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Vorschläge verworfen werden, so müßten die Dinge ihren Lauf nehmen, ober ,Go>t, d er Herr , werde ein Einseben baden."
— Stuttgart, 4. Febr. (33. Sitzung der Kammer dcr Abgeordneten.) T.-O. Das allgemeine Sportelgesetz. Dcr in eine Menge von Einzelnheilen eingehenden Debatten und des beschränkten Raumes dss. Bl. wegen müssen wir uns damit begnügen, nur di« hauptsächlichsten Beschlüsse hier anzusührcn. Mehrere Redner (Mayer, MvhI) greifen da« Gesetz im Allg. an, weil es die indirekten Steuern erweitere und ein unwürdiges sei, wogegen dass, von Fin.-Min. v. Renner und Rcg.-8ommissär vr. Schall in Schutz genommen wird. Die Hinnahme nach den Bestimmungen des Entwurfes berechne sich aus 4dV,VOk> Schließlich werden die Art. 1—8, welche allgemeine Bestimmungen über die Anwendung des Gesetzes enthalten, angenommen.
— Stuttgart, b. Febr. (34. Sitzung der Kammer dcr Abgeordneten.) Das Spor-
telgesctz. (Der Sporteltarif.) Art. 1. Adelsmatrikel. Sporteln sind zu bezahlen sür den Eintrag in die Personalmalrikel 10—100 -6, für die Eintragung eines Gutes, welchem die Eigenschaft eine« Rittergutes zukommt, in die Rcalmatrikel 500 bis 2000 Art. 2 für gewerbliche Anlagen, welche einer besonderen Erlaubniß bedürfen, 3—150 --l. Art. 3. sür Apotheken 10-620 -L. Alt. 4. für Ausstellung de« ApprobationsscheineS für einen Arzt, Zahnarzt, Thi.rarzt, Apotheker 3 Art. 7. für dre Erlaubniß zur Ausstockung von Waldungen 8 vom Hektar, mindestens 3 ^i. »rt. 8. für die Ermächtigung des GcschästSbetrieb» als Auswanderungs-Unternehmer, Unteragent rc. 5—100 _
Tages Neuigkeiten.
— Stuttgart, !'. Febr. Am Beginne der heutigen Sitzung wurde dem Senior unserer Abgeordnetenkammer, dem langjährigen Vertreter des Bezirks Aalen. Moriz Mo hl. der heute in sein achtzigstes Lebensjahr eintriit, eine wohlverdiente Ovation dargebracht Ein Lorbserkranz war an dessen Sitz aufgehängt und bei seinem Eintritt wurde er zunächst vom Abgeordneten Becher begrüßt und beglückwünscht. Dann erhob sich Präsident v. Hölder zu folgender Ansprache: »Der wohlverdiente Lorbeerkranz mit welchem der Platz des Senior» unserer Versammlung geschmückt ist. mahnt uns an den festlichen Tag. welchen er heute feiert, den Eintritt in sein achtzigstes Lebensjahr. Ein seltenes Fest in den Annalen unserer parlamentarischen Versammlungen! Unserem verehrten Kollegen ist es vergönnt, auf ein langes Leben voll Mühe und Arbeit zurückzublicken, welcher er im eigentlichsten Sinne de« Wortes ganz, früher als Staatsbeamter, seit mehr als 30 Jahren als Volksvertreter dem Dienst und den öffentlichen Angelegenheiten seines Lander gewidmet hat. Seine reichen Kenntnisse, sein reiner Charakter, seine unerschütterliche UeberzeugungStreue, seine uneigennützige, volle Hingabe an die Sache, sein unermüdlicher Fleiß bei Tag und Nacht haben ihm längst, unabhängig von jeder politischen Parteistcllung und Meinungsverschiedenheit. die rückhaltlose Anerkennung und Hochachtung Aller erworben. So möge e» mir denn heute gestattet sein, dieser Hochachtung als Präsident der Abgeordnetenkammer und in deren Namen Ausdruck zu geben und dem verehrten Jubilar unsere herzlichsten Glückwünsche zum Eintriit seine» 80. Lebensjahrs darzudringen. Wir verbinden damit die Hoffnung, daß seine Wirksamkeit in ringe- schwächler Kraft diesem Hause und unserem Vaterland noch lange Jahre erhalten bleiben möge." Der Ministerpräsident v. Mitlnacht schloß sich zugleich im Namen iämmtlicher Mitglieder der Königl. Staatsregierung den Glückwünschen des Präsidenten an, worauf Mo hl in tiefer Rührung für die Anerkennung. die ihm in so überraschender Weise zu Theil geworden, seinen Dank aussprach. Nachdem hierauf zu Ehren de» Gefeierten die Mitglieder des Hauses sich von ihren Sitzen erhoben hatten, nahm die Kammer ihre Berathung ans.
