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geeignet seien, die jetzt vom Lande für den Unterhalt der Kriegsmacht ausgebracht en Kosten zu reduziren. _
— Stuttgart, 11. Jan. (20. Sitzung der Kammer der Abgeoldneken ) Bcraihuug
des Finanzctat«. Kap. 112. Ertrag der Forsten. Derselbe ist angenommen zu 4,780,092 -4L jährl. Die Fin.-Comm. stellt den Antrag, diesen Voranschlag zu genehmigen. — Bei den Voranschlägen der Ausgaben, unter denen mehrere bisherige Besoldungen in Wegfall kommen, stellt die Komm, den Antrag, an die K. Reg. die Bitte zu richten, behufs Erzielung von Ersparnissen im Staatshaushalt die Aufhebung der ForstLmter in Erwägung zu ziehen. — Zunächst cnlspinnt sich zwischen Mo hl und Renner eine Debatte über die Richtigkeit unseres Forstbetriebs, welche von Mohl angegrissen, von R en n er und Odersorstrath Do r r er vertbeidigt wird. Wir erfahren dabei, daß die Nutzung pro Morgen wenig über Klafter beträgt und daß kein Land eine geringere Nutzung angenommen hat, als Württemberg. Tit. 4. Zinse aus verliehenem Waldboden: je 163,000 -4L. Beutler beklagt sich über den allzu hohen Preis der aus dem Wald bezogenen Steine, was v. Renner untersuchen will. Sämmtlichc Voranschläge der Reg. werden angenommen.
Hierauf entspinnt sich eine lebhafte Debatte über die Aufhebung der Forstämtcr. Beutler null die Kontrale des WaldeS durch einige Inspektoren auSgesührt wissen, einen Thcil der Geschäfte könnten die Neviersörster besorgen. Hohl: Im Interesse des Dienstes dürfen letztere nicht mit Schreibereien überhäuft werden, dagegen gebe er zu, daß die Zahl der Forstämter reducirt werden könnte, v. Renner: Die Forstämter seien so mit unseren Forstgesctzen, insbesondere dem Beförflerungögesetz verwachsen, daß man zuerst diese Gesetze aufbcben müßte. Eine Ersparniß würde der Vorschlag der Inspektoren gar nicht bringen. Unsere Waldwirthschafl sei unilreitig eine der besten, da nur Sachsen noch einen höheren Reinertrag habe, und bei der Wildbader Forstversammlung seien unsere Einrichtungen als vorteesflich gerühmt worden. Sparen werde die Reg., wo sie könne, aber nur nicht in der vorgeschlagenen Weise.
— Stuttgart, 12. Jan. (21. Sitzung der Kammer der Abgeordneten.) Fortsetzg. Hofackcr findet den Aufwand von 206.000 -4t für 23 ForstLmter neben den Kosten der Forstüircktion zu hoch, während Ob.-Forst-R. Dorr er die Forstämtcr namentlich für die Körperschastswaldungen als unentbehrlich erklärt und Mo bl nicht den Reviersörstern allein ein so großes, ungezähltes Kapital anveriraut wissen will, den Agitatoren für den Antrag, den Revicrförstern sei es nicht um Ersparnisse, sondern um eigene Besserstellung zu thun. v. Renner: der Antrag würde in seinen Endzielen wesentlich die Forstpoli- zei wessen und die rationelle Bewirthschaftung der Gemeinde- und Prtvalwaldungen schädigen, die in die Hände der Forstmeister gelegt sei. Nachdem sodann noch mehrere Redner sür und gegen den Antrag gesprochen, wird derselbe mit 56 gegen 27 St. ab gelehnt, dagegen der Antrag von Hohl, die Reg. z» ersuchen, die in Aussicht genommene weitere Verminderung der ForstLmter durchzuführcn und im nächsten Etat darüber Vorlage zu machen, mit 55 gegen 26 Stimmen angenommen. — Genehmigt werden sodann noch aus dem Forstetat Kap. 112. Weghersiellungs- und Unterhaltungskosten 600,000 -4L jährl. Kap. 113. Ertrag aus Jagden 12,549 -4L. Kap. 114. aus Holz- gärtcn 12,333 -4L jährl. Beult er greift dieses Institut vergeblich an.
