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Verfolgt von Menschen und Hunden, bis es schließlich in das Hau« einer hiesigen Uhrmachers flüchtete, wo e» wieder eingefanqen wurde.

Frankfurt, 7. Jan. Ein junger, noch nicht 18 Jahre alter Mensch kam in der Fahrgasss in ein Geschält, ließ sich Hemden zeigen, wählte eines aus, riß rasch die Thür auf und entsprang damit. Einiae Straßen weiter traf er einen Schutzmann, sagte diesem freundlich: »Guten Tag, Herr Schutzmann! Ich Hab' eben gestohlen!"Etwas," sagte dieser schmunzelnd, »was hast Du denn gestohlen?" Antwort: »Dies Hemd!"So? da gehst Du mit!" Der arbeitsscheue Junge halte, was erwünschte: Obdach, warme Stube. Kost und Aussicht auf mehrmonatliche Beherbergung im Kiapperfeld.

Frankfurt a. M., 10, Jan. Heute Morgen fand im Stadtwalds bei Niederrad ein Duell statt zwischen dem kgl. Zeremonienmeistec v. Frankenberg-Proschlitz (Kammerherr und Rittmeister a. D.) und dem Kammeijunker Frhr ».Fröhlich. Hr. v. Fröhlich, dessen Pistole versagte, erhielt einen Schuß in den Hals und starb rasch in den Armen der herbeieilenden Aerzie Die Leiche wurde nach dem Todienhause dcs Sachsenhäuser Friedhofes gebracht. Die Betheiligien waren zur Aus­führung ihres Vorhabens gestern von Berlin hier cngekommen. Ueber die Ursachen, die zu diesem Trauerspiel geführt, ist noch nichts bekannt.

Berlin, 8 . Jan. In der Nacht vom Samstag auf Sonntag brach Feuer im Generalstobsgebäuds in Berlin aus. Es brannte im Mittelge- däube Die Feuerwehr war sofort zur Stelle > um Mitternacht war die Gefahr beseitigt. Der Kronprinz war sofort an der Bjaudstätte erschienen. Von Papieren sind nur Akten der Registratur verbrannt. Kartenmaterial und Pläne blieben unversehrt.

Berlin, 10 Jan. Ein entsetzlicher Unglücksfall ereignete sich am Samstag in den Räumen des Nationaltheaters. Der bei der Direktion gen. Theaters angestellte Dekorationsmaler Stephan begab sich auf den Deckboden des Theaters, um die Ventilationen nachzusehen. Beim Unter­suchen des Bodens kam derselbe an die zur Ventilation dienende Oeffnung neben dem Kronleuchter und stürzte durch dieselbe in den Zuschauerraum in die 7. Parquetreihe hinab. Der Arme hat beide Beine und das Rück­grat gebrochen.

Passau, 6 . Jan. Der Postillon von Waldkirchen hatte vorgestern Abend von seinem Expeditor den Postdeutel übernommen, und fuhr nach Passau. Als er auf dem Postamts dort ankam, fehlte ihm der Beutel mit vem Werthinhalte von nahezu 10,000 «G Ob der Beutel verloren, ob er gestohlen und wohin er gekommen, ist noch nicht ermittelt.

In Michigan (Nordamerika) ist einer der ältesten und unerschrocken­sten Trapper oder Jäger Green ing von Bären zerrissen worden; man fand nur noch sein Skelett halb in dem Rachen eines erlegten Bären, In der Jägerhütte fanden sich die Schweife von 58t Bären, die Pfoten von 348 Wildkatzen, die Ohren von 224 Füchsen und die Gistzähne von 122 Klapperschlangen __

Brandfälle.

Stuttgart. 10 Jan. Heute Vormittag 9b/< Uhr brach in dem Schlachthausgebäude Feuer aus und zwar in dem äußeren, an der Rosen- bergstr. gelegenen Theil. Die Feuerwehr, welche rasch zur Stelle war, traf schon den ganzen Dachstock des einstöckigen Gebäudes in vollen Flam­men, welche mit solcher Wucht um sich griffen, daß sie in kurzer Zeit auch den über den Schmalvieh-Schlachthallen gelegenen Boden, zum Theil Heu­magazin , erreichten. Nachschrift 12 Uhr. Das durch einen kräftigen Südwest zu großer Ausdehnung gediehene Feuer war nach einstündiger angestrengter Arbeit in der Hauptsache gelöscht. Die Entstehung des Feuers ist noch nicht sicher ermittelt, dürfte aber in einem Schaden in der Heizeinrichtung in der Nähe des Kesselhauses zu suchen sein. Die im Hause wohnenden Bediensteten haben ihre Fahrniß zum größten Theil gerettet, ebenso wurde das stark bedrohte Verwaltungsgebäude bewahrt. Die Feuer­wehr hat ihre keineswegs leichte Aufgabe wieder rasch gelöst. Der SchlachthauLbetrieb ist nicht gestört.

