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haben endlich eingewilligt, Dulcigno zu übergeben. Delegirte au» Dulcigno trafen in Scntari ein. Die Verhandlungen sind noch im Gange.
Amerika
Washington. 11. Nov. Durch Circular de» Staatsdepartement» wird bekannt gemacht, daß alle als Bürger der Vereinigten Staaten na- turalisirten Deutschen einschließlich der Elsäßer.^welche Deutschland in der Absicht, nach Amerika zurückzukehren, besuchen werden, seiten» der Unions- regierung gehörigen Schutz erhalten, obgleich dieselben aufgeforvert werden dürsten, ihre Naturalisation als Amerikaner zu beweisen, sowie auch nachzuweisen, daß sie von der deutsche n Armee nicht desertirt sind _
Tages Steuigkeiten.
— Calw, 15. Nov. Von Besuchern rer gestrigen Abendpredigt im Vereinshause wird sehr beklagt, daß die Aufmerksamkeit aus» Höchste gestört worden sei durch das ununterbrochene Husten der vielen Kinder, das manchmal den verehrten Redner geradezu unverständlich machte. Abgesehen davon, daß solche Vorträge nicht für kleine Kinder bestimmt sind, dürste es doch eine Sache des gewöhnlichen Anstandes und der Rücksicht aus die Bestimmung des Lokals sein» doß kleine und insbesondere hustenkranke Kinder dort gelosten werden, wohin sie gehören, nemlich in der Kinderstube, damit die allgemeine Aufmerksamkeit und die andächtige Stimmung nicht in Unwillen und Äergcr verkehrt werde.
— Stuttgart, 1t. Nov. Wie wir hören, ist die Eisenbahnoerwaltung mit Versuchen beschäftigt, die Luftheizung von einem unterhalb des Wagenkastens angebrachten Heizapparat aus bei einer Anzahl vierrädriger Personenwagen einzusühren. Dabei, beziehungsweise bei den achträdrizen Wagen mittelst Einsetzens kleiner Oesen, soll auch für die Erwärmung der Wager- obtheilungen erster Klasse gesorgt werden, die seither allein der Heizung entbehrten.
— Stuttgart. 12 Nov. Die Steuerabtheilung der Gemeinderathes hat in ihrer heutigen Sitzung beschlossen, beim Gemeinderath zu beantragen, es möchte dis Bitte an das K. Finanzministerium gerichtet werden, die Zuziehung des gesummten Geschäftsumsatzes des Konsumvereines zur Gewerbesteuer und des Weinverkaufes desselben in Quantitäten unter 20 Liter zur Umgeldsabgabe herbeizusühren.
— In Balingen war am 9. Jahrmarkt, mit dem ein Viehmarkt verbunden ist. Ein Ortsvorsteher aus dem Preußischen war mir seinem Sohne aus demselben. In der Menschenmenge drängte sich ein Mann an ihn, suchte aber ebenso rasch wieder zu verschw nden. Durch eine verdächtige Handbewegung des Fremden aufmerksam gewacht, veranlaßte der Sohn den Vater nach seinem Geldbeutel zu sehen: ein Griff in die Hosentasche And die mißliche Entdeckung, daß der Geldbeutel mit über 40 -.1» verschwunden sei, war Eines. Der Sohn hatte sich indessen die Visage, die aus orientalischen Ursprung deutete, gemerkt und bald bekamen sie den ver- muihlichen Dieb, der ängstlich nach seinen Verfolgern umblickle, zu Gesicht. Es gelang ihm zwar, in eine Wirlhschaft zu entwischen, von hier aber gerieth er in eine Sackgaffe, wo er von einem Landjäger obgefaßl wurde. Des Geldbeutels, der bald darauf geleert entdeckt wurde, hatte sich der Gauner, ein polnischer Jude. seines Zeichens Barbier, durch Wegwersen entledigt; ber ferner Visitation aber wurde viel Gold und Silber gesunden.
— Tellnang, 12. Noo. Nicht geringes Aussehen erregt die gestern erfolgte Verhaftung eines hiesigen Bürgers B., auf welchen der Verdacht fällt, den am letzten Sonntag in Schussinried verübten Mord begangen zu haben. B., ein entfernter Anverwandter zu der ermordeten Frau, war am letzten Sonntag von hier abwesend und ist mit blulbtfl<cklen Kleidern Nachts hieher zurückgekehrt. Auch noch durch verschiedene andere Umstände soll sich der Verhaftete stark verdächtig gemacht haben. Ob man in ihm den wirklichen Mörder enldrckt hat, wird die eingeleitete Untersuchung ergeben.