Ertrag der Domänen bei den Kameralämtcrn Kap. 111. 749,212 -4L, Einnahmen aus HohertS- und obrigkeitlichen Rechten (Strafen, Konfiskationen re.) 221,000 -4L jährl., aus Staatsgütern 945,500 -4L. Retter und Mayer wünschen die StaatSgcbäude an der Königsstraße durch die Einrichtung von Läden rentabel gemacht zu sehen. Außerordentliche Einnahmen, darunter Studicnkosienersätze von Theologen, welche umgesattelt haben, 108,260 -4L. __
Tages Neuigkeiten.
— Calw. 16 Jan. Am gestrigen Sonntag fand die Investitur des Herrn . Dekan Berg durch den hochwürvigen Herrn Prälaten Dr. v. Georgii statt. Nach Einleitung des feierlichen Gottesdienstes durch einen Vortrog des Kirchengesangvereins und den-Gemeindegesang betrat der neue Hirte zum erstenmal die Kanzel, um nach Anleitung des für diesen Tag so paffenden Evangelienlexte« — Jesus erste Rede in Nazareth — darzuthun, wie das Evangelium von Jesu allezeit „holdselige Worte", gleichwohl aber für Viele ein Stein des Anstoßes oder ein „Aergerniß" sei, wie er. der Redner, aber trotz Letzterem, nicht nach Menschengunst haschend, vielmehr ohne Menschenfurcht und ohne nach irgend welcher Seite hin „Parteimann" zn sein, allein aus der reinen Quelle des heiligen Wortes der göttlichen Nährbrust schöpfend, allezeit in Liebe und Offenheit den Herzen seiner Pfleg- besohlenen dieses Wort nahe legen und besonders auch den Armen, den Kranken, den Bedrückten und Bekümmerten ein treuer Berather und Seelsorger sein wolle. Man fühlte dem fließenden, allseitig hin leicht vernehmbaren Vortrags an, wie es der verehrten, gewandten Redners aufrichtigstes Bestreben sei, wenn möglich Allen nahe zu kommen und nicht blos durchs Wort, sondern durch Wandel und Thal sich als ein treuer Hirte unserer Gemeinde zu bekunden. Möge solch redlichem Streben nun auch von Seiten der Gemeinde das verdiente Entgegenkommen zu Theil werden I
Nach der Predigt fand die weihevolle Einsegnung in der üblichen Weise mit Vortrag des Lebenslaufes des Jnvestirten statt. Um den Altar hatten sich der Pfarrgemeinderath und die Zeugen gruppirt. Als letztere fungirren Hr. Prof. Kübel aus Tübingen (Bruder des nunmehr verstorbenen, früh
eren hiesigen, noch in gutem Andenken stehenden Vikars Kübel), Hr. Helfe Häring. Hr. Dr. Gundert und Hr. Fabrikant Würz von hier.
Einen würdigen und gesegneten Abschluß fand die Feier dieses Tages in dem überaus besuchten, ebenso redegewandten, als tief ergreifenden religiösen Vortrag des erwähnten Hrn. Prof. Kübel im Vereinshaus
— Weilderstadt, 11. Jan. Der in Friolzheim ansäßige Schreiner und Händler Paul Weil, gebürtig von M, hatte am Sonntag Nachmittag eins Versammlung in Sachen von B.'s Fallissement in Weil der Stadt besucht und wollte den Heimweg über M. nehmen. um hier in seinem Heimathsorte die Brandstätte zu besuchen. Nacht« 12 Uhr traf er hier ein, bestellte im Gasthaus Nachtquartier und wollte auf einige Augenblicke da« Wirthschaflszimmer verlosten. Da lhat er vermuthlich einen Fehltritt und stürzte so unglücklich die Treppe hinab, daß er sogleich bewußtlos war mit allen Anzeichen einer bedeutenden Gehirnverletzung und am andern Tag verschied.
