boeren. Der Volksrath des Oranje- staateS hat vor seinem Aureinandergehen den Präsidenten ermächtigt, als Schiedsrichter zwischen den Engländern und den Bocren zu handeln.
London. 3. März. In ganz Irland tritt Heute das Gesetz zum Schutz der Person und des Eigenthums in Kraft. Wie man aus Dublin schreibt, werben im besten Falle nicht mehr als 100 verdächtige Individuen ihrer Freiheit beraubt werden. Sehr wenige Verhaftungen werden in Dublin stallfinden. Die Landliga soll nicht behelligt «erden, so lange sie ihre Agitation innerhalb vernünftiger Grenzen hält.
London, 4. März. Das Oberhaus hat L y t t o n s Antrag auf dauernde Besetzung Kandahars mit 165 gegen 76 St angenommen. Mehrheit gegen die Regierung also 80.
— Stuttgart, 25. Fevruar. (47. Sitzung brr Kammer der Abgeordneten.) Bcralh- ung de« Gesetzentwurfs, betr. die Sch c n k un g S st cu er. Diese Steuer wird mehrfach scharf angegrissen. v. Bescher meint, die Schenkungen würden doch in den seltensten Fällen der Behörde angezeigt, und wer den Staat um die Erbschaftssteuer betrügen wolle, könne dich auch auf andere Weise als durch Schenkungen thnn. Man sollte doch Schenkungen aus Dankbarkeit z. B. gegen einen Rechtsanwalt, Arzt oder Geistlichen nicht besteuern. Er beantragt Ucbrrgang zur Tagesordnung. Ho hl dagegen meint, so lange Schenkungen von Liegenschaften besteuert werden, müsse man auch Schenkungen an mobilem Besitz besteuern. Mo hl sieht in der Schcnkungöstcucr eine Besteuerung der Pietät, auch v. Gern in in gen spricht gegen dieselbe. Nachdem jedoch hieraus der Berichterstatter Nntersee zwar zugegeben, daß die Schenkungsfleuer etwas Lästiges sei, daß man aber mit ihrer Ablehnung geradezu zur Umgehung der Erbschaftssteuer aufsotdern würde, und nachdem die Minister v. Fader und v. Renner die Nothwendigkcrl dieser nur nngerne eingebrachten Steuer nachzuwcisen gesucht, und nachdem auch die Gegner der Steuer, denen auch v. Bitzer sekundirtc. noch einmal da« Wort ergriffen, wurde Art. 17. in folgender Fassung angenommen: .Die Schenkungssteuer wird erheben von den durch Schenkungen unter Lebenden vermittelten VermögcnSübertragunzen und zwar s) von Schenkungen an Liegenschaften und denselben gteichzuachtende» Rechten, b) von einer Schenkung an beweglichem Vermögen, wenn deren Werth den Betrag von 500 -4L übersteigt.
— Stuttgart, 26. Februar. (48. Sitzung der Kammer der Abgeordneten.) Es kommen zuerst einige Posten dcö K ul le t a t« zur Berathung. Kap. 64. Landwirth' schastlicheS Institut Hohenheim 92,306 -4L. Leemann und v. Weber
stürzt senkte sie die Lugen, als sie sah. daß der junge Mann sie anstarrte. I
.Herr Soltau ist in seinem Kabinet!" stammelte endlich der Commis, i
Und zugleich öffne!« er ehrfurchtsvoll die Glasthür. Sophie dankte durch eine graziöse Verneigung und trat in das Kabinet. Der Banquier empfing sie artig und mit einem sichtlichen Wohlwollen.
„Ich bitte, nehmen Sie Platz, Fräulein Saller, und schreiben Sie dis Quittung über Ihre Rente. Lorenz.* rief er durch die Thür, ,bringen Sie tausend Mark in Golde I*
.Die Quittung, mein Herr, ist bereit« geschrieben!" antwortete Sophie mit bewegter Stimme. „Ich erlaube mir, sie Ihnen zu überreichen."
Der Banquier nahm das Papier.
„Es scheint Ihnen daran zu liegen." sagte er lächelnd, „Ihren Besuch bei mir so viel al« möglich abzukürzen; ich bedauere, daß eS mir nicht erlaubt ist, mehr für Sie zu thun, als ihr Vermögen auf die übliche Weise zu verzinsen. Dis liebenswürdige Clientin würde wohlthun, mir eine ausgedehntere Vollmacht zu geben oder zu erwirken."
„Mir genügt die Summe, die ich von Ihnen erhalte, mein Herrl Die Verwendung de» Kapitals bleibt Ihnen überlasten."
„Wenn ich nun im Stands wäre, durch geschickte Spekulationen Ihre jährliche Rcvenüe zu verdoppeln?"
„So würde ich nur meine bedungene Rente annehmen und darüber quiltiren."
Der Kassierer trat ein und brachte dar Geld. Soltau zählte e«, wie das erste Mal, selbst auf den Tisch. Sophie steckte die Goldstück» in ihre Plüschtasche, dankte und «ollle sich entfernen.
„Fräulein Saller, ich bitte um eine kurze Unterredung! Al« Sie das
erste Mal mich besuchten, sprachen Sie mir Ihr unbedingtes Vertrauen aus — wie kommt es, daß Sie mich de« Vergnügens berauben, Sie näher kennen zu lernen?"
„Erblicken Sie darin kein Mißtrauen. Herr Soltau; eben weil wir Ihnen vertrauen, hegen wir die Zuversicht, daß Sie ein Familiengeheim- niß ehren werden. Und außerdem würde ich Ihnen auch nicht sagen können, was ich selbst nicht weiß. Ihrer Güte verdanke ich die Vermittelung der Rente, die mich vor Entbehrung schützt — ich bin eine Waise und stehe allein in der Welt."
„Um so mehr Grund, daß Sie sich einer Familie onschließen, die den lebhaftesten Antheil an Ihrem Geschicke nimmt. Im Namen meiner Gattin lade ich Sie ein, mein Haus so oft zu besuchen, als Sie da« Be- dürfniß nach Gesellschaft fühlen. Ohne Ihr Fawiliengeheimniß preiszugeben, können Sie un« das Vergnügen gewähren, Sie in unserer Nähe zu sehen."
Eine tiefe Bewegung bemächtigte sich des jungen Mädchens.
„Mein Herr, antwortete sie mit bebender Stimme, „das Schicksal hat mich für jetzt noch zur Einsamkeit verurtheilt; aber sobald e« mir gestattet ist. den Kreis meiner Existenz auszudehnen, werde ich nicht ver- > fehlen, Ihrer Einladung nachzukommen."
Sie verneigte sich tief und verließ das Kabinet Der Banquier begleitete sie bis zur Thür. Hier gab er dem Commis einen Wink — kaum hatte Sophie das Haus verlassen, so trat auch Lambert auf die Straße; er folgte dem Mädchen, da« eine glühende Leidenschaft in ihm erweckt hatte.
(Fortsetzung folgt.)