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republikanische Boersregisrung schrieb an den Administrator, drückte dem­selben ihre Achtung für die Königin und die britische Flagge au«, sprach den Wunsch au«. den Krieg zu vermeiden. erklärte, die Boer« werden jedenfalls entschlossen auf ihrer Unabhängigkeit bestehen, und forderte den Administrator aut, die Verwaltung ohne Widerstand an die Loers zurück­zugeben. Der Administrator erließ eine Proklamation, worin allen, welche das Jnsurgentenloger unverzüglich verlassen, Straflosigkeit zugesichert wird.

London. 25 Dez Der englische Oderkommandant in Natal meldet: der Regimentsstab nebst 25o Mann vom 94 Regiment wurden auf dem Marsch nach Prätorta von Boer« angegriffen und überwältigt; von den Mannschaften sind 120 todt, die übrigen gefangen; ein Lieute­nant ist getödtet. der Oberst und 2 Hauptleute schwer verwundet; ein KommifsariatLosfizier wird vermißt; die Fahne ist gerettet. Der Ober­kommandant fordert die unverzügliche Absenkung eine« Kavallerie-Regiment«; der errungene Erfolg ermuthige di« Boer« und werde die ganze Lage wesentlich ändern.

Griechenland.

Athen, 25 Dez. Alle griechischen Journale haben sich gegen den Vorschlag betreffs des Schiedsgerichts auSgesvrochen und betrachten die Entscheidung der Berliner Konferenz als eine obligatorische; der Schiedr- gerichttzvorschlag werde die Frage verwirren, die Kriegserklärung sei un­vermeidlich. Die mililärischtN Vorbereitungen werden eifrigst fortgesetzt, mehrere Lager gebiloet und Vorräthe angeschafft, um «0,000 Mann an der Grenze aufzustellende Truppen zu verpflegen. Es verlautet, daß demnächst i die Einberufung der Reserve bevorstehe.

Amerika

New-Uork, 21. Dez. Der Newyork Time« zufolge ist gegenwärtig in Amerika eme Bewegung im Gange, um von den Kanzeln im Lande gegen die antisemitische Agitation in Deutschland Protest einzulegen. Am Sonn­tag berührten 3 hervorragende Geistliche der Episkopal-und Presdykerianischen Kirche in ihren Predigten den Gegenstand Einer der hoLwürdtgen Herren meinte, daß die öffentliche Meinung im entferntesten Theile der Christenheit gegen eine solche Verfolgung gerichtet werden, und daß das christliche Amerika sem VerdammungSurtheil über ein solches Gebühren über den atlantischen Ozea n erscha llen lasse» sollte. _

Tübingen Tagesordnung für dir Schwurgerichts-Sitzungen de» IV. Auartals.

Mittwoch, 29. Dezember 1880, Vorm. 9 Uhr: Kail Michael B robb eck, Weingärtner von Tübingen, wegen Meineids. Donnerstag. 30. Dezember t880, Vorm. 10 Uhr: Konrad Kuon, Pserdehändler von Oberthalheim, wegen Fälschung einer ösjenilichen Ur­kunde in gewinnsüchtiger Absicht. Donnerstag, 30. tezember 1880, Nachm. 4 Uhr: Karl August, Finkb einer, Schuhmacher von Mittclthal, Gemeinde Baierebronn, wegen Mischung einer öffentlichen Urkunde in qewinnsüchtiger Absicht. Freitag, 31. Dez. 1880, Vorm. 9 Uhr.- Heinrich Tyko einer, stuä. nst. von Warschau, wegen Tödtung im Zwei­kampf. Montag, 3. Januar IdSI, Vorm. 9 Uhr und den folgenden Tag: Eduard Narr, Rothgerber von Mezingcn, OA. Urach, und Genossen wegen bctrüglichen BankerottS. Georg Hauber. Bäcker von Meüngen, wegen belrüglichen BankerottS.

