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Nro 136.

Samstag, den 20. November L88O

85. Jahrgang.

Amtliche Dekanntmachungen.

Calw. An die Standesämter

Denselben werden demnächst die Formulare sür die nach der Ver­fügung der Kgl. Ministerien der Justiz, des Innern und der Finanzen vom 14. Mivz 1876, Reg.-Bl. Nr. 11, von den Standesbeamten für die Zwecke der Bevölkerungsstatistik im Jahre 1881 zu führenden Verzeichnisse der Geburten, der Eheschließungen und der Sterbefälle wieder zugehen Die Standesbeamten werden angewiesen, zur Verzeichnung der Eheschließungen, Geburtt- und Slerberälle bloß die neuen Formulare, wie sie schon im letzten Jahre sestgestellt worden sind, zu v-rwenden. Sollten bei den Standesämtern etwa vom Jahr 1879 her, oder noch ältere Formulare von früher sich vorfinden, so sind solche von den Standesämtern bis 1. k. MlS. an da» Oberamt rurückzugrben.

Den 10. Noo 1880. K. Oberamt.

Flax t a n d.

" An die K iOrtSfchulinspcktorate

Dieielben werden aufgefordert eine Anzeige über das Ergebniß der rach Art ist und 17 des G-s. vom 25. Mai 1865 vorzunehmenden Wahl von Mitgliedern der Ortsschulbehörde einzusenden.

Calw. 17. Nov. 18^0. K. gem Oberaml in Schulsachen:

Flaxland. Häring, BV.

Politische Nachrichten

Deutsches Reich

Berlin. 15. Noo. Acht Sozialdemokraten baben Freilag Aus­weis» ngsordre erhalten und müssen beule Abend Berlin verlassen. Tie meisten wollen nach Amerika auswandern.

Berlin, 15. Noo. Die Interpellation von Hänel und Gen. betreffs der Judenfrage. die plötzlich alle politischen Kreise in Berlin mehr als erklärlich zu erregen scheint, soll Freitag oder Samstag verlesen werden. Die Antwort des Staatsministeriums, das vorher wohl noch eine Bsralh- ung halten wird, dürfte daraus hinauslauten, daß zur Zeit in den Ver­hältnissen kein Grund zu irgend welchen Maßnahmen vorlrege.

Berlin, 17. Nov. (.Tel ) Abg-Haus. Erster Gegenstand ist die Verlesung der Interpellation v. Curry, welche lautet: 1) Hat die k. Staalsregierung Ermittlungen über die bisherige Wirkung des neuen Ge- richtskostengesetzes und der Gebührenordnung sür Gerichtsvollzieher ange­stellt ? 2) Haben diese Ermittlungen ergeben, daß das gerichtliche Ver­fahren übermäßig verlbeuert ist? 8) Für den Fall der Bejahung. 2: Welche Schritte zur Äbbülse beabsichtigt die k. Staalsregierung zu thun? v. Cuny begründet die Interpellation. Justizminister Friedberg glaubt, daß die ZustellungSgebühren der Gerichtsvollzieher, die der Reichstag über die Vorlage hinaus erhöhte, vermindert werden können; daß die Gebühr sür Beglaubigung von Abschriften fortfallen kann; daß bei den Schreib­gebühren vielfach eine Reform nothwendig sein wird; daß auch die Ge­bühren für die Vollstreckungsklausel einer Aenderung benöthigt sind. Er könne aber keine Gewähr dafür übernehmen, daß die Bundesregierungen in ihrer Gesammtheit aisbald auf diese Vorschläge eingehen, weil vielfach auch die Ueberzeugung vertreten ist, daß der Zeitpunkt zu einer Reform der Gebührensätze noch nicht gekommen sei. Er bitte, durch ein Votum in dieser Sache nicht die Bundesregierungen zu raschem Vorgehen zu drängen, I

und das Vertrauen zu haben, daß Seitens der preuß. Regierung auch an Initiative nichts versäumt werden wird, um zu einer Besserung zu kom­men. daß wir uns aber auch vor einer übereilten Aenderung hüten, dis Schlimmeres Hervorrufen könnte.

England

L o nd on. 15. Nov. Die Aufmerksamkeit des ganzen V-r. König­reiches nimmt in diesem Augenblicke die Farm des Kapitäns Boycott in Anspruch. Neber die Lage daselbst wird aus Cong unterm 18. ds. ge­meldet: »Die Arbeiter aus dem Norden machten sich heute früh an das Einheimsen der Kartoffelernte des Bcycoll'schen Gutes. Sie waren während der Arbeit von einer starken Polizisteneskorte umgeben; Kavallerievorposten und Polizisten bildeten einen zweiten Kreiß. Während der Nacht hatte ein furchtbares Regenwetter aehausl; gegen 1 Uhr regnete es abermals so heftig, daß die Arbeit eingestellt werden mußte. Etliche Landleute sahen der Arbeit aus der Ferne zu. machten jedoch keinerlei Demonstration. Die Landliga ist bemüht, jeden Konflikt mit den Arbeitern aus dem Norden zu hintertreiben. Sie befürchtet, daß ein Zusammenstoß zwischen den beiden feindlichen Parteien den erhofften Anschluß der Orangistenpächter an die Liga vereiteln dürfte. Man nimmt daher mehr und mehr an. daß man di" Nordländer in Frieden abziehen lasse. Kapitän Boycott wird dis Nachbarschaft verlassen, sobald er seine Ernte in Sicherhett gebracht hat. Die» wird 10 Tage in Anspruch nehmen. Die eiugehermste Ernte wird von den Hilfsarbeitern auf ihren eigenen Wagen nach den nordischen Märkten gebracht werden."