In Münkl ingen, OA Leonberg, brach am 6 . Jan. Abends 8 '/e!

Ubr Feuer aus, in Folge dessen 1 Wohnhaus und 2 Scheuern gänzlich ! abbrannten und einige andere Gebäude mehr oder weniger beschädigt ^ wurden. In Oberhausen. OA. Reutlingen, brach am 5. Jan.! Nachts llb /4 Uhr Feuer aus, wodurch eine Scheuer zum größten Theil j abbrannte. Man vermuthet Brandstiftung. l

In Oberboihingen, OA. Nürtingen, ist am 6. Jan. Abends Uhr ein gemeinschaftliches Wohnhaus zum größten Theil, inSchier-

lingen, Gemeinde Ober-Erfenbach, OA. Tettnang, 7. Jan. Morgens 5 Uhr 1 Wohnhaus mit Schweinstall, Anbau und eine Holzremise gänzlich abgebrannt.

Aalen, 9. Jan. Ein uralter, mit Gerberrinde, Stroh, Futter und sonstigen brennbaren Gegenständen aller Art gefüllter, großer, an der Haupt­straße nach Wasseralfingen, in der Nähe dcs Bahnhofs gelegener Stadel, gerade keine Zierde der Stadt, ist gestern Abend nach 11 Uhr in Brand gerathen und in kaum einer halben Stunde bis auf den Grund nieder gebrannt.

In Grünmettstetten, OA. Horb, brach in der Nacht vom 5. «. M. in dem Hause des dortigen Bürgers und Bauers Geckle ein Brand au», der das Haus vollständig einä scherte.

Handel und Verkehr.

10 . Jan. Landesproduktenbörse Stuttgart vom 10. Jan. Wir haben nun seit 8 Tagen vollständig Winter und die Kälte Ärgerte sich heute auf 8 Grad k. Die Saatfelder haben nur eine leichte Schneedecke, die aber denselben immerhin einigen Schutz bietet. Im Ge- trerdegeschäst hat sich an den auswärtigen Börsen und Märkten fast nichts Verändert, sondern der Verkehr blieb überall schleppend und die Tendenz Auch unsere heutige Börse verkehrte in ruhiger Haltung und die Umsätze blieben auf den laufenden Bedarf beschränkt. Wir notirrn per

100 Kilogr. : Waizen, bayr. 22 ^ 50 bis 23 75 L, Walzen, ru-°

ntänischer 23 75 L, Kernen 22 75 L bis 23 25 Dinkel

14 ^ bis 14 50 , Hafer 13 50 ^ bi« 14 -K. Mehlpreise

pro 160 Kilogr. inkl Sack bei Wagenladung. Mehl Nc. 1 : 35 50 L

bi« 36 ^ 50 ^; Mehl Nr. 2: 33 50 4 Z bis 34 50 ^ ; Mehl

Nr. 3: 31 Kl bis 32 Mehl Nr. 4: 28 bi« 29

Ulm, 8 . Jan. Mittelpreise pr. Zollctr. Kernen 10 60 L, Waizen

11 9 4 Z, Roggen 10 ^ 25 Gerste 8 35 L, Haber 6 »E 40

München, 9. Jan. Mehr und mehr erwächst dem deutschen Markt auf dem Eßwaarenmarkt eine gefährliche Konkurrenz durch ausgiebigste Einfuhr aus den Vsr. Staaten von N Amerika. Der neueste Konkurrenz­artikel von jenseits dcs Weltmeeres bildet Aepfelobst. Amerikanische Aepfel wurden auf dem hiesigen Markte massenhaft und zu wesentlich billigeren Preissätzen als das daneben feilgehaltene deutsche, namentliche Tiroler Obst verkauft. (Die Konkurrenz von amerikanischem Obst dürfte sich auf die Jahre mit schlechten Ernten, wie das vorjährige war, beschränken.)

Das Reichsgericht hat in einem Erksnntniß den Brauch vieler Geschäftsleute, ihre deutsche Waare als englische oder französische zu ver­kaufe, als Betrug erklärt, auch wenn die Güte der Waare nichts zu wünschen übrig läßt. Dieser Erkenntmß bezieht sich auch auf solche Vor­s piegelungen in Betreff des einh eimische n Erzeu gunqs ortes der Waa re.

Echter französischer Rothwein.

Trotzdem durch die Verheerungen der Reblaus ein Drittel der Wein­berge Frankreichs vernichtet worden ist. und trotz mehrerer auseinander folgender Mißernten hat weder der Verbrauch französischer Rothweine aogenommen, noch ist ihr Preis gestiegen. Im Gegentheil ist der Verbrauch französischer Weine im eigenen Lande und ihre Ausfuhr ins Ausland trotz Reblaus und Alledem in fortwährender Zunahme begriffen. Al» die letzt­jährige Lese einen Ausfall von 30 Millionen Hekroliter (ein Hektoliter gleich 2üi/» Gallonen) zeigte, erwarteten ehrliche Wsinhänvler ein bedeutende» Steigen der Preise und führten massenhaft Weine aus Spanien, Italien und Ungarn em. Aber sie fanden sich geläuscht, die Preise stiegen nicht, sondern blieben aus 13 Cents das Liter für gewöhnliche Weine und etwa 25 Cenis für bessere. Dis Händler, welche in Erwartung höherer Preise imporlirt harten, verloren Geld, denn das Angebot einheimischer Weine blieb unvermindert.