— Stuttgart, 13. Jan. Beim Bardili'schen Bierkeller im Tivoli- Karten waren 5 Arbeiter gestern etwa um die Mittagsstunde mit dem Verpichen eines Fastet beschäftigt; plötzlich explodirtr dasselbe und sämmtliche ü wurden von den umherfliegenden Stücken getroffen. Zwei mußten in einer Droschke nach dem Kalharinenhospital verbracht werden, doch sind ihre Verletzungen nicht bedenklich. Die andern drei, die nur unerheblich verletzt sind, konnten sich selbst in ihre Quartiere begeben.
— Stuttgart, 13. Jan. Im Hofe der K. Marstallgebände» fanden heute Vormittag von 11—12 Uhr unter Anwesenheit Sr. K. Hoheit des Prinzen Wilhelm, de» Prinzen W e i m a r, Fürsten W a ld b u r g-Z ei l, Grafen Taubenheim, vieler Herren und Damen vom Hofe, des Stadtdirektors v. Hoser und Polizeidirektors Schmidhäuser und den Vertretern der Presse die Probefahrten der nach dem System Bollee von der WöhIert 'schen Fabrik in München erbauten Dampjkalesche statt. Dieselbe von einem Führer und Heizer bedient, ist so breit, daß 9 Personen auf 3 Sitzen Platz haben. Die Maschine befindet sich hinter dem Kaleschenraum, das Steuer vorn bewegt sich mit große: Schnelligkeit und kann i« Moment angehalten werden, wie sie sich auch mit Leichtigkeit wenden läßt. Sie braucht sür einen Kilometer Wegs einen Kilo Coaks und legt 5 Kilometer in 10 Minuten zurück. Ihre Herstellung kostete 10,000 -,-L Sie erinnert übrigens sehr lebbast an die Kuh n'sche Dampjstraßenwalze.^ Drei der Fahrten machten die Prinzen Wilhelm und Weimar, Fürst Z eil und mehrere Damen mit. Der Wagen bewegte sich trotz de« glatten Bodens und unebenen Terrains mit größter Leichtigkeit, und es sprachen sich alle Anwesenden mir Befriedigung über die Leistungsfähigkeit aus. Daß die Dampfkalesche aus der Landstraße ihre Dienste thun und sür Gegenden, die keine Eisenbahn haben, von großem Nutzen sein wird, ist nicht zu bezweifeln. wohl aber, ob sie in den Straßen der Städte anwendbar ist, da die Pferde bei ihrer Annäherung stets scheuen werden.
— Stuttgart, 14. Jan. Gestern wurde der Studirende der Architektur W. N. wegen Bestechung zweier Schutzleute zu 14 Tagen Gefängmß ver- urtheilt. Derselbe hatte die Gewohnheit, des Nachts aus Muthwillen an den Hausglocken zu reißen und war schon 3mal deßhalb bestraft. Das viertemal abermals ertappt, sollte er, da er sich nicht legitimiren konnte, vorgeführt werden, wobei er den beiden Schutzieuten 10 -4L in Gold gab, unter der Bedingung der Unterlassung der Anzeige. Dafür wurde er nun mit 14 Tagen Gefängmß bestraft, während der Staatsanwalt unter Annahme mildernder Umstände nur 25 -4L Geldstrafe beantragt hatte.
— Stuttgart, 15. Jan. Das Befinden des Herrn Oberbauraths v. Abel ist wie wir hören, fortdauernd ein befriedigendes, sofern bis jetzt weder Fieber cingetreten, noch sonst ein schlimmeres Zeichen vorhanden ist; dagegen sind die Nächte noch immer unruhig. Die Kugel ist noch nicht aufgefunden; man hat es jetzt aufgegeben, nach derselben zu suchen, und will ihre Einkapselung abwartea.