Die Zustände in Irland sind derart, daß nur von einer gründ­lichen Aenderung der politischen Verhältnisse Besserung erwartet werden kann. Der irische Pächter, das ist längst anerkannt, kann der ihm aufer­legten Verpflichtung nicht Nachkommen, ohne daß er das gepachtete Feld von der Frau, den Kindern und den Großeltern im Hause bearbeiten läßt und sich selbst im Taglohn verdingt. Wird seine Arbeit nicht gebraucht, wie dies in den letzten Jahren der Fall war, dann ist es für ihn eine Un­möglichkeit, die Rente zu bezahlen, und ist er mit dieser sür ein Jahr im Rückstände, dann hat der Agent des Landlords dar Recht, ihn von Haus und Hof zu vertreiben, ihn und seine Familie auf die Landstraße zu stellen, ohne eine Entschädigung für die dem Boden gewidmete Arbeit, für gekauf­ten Dünger, errichtete Bewässerungsgräben, Umzäunungen und Gebäude da der Landlord blo« das nackie, steinige Feld beistellt schuldig zu sein. Die Pflicht zu einer solchen Entschädigung oder »Ablösung" ist aber in dem seit Jahrhunderten in ununterbrochener Ausübung befindlichen Volksrecht begründet, das vor elf Jahren, allein für die nördliche Provinz Ulster, auch gesetzlich anerkannt wurde. Der Ausdehnung desUlster- rixkt« auf das gan;e Land hakun sich die Lords widersetzt. Die Be­stimmung einer Enlschädigungspflrcht in Fällen von Vertreibungen nach der vo>jährigen Hungersnoth haben sie vor Kurzem im Oberhause vereitelt.

Es bleibt somit nichts Andere» übrig als die vollständige Grund­ablösung, und diese ist nicht möglich ohne Mitwirkung des Staates. Mehr als eine solche will aber auch Parnell nicht. dessen Forderungen auf dem Kontinent, wo es ein freies Baoernthum gibt, vollkommen ge­würdigt werden, mit wie entschiedener Mißbilligung die fanatische Agita- ltonsweise des Mannes auch verurtheilt werden muß. Ihn und seine Ge­nossen deßhalb vor Gericht zu fordern, ist das mißlichste Unternehmen, in

/ e u i t i e t o n.

Der Schuldbrief,

eine rheinische Dorfgeschichte von vr. W. B.

UI. Bei der Steineiche.

(Fortsetzung.)

Sorgfältig schaut Jörg umher, ob er nicht beobachtet werden könnte; aber er ist von allen Seiten hinlänglich gedeckt. Zudem ist der Mond hinter einer großen Wolke verschwunden und droht so bald nicht mehr zum Vorschein zu kommen. Auch der Wind ist ihm günstig; er streicht scharf vom Hügel her und bringt jeden Laut von dort herüber, während ein Geräusch von hier, oben so leicht nicht gehört werden kann. Das Alles hat unser Flüchtling in einem Augenblicke bemerkt; hastig nimmt er ferne Flinte in Arm und schleicht sich mit einer wunderbaren Geschmeidig­kett. auch das geringste Rauschen in den Zweigen vermeidend, durch die Gebüsche den Hügel hinan. So oft eine Pause in seinen Bewegungen eintritt, vernimmt er das Geflüster von oben deutlicher, er kann sogar

zwei Stimmen unterscheiden.und eine davon erfüllt ihn mit einer

fieberhaften Unruhe. Aber keine seiner Bewegungen verräth diese Unruhe, sie äußert sich höchsten« in dem Zucken auf dem verwitterten Gesichte. Kalt und überlegt, wie es nur der gewandte Wilderer, der bei Nacht und

Nebel aus dem Anstand liegt, sein kann. ist jeder Fußtritt. jede Handbe­wegung. So erreicht er den Rand des Hügels, wo er sich platt auf den Bauch binwiift. Ein dichter GinsterbuiH verbirgt hier seinen Kopf, und durch die dünnen Stängel hindurch gewinnt er einen unbeschränkten Ueber- blick über die Platte des Hügels.

War er jetzt erschaut und hört, ist nur geeignet, die fieberhafte Un­ruhe in seinen Adern zu verdoppeln. Aber auch jetzt regt sich kein Glied an ihm, kein'Laut »erräth das Zittern seiner Brust, und nur seine Augen, funkelnd wie die eines gereizten Tigers, sind durch den Strauch nach der Eiche gerichtet.

Unten in dem hohlen, ausgebrannten Fuße der Eiche fitzt ein Mann, der es sich dort augenscheinlich bequem gemacht hat. Er lehnt ganz in vem Stamme rückwärts, und kommt nur zuweilen mit dem Kopf und mit den Händen hervor. um durch deren Bewegungen gewissen Worten Nach­druck zu geben. Diese Worte sind an ein Mädchen gerichtet, da» vor ihm steht. bleich vor Aufregung und vielleicht vor unterorücktem Zorne. Sie widerlegt leise, aber fest die Reden des Mannes, der dadurch anschei­nend nicht im Geringsten ergriffen wird.

Nun gut. Marie," sagte der Mann,wenn du dich durchaus nicht beugen willst, dann kann ich Euch nicht helfen; wie gesagt, morgen wird das Lindenwirthshaus in der Abtei öffentlich ausgeboten; was ich dann mit der Wirthin und der Mamsell Tochter machen werde, da« kann ich dann noch immer sehen; der Verkauf deckt die Schuld noch lange nicht . . . . siehst du. Marie, so stehen die Sachen."