Das Räthsel löst sich sehr einfach durch die Weinfabrikation, die in Frankreich eine Blüte erreicht hat, wie nirgendwo anders und nie zuvor. In Paris bestehen nicht weniger als 7 Weinfabriken und in den Provinzen zahlreiche andere. Anfangs machte man dort Wein aus Rosinen, die in Wasser ausgeweicht, dann mit Dampf behandelt und schließlich einem GährungSprozeffe ausgesetzt warben. Als die Rosinen rar wurden und im Preise stiegen, nahm man statt ihrer getrocknete Zwetschgen, dann da« Kerngehäuse von Aepfeln und Birnen, das sonst weggeworfen wird, ver­dorbene Feigen, Datteln, endlich den Bodensatz der sich beim Syrupbereiten bildet, Runkelrüben und Kartoffeln. Dem so gewonnenen Stoffe wird etwas spanischer oder ungarischer Wein zugesetzt, um ihm Farbe und Aroma zu geben, und derechte französische Rothwein" ist fertig. Nicht nur in Frankreich wird er verkauft, sondern überall, wohin Bordeaux exporltrt wird. Die Sache ist zuletzt so offenkundig geworden, daß der französische Arbeiter sich seines gewohnten Weines zu entschlagen und dem Biere zuzuwsn- den beginnt.

Gemeinnütziges.

Wenn ein Pferd aus die Kniee gefallen ist,

führt man es langsam in seinen Stall, gießt ein Paar Eimer Wasser auf die Wunde, um sie sauber zu waschen, aber ohne sie zu reiben, trockne oder vielmehr tupfe mit einem Stück Leinwand und lege auf die Wunde fingerdick kardirte Baumwolle, befestige dieselbe mit einem breiten Streifen Flanell (keine Leinwand) und bedecke alles mit einem nicht zu fest ange­zogenen Knieleder. So lasse man das Pferd drei oder vier Tage aus­ruhen, ohne den Verband zu berühren. Hernach nimmt man Alles sorg­fältig ab, besonders die Baumwolle, ohne die Kruste, die sich gebildet hat, zu berühren; führt das Pferd ein wenig herum, aber im Schritte, damit die Kruste nicht bricht; dann legt man wieder Baumwolle darauf, ohne diejenige, welche an der Kruste klebt, wegzunehmen, legt den Verband sammt dem Knieleder wieder an. In 1214 Tagen fällt die Kruste ab unv man sieht eine neue Haut darunter, welche mit H aaren bedeckt ist.

rverwtschres.

Weiland Kaiser Nicolau« kommt einmal in der Provinz in die Gefangenanstalt und fragt die Verbrecher, wofür sie büßen. »Wofür sitzest Du?" wendet sich der Kaiser an den Ersten.Schuldlos. Ew. kaiserl. Majestät." heult der Gefragte und wirft sich auf die Knie,auf falsche Angabe hin! Da wurde halt eine Kirche beraubt und der Küster abgethan ich weiß von gar nichts!die Bäuerlein fassen mich . . ." Der Kaiser winkt ihm ab und wendet sich zum Zweiten:Du wofür?" Auch falsche Angabe, Ew. kais. Majestät. Ein Haustier wurde nahe beim Dorf erschlagen und ausgeplündert mir ist's auch nicht im Traum eingefallen ..." »Du?" wendet sich der Kaiser zum DrittenPure Bosheit, Ew. Majestät. Hat mir mein Nachbar einen ganzen Packen falschen Papiergelde« untergeschoben und auf den Boden wer weiß was für Drucksteine geschleppt ich bin rein wie ein Kind." Die Jeremia- den dieser Tugendhelden langweilten den Kaiser sichtlich. Rasch überflog er die ganze Reihe der Sträflinge und sein Blick fiel auf einen zerlumpten Zigeuner.Du, mein Jung«, natürlich auch auf falscher Angabe?" Durchaus nicht, Ew. kaiserl. Majestät, ich sitz' mit Fug und Recht; Hab' einem Kaufmann sein Rößletn gestohlen."Rößlern gestohlen!" wieder­holte der Kaiser lächelnd und wendet sich zum Gouverneur:Sofort hinaus mit dem Taugenichts I Unter so ehrlichen und unschuldigen Leuten darf er nicht bleiben, sonst verdirbt er mir am Ende noch die ganze Gesellschaft."