TaneSvrduung

des K Amtsgerichts Calw in der öffentlichen Gerichtssitzung

l. am Donnerstag, den 30. Dezbr., Vormittags 9 Uhr:

Rechtssache zwischen:

1) Ulrich Hcllmann, Hopfenhändler in Nürnberg, Klr. und Lorenz Kirchner, Ziegler in Simmozheim, Bekl. Schadensersatz betr

2) W. Kleinfelder, Müller in Merklingen, Klr. und Joh. Jakob Wörner, Bäcker in Simmozheim, Bekl. Darlehensfvrderung betr.

II. am Freita g, den 31. Dezbr., Vormittags 9 Uhr:

Rechtssache zwischen

1) Magdalena Mehl, Bäcker's Ehefrau in Ealw und Gen., Klr. und Albert Haydt, Verwaltungs-Candidat daselbst, Bekl., Ersatz aufgewendeter Alimente rc. betr.

2) Anna Maria Leicht z. Linde in Steinegg in Baden, Kln. und Christ. Müller in Unterhaugstett, Bekl. Darlehensforderung betr.

3) Michael Lilli und Friedrich Dofsinger, beide Taglöhner in Althengstett, Klr. und _der Gemeinde daselbst, Bekl. Verdienstsordernng Herr.

Stuttgart, 18. Dezember. (16. Sitzung der Kammer der Abgeordneten.) Forts, der Berathung des Etats des Dep. des Innern. Kap. 40. Slraßenbauvcrwatt- ung: 1,843,122 im ersten und 1,837,735 Mk. im zweiten Jahre. Z ipperle» fragt on, wie es mit der Ablösung und Beseitigung des Pflastergeldes stehe, das in Stuttgart sehr lästig sei, woraus v. Lick sagt, daß nur noch in 12 Oberämtern Pflastergeld eingezogen Werde, daß man aber mit der Ablösung nur langsam Vorgehen könne. Leibbrand be­richtet über das in den Oberämtern Oberndorf und Gaildorf versuchsweise angenommene Straßenuntcrhallungssystem, das die günstigsten Resultate liefere. Dieses System wird jetzt auch im Obkramt Ulm zur Anwendung kommen. Kap. 41. Neckarschifffahrt ö-

fond: 33,315 Kap. 42. FlußbaufondS: 188688 Mk. May er bringt den durch die häufigen Ucberschwemmungcn namentlich in Eßlingen verursachten Schaden zur Sprache und brttet um Staatsunterstützung. Zugleich regt er die Frage von dem Schutze gegen Ueberschwemmungen und von der Regulirung des Wasserlaufes durch die Anlage von Sammclweihern an und man erfährt aus der Debatte, daß ein derartiges Unterneh­men zunächst für das Steinlachthal geplant ist. Mo HI hebt namentlich hervor, daß die Zerstörung unserer Wälder ein Hauptgrund der zunehmenden Ueberschwemmungen sei. Kap. 43. Für milde Zwecke: für die Centralleituna des WohtthSligkeilsverein« jährl. Zuschuß 26,000 Mk. Kap. 44. DispositionSsond 9429 Mk. - Zu Kap. 19. s. Dep. der aus>v. Angelegenheiten berichtet Zipperlen über die neue Organisation der Verwaltung und Leitung der Verkehrsanstalten, die künftig statt bisheriger 5 Kellegren jetzt nur noch eine zweifach getrennte sein wird: die Genera ldircktion der Staatseisen­bahnen und die Generaldirektion der Posten und Telegraphen. Als be- rathende (aber nicht ständige) Behörde wird der Rath der Verkchrsanstalten aus den Organen der beiden Generaldirektionen gebildet und demselben der bisherige Beirath der Verkehrsanstalten beigeqeben. Der Aufwand hiesür mit 23 800 wird genehmigt.

Tages-Äteuigkeiten.