— Insterburg, 5. Nov. Einer von dem Landrathsamte in Pillkallen hierhergelangtcn Nachricht zufolge ist in den an den Pillkaller Kreis grenzenden russischen Distrikten die Rinderpest ousgebrochen, insbesondere ist dieses auch von dem Departementk-Thierarzt aus Gumbinnen jenseits der Grenze bei dem preußischen Städtchen'Schirwindt lonstatirt worden. Demzufolge sind mehrere Genrdarmen zur besseren Grenzbewachung abkommandirt.
Eine ähnliche Katastrophe, wie sie durch das Erdbeben in Agram erlebt wurde, dürste in O-sterreich, so weit dar gegenwärtige Erinnern reicht, nicht vorgekommen sein. Es hätte nur noch eines oder zweier Stöße von der Heftigkeit des letzten bedurft und Agram wäre ein Schutthaufen gewesen. Schon nach dem ersten Stoße hüllte sich die ganze Stadt in eine Staubwolke; Schornsteine. Feuermauern, Gesimse u s. w. stürzten ein, schlugen Dächer durch und bedeckten die Gaffen mit Schutt Das dumpfe Dröhnen und Rollen im Innern der Erde wurde von dem Krachen und Prasseln des stürzenden Mauerwerks, von dem Angstschrei der in Todesangst schwebenden Bewohner überkönt. Mit jeder Schwankung des Bodens nahm die Verwüstung zu. Man kann sagen, daß kein höheres Gebäude unbeschädigt blieb, während bei vielen die Mauern derartige Riffe bekamen, daß sie wegen drohender Gefahr de« Einsturzes sofort verlassen werden mußten. Daß bei so heftigen Stößen in den Wohnungen alles, was nicht niet- und nagelfest war, herabstürzle, umgeworsen, gebrochen wurde, ist selbstverständlich. In den Magazinen der Kausleute wurden alle Flaschen mit Wein, Spirituosen u. dergl. zertrümmert. Viele Menschen stürzten während des Erdbebens aus den Häusern auf die Gaffe. Nachdem das Erdbeben vorüber war. strömten die Einwohner in Massen auf die Gaffen und freien Plätze. Etwa fünf Minuten nach dem ersten Erdbeben folgte ein zweites und um 8 Uhr 27 Minuten 55 Sekunden ein drittes Erdbeben, beide jedoch von kurzer Dauer und geringer Heftigkeit. Nicht wenige von den Begüterten warfen sich in aller Eile mit ihren Familien in Fiaker und verließen die Stadt, um in die niederen Weingarten» häußer zu flüchten. Die Stadt bietet in alUn Gaffen Bilder der Zerstörung. Von den öffentlichen Gebäuden litt namentlich die Domkirche, in welcher der Hauplaltar einstürzte und der Thurm barst, dann die kürzlich restaurirte Markus- und Marienkirche, die man beide gänzlich wird abtragen müssen, der israelitische Tempel, in dem sechs Minuten vor Beginn einer Trauung die gewölbte Decke einstürzte. In der Langen Gaffe stürzte vom Neubau der kroatischen Sparkaffs die Feuermauer aus das Dach der Kukovics'schcn Hauses und zertrümmerte es. In der Unterstadt stürzte im mittleren Thnl des Keglepich'schen Hauses der Gibel gegen da» Haus und schlug dar Dach und den Plafond des ersten Stockes durch. Die Zahl der eingestürzten Feuermauern mag sich auf fünfhundert, die Zahl der herabgeworsenen Schornsteine über tausend belaufen. In den Schulen wurde der Unterricht, in den Kirchen der Gottesdienst eingestellt. Das Gebäude der Finanz - Direktion ist cirgestüczt und der Finanzdirektor am Kopfe schwer verwundet. Der Bahnhof der Südbahn zeigt starke Sprünge und ist an einer Stelle eingestürzl.
Agram. 10. Nov. Im Laufe der heutigen Nacht wurden noch fünf leichte Erdstöße verspürt. Ein großer Theil der Bevölkerung befand sich trotz des Negenwetlers die Nacht hindurch auf, und bewegte sich in den Straßen. Die Wenigsten getrauten sich, in ihren Wohnungen zu übernachten.
