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Nro 25

Dienstag, den 1. Marz L88Z.

56. Jahrgang,

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Cakwer Wochenblatt"

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Die Redaktion K Expedition desCalmer Wochenblatts/"

'Politische Nachrichten Deutsches Reick.

Berlin. 23. Febr. Die LandlagSsession schließt heute Abend, ohne daß außer Etat und Steuererlaß sowie der Kreitorvnungsnovklls nur eine einriqe Vorlage von politischer Bedeutung erledigt wäre. E» bleiben zu­rück nicht nur das Zuständigkeit«- und das VerwendungSgesetz, welche ge­scheitert, und die Krei«- und Provinzialordnungevorlagen, welche nicht über das echte Stadium der Verhandlung hinausgekom«en sind. sondern auch die Vorlage« über den Ankauf der Rheir-Nahedahn und über di- gesetz­liche Feststellung der in der vorigen Session vereinbarten organisatorischen und finanziellen Eisenbahngarantien, welche seit längerer oder kürzerer Zeit zur Plenarverhandlung bereit waren, und man weiß noch nicht, ob wir in Folge schlechter Geschäitrfüvrung oder allseitiger Gleichgültigkeit an den Resultaten der KommissionSberachung nicht dazu gelangt sind.

Berlin, 24. Febr. (Reichstag.) Erste Beralhuug de» Etats., Unterstaatssekretär Scholz gibt eine Ueberficht über da» Finanzjahr 1879/86, welche* einen Ueberschuß von 23 Millionen ergibt. Der Etat von l88!/82 weist formelle Aendrrungen au'. Die Mehreinnahmen au» den Zöllen und der Tabaksteuer find aus 26 Millionen, aus den Matriku- larbeiträgen auf 24>/r Millionen veranschlagt. Die fortdauernden Aus­gaben erdöden sich gegen da» Vorjahr um 22 Millionen, woran die Armee mit 17 Millionen parrizipirt. Die kinn aligen Ausgabe« sind um 6 Mollio- «eu reduzirt, wobei 23 Millionen für einmalige Neusormotion beim Heere nicht miteingercchnet sind. Tie dauernden Einnahmen erhöhen sich um! 8 Millionen. Scholz empfiehlt unveränderte Annahme des Etats. ! Richter griff hieraus die ganze Politik BOmarck« an, gegen den sich j alle unabhängigen Leuts zusammentbun sollten , worauf Fürst Bismarck -er- i widerte: Bei meinen 66 Lebensjahren urd 20 Amtsjahren ist au mir nicht viel mehr zu bessern, man muß mich verbrauchen, wie ich bin, oder be­seitigen. Richter siebt überall Unsicherheit der Zustände und heillos« Ver­wirrung. Sehen Sie sich anderwärts um. Ich kann als auswärtiger Minister kein Land als Beispiel ansühren. welches mit gleicher Ruhe und Sicherheit in die Zukunft sehen könnte wie Deutschland. Richter sagt, der ' Verfall des Reichs komme nur vom Reichskanzler; Richters Kritik sollte sich mehr gegen die Reichsverfassung richten, denn diese kennt nur einen verantwortlichen Kanzler, der aber nicht lbos dem Reichstage, sondern vor Allem dem Kaiser verantwortlich ist. Ein schüchterner, zaghafter Reichs­kanzler, der auf jeden Wink des Reichstag» lautjcht, keine eigene Meinung i

hat. sondern diese von den Parteien einhott, wüde überflüssig sein! Dazu bin ich nicht gemacht. ES gibt Zeiten, in denen man liberal, und Zeiten, in denen man diktatorisch regieren muß. Ueber allc» steht mir die Einig­keit und Größe der deutschen Nation. Wenn man mir einen Moment Nachweisen kann. wo ich diese Aufgabe nicht erfüllt habe, dann werde ich zugeben, ich habe mich geirrt.

Oesterrcick-Urrgar«

Wien, 24. Febr. Die Nachrichten aus den okkapirten Provinzen lauten nickt besonders günstig. Zwar sind dis diesfalls von ungarischen Blättern gebrachten Nachrichten übertrieben, da namentl ch in Bosnien Ruh- herrscht, dagegen ist es richtig daß in den an Mont.-negro grenzenoen Bezirken der Herzegowina aus Anlaß von Steuerexekulionen Unruhen ausaebrochen find und die männlichen Bewohner nach Montenegro flüchteten, wo st- sich Waffen verschafften. Es mußten Truppen (2 Feldjägerbataillone) an die Grenze dirigirt werden, da räuberische Einfälle zu befurchten find, die, wenn sie wirklich nntreten.sollten, möglicherweise ernste Folgen nach sich ziehen können. Höchste Zeit wäre es, w-nnn man endlich einmal in den otkupirten Provinzen die nothwendigen Reformen in der Verwaltung und Justiz einsühren wirres, dadurch würde manche Quelle der Unzufriedenheit verstopft werden.

Frankreich.

Pari«, 23. Febr. Aus Dunkerque wird der »Fr Ztg." gemeldet, doß auf dem Wege nach Estrau, wo die mit explosiven Stoffen befrachteten Schiffe zu verweilen hätten, sich ungefähr tausend Kisten mit Patronen und 218 Kisten mit Gewehren und Säbelbajonelten befänden, bestimmt für Griechenland. Morgen mit der Miltagsflurh sollten diese Gegenstände per Schiff wegtransportirt werden.