Stuttaart, 24. Dez. Durch viele Blätter ging in den letzten Tagen eine Sensalioris-Noliz. nach welcher der Tod der württembergischen Gesandten in Berlin darauf zurückzuführen wäre, daß in seinen Körper durch die Liebkosungen seines Hundes einer jener für den Menschen so ge­fährlichen Hunde-Eingeweidewüruierübertragen worden wäre. DieRat-Zig * d-mentirt heute diese Nachricht und konstalirt, daß Nierenentartung die Todesursache des Frhrn. v. Spitzemberg war.

Stuttgart, 24. Dez In Nilt's Thiergarten hat die braune Bärin, welche mit dem Eisbären in einem Zwinger zusammentebt. heute früh zwei Junge geworfen. Eines derselben hat der gefühllose Vater, der Eisbär, sofort zum Frühstück zu sich genommen, das andere, ein Weibchen, befindet sich wohl, ebenso die Frau Mama. Dieser Zuwachs ist Herrn Rill um so mehr zu gönnen, als er erst vor einigen Tagen durch den unerwartet raschen Tod des Orang-Utangs, der 1000 Mark gekostet hatte, einen schweren Verlust erlitten hat.

Stuttgart, 27. Dez. Die Herren Glockengießer und Feuerspritzen- fabrikanten H. Kurtz haben auch dieses Jahr wieder einige ihrer Arbeiter, welche am Christfeste zehn Jahre in dem Geschäfte thärig waren, mit einem Weihnachtsgeschenk von je einhundert Mark in Elms, welche in

! Goldpressung die Widmung:Dem treuen Arbeiter" tragen, hocherfreut.

^ Stuttgart, 27. Dez. Eines groben Unfugs hat sich am Samstag ^ früh l Uhr, als der Schnellzug einlief, Eduard OemkeS. Buchhalter bei i Kausm. G. Neidhard, Calwerstraße 62, dadurch schuldig gemacht, daß er in dem Bahnhofrestaurationssaale unter dem Tische einen scharf gelade­nen Revolver abschoß, glücklicherweise ohne Jemand zu treffen. Die Kugel war durch ein Tafelluch gegangen und wurde unter einem Tische gefunden. Das noch anwesende Publikum war im höchsten Grade über diesen Unfug empörr. Der Uebermüthige wurde sofort verhaftet, aber nach Feststellung feiner Persönlichkeit und D-ponirung einer goldenen Remontoiruhr vor­läufig sreig klaffen

Eßlingen. 25. Dez. Zum Andenken an das 50jährige Bestehen der Fabrik Merkel und Wolf haben die Besitzer derselben gestern die Summe von 10 000 vtL als Weihnachtsgeschenk an die Angestellten und Arbeiter verabreichen lasten, welches je nach der Dauer der Dienstleistung 5100 betrug. Dieses Beispiel zeigt zur Genüge, welch schönes Ver- hältniß zwischen Arbeitgebern und Arbeitern besteht.

Leulkirch, 23. Dez. Ein Fall seltenen Jagdglücks wird aus Roth a. R. gemeldet. Dem als vorzüglichen Schützen und Jäger bekannten Herrn Kammerrath Dengler ist es nämlich vor kurzer Zeit gelungen, in den gräflich Erbach'schen Waldungen ein sog. Doublö zu machen, d. h. mit den beiden in seiner Doppelflinte befindlichen Schüssen zugleich einen Reh­bock und eine gehörnte Rehgaise zu erlegen.

Karlsruhe, 25. Dez. Die anhaltenden Regengüsse haben gestern auf der Neckarlhal-Bahn einen schweren Eisenbahnunfall verursacht. Güier- zug 556 ist zwischen den Stationen Neckargerach und Zwingenberg auf unmittelbar vor demselben herabgestürzte Erd- und Felsmassen gefahren und dadurch zur Entgleisung gebracht worden, wobei zwei Viehbegleiter das Leben verloren haben; das Zugspersonal blieb unverletzt. Der Be­trieb aus der Strecke muß in Folge davon auf einige Zeit eingestellt werden; wie lange, läßt sich zur Zeit noch nicht angeben.

