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Calwer Wochenblatt

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Nro. 6

Samstag, den 15. Januar L88I

36. Jahrgang.

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für das erste Halbjahr oder erste Quartal 1881 werden noch täglich von sämmtlichen Postämtern, Postexpeditiomn und Postboten angenommen und die bereits erschienenen Nummern nachgeliesert. Für hier nimmt stets vom laufenden Tag ab Bestellungen an und ladet freundlich dazu ein

Die Redaktion K Expedition desCalmer Wochenblatts.^

Politische Nachrichten.

England.

London, 11. Jan. Meldung der »Times" aus Bombay: Eine Verschwörung unter Hindus und Mohamedanern in Kolapoor ist entdeckt, welche die NieLermetzelung der Europäer während ihrer Anwesenheit in der Kirche und die Plünderung der Stadt zum Zweck hatte. Gegen 3000 Personen sind an dem Komplotte betheiligt und 27 verhaftet.

London, 12. Jan. Daily Telegraph erfährt, die Regierung bereite eine versöhnliche Proklamation an die Bo er im Transvaal vor.

Italic n.

Rom, 12. Jan. Nachrichten der Agenzia Stefani zufolge sind 4 Mächte, Frankreich, England, Rußland und Italien, über eine Kollektivaklion in Athen einig geworden. Die definitive Aeußerung Deutschlands und Oesterreichs nnrd noch erwartet.

Rußland.

Die D. Petersb. Zeitung veröffentlicht an ihrer Spitze einen Artikel, worin als eine Thatsacve, die außerordentlich schwer ins Gewicht falle, die jetzt sehr freundschaftlichen Beziehungen zwischen Rußland und Deutschland-Oesterreich hervorgehoben werden. Manche An­zeichen sprechen in der That für die Erneuerung des Dreikaiserverhältniffes, wodurch sich die Hoffnung auf Erhaltung de» Friedens verstärkt.

Nachrichten aus Rußland schildern die Ausdehnung der Hungers- noth in erschreckender Weise. Während dieselbe bis jetzt in Samara und Saratov, an der mittleren und unteren Wolga, sowie nach Kasan zu herrschte, soll sie jetzt auch nach der sog. schwarzen Erde, der Kornkammer Rußlands, sich erstrecken. Man hat Befürchtungen für Volhynien, Podolien und die Ukräne. Die Diphterilis rafft die Kinder hin und die Noth ist überall groß. Man begreift denn auch, daß Rußland jetzt nicht an den Krieg denkt und auch in Bulgarien o»r jedem Abenteuer warnt. Dies mag auf eine friedlichere Strömung auch in Griechenland zurückgewirkt haben.

Griechenland.

Athen, 12. Jan. Die Griechischen Journale halten den Krieg nur für eine Frage der Zeit. Derselbe sei selbst nach einer schiedsgerichtlichen Entscheidung unvermeidlich.

Athen, 13. Jan. Die hiesigen Blätter betrachten das Schieds­gericht als von der Regierung abge lebnt und billigen die Ablehnung.

Stuttgart 8. Jan. (19. Sitzung der Kammer der Abgeordneten.) Fin.-Mlir.

v. Renner beantwortet die von 23 Abgeordneten gestellten Ansragen in Betreff der An­

wendung de« Zolltarif« auf die Einfuhr von Weintrauben, welche von Wüst damit begründet werden, daß die zollfreie Einfuhr von Weintrauben zur Weinbe- reitunq nicht nur unlogisch, sondern geradezu eine Umgehung de« Zolltarifs sei und den ohnedieß in den letzten Jahren so sehr gedrückten Stand der Weingärtncr schwer schädige, dahin, daß der württ. BnndeSrathSbevollmSchtigte beauftragt sei, bei der gegenwärtig statt­findenden Revision des amtlichen Namenverzeichnisses einen angemessenen, dem Weinzoll entsprechenden Zollfatz aus die eingeführtcn Weintrauben zu beantrage», unter Freilassung eines mäßigen, nach der Art der Verpackung ersichtlich zum Essen bestimmten Quantum«. TO. <Äat 1881/83. Kap. 115. Ertrag der Berg- und Hüttenwerke: Reinertrag 150,000 Mk. jährlich. Kap. 116. Salinen: Reinertrag 650,000 Mk. jährlich. Kap. 117. Bleiche- und Appreturanstalt Weissenan: Reinertrag 1900 Mk. Diese Anstalt, in welcher ca. Mill. Mk. stecke, will die Finanzkomm, verpachtet wissen, ev. soll der Betrieb eingestellt werden. Ramm unterstützt diesen Antrag, obwohl der Min. den Reinertrag durch Beseitigung eine« Beamten auf 4900 Mk. erhöhen will. v. Varn- büler, Probst und v. Renner verthcidigen die Anstalt, für welche erst für 63,000 Mk. neue Maschinen angeschrfft worden feien. Schließlich wird der Antrag von Lutz, über den Comm.-Antrag zur Tagesordnung überzugehen, angenommen und die schon genehmigte Besoldung für den Kassier mit 3000 Mk. gestrichen. _

Tages Neuigkeiten. '