Paris, 24. Febr. Der Senat war über die Auskunft des Mi­nisterpräsidenten Ferry in der Tttputirtenkammer über die griechische An­gelegenheit viel weniger befriedigt, als dis Kammer und verlangte weitere Auskunft, nachdem inzwischen bekannt geworden, daß die Firma H-lbronner 50,060 ChoffepokS und 25 Mill Patronen für die griech Regierung an- gekaust hatte, worüber sogar ein Prozeß vor dem Seinetribunal entstanden war, weil ein belgischer Kaufmann HAbronner dis Waffen streitig machen wollte. Broglie ging der Regierung stark zu Leib. Drefeloe wollte Anfang« nichts vork dem Handel wissen, endlich erklärte aber Ferry doch, sobald die Regierung benachrichtigt worden, habe sie dem Hqndel Einbalt geihan. Inzwischen aber scheinen die Waffen den Weg aufs Schiff doch gesunden zu haben, wie dis Nachricht aus Dunkerque vermuthen läßt.

Paris, 25. Febr. Der Senat genehmigte den von der Kammer beschlossenen Getrrideeinsuhrzoll von 60 Ccnl pr. 100 Kilo.

Paris. 25. Febr. Man macht in der Presse viel Aufhebens von einem Konflikt, der zwischen der franzöf. Republik uud den Ver. Lraaten bevorstehr. Bekanntlich bat die sranz Regierung vor einigen Tagen die Einfuhr amerik Schweinefleisches untersagt, weil in Marseille und Havre, wie früher in Hamburg konstatirt worden, daß ein großer Theil diese« Fleisches von den Trichinen behasiet ist. In Pari« selber mußten ganze

/ e u i L L e L o n.

Der Diamantring.

Novelle von August Schräder, ll.

An der Börse.

(Fortsitzung.)

Wenn ich hunderttausend erhalte, deren ich nothwendig heute be­darf , so habe ich gut verkauft. Und ist es außerdem nicht möglich, daß Koibert länger lebt, als die Aerzte vermuthen?"

Sie haben Recht!" murmelte der Bonquier.

Loltau müßte nicht Banquier gewesen sein, wenn ihn die Aussicht aus einen Gewinn von süvszigtausknd Mark nicht reizen sollte. Alle Umstände vereinigten sich, um ihn zu Gunsten de» Fremden zu stimmen. Daß Kol- ^ bert, der Sophien eins Rente gesichert, derselbe war, dessen LsbenSpolice ihm angetrsgea ward, ergab sich aus der Unterschrift. Im Falle eines Betrugs, der übrigens nicht wahrscheinlich war. batte er Mittel in Hän- . den . sich schadlos zu Hallen. Er beschloß, Kolbert'« Police mit Koldert's Gelde zu kaufen, und das Weitere abzuwarten.

Mein Herr, ich werde die Summe zahlen, begleiten Sie mich in wein Comptoir." Die drei Männer verließen die Börse, nahmen einen Fiaker, und fuhren nach Sollau't Wohnung. In dem Nachbarhause hatte die Gesellschaft Globe ihr Comptoir. Soliau entfernte sich unter einem Vorwände, und präsentirte dem Dirigenten der Lebensversicherungsbank die Police; sie ward als vollkommen gut und richtig befunden.

Wir sind verpflichtet, die Ve sicherungssumme zu zahlen, sobald der beglaubigte Todtenschein eiug-reicht wird," sagte der Dirigent.Die Ver­sickerung ist in London vorschriftsmäßig geschehen. Weitere Aurkunft kann ich Ihnen über den Versicherten nicht geben, ohne zuvor in London angr- fragt zu haben."

Läuft man Gefahr beim Ankäufe dieses Papiers?"

Wenn Kolbert eines natürlichen oder ohne sein Verschulden bswirk- i ten Todes stirbt nein I Man hat un« diesen Morgen das Papier an­geboren, und wir würden es genommen haben, wenn dem Verkäufer die Summe genügt hätte. die wir nach der Vorschrift zu zahlen ermäch­tigt sind."

Die letzten Bedenken des Banquier« waren beseitigt; er kehrte in sein Cowptorr zurück, und schloß das Geschäft rb.

Sehen wir uv» wieder?" fragte er den Fremden beim Abschiede.

Habe ich Ihnen in drei bis vier Tagen einen Besuch nicht abge- ftattet, so werde ich auf da« Vergnügen verzichten müssen, Sie noch ein­mal zu sehen. Von Herrn Götter in Berlin erhalten Sie Nachricht über den AuSgang der Krankheit unserS Versicherten."

Um vier Uhr ging Soltau zu Tische. Henriette, die längst zurück- gekehrt war, empfing ihn mit der Zärtlichkeit und Unbefangenbeit, di; er an ihr gewohnt war. Die beiden Galten speisten allein. Der Banquier erzählte der jungen Frau von dem an der Börse abgeschlossenen Geschäfte.

Ich höre heute von Dir zum zweiten Male den Namen Kolbert." sagte Henriette;ist der, dessen Police Du gekauft hast, derselbe, der dem jungen Mädchen die Rente angewiesen?"

Ohne allen Zwrifel. Ich habe mehr als einen Grund dafür."