Kaff et, 22. Dez. Wie Passagiere, die heute früh mit dem Gießener

kaum verdiene. Mein Herr." fuhr sie unter leisem Schluchzen fort,ich werde es als ein Zeichen Ihrer wirklichen Achtung halten, wenn Sie mir die Erfüllung meiner Pflicht dadurch erleichtern Helsen, daß Sie meine Schuld gegen die Großmuth Ihrer Familie nicht vermehre Herr St» woni. ich kann, ich darf Ihnen jetzt nicht mehr sagen; aber es kommt ohne Zweifel eine Zeit, wo ich meine Dankbarkeit in ihrem ganzen Umfange an den Tag legen kann "

Dem jungen Manne fehlte der Mulh, weiter in Helene zu dringen. Wie schön, wie heilig erschien sie ihm in ihrem stillen Schmerze, dessen Grund er auch jetzt nicht erfahren sollte, nachdem er sich so rückholtslo» erklärt hatte. Di- Zweifel, die sie in sein Herz geschleudert, stachelten die Eifersucht an, und dieser Scorpion steigerte seine Liebe bis zur Anbetung. Wie groß, wie erhaben mußte ihre Neigung sein, da sie es vorzog in einer abhängigen, untergeordneten Stellung zu bleiben, für die sie offenbar nicht geboren war, statt die Hand eines reichen jungen Mannes anzuneh- wen, um dessen Besitz sie die Töckiter der ersten Familien beneiden würden. Robert hatte längst gefühlt, daß Helene kein gewöhnliche» Weib war; jetzt vergrößerte sie seine Achtung durch die ruhige Ergebung in ihr Schicksal.

Der Tanz in dem Saale war zu Ende, und da« Zimmer füllte sich mit fröhlichen Herren und Damen. Auch Herr Petersen erschien, der Miene machte, sich nach dem Befinden seiner Tänzerin zu erkundigen.

Robert und Helene erhoben sich.

Ich versprach Ihnen, Sie zu meiner Mutter zu führen/ sagte er laut.Sie wird sich in dem blauen Zimmer befinden ich bitte um

Ihren Arm!"

Begleitet von der allgemeinen Aufmerksamkeit der Anwesenden, ver­ließ;» die beiden jungen Leute das Gemach. Sie betraten bas blaue Zimmer, und hier trafen sie Madame Simoni. Tie Witlwe. eine Frau von einigen fünfzig Jahren und ungewöhnlicher Corpulenz. saß in einem großen Lehnstuhle.

Gut, daß Du kommst!" rief sie ihrem Sohne entgegen.

Warum?"

Es steht uns eine Ueberraschung bevor. Da Du der Veranstalter des Balle« bist, wird sie Dir doppelt willkommen sein "

Was ist es, Mutier?" fragte Robert, der immer noch Helene'« Arm in dem seinigen hielt.

Ich wollte mich so eben zurückziehen. al« Georg einen neuen Gast anmeldete, der mir allein vorgestelltsein wollte, bevor er den Saal beträte."

Hat er seinen Namen genannt?"

Nein. Ich glaube den Empfang nicht verweigern zu dürfen; da ich aber bis zum Tode erschöpft bin, wirst Du bei mir bleiben, um die lästige Eeremonie abzukürzen."

Wann darf ich zurückkehren, um Madame Simoni in ihr Zimmer zu begleiten?" fragte Helene, sich verneigend.

Die dich Frau reichte lächelnd dem jungen Mädchen die Hand.

Darf ich Sie bitten, liebe Helene, mich in dem kleinen Kabinette zu erwarten? Ich hoffe, Robert wird mir nach fünf Minuten den Rückzug gestatten." (Forts, folgt.)