— Von Herrn Theodor Linck hier hat man bis heute noch keine Spur; derselbe reiste, wie wir hören, am vergangenen Sonntag mit dem Schnellzug um 4 Uhr nach Ulm.
— Rottenburg, 5. Febr. Der Jagdpächter E. Schuh von Rem- mingsyeim, welchem beim Durchgang durch eine Hecke sein Gewehr sich entlud, wobei ihm 30 Sckrot in den Arm gingen, ist im Krankenhause zu Tübingen gestorben, nachdem der Starrkrampf zu seinen Wunden getreten. Er hinterläßt eine trauernde Wittwe mit 4 Kindern.
— Der ächte Münchener weiß auch die Thelephonleitungen praktisch sür sich auszunützen. Er geht zum Direktor des Telephon-Institutes und erklärt: „Sie, Herr Telephon-Direkior, ich wünsche ein« Leitung vom Hos- lnäuhaus in meine Wohnung." — »Vom Hvsbräuhaus?" —»Ja, wiffen's damit ich's allemal gleich hör', wenn anzapft wird."
— Frankfurt, 5. Febr. Das Zersägen und Hacken von Brennholz auf den öffentlichen Straßen und Plätzen in hiesiger Stadt einschließlich
der Vorstädte ist laut Bekanntmachung der Polizeipräsidenten verboten. Auch darf dar zum Zerkleinern in den Höfe« oder Gärten bestimmte Holz nicht auf die Straße geworfen, sondern muß vom Wagen direkt nach dem Hofraum oder Garten gebracht werden. Nach Beendigung dieser Arbeit muß der Holzempsänger die Straße vollständig reinigen lassen. Zuwiderhandelnde werden mit Geldbuße bi« zu 9 Mark oder mit verhält- nißmäßiger Haft bestraft.
— Düsseldorf. 5 Febr. Die »Düffeld. Volksztg." meldet, Prinz Wilhelm von Hohen,ollern, der Held der vielbesprochenen Entführungs- geschichle, sei nach Brüssel abgereist.
— Berlin, 7. F-br. Der Einzug der Prinzessin Augusie Viktoria in Berlin erfolgt am (Samstag) 26. d. M. nach dem im König-Hause schon lange feststehenden Zeremoniell. Die kirchliche Trauung findet, nach vorang-gangmem Zivilakt, am Abend des 27. d. M. statt, am Tage darauf ist im Opernhause Gala-Oper, und zwar, wie bereit« gemeldet, Gluck« Armide in neuer Jnszenirung. Am 28., Fastnacht, schließen bereits die Hoffestlichkeiien mit dem großen Ball im Refidenzschlosie. Ob die Neuvermählten eine Hochzeitsreise nach England anlreten werden, ist noch nicht entschieden.
— Eine erschütternde Katastrophe hat sich auf dem Eise eines der Seen der Provinz P o s en nach eingetretener Thauwitterung zugetragen. Von der Besitzung Grzybin im Kreise Kosten sollt« die Dampsdreschmaschine. welche auf dem Gute in Thätigkeit war, über den See transportirt werden. Al« der schwere Zug ungefähr in Mitte des See« angelangt war. dessen Eis durch die Thauwitterung schon dünn geworden zu sein scheint, brach die Eisdecke und es sollen die sämmtliche Bedienungsmannschaft, sowie nicht weniger als 15 Pferde ein Opfer des See» geworden sein
Wien, 10. Febr. Kronprinz Rudolf trat gestern Abend mit seinem Reiiegesolge se ne Orientreise an. _
Handel und Verkehr.
— Wie die „Neck-Zlg " erfährt, werden von der K. Centralstelle sür die Landwirthschast gegenwärtig Erhebungen darüber angestellt, ob eS sich nicht empfehle, den Verkauf von Eiern auf den Märkten nach dem Gewicht vorzusckreiben. Bei der jetzigen Verkaufsweise der Eier noch dem Stück wird nämlich der Unterschied in der Größe im Preise bei weitem nicht genügend berücksichtigt, was sowohl sür Käufer als für Verkäufer Nachtheile bringt. So lange ferner für ein kleines Ei ebenso viel oder wenigsten« nahezu ebenso viel bezahlt wird als für ein großes, werden die besseren Hühnerrassen, welche gleich viele, aber größere Eier produciren als dre gewöhnlichen Lariddühnsr, nur schwer allgemeineren Eingang finden. (In Calw hat der Gewerbeoerein und der landw. Verein in letzter Zeit eine gemeinschaftliche Eingabe an den Gemeinderath eingereicht, worin um die Ausdehnung der Maiklvorschiisten über den Verkauf der Lebensmittel aufs Gewicht auch auf die Eier und das Kraut gebeten wird.)