Calw, 13. Jan. Gestern (Mittwoch) hatten wir die Freude, unfern neuen Herrn Dekan Berg bei uns einziehen zu sehen. Mit dem Ein­treffen des Stuttgarter Zuges 11>? hatten sich die bürgerlichen und kirch­lichen Collegien auf dem Bahnhof versammelt, um den Erwarteten in Empfang zu nehmen. Herr Stadtschultheiß Schuldt stellte denselben nebst Frau Gemahlin den Versammelten vor, der Freude darüber Ausdruck gebend. daß der Wunsch der Gemeinde nun erfüllt sei und wir Herrn Dekan Berg in unserer Mitte begrüßen dürfen. Diesem Empfan^sgruß und der Bewünschung Gottes reichen Segens für die Wirksamkeit de» neuen Hirten schloß sich Herr Helfer Häring Namens des Pfarrgemein- deraths noch besonder» an und folgte hierauf die persönliche Vorstellung der Versammelten, nachdem Herr Dekan Berg zuvor in herzlicher Weise für den freundlichen Empfang seinen Dank ausgesprochen, zu dem er sich um so mehr verpflichtet fühle, als ihm vertrauensvolles Entgegenkommen zu Theil geworden, noch ehe man ihn von Angesicht gesehen Er hoffe, meinte er, bald einguter Calw er" zu sein und die gegenseitigen Be­ziehungen nicht nur als friedliche, sondern als freundschaftliche und innige und damit als gottgesegnete sich gestalten zu sehen.

Vor dem Dekanathause hotten sich die Schulen mit ihren Lehrern versammelt, um den neuen Vorgesetzten, der unter Musik vom Thurme vor seiner neuen Wohnung anlangte, mit Gesang zu begrüßen. Der Senior der Lehrer, Herr Kopp, richtete hierauf eine Ansprache an den Herrn Dekan, die dieser ebenso herzlich erwiederte. Geleitet von Herrn Stadlschultheiß Sch ui dt, Herrn Helfer Häring und Herrn Fr. Würz betrat er sodann mit seiner Familie das bekränzte Haus, das ihm eine liebe Heimath werden möge. Abends brachte der Kirchengesangverein durch ein Ständchen Gruß und Verehrung dar. Nach dem guten Rufe, der unserem neuen Herrn Dekan vorausgegangen, wollen wir uns freuen, den­selben nun als den Unsrigen in unserer Mitte zu haben.

Nagold, 11. Jan. Der hiesige Gewerbcverein hat sich in letzter Zeit darum bemüht, daß für den Sommersahrplan der früher bestanden; StuttgartCalwer Abendzug, mit Ankunft hier um 11 Uhr, wieder eingeführt

Feuilleton.

Das ^eheimbuch.

Von A. v. W.

(Fortsetzung.)

IV.

Ich erfuhr es diesen Mittag durch den Polizei-Commiffar."

Muß der Besuch heute noch stattfinden?"

Der Gefangene weiß nicht, daß ich in der Residenz Advokat bin wie kann er mich zu seinem Vertheidiger wählen? Außerdem muß ich er­fahren . in wie weit er gravirt ist, denn habe ich keine Aussicht auf einen günstigen Erfolg meiner Bemühungen, so bin ich gezwungen, ihn seinem Schicksale zu überlasten."

Der Major überlegte einen Augenblick, dann sagte er, nicht ohne einige Ueberwindung:

Da mir nur die sichere Verwahrung des Gefangenen obliegt, glaube ich keine Pflichtverletzung zu begehen, wenn ich Ihnen Franz Osbeck auf eine halbe Stunde anvertraue.'

Er zog eine Glocke. Eine Ordonnanz trat ein. Der Major, der eine Liste durchgesehen hatte, sagte:

Man gebe dem Schließer Befehl, diesem Herrn die Zelle Nro. 11 zu öffnen."

Nach einigen Höflichkeitsphrasen verließ der Advokat den Major. Der Soldat führte ihn in einen andern Flügel des StaatSgefängniffeS, und bald ward ihm die bezeichnet« Zelle geöffnet. Mit der Laterne des

Schließers in der Hand, überschritt er die Schwelle eines kleinen, vierecki­gen Gemachs, aus dem ihm eine angenehme Wärme entgegenquoll, zu­gleich aber auch jene eigenthümliche Luft, die man nur in Gefängnissen vorfindet. Nachdem er die Thür hinter sich geschloffen, blieb er ruhig stehen. Franz lag völlig angekleidet auf einem Malratzenbett. Er hatte den Kops auf die Hand gestützt, und schien den Eintretenven kaum zu b»- merken. Eine unheimliche Stille herrschte in dem Raume; selbst der Sturm, der den Schnee an das kleine mit starken Eisenstäben vergitterte Fenster trieb, war nur wie das Rauschen eine« fernen Flusses zu vernehmen.

Er ist's l" flüsterte der Advokat, von dem Anblicke des bleichen Ge­fangenen tief ergriffen.

Franz schlug endlich die Augen auf. Al» er den Fremden mit der großen Laterne des Kerkermeisters erblickte, richtete er sich verwundert empor.

Ich habe um Licht gebeten," sagte er.Bringen Sie mir endlich das Verlangte?"

Franz! Franz!" rief der Advokat, indem er sich ihm näherte und die Laterne auf einen Tisch setzte.

Der Gefangene saß wie erstarrt auf seinem Bette. Er schien in dem Gedächtnisse nach dem Manne zu forschen, der so theilnehmead seinen Na­men ausgesprochen.

Mein Gott, täuscht mich ein Traum?" fragte er sinnend.

Nein, armer Franz, die traurige Wirklichkeit umfängt Dich, und Julius Petri-"

Der Gefangene stieß einen durchdringenden Schrei aus,

Julius, Julius!" rief er mit einem unbeschreiblichen Ausdrucke.