— Stuttgart, 15 Jan. Der Hausknecht in einer hiesigen Wirth- schast wollte gestern Weingeist probiren und erwischte statt besten die Flasche mit — Carbolsäure, welch letztere zum Ausputzen der Gummischläuche in den Presfionsapparaten dient. Wie sich denken läßt, verbrannte er mit der scharfätzenden Flüssigkeit sich die Mundhöhle und den Hals sehr beträchtlich;
räthin. erhalten habe. Ich lebte nicht gerade in offener Feindschaft mit der Schwester meines Vaters, deßhalb beschloß ich. da meine Kaffe erschöpft war, die Residenz zu berühren, wo mich Niemand kannte, und bei meiner Tante um eine Summe nachzusuchen, mit deren Hülfe ich nicht nur das Ziel meiner Reise erreichen, sondern auch den Grund zu einer bescheidenen Existenz legen konnte. Die reiche Wittwe, dachte ich, hat die Armenkaffe beschenkt, sie wird den armen Neffen, besten Vermögen sie besitzt, nicht ohne Unterstützung von sich weisen. Ich kam in der Sylvesternacht hier an. In dem Hotel fragte ich nach der Wittwe Simoni, erfuhr ihre Wohnung, und daß sie einen glänzenden Ball gäbe. Es war nicht schwer, das Haus zu finden; ich sprach meine Tante, bat, flehte, und — ward adgewiesen."
„Das ist mehr als grausam!' sagte entrüstet der Advokat. „Hätte man Dir da« Vermögen Deine« Vaters zukommen lassen, ich zweifle nämlich nicht einen Äugenblick an der Rechtmäßigkeit Deiner Forderung — Du wärst heute sicher in andern Verhältnissen. Man will Dich verderben, armer Freund; der Erbe de» Compagnon» muß ja bei Seite geschafft «erden. Das Ende Deiner Geschichte kenne ich nun: von R. au«, wo man Dich gesehen und erkannt, wurdest Du verfolgt. Ehe Du hier «mkamst, vigilirte die Polizei auf Dich, und e« konnte nicht schwer werden, Dich zu ermitteln/
„Du weißt noch nicht Alles, Julius."
„Nun?"
„Die reiche Wittwe, die der Armenkasse Geschenke macht, rief durch
denke Dir meinen freudigen
eine Glocke nach ihrer Gesellschaftsdame - Schrecken, als ich Helenen eintreten sah!"
„Jst's möglich, Helene?"
„Sie befindet sich in dem Hause meiner Tante. Wie sie dorthin gekommen, weiß ich nicht. Ach, ich hätte ihr mögen zu Füßen fallen, denn sie erschien mir wie ein lichter Engel in der Nacht meines Elends. Aber ein Blick von ihr, den ich verstand, hielt mich zurück. Zugleich deutete sie aus die weiße Rose an ihrer Brust, das letzte Geschenk meiner Liebe. An ihrem Arme verschwand das sorglose Weib aus dem Zimmer — die Thür schloß sich hinter meinem Teufel und meinem Engel. Julius, ich war meiner Sinne nicht mehr mächtig, und was ich nun mit Robert, meinem Vetter, verhandelte, weiß ich nicht mehr. Ich dachte nur an das Glück, mit ihr zu entfliehen, es gab keine Vergangenheit mehr für mich, die Zukunft war mir Aller — da trat die Gegenwart mit ihrem ganzen furchtbaren Gewichte dazwischen — ich ward verhaftet und fortgeschleppt. Al« ich aus meiner Betäubung erwachte, befand ich mich im Gefängnisse."
„Armer Freund!" seufzte der Advokat.
„Fast möchte ich glauben," sagte Franz mit einem schmerzlich bittern Lächeln, „daß ich meines Verstandes nicht mächtig bin, wie die Wittwe behauptete, als ich da« Vermögen meines Vaters beanspruchte. Mein Kopf ist wüst, ich kann mir aus dem Chaos von Begebenheiten keinen Begriff gestalten, und Lebensüberdruß kämpft mit der Sehnsucht nach dem Leben!'
(Fortsetzung folgt.)