BcrsrcbcrungS- Wesen. Aus dem letzten staliinichen Jahresbericht über da» Wirken der Deutschen LebensversiLerungsanstalten im Jahre 1879 geht hervor, daß die 53 Deutschen Gesellschaften allein für 14504' Sterbefälle unter ihren Versicherten im Laufe des Jahre» 1879 die Summe von 39 287,725 Mk.. für Aussteuern und Renten die Summe von 5.434,019 Mk, im Ganzen für 1879 fällig gewordene Versicherungsbeträge nahezu 45 Millionen Mark ausgezahlt haben. Die 108 englischen Gesellschaften zahlten in demselben Jahre sür 25,646 Sterbefälle, für Aussteuern und Renten zusammen 212^» Millionen Mark, die 16 Französischen Gesellschaften sür 180 l Eterbefälle und für Kapitalien auf den Lebensfall 21 Millionen Mark und sür Renten 18^/ig Millionen Mark, während die 31 im Staate New-Jork zugelassenen Amerikanischen Gesellschaften für 7,359 Sterbesälle und für sonstige fällig gewordene Versicherungsbeträge 119s/i<> Millionen Mar! zu zahlen hatten. Von allen Gesellschaften dieser vier Länder zusammen sind sonach im Laufe des Jahres 1879 sür 49,310 Sterbesälle. sowie für Aussteuern und Renten im Ganzen 417 Millionen Mark an Versicherte oder an deren Hinterbliebene Familien zur Auszahlung gelangt. Es bedarf wohl keines weiteren Beweise« für das segensreiche Wirken der Lebensversicherungs-Anstalten, welches schon durch die Leistungen einzelner hervorragender Deutscher Gesellschaften genügend bethätigt wird, wie -. B. der .Germania" zu Stettin, die für durch Tod und bei Leb-
und Liebe — nun trete ich ihm getrost unter die Augen I Mein Gott im Himmel, stärke mich zu diesem großen, wunderbaren Augenblicke!"
„Fassung, Helene!" ermahnte Julius. »Ueberlafftn Sie sich nur meiner Leitung."
' Georg führte die Gäste, die leise folgten, in da« kleine, freundliche Zimmer. Eine spanische Wanv von blauen Tapeten umstand halb einen großen Lehnsessel, in welchem der schlummernde Franz saß. Sein bleiche» Gesicht, von einem wohlgeordneten Barte umgeben, trug das Gepräge eines tiefen, stillen Schmerzes. Der Schlummernde war völlig angekleidet, und auf der Brust, die eine schwarze Weste bedeckte, glänzte die weiße Rose. Helene konnte sich bei dem Anblicke der Blume, die so lange an Ihrem Herzen geruht halte, einer heftigen Bewegung nicht erwehren; sie verbarg ihr in Thränen gebadete« Gesicht an der Brust der Freundin.
Der greise Diener war dem Schlummernden näher getreten.
„Herr Franzi" flüsterte er. indem er leise seine Hand auf die Achsel desselben legte. »E« ist zwei Uhr!"
Franz schlug die Augen auf. Seine Blicke trafen Julius, der ihm gegenüberstand. Ungläubig starrte er den Freund an.
»Ich bin'« I" sagte lächelnd der Advokat. »Franz, reiche mir getrost Deine Hand, ich bringe frohe Botschaft."
Ein schmerzliche» Lächeln umspielte den Mund de« bleichen Manne«.
»Botschaft, nur Botschaft I" flüsterte er. »Die Rose an meiner Brust verliert ihren Glanz — man sandte sie mir, damit ich sie mit mrinrn
Thränen benäsien soll. Mein Rechtsanwalt hat mir ein trauriges Leben gerettet."
»Mehr noch. Franz! Was forderst Du — Reichthum, Freiheit —
Franz sckütlelte schmerzlich sein Haupt.
„Nimm die Rose, gib sie ihr zurück — sie erinnert mich nur daran, daß es besser gewesen wäre, ich hätte mein Todesurtheil empfangen. ES lag eine schwarze Nacht auf meinem Geiste — der Schimmer dieser Rose lichtete sie auf kurze Zeit — sie trug sie als Brautkranz in dem Haare — sie sollte das Symbol meiner Liebe sein — meine Gattin verleugnet« mich!" fügte er dumpf hinzu.
Länger konnte sich Helene nicht halten; sie trat hervor und warf sich, einen durchdringenden Schrei ausstoßend, zu den Füßen der bestürzten Franz nieder.
„Helene! Helene!" rief er. zitternd die Arme nach ihr ausstreckend.
„Verzeihung, Franz, Verzeihung! Ich habe nicht einen Augenblick aufgehört, die Frau zu sein, Dich zu lieben! Wa» ich that. hielt ich für meine Pflicht — 0 , so bestätigen Sie doch. mein Herr, L«ß ich die Ehre und das Vermögen meines Gatten rettete, daß ich nur Ihren Anordnungen folgte, obgleich mir da« Herz dabei blutete. Franz, jetzt kann ich bei Dir kleiden — ich bringe Alles, Alles mit, was Dich glücklich macht! Glaube mir, ich habe nicht minder gelitten, als Du!"
(Schluß folgt.)