Agram, 11. Noo. Der vom Erdbeben angerichtete Schaden wird appoximativ auf drei Millionen Gulden veranschlagt, abgesehen von dem unberechenbaren Schaden in Kirchen, namentlich ist die Domkirche arg beschädigt. Gestern Nachts und heute früh würben abermals einige schwache Stöße verspürt. Auch vom Lande werden allenthalben Schäden gemeldet. Der Kaiser spendete 10,000 fl
In Resnich, 9 Kilometer von Agram, hat sich ein Gipser gebildet, aus welchem mehrere Kloster hoch schmutziger und stinkender Wasser emporsprudelt. In der Ebene steigen Gase aus, welche sich an der Luft entzünden und dem Landvolk panischen Schrecken verursachen. Die Stimmung ist die Todesangst in Permanenz.
Zürich. Am Sonntag Abend 10 Uhr verunglückte auf dem Heimweg aus dem Seesekd die Equipage des Oberst Tobler in Enge. Die zwei prachtvollen englischen Pferde wurden beim Bahnhof scheu und sprengten dann in rasender Flucht, während welcher der Lenker, ein in der Pferdelenkung erfahrener preuß Rrtinuister, vom Bocke hinabgeworsen wurde, durch die Tyalgaffe und zwischen der Frauenbadanstalt und dem Hotelbaurgarten in den See hinaus, wo sie sammt dem leeren Fuhrwerk in die Trei« versanken, nachdem sie noch bis zur Badanstalt geschwommen
Marie mochte die Richtigkeit dieser Beschuldigung ensehen; sie schien s ernstlich nachzusinncn und sagte dann: „Gut, Will, in acht Tagen sollst du Antwort haben."
„Ich danke dir, Marie," erwiedecte der Altgesell und faßte, zitternd vor Aufregung, ihre zarte weiße Hand, „so lange kann ich noch warten, und deine Antwort wird doch wohl."
„Still, still, das wird sich schon finden." ries das Mädchen abwehrend und rrß die Traubenranke herunter, um ihr Ecrölhen zu verbergen. „Höre, Will," flüsterte sie dann plötzlich verstohlen, „ich möchte dich um eine Gefälligkeit bitten."
Sprich, Marie, was ist cs?" Der T.soll mich holen, wenn
ich deinen Willen nicht thue." Und Will schlug bet diesen Worten die Arme so stolz über einander. wie ein Mann, der jeder Gefahr entgegen gehen will Marie sah ihm fest in die blitzenden Augen und sagte:
„Will, mache den Jörg auf der Abtei los."
Der Geselle riß die Arme auseinander und starrte das Mädchen an. Fürchtest du dich etwa?" frug Marie scharf. Diese Frage gab dem Will seine Ruhe wieder. „Nein," sagle er empfindlich, „ich fürchte wich
Das Mädchen ahnte, daß diese» „aber" nur von der Eifersucht hervorgerufen worden war und sagte: „Sieh, Will, der arme Jörg dauert mich- soll er seine beste Lebenszeit in der Stadt im Thurme zubiingm Kann er da nicht nützlicher in die Fremde gehen, bi» die Sache ver-
schliffen^st?^ ^ ^anz Marie, ich will mir's überlegen."
„Ueberlege nicht lange, Will; so lange er noch da oben auf der Abtei sitzt, in dem baufälligen Thurme ist's noch immer möglich; so bald sie ihn aber nach der Stadt gebracht haben, hört's auf. So viel ich weiß, hast du ja noch selbst den Kasten oben zusammengeflickt und die Stäbe am Guckloche gemacht, und was du selbst gemacht hast, kannst ja du auch am besten wieder zerstören."
„Ja, wahrhaftig; je mehr ich darüber nachdenke, um so leichter kommt mir die Sache vor; aber ich glaube, Marie, der alte Förster hat ihm zu arg mitgefpielt."
„Nein, Will, der Barbier war heute schon bei uns; der hat ihn verbunden und sagte, es sei lange nicht so gefährlich; seine Wunde wird ihn also nicht am Entspringen hindern, und zudem ist ja der Jörg ein starker Mensch."
„Ja, das ist er, und zudem ist ec immer ein guter Geselle gewesen, mit dem sich leben ließ; cs wäre jammerschade, wenn der so für sein ganzer Leben verkommen sollte. Wann meinst du, daß die beste Zeit zu seiner Befreiung wäre?"
„Am besten wird es gleich diesen Abend sein; morgen schon könnte er in die Stadt abgeliefert werden."
„Gut, dem soll geholfen werden " Und Will eilte, die Hände reibend, davon, um in der Werkstatt seines Meisters die geeigneten Instrumente zu seinem Vorhaben anszusuchen. Er verbarg sie sorgfältig unter der Schürze und kehrte dann in die Schenke zurück, wo er sich ganz arglos unter die übrigen Gäste mischte.
(.Fortsetzung folgt.)